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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, in der Beschwerdesache des GG in S, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen die Erledigung der Bundesministerin für Justiz vom 28. Oktober 2004, Zl. BMJ- 4005066/1-IV 4/04, betreffend die gnadenweise bedingte Nachsicht der restlichen Freiheitsstrafe des Beschwerdeführers, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verbüßt derzeit eine über ihn wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 2 StGB vom Landesgericht S. verhängte und vom Obersten Gerichtshof bestätigte sechsjährige Freiheitsstrafe. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 3. Juli 2008. Nach dem Vorbringen der Beschwerde "wurde für ihn" ein Gnadengesuch eingebracht.
Die angefochtene, nicht als Bescheid bezeichnete hiezu ergangene Erledigung der belangten Behörde vom 28. Oktober 2004 lautet wie folgt:
"Das Bundesministerium für Justiz teilt Ihnen zu Ihrem Gesuch vom September 2004 mit, dass die von Ihnen erbetene gnadenweise bedingte Nachsicht der restlichen Freiheitsstrafe mit Rücksichtnahme auf den beträchtlichen Unrechtsgehalt der zur gegenständlichen Verurteilung führenden Straftaten und die Höhe des noch zu vollziehenden Strafrestes derzeit nicht vertretbar ist.
Unter Bedachtnahme auf die herrschende Gnadenpraxis wird die Gnadenfrage jedoch nach Vollzug der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe erneut geprüft werden."
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und ein Aufhebungsantrag gestellt werden.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Zur Frage des Bescheidcharakters einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A, ausgeführt:
"Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG, gewertet werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seiner bisherigen Judikatur den rechtsverbindlichen Inhalt einer behördlichen Erledigung als für die Bescheidqualität der Erledigung wesentlich gewertet und unter dieser Voraussetzung die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht als wesentlich angesehen. Ergibt sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig, dass ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. Der mit der Bestimmung des § 58 Abs. 1 AVG angestrebte Zweck, nämlich durch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Betroffenen Klarheit und damit Rechtssicherheit zu schaffen, ist erreicht, wenn die Bestimmung über den Spruch des Bescheides in eindeutiger Form eingehalten und verwirklicht ist. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid ist jedoch nicht in jedem Fall entbehrlich. Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) können auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben, wobei aus dem Inhalt der Erklärung noch nicht eindeutig geschlossen werden kann, ob es sich um rechtsgeschäftliche Erklärungen oder um rechtsverbindliche Anordnungen im Bereich des öffentlichen Rechts handelt. Ferner sind behördliche Erledigungen nicht nur in Bescheidform zu erlassen (vgl. Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen). Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung oder einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich."
An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1988, Zl. 87/12/0103, sowie den hg. Beschluss vom 24. Juni 1998, Zl. 97/12/0181).
Nach dem Wortlaut der vorliegenden nicht als Bescheid bezeichneten und nicht bescheidmäßig gegliederten Erledigung der belangten Behörde, nach dem eine Mitteilung an den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinem Gnadengesuch erfolgen sollte, kann diese Erledigung nicht als Bescheid qualifiziert werden (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 2004, Zl. 2003/09/0153).
Hinzu kommt, dass auch auf Grund der in Durchführung der Ermächtigungen des Bundespräsidenten in Art. 65 Abs. 2 lit. c iVm Art. 67 B-VG ergangenen gesetzlichen Regelung des Gnadenverfahrens in §§ 507 ff StPO idF BGBl. Nr. 816/1993 dem Bundesminister für Justiz nicht eine bescheidmäßige Erledigung in dem Falle, dass er ein Gnadengesuch nicht an den Bundespräsidenten weiterleitet, aufgetragen ist.
Bereits Klecatsky (Die staatrechtlichen Wurzeln des Gnadenrechtes, in JBl. 1967, 445 (449)) hat unter Verweis auf die Lehre hervorgehoben, dass insoweit ein Handeln in einem "normenarmen" Raum vorliegt. Raschauer in Korinek/Holoubek (Hrsg. Bundesverfassungsrecht II/2, Rz 62 zu Art. 65 B-VG) meint, dass die Ermächtigungen des Art. 65 Abs. 2 lit. c B-VG angesichts des Elements der Einzelfallgerechtigkeit ohne Bindung an das Gesetz außerhalb des rechtsstaatlichen Verfahrens stehen und lediglich durch das Willkürverbot begrenzt werden.
