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25/02 Strafvollzug;Norm
StVG §120 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones und als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Bundesministers für Justiz gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz vom 26. April 2002, Zl. Jv 20.020-16.1/02-5, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzuges (mitbeteiligte Partei: E P in O), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte (P) verbüßte in der Justizanstalt R bis 30. März 2002 eine gerichtliche Freiheitsstrafe und im Anschluss daran eine verwaltungsbehördliche Freiheitsstrafe; er wurde am 2. Mai 2002 aus der Haft entlassen.
Mit Eingabe vom 14. März 2002 hatte P beim Strafvollzugsgericht unter Hinweis darauf, dass er auf dem linken Fuß an einer extremen Tromboseerkrankung leide, eine Haftunterbrechung begehrt. Der Leiter der Justizanstalt nahm in einer Stellungnahme vom 20. März 2002 zum Ansuchen des P (das in der Äußerung als "wiederholtes Ansuchen" bezeichnet wird) dahin Stellung, dass P gemäß den Feststellungen durch den Anstaltsarzt an Krampfadern leide und er wegen dieses Zustandes laufend in anstaltsärztlicher Behandlung stehe und unter Kontrolle sei. Vom Anstaltsarzt würden ihm die notwendigen Medikamente verabreicht, es sei auch für ihn ein Stützstrumpf angekauft worden. Da seine mehrmaligen Ansuchen um bedingte Entlassung alle abgelehnt worden seien, versuche er vehement unter Berufung auf seinen Gesundheitszustand eine Entlassung vor dem errechneten Strafende der gerichtlichen Haft (30. März 2002) zu erreichen. Zur Durchsetzung seines Zieles "belagere" er das Bundesministerium für Justiz und das Vollzugsgericht mit entsprechenden Anträgen. Nachdem er bereits mehrfach seinen Entschluss, die Krampfadern in einem Krankenhaus stationär behandeln zu lassen, geändert habe, sei er nunmehr am 14. März 2002 an die chirurgische Abteilung des Krankenhauses R. zur operativen Sanierung seiner Krampfadern überwiesen worden. P habe aber auf die entsprechende Ausführung verzichtet (wurde näher dargelegt).
Mit Beschluss des LG R vom 22. März 2002 als Vollzugsgericht wurde der Antrag des P auf Unterbrechung der Freiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche abgewiesen. In der Begründung dieses Beschlusses wird die Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt vom 20. März 2002 wiedergegeben und es heißt dabei unter anderem (zur Bedeutung der nachträglichen Unterstreichungen siehe später) "Wegen dieses Zustandes sei er laufend in anstaltsärztlicher Behandlung und unter Kontrolle. Es würden ihm die notwendigen Medikamente verabreicht und auch ein Stützstrumpf sei für ihn angekauft worden. Er habe bereits mehrmals seinen Entschluss, die Krampfadern in einem Krankenhaus stationär behandeln zu lassen, geändert." In der weiteren Begründung dieses Beschlusses wird dargelegt, dass der Strafunterbrechungsantrag nicht gerechtfertigt sei. Es heißt darin unter anderem, zunächst sei der Antragsteller auf die Stellungnahme der Justizanstalt zu verweisen, wonach er zuletzt selbst eine Ausführung in das Krankenhaus zur Abklärung einer allfällig operativen Behandlung seiner Krampfadern abgelehnt habe; "der Strafgefangene steht auch laufend in anstaltsärztlicher Behandlung und Kontrolle, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass für seinen Gesundheitszustand ausreichend Vorsorge getroffen wird".
