TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/30 2005/06/0051

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Veröffentlicht am 30.03.2005
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauO Tir 2001 §33 Abs1;
BauO Tir 2001 §33 Abs5;
BauO Tir 2001 §55 Abs1 lith;
BauRallg;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des J B in S, vertreten durch Dr. Brüggl & Dr. Harasser, Rechtsanwälte in Kitzbühel, Rathausplatz 2/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18. August 2003, Zl. uvs-2002/11/086-5, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung 2001 (weitere Partei gemäß § 21 VwGG: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 23. Oktober 2001 wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zum "Neubau/Erweiterung" einer Kleineisenbahnanlage, sowie der Errichtung einer Teichanlage und einer Einfriedung auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt. Dieses Beschwerdeverfahren sowie die Beschwerdeverfahren, welche mit dem hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zlen. 2004/06/0154 und 2003/06/0155, abgeschlossen wurden, betreffen bauliche Maßnahmen auf einem Areal, welches der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren als "Familienpark" bezeichnet hat.

Ausgehend von der auf einen Vermessungsplan gestützten Annahme, dass der Beschwerdeführer bei der Ausführung des Bauvorhabens wesentlich von der Baubewilligung vom 23. Oktober 2002 abgewichen sei, stellte der Bürgermeister der Gemeinde S als Baubehörde erster Instanz mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom 4. Februar 2002 "die abweichend von der Baubewilligung durchgeführten Bauarbeiten gemäß § 33 Abs. 1 und 5 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94/2001, mit sofortiger Wirkung ein" und untersagte "die weitere Ausführung der Kleineisenbahn-Erweiterung sowie der Naturteich-Errichtung" auf den näher bezeichneten Grundstücken. Weiters heißt es im Spruch des Bescheides: "Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid kommt gemäß § 33 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2001 keine aufschiebende Wirkung zu". Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, über die (unbestritten) bis zur Erlassung des nun angefochtenen Bescheides (noch) nicht abgesprochen wurde.

Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2002 erstattete der Bürgermeister der Gemeinde S bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (kurz: BH) eine "baubehördliche Anzeige" gegen den Beschwerdeführer wegen unbefugter Bauführung trotz (soweit hier erheblich) bescheidmäßiger Baueinstellung vom 4. Februar 2002. Nachdem die Baueinstellung durch den Beschwerdeführer "wissentlich ignoriert" werde und "die Bauarbeiten zügig voranschreiten", werde um Einleitung der notwendigen Schritte ersucht.

Mit Erledigung der BH vom 18. März 2002 wurde der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung aufgefordert. Es wurde ihm zur Last gelegt, mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 23. Oktober 2001 sei ihm die Errichtung einer Kleineisenbahnanlage, einer Teicheinlage und einer Einfriedung auf näher bestimmten Grundstücken bewilligt worden. Bei einer baubehördlichen Überprüfung am 4. Februar 2002 sei festgestellt worden, dass die Bauführung in mehreren Bereichen außerhalb der hiefür genehmigten Widmungskategorien erfolgt sei. Außerdem sei das Bauvorhaben zumindest bis 21. Februar 2002 weiter ausgeführt worden ("Errichtung der Gleisanlage, Durchführung von Aufschüttungen usw."), obwohl mit Bescheid vom 4. Februar 2002 die weitere Bauausführung "untersagt" worden sei. Er habe dadurch

1. ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und sei

2. einem Auftrag, mit welchem ihm nach § 33 Abs. 1 und 5 TBO 2001 die weitere Bauausführung untersagt worden sei, nicht nachgekommen.

In einer Stellungnahme vom 29. März 2002 bestritt der Beschwerdeführer den Tatvorwurf. Er habe die ihm zum Vorwurf gemachten Verwaltungsübertretungen nicht zu verantworten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Vorwurf gegen ihn richte. Die TBO 2001 finde auf die in Rede stehenden Anlagen überhaupt keine Anwendung. Aber auch wenn dies der Fall gewesen sein sollte, werde ausdrücklich bestritten, dass Bauarbeiten abweichend von der Baubewilligung durchgeführt worden seien. Ausdrücklich werde auch bestritten, dass bis 21. Februar 2002 Arbeiten weitergeführt worden wären. Es folgen Beweisanbote.