Einfachgesetzlich ist das Gnadenverfahren im XXX. Hauptstück der StPO, eingefügt durch die Novelle BGBl. Nr. 816/1993, geregelt. Die darin enthaltenen §§ 507 bis 513 StPO lauten auszugsweise:
"XXX. Hauptstück
Vom Gnadenverfahren
§ 507. Eine Begnadigung steht nur dem Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers für Justiz zu (Art. 65 Abs. 2 lit. c, Art. 67 Abs. 1 B-VG). Eine Begnadigung kann von Amts wegen oder aus Anlass eines Gesuches vorgeschlagen werden; ein Recht darauf besteht nicht.
§ 508. Gnadengesuche sind beim Bundesminister für Justiz einzubringen; bei Gerichten oder anderen Justizbehörden einlangende Gesuche sind unverzüglich und unmittelbar an den Bundesminister für Justiz weiterzuleiten.
§ 509. Der Bundesminister für Justiz kann zur Klärung der Voraussetzungen für die Erstattung von Gnadenvorschlägen
1.
Erhebungen durchführen, ...
2.
Gerichten, insbesondere jenen, die in erster Instanz erkannt oder die Strafe mit der Entscheidung über ein Rechtsmittel festgesetzt haben, Gelegenheit zur Stellungnahme geben sowie Stellungnahmen staatsanwaltschaftlicher und anderer Behörden einholen.
§ 510. (1) Gnadengesuche haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Der Bundespräsident kann auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers für Justiz (§ 507) zunächst eine Hemmung des Vollzuges der Strafe anordnen.
(3) Eine Hemmung des Vollzuges hat der Bundesminister für Justiz dem Verurteilten, dem Gesuchsteller und dem Gericht, das in erster Instanz erkannt hat, mitzuteilen.
(4) Die Hemmung endet, sobald die Verständigung von der Begnadigung oder die Mitteilung, dass das Gnadengesuch erfolglos geblieben ist, bei dem Gericht einlangt, das in erster Instanz erkannt hat. Sie endet jedoch spätestens sechs Monate nach dem Einlangen der Mitteilung nach Abs. 3 bei Gericht, sofern der Bundespräsident nicht neuerlich eine Hemmung anordnet (Abs. 2).
...
§ 511. (1) Eine vom Bundespräsidenten ausgesprochene Begnadigung ist dem Verurteilten durch den Bundesminister für Justiz mitzuteilen. Dieser hat überdies den Gesuchsteller, das Gericht, das in erster Instanz erkannt hat, die Bundespolizeidirektion Wien (§ 1 Abs. 2 Strafregistergesetz) und, wenn der Verurteilte in einer Justizanstalt angehalten wird, den Leiter dieser Anstalt zu verständigen.
(2) Bleibt ein Gnadengesuch erfolglos, so hat der Bundesminister für Justiz davon den Verurteilten, den Gesuchsteller und das Gericht, das in erster Instanz erkannt hat, zu verständigen.
§ 512. (1) Gnadenweise gemilderte oder umgewandelte Strafen stehen den von den Gerichten ausgesprochenen Strafen gleich.
...
§ 513. Bei den Erhebungen im Gnadenverfahren sind die für Amtshandlungen der Verwaltungsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden. Dem Verurteilten ist auf Verlangen Einsicht in die Ergebnisse der Erhebungen zu gewähren."