P erhob nun einerseits Beschwerde gegen diesen Beschluss (in der er unter anderem vorbrachte, "die Faktenverdrehung ist ungeheuerlich!"), der mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 11. April 2002 nicht Folge gegeben wurde, andererseits brachte er unter dem Datum "16. März 02" eine Eingabe ein, die beim Oberlandesgericht Linz am 28. März 2002 einlangte und Grundlage des nun beschwerdegegenständlichen Administrativverfahrens war; den Akten zufolge war dieser Eingabe eine Ausfertigung des Beschlusses des Landesgericht R vom 22. März 2002 (mit den zuvor wiedergegebenen Unterstreichungen) angeschlossen (die Adressierung des Briefumschlages ist an das Oberlandesgericht Linz gerichtet, der Poststempel datiert vom 26. März 2002). In dieser (dem Verwaltungsgerichtshof nur in Ablichtung vorgelegten) handschriftlichen, zum Teil schlecht lesbaren Eingabe heißt es nach der Datierung, der Anführung des Namens und der Wortfolge "SVA R" (die Deutung der in eckigen Klammern mit Fragezeichen wiedergegebenen Worte ist mangels verlässlicher Lesbarkeit unsicher):
"An das Oberlandesgericht R
Vollzugskammer
Ich beschwere mich über die Anstaltsleitung weil es falsche Tatsachen verbreitet, die eindeutig (nachweisbar?) (sind?)
Auch wurden von der Leitung des Hauses, der Oberschwester Direktion der Schwesternschule bei der Befragung, warum ich nicht operiert werde gesagt. Sie hätten eine schriftliche Erklärung von mir.
Das ist unrichtig und die Möglichkeit gibt es nicht!
Die Leitung des Hauses soll dieses Schriftstück vorweisen! und keine falschen Tatsachen verbreiten.
Finde das ist beschämend.
1. Nie (?) seither hatte ich einen Arzt gesehen. Nie wurde ich behandelt. Einzig das ist richtig, das ein Strumpf gekauft wurde. Nie habe ich eine stationäre Behandlung abgesagt oder geändert.
Ich wäre heilfroh wenn mich ein Arzt sehen würde mit meinen
Füßen und Nichtbehandlung meiner Zähne.
Machen Sie doch endlich etwas!
(Unterschrift)
Alleine wenn schon die Anstaltsleitung gegen eine Behandlung
u. Unterbrechung für eine Behandlung ist zeigt doch das die Anstaltsleitung das vertuschen möchte."
Der Ausfertigung des Beschlusses vom 22. März 2002
ist handschriftlich beigefügt:
"Das Unterstrichene ist unwahr!
Im Krankenblatt muss, und werde Sie erkennen müssen dass ich nie (Arzthilfe??) - oder sonst eine Betreuung hatte.
Außer (abstoßende??) Bemerkungen (?)
Warum ist die Anstaltsleitung gegen eine Behandlung?"
Nach Einholung einer Stellungnahme der Anstaltsleitung vom 23. April 2002 hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerde nicht Folge gegeben. Begründend heißt es, mit dem am 26. März 2002 zur Post gegebenen Schriftsatz beschwere sich P, dass ihm der Leiter der Justizanstalt die erforderliche ärztliche Betreuung verweigere und in Stellungnahmen an das LG R als Strafvollzugsgericht zu seinen Anträgen auf Unterbrechung der Freiheitsstrafe bzw. nachträglichem Aufschub des Strafvollzuges "falsche Tatsachen" verbreite.
Der Anstaltsleiter habe in seiner Stellungnahme vom 23. April 2002 unter Anschluss eines Auszuges aus dem Krankenblatt die Medikation und die Vorstellungen des P beim Anstaltsarzt dokumentiert und festgehalten, dass die vom Anstaltsarzt verordneten und bereitgestellten Medikamente von den Beamten ausgefolgt worden seien; überdies habe P am 14. März 2002 seine Vorführung in die chirurgische Ambulanz des Krankenhauses R. zur Klärung der Dringlichkeit der Operation seiner Krampfadern verweigert, ihm sei auf Grund des seit November 2001 andauernden Vollzuges bekannt, dass er sich gemäß § 19 der in jedem Haftraum aufliegenden Hausordnung zur Vorsprache beim Arzt an den aufsichtsführenden Abteilungsbeamten zu wenden habe. Gemäß den dem Bericht des Leiters der Justizanstalt beigeschlossenen Auszügen aus dem Krankenblatt ergebe sich eine Dauermedikation seit 7. Dezember 2000 sowie näher bezeichnete Vorstellungen beim Anstaltsarzt (wurde näher ausgeführt).
P habe bei seiner handschriftlich verfassten Beschwerde an die Vollzugskammer die Ausfertigung des Beschlusses des Strafvollzugsgerichtes vom 22. März 2002 angeschlossen und ausdrücklich jene Teile der Entscheidungsbegründung, die Berichte des Anstaltsleiters zitierten, bezeichnet und seiner Beschwerde zu Grunde gelegt (die Passagen wurden näher bezeichnet).