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der BH vom 27. Mai 2002 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, bei einer baubehördlichen Überprüfung am 4. Februar 2002 sei festgestellt worden, dass die (mit dem Bescheid vom 23. Oktober 2001 bewilligte) Bauführung in mehreren Bereichen "außerhalb der hierfür genehmigten Widmungskategorien" erfolgt sei. Außerdem sei das Bauvorhaben zumindest bis 21. Februar 2002 weiter ausgeführt worden "(Errichtung der Gleisanlage, Durchführungen von Aufschüttungen usw.)", obwohl mit dem Bescheid vom 4. Februar 2002 (der vom Beschwerdeführer am 6. Februar 2002 übernommen worden sei) die weitere Bauführung untersagt worden sei.

Der Beschwerdeführer habe hiedurch

1. ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und sei

2. einem Auftrag, mit dem ihm nach § 33 Abs. 1 und 5 der Tiroler Bauordnung 2001 die weitere Bauführung untersagt worden sei, nicht nachgekommen.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 20 Abs. 1 lit. a der Tiroler Bauordnung 2001 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 lit. a leg. cit. 2. § 33 Abs. 1 und 5 der Tiroler Bauordnung 2001 in Verbindung mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 4. Februar 2002 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 lit. h leg. cit. Hiefür wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Begründend heißt es, auf Grund der Anzeige der Gemeinde vom 21. Februar 2002 und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe für die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen habe. Er habe ein "baupflichtiges" (baubewilligungspflichtiges) Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und habe trotz der mit Bescheid vom 4. Februar 2002 erfolgten Untersagung der weiteren Bauausführung das Bauvorhaben zumindest bis 21. Februar 2002 weiter ausgeführt.

Nach Wiedergabe der Rechtfertigung des Beschwerdeführers heißt es weiter, in der Folge seien die Zeugen K. und R. sen. vernommen worden. K. habe bei seiner Einvernahme am 19. April 2002 zusammenfassend angegeben, dass auf dem Areal des Familienparks den ganzen Winter über Baggerarbeiten stattgefunden hätten. Wozu diese gedient hätten, habe er nicht sagen können. Er habe weiters bemerkt, dass sich in den letzten 14 Tagen ein- oder zweimal auf dem Areal ein Betonmischwagen befunden habe. Welche Arbeiten durchgeführt worden seien, könne er nicht sagen. Er habe auch vor zwei bis drei Wochen beobachtet, dass rund um das Grundstück alle 2 bis 3 m Säulen für einen Zaun errichtet worden seien. Seit der Familienpark wieder geöffnet habe (er glaube seit Ostern) sei der Park jedes Wochenende in Betrieb gewesen, außer "an einem sehr schlechten Sonntag", vor ein bis zwei Wochen, habe er geschlossen gehabt.

Der Zeuge R. sen. habe bei seiner Vernehmung am 6. Mai 2002 zusammenfassend angegeben, es sei ihm aufgefallen, dass im Winter und im Frühjahr ein Bagger Grabungsarbeiten durchgeführt habe, welche Arbeiten dies genau gewesen seien, könne er nicht sagen. Er habe auch des Öfteren Mischwägen auf dem Areal des Familienparkes beobachtet. Er habe bemerkt, dass im letzten Monat eine neue Schaukel aufgestellt worden sei. Außerdem sei die Strecke des Zuges, der durch das Areal führe, erweitert worden. Ob sich der Verlauf des Zuges nunmehr so darstelle wie auf einem näher bezeichneten Vermessungsplan vom 29. Jänner 2002 könne er nicht sagen.