In der Regierungsvorlage zur Neuregelung des Gnadenverfahrens (1280 BlgNR, XVIII. GP, S. 3f) wird einleitend hervorgehoben, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1992 (= VfSlg. Nr. 13.273) weite Teile der bisherigen Bestimmungen über das Gnadenverfahren (im früheren § 411 StPO) aufgehoben habe, "weil die dort vorgesehene Verflechtung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Zuständigkeit verfassungswidrig sei". Soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung, wird im allgemeinen Teil der Erläuterungen Folgendes ausgeführt:
"Im Übrigen geht der Entwurf von jenem Zustandekommen eines Gnadenaktes aus, das in Art. 65 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit Art. 67 Abs. 1 Satz 1 B-VG vorgesehen ist: Begnadigungen erfolgen durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers. Die bisherige Rechtslage, dass ein Recht auf Erstattung eines Gnadenvorschlags nicht besteht (VfSlg 1955/Anh 2;
VfSlg 3459/1958; VfGH 7. März 1990, B 1415/89 u.a.;
VwSlg 1052A/1949, 1657A/1950, 1962A/1951; Berchtold, Der Bundespräsident 282) und dass die Unterlassung eines Gnadenvorschlags keinen Bescheidcharakter hat (VfSlg 3459/1958, VwSlg 1657A/1950, 2118A/1951), erfährt durch den Entwurf keine Änderung.
Die seit Jahrzehnten geübte Praxis des Zusammenwirkens zwischen dem Bundespräsidenten und dem Bundesminister für Justiz (der mit Ministerratsbeschlüssen vom 16. November und 3. Dezember 1920 zur Erstattung von Gnadenvorschlägen in vollem Umfang ermächtigt wurde) soll also grundsätzlich beibehalten werden. Dagegen soll es in den dem Bundesminister für Justiz vorgelagerten Bereichen durch eine geringere Anzahl befasster Stellen und durch die Möglichkeit, mehrere Stellen gleichzeitig zu befassen, zu Verfahrensvereinfachungen und -beschleunigungen kommen.
Der Entwurf geht weiters davon aus, dass das Gnadenrecht des Bundespräsidenten einer inhaltlichen Determinierung seinem Wesen nach nicht zugänglich ist (Berchtold, Der Bundespräsident 282; Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht 425), und verzichtet daher weiterhin darauf, die materiellrechtlichen Voraussetzungen und den möglichen Inhalt eines Gnadenaktes zu umschreiben. Während aber bisher eine endgültige negative Erledigung von Gnadengesuchen einer Vielzahl von Organen, nämlich (auch) allen Strafgerichten, zustand und daher mangels inhaltlicher Determinierung die Gefahr ungleicher Entscheidungskriterien besonders groß war, sollen nun alle Gnadengesuche im Interesse ihrer Gleichbehandlung von einem einzigen Organ vorbereitend behandelt werden, nämlich von dem von der Bundesregierung ermächtigten Bundesminister für Justiz.
...
Da es sich um ein Verwaltungsverfahren handelt, sollen auch die Erhebungen im Gnadenverfahren nicht mehr durch Gerichte, sondern durch Verwaltungsbehörden veranlasst werden. Der Entwurf schlägt vor, dass der Bundesminister für Justiz selbst Erhebungen durchführen oder andere Verwaltungsbehörden darum ersuchen kann.
...
Trotz dieser Einordnung kommt im (vorbereitenden) Gnadenverfahren der Verwaltungsbehörden eine subsidiäre Anwendung nicht etwa der StPO, sondern nur eine solche von Bestimmungen des AVG in Betracht, soweit sie nach den Besonderheiten des Gnadenverfahrens anwendbar sind. Ausgeschlossen ist daher insbesondere die Anwendung der Bestimmungen über Bescheide und Rechtsschutz. Dagegen sind die Allgemeinen Bestimmungen des AVG und jene über das Ermittlungsverfahren anwendbar."
Zu den einzelnen Bestimmungen der StPO lauten die Erläuterungen auszugsweise wie folgt:
Zu § 507 (die Regierungsvorlage entspricht insoweit dem Gesetzestext):
"...
Der letzte Halbsatz stellt klar, dass niemandem, weder
dem Verurteilten noch dem Gesuchsteller oder einer anderen Person,
ein subjektives Recht auf Erstattung eines Gnadenvorschlags
zukommt (ebenso wenig wie darauf, dass der Bundespräsident einem
Gnadenvorschlag folgt); dies wird auch durch die Wendung 'aus
Anlass eines Gesuches' betont. Unterlässt der Bundesminister für
Justiz, eine Begnadigung vorzuschlagen, so ist dies, wie im
Allgemeinen Teil ... ausgeführt, keine Entscheidung im rechtlichen
Sinne; allerdings soll der Gesuchsteller ... zu verständigen sein.