Durch die eingeholten Berichte im Zusammenhang mit den von P nicht in Abrede gestellten Teilen der Stellungnahme über einen Stützstrumpfankauf und seiner verweigerten Vorführung am 14. März 2002 sei nach den Umständen des Falles der Sachverhalt hinreichend geklärt und demnach ein Vorgehen nach § 121 Abs. 3a StVG nicht angezeigt.
Nach Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen (§ 22 Abs. 1, § 36 Abs. 1, §§ 66, 68 und 70 StVG) heißt es weiter, die unzweifelhaft subjektive Rechte im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 120 StVG umschreibenden Gesetzesbestimmungen seien jedoch durch das Verhalten des Leiters der Justizanstalt nicht verletzt worden. Aus dem Bericht des Anstaltsleiters ergebe sich eine den Bestimmungen der §§ 66, 68 und 70 StVG entsprechende ärztliche Betreuung, die Zuführung zur fachärztlichen Untersuchung und dementsprechend auch die Richtigkeit der Stellungnahmen gegenüber dem Strafvollzugsgericht. Derart sei P durch das Verhalten des Leiters der Justizanstalt in seinen subjektiven Rechten auf eine den zitierten Vorschriften entsprechende Behandlung/Betreuung nicht verletzt worden. Die Feststellung einer gesetzwidrigen Verhaltensweise, wie sie die Administrativbeschwerde anstrebe, komme nicht in Betracht.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Strafvollzugsgesetz (StVG), BGBl. Nr. 144/1969, in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2001, anzuwenden.
Die §§ 120 bis 122 StVG lauten:
"Beschwerden
§ 120. (1) Die Strafgefangenen können sich gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihrer Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren. Über die Art der ärztlichen Behandlung können sich die Strafgefangenen jedoch nur nach § 122 beschweren. Die Beschwerde hat die angefochtene Entscheidung, Anordnung oder das Verhalten zu bezeichnen und die Gründe für die Erhebung der Beschwerde, soweit sie nicht offenkundig sind, darzulegen.
(2) Eine Beschwerde kann außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem dem Strafgefangenen der Beschwerdegrund bekannt geworden ist. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung, so kann sie außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist. Beschwerden sind schriftlich oder zu der vom Anstaltsleiter festzusetzenden Tageszeit mündlich bei dem hiefür zuständigen Strafvollzugsbediensteten anzubringen. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter und wird sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der zuständigen Vollzugskammer eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Die Vollzugskammer hat in diesem Fall die bei ihr eingebrachte Beschwerde unverzüglich an den Anstaltsleiter weiterzuleiten.
(3) Die Erhebung einer Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Der Anstaltsleiter und die mit der Beschwerde angerufene Vollszugskammer können jedoch den Vollzug von Anordnungen, gegen die Beschwerde erhoben wird, bis zur Erledigung vorläufig aussetzen, wenn keine Gefahr im Verzuge ist.
Verfahren bei Beschwerden
§ 121. (1) Über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnungen hat der Anstaltsleiter zu entscheiden. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so steht die Entscheidung der Vollzugskammer zu.
(2) Soweit eine an eine Vollzugskammer gerichtete Beschwerde die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts über die von der Beschwerde betroffene Vollzugseinrichtung erfordert, hat die Vollzugskammer die Beschwerde an die nach den §§ 11 bis 14 zuständige Vollzugsbehörde weiterzuleiten.
(3) Soweit der Sachverhalt nicht genügend bekannt ist, sind vor der Erledigung Erhebungen anzustellen. Bei der Vorlage von Beschwerden hat der Anstaltsleiter einen kurzen Bericht anzuschließen, soweit sich der Sachverhalt nicht schon aus den etwa mitvorgelegten Akten ergibt. Die Vollzugskammer kann auch den Präsidenten des in Strafsachen tätigen Gerichtshofs erster Instanz, in dessen Sprengel die betroffene Anstalt gelegen ist, um Erhebungen ersuchen. Der Präsident kann die Erledigung eines solchen Ersuchens an einen anderen Richter des Gerichtshofs delegieren.
