TE OGH 1963/11/12 8Ob281/63

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Veröffentlicht am 12.11.1963
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachout, Dr. Bauer, Dr. Rothe und Dr. Steinböck als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fa. T*****, vertreten durch Dr. Karl Krall, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Rudolf W*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Bernat, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 11.160,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12. Juli 1963, GZ R 203/63, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. April 1963, GZ 6 Cg 582/60-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 830,43 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte wendete gegen den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Bezahlung des restlichen Kaufpreises von S 11.160,-- samt 12 % Zinsen seit 15. 8. 1960 ein, daß die gelieferte Dämpf- und Bügelmaschine nicht den vereinbarten Wasser- und Elektrizitätsanschlußbedingungen entspreche. Mit Rücksicht auf diese Mängel der gelieferten Sache sei die Bestellung einverständlich storniert worden. Der Sachverständige Dipl.Ing. Attlmayr gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, daß die gegenständliche Maschine die vereinbarten Wasser- und Elektrizitätsanschlußbedingungen erfülle. Hierauf brachte der Beklagte in der Tagsatzung vom 22. 2. 1963 vor, daß das Sachverständigengutachten unrichtig sei. Denn der vom Sachverständigen zu Rate gezogene Dipl. Ing. Nunner habe die vom Sachverständigen angenommene Möglichkeit, die Maschine mit einem Trichter zu füllen, ausdrücklich ausgeschlossen und dem Sachverständigen berichtet, daß die Füllung der Maschine mit einem Trichter unzumutbar sei. Am 13. 6. 1960 sei dem Beklagten überdies vom technischen Büro Zoltan T***** die Bedienungsanweisung übermittelt worden, aus der hervorgehe, daß die Maschine einen Wasserleitungsanschluß mit einem Wasserdruck von 3 Atü benötige. Auch ein Grazer Fachgeschäft habe nach Besichtigung der Maschine die Auskunft gegeben, daß das Füllen des Kessels durch direkten Wasserleitungsanschluß erfolgen müsse. Daraus ergebe sich, daß die Aussagen der Zeugen Josef und Zoltan T***** objektiv unrichtig seien. Nach der vorliegenden Betriebsanleitung sei die Füllung der Maschine mittels eines Trichters unmöglich. Die Verwendung einer Handpumpe stelle keine Lösung bei der gewerblichen Verwendung der Maschine dar, da in diesem Fall vom Beklagten Betriebspausen von mindestens einer Stunde eingeschaltet werden müßten. Über dieses neue Vorbringen bot der Beklagte Zeugen- und Urkundenbeweis und Beweis durch Vernehmung der Parteien an. Das Erstgericht erklärte dieses Vorbringen des Beklagten bei der Tagsatzung vom 22. 2. 1963 aber als unstatthaft, weil die neuen Behauptungen und Beweise offenbar in der Absicht vorgebracht worden seien, den Prozeß zu verschleppen und die Zulasung dieses Vorbringens und dieser Beweise die Erledigung des Prozesses erheblich verzögern würde. Von der Vernehmung des Beklagten als Partei nahm das Erstgericht überdies mit der Begründung Abstand, daß der Beklagte trotz gehöriger Ladung zur Tagsatzung nicht erschienen sei und aus der erst bei der Tagsatzung vom 22. 2. 1963 vorgelegten ärztlichen Bescheinigung nur hervorgehe, daß der Beklagte zwar am 11. 2. 1963, nicht aber am Tage der Tagsatzung krank und nicht reisefähig gewesen sei. Das Erstgericht erkannte daher nach dem Klagebegehren. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Es teilte auch die Auffassung des Erstgerichtes, daß die erwähnten Prozeßbehauptungen und Beweisanbote des Beklagten am 22. 2. 1963 in Prozeßverschleppungsabsicht vorgebracht und daher vom Erstgericht zutreffend gemäß § 179 ZPO als unstatthaft erklärt worden seien. Von der Vernehmung des Beklagten als Partei habe das Erstgericht mit Recht Abstand genommen, weil der streitentscheidende Sachverhalt hinreichend geklärt gewesen sei und daher keine Veranlassung bestanden habe, vom subsidiären Beweismittel der Parteienvernehmung Gebrauch zu machen. Gehe man von dem festgestellten Sachverhalt aus, dann habe die Klägerin den mit dem Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort und auf die bedungene Art und Weise erfüllt. Da die vom Beklagten behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe das Erstgericht den Beklagten mit Recht schuldig erkannt, der Klägerin den der Höhe nach nicht bekämpften Restkaufpreis zu bezahlen. Das Berufungsgericht bestätigte demnach das Ersturteil.

Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes aus den Revisionsgründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO. Er beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen wird. Hilfsweise stellt er noch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Der Beklagte erklärt zwar, die Rechtsrüge zu erheben. Er führt aber diesen Revisionsgrund überhaupt nicht aus. Seiner Mängelrüge kommt aus den nachstehenden Erwägungen keine Berechtigung zu. Der Beklagte sucht in Ausführung dieser Mängelrüge darzutun, daß die von den Untergerichten angenommene Prozeßverschleppungsabsicht nicht vorgelegen sei und das Berufungsverfahren demnach ebenso wie das Verfahren des Erstgerichtes mangelhaft sei, weil die vom Beklagten in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. 2. 1963 aufgestellten Prozeßbehauptungen für unstatthaft erklärt und die zu diesem Parteivorbringen angebotenen Beweise nicht zugelassen worden seien. Ebenso liege ein Mangel des Berufungsverfahrens vor, weil die Vernehmung des Beklagten als Partei zu Unrecht nicht durchgeführt worden sei.

§ 503 Z 2 ZPO eröffnet nur die Möglichkeit, einen Mangel des Berufungsverfahrens geltend zu machen, nicht aber die Möglichkeit, eine vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung über einen in der Berufung geltend gemachten Mangel des Verfahrens erster Instanz als unrichtig zu bekämpfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können formale Mängel und verfahrensrechtliche Fehlentscheidungen nur in der nächst höheren Instanz geltend gemacht und angefochten werden. Da die Frage, ob ein Parteivorbringen nach § 179 Abs 1 ZPO als unstatthaft zu erklären ist, eine verfahrensrechtliche Frage ist, die mit der meritorischen Beurteilung der Sache nichts zu tun hat, ist die in zweiter Instanz über diese Frage getroffene Entscheidung nicht weiter anfechtbar (3 Ob 268/53, 6 Ob 219/59 = EvBl 1959 Nr 361 ua).

Ob und inwieweit das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Attlmayr durch die Aussagen der Zeugen Josef und Zoltan T***** gestützt wird, entzieht sich als eine Frage der Beweiswürdigung mangels deren in § 503 ZPO zugelassener Anfechtung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Ebenso gehört es zur in dritter Instanz unanfechtbaren Beweiswürdigung, wenn das Berufungsgericht den Beweis durch Vernehmung der Parteien ablehnt, weil es den Sachverhalt durch andere aufgenommene Beweise bereits hinreichend geklärt hält (SZ XXIII/175, 5 Ob 136/60, 8 Ob 113/63 ua).

Aus diesen Erwägungen mußte der Revision ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E77667 8Ob281.63

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0080OB00281.63.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19631112_OGH0002_0080OB00281_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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