Zur Anwendbarkeit des AVG vgl. im Übrigen unten zu § 513."
Zu § 510 (der Regierungsvorlage; der Abs. 2 entspricht dem
"...
Schlägt der Bundesminister für Justiz eine Begnadigung nicht
vor oder folgt der Bundespräsident einem Gnadenvorschlag nicht, so sollen auch davon der Gesuchsteller, der Verurteilte und das Gericht, das in erster Instanz entschieden hat, vom Bundesminister für Justiz verständigt werden. Auch in diesem Fall soll die Verständigung eine Beendigung der Hemmung zur Folge haben ... ."
Zu § 513 (der Regierungsvorlage; inhaltlich, soweit im Beschwerdefall von Bedeutung, mit der Fassung des Gesetzes übereinstimmend):
"...
Da wegen der Besonderheit des Gnadenverfahrens kein subjektives Recht auf Erstattung eines Gnadenvorschlags besteht (vgl. die Erl. im Allgemeinen Teil ... und zu § 507), kommt im Gnadenverfahren niemandem Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu (zum Verhältnis zwischen subjektivem öffentlichem Recht und Parteistellung in der modernen Verwaltungsrechtslehre vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 271 ff; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrechte3 381 ff; Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 116 ff, und die dort zitierte Judikatur). Eine Anwendung des III. Teils des AVG über Bescheide, des IV. Teils über Rechtsschutz (einschließlich der in § 73 geregelten Entscheidungspflicht, vgl. oben bei § 507 ... ), des V. Teils über Kosten des VI. Teils, der die Vollzugsklausel enthält, kommt daher nicht in Betracht. Dagegen sind die übrigen Regelungen des AVG, nämlich die des I. Teiles (Allgemeine Bestimmungen) und des II. Teiles (Ermittlungsverfahren), einer Anwendung im Gnadenverfahren grundsätzlich zugänglich. ... " (Fettdruck jeweils im Original.)
So sieht § 507 StPO im Hinblick auf den Vorschlag des Bundesministers für Justiz vor, dass dieser von Amts wegen oder aus Anlass eines Gesuches erfolgen kann. Der Gesetzgeber spricht also ganz bewusst vom "Anlass des Gesuches" und nicht von "auf Antrag". Weiters sieht § 507 StPO ausdrücklich vor, dass es ein Recht auf Begnadigung nicht gibt. Der Gesetzgeber spricht in § 511 Abs. 2 StPO davon, dass der Gesuchsteller im Fall, dass das Gnadengesuch erfolglos ist, vom Bundesminister für Justiz zu verständigen ist. Wie sich dies auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt, wollte der Gesetzgeber keine bescheidmäßige Erledigung.
Auch der Verfassungsgerichtshof verneint die Bescheidqualität vergleichbarer Erledigungen über die Erfolglosigkeit von Gnadengesuchen mit der Begründung, dass auf die Ausübung des Gnadenrechtes niemandem ein Recht zusteht (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1998, VfSlg. Nr. 15.318).
Es ist also insgesamt zu erkennen, dass die belangte Behörde mit der angefochtenen Erledigung gesetzeskonform lediglich der sie nach § 511 Abs. 2 StPO treffenden Verständigungspflicht nachgekommen ist.
Aus den wiederholten Hinweisen des Beschwerdeführers auf den Fall Rösslhuber ist für den gegenständlichen Fall schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die dortige Verurteilung Österreichs vom 28. November 2000 durch den EGMR wegen überlanger Verfahrensdauer nicht den Beschwerdeführer betroffen hat.
Die Beschwerde war daher schon mangels Vorliegens eines Bescheides, ohne dass auf ihre weitere Argumentation eingegangen werden musste, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am 30. März 2005
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und RechtsbelehrungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005060036.X00Im RIS seit
09.06.2005