(3a) Vor der Entscheidung ist der Beschwerdeführer zu hören, es sei denn, dass eine solche Anhörung nach den Umständen des Falles nicht erforderlich erscheint, insbesondere weil der Sachverhalt bereits hinreichend geklärt scheint oder der Beschwerde insoweit zur Gänze stattgegeben wird.
(4) Ein Beschwerdeerkenntnis hat, wenn sich die Beschwerde nicht gegen die Person des Anstaltsleiter gerichtet hat, dieser, sonst sein Stellvertreter dem Strafgefangenen zu verkünden. Zugleich ist der Strafgefangene über die Möglichkeit einer weiteren Beschwerde zu belehren. Auf sein Verlangen ist dem Strafgefangenen auch eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung zuzustellen.
(5) Entscheidungen der Vollzugskammern unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist einschließlich der Fälle des Art. 130 Abs. 1 lit. b des Bundes-Verfassungsgesetzes zulässig. Der Bundesminister für Justiz kann Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit erheben.
Anrufung des Aufsichtsrechtes der Vollzugsbehörden
§ 122. Die Strafgefangenen haben das Recht, durch Ansuchen und Beschwerden das Aufsichtsrecht der Vollzugsbehörden anzurufen. Auf solche Ansuchen oder Beschwerden braucht den Strafgefangenen jedoch kein Bescheid erteilt zu werden."
Der Beschwerdeführer bringt vor, er erachte den angefochtenen Bescheid in Ansehung der Bestimmungen der § 120 Abs. 1 (§ 122) sowie § 121 Abs. 2 StVG mit Rechtswidrigkeit belastet. Hiezu wird zusammengefasst ausgeführt, das Gebot des § 22 Abs. 1 StVG betreffe die Art des Umgangs im direkten persönlichen Verkehr zwischen Organwaltern und Strafgefangenen. Äußerungen der Vollzugsbehörde erster Instanz in einem Verfahren vor dem Vollzugsgericht oder einzelner Organwalter gegenüber dritten Personen könnten die in § 22 Abs. 1 StVG eingeräumten subjektiven Rechte daher schon nicht einmal abstrakt verletzen. Wegen der Prüfung derartiger Äußerungen der Vollzugsbehörde erster Instanz in einem gerichtlichen Rechtsmittelverfahren wäre dieses Vorbringen allenfalls einer aufsichtsbehördlichen Prüfung gemäß § 122 StVG zugänglich.
Ungeachtet des tatsächlichen Vorbringens des P im Administrativverfahren werde dieses im angefochtenen Bescheid so ausgeführt, dass der Anstaltsleiter dem Strafgefangenen die erforderliche ärztliche Betreuung verweigere. Auf Grund der festgestellten medizinischen Versorgungsmaßnahmen werde im angefochtenen Bescheid weiters sinngemäß die Schlussfolgerung gezogen, dass die sich aus § 120 StVG ergebenden subjektivöffentlichen Rechte des P durch das Verhalten des Anstaltsleiters nicht verletzt worden seien.
Abgesehen davon, dass Feststellungen zu einem allenfalls anfechtbaren konkreten Verhalten (einer Entscheidung oder Anordnung) des Anstaltsleiters - womit erst ein Rechtsmittelzug wenn überhaupt eröffnet gewesen wäre - nicht getroffen worden seien, könnten sich Strafgefangene gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz StVG über die Art der ärztlichen Behandlung nur nach § 122 StVG beschweren. Strafgefangenen sei diesbezüglich kein durchsetzbarer Rechtsanspruch eingeräumt, sondern sie würden lediglich auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes verwiesen. Jedenfalls mangle es im Beschwerdefall (sowohl "im Tatsächlichen als auch den Feststellungen nach") eines konkreten, dem Anstaltsleiter zurechenbaren und anfechtbaren Aktes im Sinne des § 121 Abs. 1 StVG, weil er beispielsweise eine allenfalls vom Anstaltsarzt für nötig befundene Gesundheitsmaßnahme unterbunden hätte.
In der irrtümlichen Annahme eines gemäß den §§ 120 und 121 StVG zulässigen Rechtszuges habe die Vollzugskammer eine materielle Entscheidung an Stelle einer Weiterleitung der Beschwerde gemäß § 121 Abs. 2 und § 122 StVG getroffen.