Bei der fraglichen Übertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, das bedeute, dass bereits das bloße Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift (im Beschwerdefall die Ausführung eines Bauvorhabens abweichend von der Baubewilligung bzw. das Zuwiderhandeln gegen die Untersagung der weiteren Bauausführung) zur Begehung der Verwaltungsübertretung genüge, "unabhängig von den Gründen dafür". Zur Erfüllung des Tatbildes sei Vorsatz nicht erforderlich, es genüge bereits einfache Fahrlässigkeit. Die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen seien auf Grund der von der Gemeinde und der von der Behörde durchgeführten Erhebungen als erwiesen anzusehen. Die Behörde habe keine Veranlassung, die Angaben der Anzeige anzuzweifeln. Sie erachte es daher auf Grund der Angaben und Feststellungen des Meldungslegers als einwandfrei erwiesen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Übertretungen begangen und sich nach den bezogenen Gesetzesstellen strafbar gemacht habe. Die von den Zeugen K und R gemachten Angaben hätten zur Entlastung des Beschwerdeführers nicht beigetragen. Die Einvernahme des Bürgermeisters sei nicht erforderlich gewesen, weil er selbst die Anzeige erstattet habe. Er habe bereits dadurch kund getan, dass die Angaben in der Anzeige zuträfen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er unter anderem (soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich) vorbrachte, dem Spruch des bekämpften Straferkenntnisses sei keine Tatzeit und auch kein Tatort zu entnehmen. Die fraglichen Baumaßnahmen seien nach der TBO 2001 nicht konsensbedürftig und unterlägen überhaupt nicht der TBO 2001. Ausdrücklich bestritten werde, dass die Baumaßnahmen "in mehreren Bereichen" außerhalb der hiefür genehmigten Widmungskategorien erfolgt wären, auch, dass das Bauvorhaben "zumindest bis 21.2.2002" weiter ausgeführt worden wäre. Es sei auch im Spruch nicht angegeben worden, welches Bauvorhaben weiter ausgeführt worden wäre. Auch sei der Bescheid vom 4. Februar 2002 nicht in Rechtskraft erwachsen. Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses entspreche nicht den Anforderungen des § 44a VStG. Auch liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor. Er betreibe den "Familienpark P...". Dabei handle es sich um einen großen Kinderspielplatz. Er habe mehrere Baumaßnahmen gesetzt, die alle nicht der TBO 2001 unterlägen. Diese bildeten eine Einheit. Der Behörde sei es untersagt, "praktisch für jeden Spatenstich ein gesondertes Strafverfahren einzuleiten" und auch gesonderte Strafen auszusprechen. Auch sei die Strafe zu hoch bemessen worden.

Die belangte Behörde führte hinsichtlich des nunmehr gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens (und der weiteren Verfahren, welche Gegenstand der Beschwerden waren, die mit dem zuvor genannten hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zlen. 2003/06/0154 und 2003/06/0155, erledigt wurden) eine gemeinsame Berufungsverhandlung durch.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich des Schuldvorwurfes zu Punkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides Folge gegeben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt, hinsichtlich des Schuldvorwurfes zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides hingegen der Berufung nur hinsichtlich der Strafzumessung Folge gegeben, und im Übrigen "die Beitragspflicht zu den Verfahrenskosten I. Instanz" neu bestimmt. Zum Tatvorwurf zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass diesbezüglich der am 6. Februar 2002 zugestellte vollstreckbare Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 4. Februar 2002 vorliege. Durch die danach bis 21. Februar 2002 vorgenommene weitere Bauausführung im Bereich der Kleineisenbahn-Erweiterung habe der Beschwerdeführer gegen die Bestimmung des § 55 Abs. 1 lit. h der Tiroler Bauordnung 2001 verstoßen. Seine Bestrafung in diesem Punkt sei somit zu Recht erfolgt.