Die Beschwerde ist jedenfalls im Ergebnis nicht berechtigt.
Ein Strafgefangener hat nach eigenem Ermessen die Möglichkeit, eine Administrativbeschwerde gemäß § 120 Abs. 1 StVG oder eine Aufsichtsbeschwerde gemäß § 122 StVG zu erheben (siehe dazu die hg. Beschlüsse vom 25. November 1999, Zl. 98/20/0476, und vom 24. Juni 1999, Zl. 98/20/0337, sowie das hg. Erkenntnis vom 26. November 2003, Zl. 99/20/0449).
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie nach dem Gesamtzusammenhang zur Beurteilung gelangte, der Wille des Einschreiters P sei darauf gerichtet gewesen, eine Administrativbeschwerde zu ergreifen.
Zu prüfen ist daher, ob diese Administrativbeschwerde überhaupt zulässig war.
Gemäß § 120 Abs. 1 StVG können sich die Strafgefangenen gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung, aber auch über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren. Die Administrativbeschwerde des Strafgefangenen P war dahin zu deuten, dass sich dieser (zwar nicht gegen eine Entscheidung oder Anordnung, aber) gegen ein behauptetes Verhalten des Leiters der Justizanstalt im Zusammenhang mit einer vom Strafgefangenen als erforderlich erachteten ärztlichen Behandlung beschwerte.
Im Fall, der dem hg. Beschluss vom 14. Dezember 2000, Zl. 2000/20/0293, zu Grunde lag, ging es um Fragen der Unterbringung eines Strafgefangenen in der Krankenabteilung, um die Entbindung von der Arbeitspflicht, um Abweichungen von der üblichen Verpflegung, sowie auch um ausreichende und fachgerechte medizinische Untersuchung und Behandlung (einschließlich der Vorbereitung einer Operation). Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, dass es sich dabei jeweils um Entscheidungen oder Anordnungen handelte, die vom Anstaltsarzt oder im Zusammenwirken mit diesem zu treffen (gewesen) wären. Auf dieser Grundlage gelangte der Verwaltungsgerichtshof zur Schlussfolgerung, dass dann, wenn jedenfalls keine (allein) dem Anstaltsleiter zurechenbaren, in die Rechte des (damaligen) Beschwerdeführers eingreifenden Entscheidungen oder Anordnungen vorlägen, der (damals) belangten Behörde unter den übrigen Umständen des Falles nicht entgegengetreten werden könne, wenn sie die damalige Beschwerde (im Verwaltungsverfahren) nicht als Administrativbeschwerde im Sinne des § 120 Abs. 1 StVG, sondern als Aufsichtsbeschwerde im Sinne des § 122 StVG gewertet habe.
Überträgt man diese Grundsätze auf den Beschwerdefall, ergibt sich Folgendes: Die belangte Behörde konnte die Administrativbeschwerde des Strafgefangenen P nach dem Zusammenhang dahin verstehen, dass dieser sich - jedenfalls auch - über ein Verhalten des Anstaltsleiters beschwerte, das nicht etwa in Umsetzung von Entscheidungen oder Anordnungen erfolgte, die vom Anstaltsarzt getroffen wurden oder von diesem zu treffen gewesen wären, sondern um ein vom Anstaltsleiter unabhängig von (oder entgegen) ärztlichen Anordnungen gesetztes Verhalten.
Das, worüber die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid entschieden hat, war demnach keine Beschwerde über "die Art der ärztlichen Behandlung" im Sinne des § 120 Abs. 1
2. Satz StVG; sie war daher entgegen der Annahme des beschwerdeführenden Ministers nicht im Sinne dieser Bestimmung unzulässig (wobei aber die belangte Behörde das behauptete Verhalten des Anstaltsleiters sachverhaltsmäßig als nicht gegeben erachtete und demnach folgerichtig die Administrativbeschwerde abwies).
Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde war abzuweisen, weil gemäß § 47 Abs. 4 VwGG in Fällen einer Amtsbeschwerde kein Aufwandersatz stattfindet.
Wien, am 30. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005060037.X00Im RIS seit
02.05.2005