Dagegen - nämlich insoweit, als der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Schuldvorwurfes gemäß dem genannten Punkt 2. zu einer Geldstrafe verurteilt wurde - richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, aber auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Bei der Behandlung der Beschwerde hatte der Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung in § 33 (Abs. 1) TBO 2001, weshalb mit dem hg. Beschluss vom 22. Jänner 2004, A 2004/02 (Zl. 2003/06/0160), an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt wurde, bestimmte Teile des § 33 Abs. 3 2. Satz TBO 2001 als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen (und einen weiteren vergleichbaren) Antrag mit seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, G 18/04-7 und G 19/04-7 (unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 16. Oktober 2004, G 214/03-7), abgewiesen (auf die Begründung dieser verfassungsgerichtlichen Erkenntnisse kann verwiesen werden).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 33 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 - TBO 2001

(Wiederverlautbarung), lautet:

"§ 33

Mängelbehebung, Baueinstellung

(1) Werden im Rahmen der Bauaufsicht wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung der betreffenden Teile des Bauvorhabens zu untersagen und ihm die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen. Der Berufung gegen einen solchen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die weitere Bauausführung durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt einstellen.

(2) Wird dem Auftrag zur Bestellung eines Bauverantwortlichen nicht entsprochen oder ungeachtet des vorzeitigen Endens der Tätigkeit des Bauverantwortlichen ein neuer Bauverantwortlicher nicht bestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des betreffenden Bauvorhabens oder Bauabschnittes oder der betreffenden Bauarbeiten bis zur Bestellung oder Neubestellung eines Bauverantwortlichen zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden.

(3) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen.

(4) Wird ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne Bauanzeige oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 28 Abs. 2 ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Die Behörde hat dem Bauherrn weiters die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen, wenn

a) die fehlende Bauanzeige nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nachgeholt wird oder

b) das Bauvorhaben auf Grund der Bauanzeige untersagt wird.

(5) Wird ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und stellt diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens dar, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre, so ist Abs. 3 anzuwenden. Dem Bauherrn kann jedoch auf sein begründetes Verlangen statt der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden.

(6) Wird ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben erheblich abweichend von der Bauanzeige ausgeführt, so ist Abs. 4 anzuwenden. Im Übrigen gilt Abs. 5 zweiter Satz sinngemäß."

Gemäß § 55 Abs. 1 lit. h TBO 2001 ist zu bestrafen, wer

"h) einem Auftrag, mit dem ihm nach § 33 Abs. 1 bis 6, gegebenenfalls in Verbindung mit § 44 Abs. 6 oder § 47 Abs. 4, die weitere Bauausführung untersagt oder die Beseitigung eines Bauvorhabens oder die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen wird, nicht nachkommt,"

Nicht zu folgen ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eine Bestrafung nach § 55 Abs. 1 lit. h TBO 2001 einen rechtskräftigen und "zulässigen bzw. rechtskonformen" Baueinstellungsbescheid voraussetze. Darauf stellt diese Strafbestimmung nicht ab, wobei dem Umstand wesentliche Bedeutung zukommt, dass Berufungen gegen Baueinstellungsbescheide kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 33 Abs. 1 zweiter Satz TBO 2001, der auch kraft Verweises bei Baueinstellungen gemäß § 33 Abs. 5 leg. cit. maßgeblich ist - siehe die nähere Darlegung im schon genannten Antrag an den Verfassungsgerichtshof vom 22. Jänner 2004). Der Baueinstellungsbescheid vom 4. Februar 2002 war fraglos dem Beschwerdeführer gegenüber rechtswirksam erlassen, und demgemäß gegenüber dem Beschwerdeführer ohne Rücksicht auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit verbindlich, wobei die inhaltliche Rechtmäßigkeit mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung auch im Verwaltungsstrafverfahren nicht zu hinterfragen war. Dieser Baueinstellungsbescheid war (unbestritten) auch zum Zeitpunkt der Erlassung des nun angefochtenen Bescheides noch aufrecht. Im Beschwerdefall kann daher die Frage dahingestellt bleiben, was rechtens wäre, wenn der Baueinstellungsbescheid (bezogen auf den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatzeitraum) bis zur Erlassung des nun angefochtenen Bescheides behoben worden wäre (siehe zu dieser Problematik das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/03/0336), wie auch die Frage nicht zu lösen ist, was rechtens wäre, wenn der Baueinstellungsbescheid allenfalls nach Erlassung des nun angefochtenen Bescheides behoben wurde oder werden sollte.

Da § 55 Abs. 1 lit. h TBO 2001 nicht auf die Bauherreneigenschaft abstellt, bedurfte es auch keiner entsprechenden Feststellungen der belangten Behörde. Im Beschwerdefall gilt sinngemäß das, was im eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zlen. 2003/06/0154 und 2003/06/0155, zum gleich gelagerten Vorbringen des Beschwerdeführers zum Straftatbestand des § 55 Abs. 1 lit. a TBO 2001 gesagt wurde: als Täter kommt derjenige in Betracht, der gegen den Baueinstellungsbescheid verstößt oder in dessen Auftrag gegen einen solchen Bescheid verstoßen wird.

Zwar verweist der Beschwerdeführer zutreffend darauf, er habe in seiner Rechtfertigung vom 29. März 2002 vorgebracht, dass der erhobene Vorwurf von ihm nicht zu vertreten sei und für ihn auch nicht nachvollziehbar sei, weshalb sich der Vorwurf gegen ihn richte. Dessen ungeachtet ist die erstinstanzliche Behörde (mit näherer Begründung) von seiner Täterschaft ausgegangen. Richtig ist zwar auch, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung (ganz allgemein) bestritten hat, tatbildlich gehandelt zu haben. Allerdings hat er eingeräumt, auf dem Areal zahlreiche bauliche Maßnahmen durchgeführt zu haben und hat - anders als in den Berufungen in jenen Strafverfahren, die dem hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zlen. 2003/03/0154 und 2003/06/0155 zugrunde lagen -

zu den hier verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen (siehe dazu mehr später) kein konkretes Vorbringen in Bezug auf seine Täterschaft (im oben umschriebenen Sinn) erstattet. Auch in der Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde erfolgte kein solches Vorbringen. Es kann daher im Beschwerdefall nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Täter angesehen hat.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, der Baueinstellungsbescheid vom 24. Februar 2002 sei auf § 33 Abs. 1 und 5 TBO 2001 gestützt worden, sei somit in sich widersprüchlich, weil in Abs. 1 und Abs. 5 leg. cit. verschiedene Fälle geregelt seien. Daraus ist für ihn aber nichts zu gewinnen, weil § 33 Abs. 5 auf Abs. 3 und dieser auf Abs. 1 leg. cit. verweist (siehe abermals die nähere Darstellung im zuvor genannten Antrag an den Verfassungsgerichtshof) und jedenfalls aus dem Spruch des Baueinstellungsbescheides unmissverständlich hervorgeht, dass die in Abweichung von der erteilten Baubewilligung durchgeführten Bauarbeiten eingestellt wurden (somit ein Fall des § 33 Abs. 5 TBO 2001 angenommen wurde).

Es trifft allerdings zu, dass vor diesem Hintergrund der Tatvorwurf im Lichte des § 44a Z 1 VStG nicht ausreichend konkret ist, weil mit der Wendung, "Außerdem wurde das Bauvorhaben zumindest bis 21.02.2002 weiter ausgeführt (Errichtung der Gleisanlage, Durchführung von Aufschüttungen usw.)", nicht ausreichend klar hervorgeht, welche baulichen Maßnahmen in Abweichung von der erteilten Baubewilligung nach Erlassung des Baueinstellungsbescheides durchgeführt wurden, wobei überdies in der Berufung ausdrücklich bestritten wurde, dass "das Bauvorhaben zumindest bis 21.2.2002" weiter ausgeführt worden wäre, und es im angefochtenen Bescheid an einer konkreten Begründung dafür mangelt, warum dies dennoch angenommen wurde.

Auf Grund dieser Mängel belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003 im Rahmen des eingeschränkten Kostenbegehrens.

Wien, am 30. März 2005

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005060051.X00

Im RIS seit

02.05.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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