TE OGH 1964/3/4 3Ob22/64

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Veröffentlicht am 04.03.1964
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Norm

EO §16
EO §200 Z3
EO §279a
EO §282

Kopf

SZ 37/36

Spruch

Verweigert ein Zwangsverwalter die Ausfolgung von Pfandsachen, hinsichtlich deren das Pfandrecht vor seiner Einführung begrundet wurde, zur Durchführung des Verkaufes, ist eine Aufforderung gem. E-Form. Nr. 271, an die betreibende Partei nicht gerechtfertigt.

Entscheidung vom 4. März 1964, 3 Ob 22/64. I. Instanz:

Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Zur Verwertung des Gast- und Schankgewerbes des Verpflichteten sowie dessen Kleinhandelsgewerbes mit Waren aller Art ist die Zwangsverwaltung bewilligt. Die betreibende Partei hat ein exekutives Pfandrecht an einigen Fahrnissen des Verpflichteten erworben. Die Verwertung dieses Pfandrechtes sollte durch Hallenverkauf erfolgen. Der Verkauf konnte nicht stattfinden, weil der Zwangsverwalter die Herausgabe der in seiner Gewahrsame befindlichen Pfandsachen verweigerte. Dies wurde der betreibenden Partei unter Verwendung des E-Form. Nr. 271 mit der Aufforderung bekanntgegeben, binnen 14 Tagen zur Durchführung der Versteigerung geeignete Anträge zu stellen, widrigens das Verkaufsverfahren, ohne Ausfertigung eines Einstellungsbeschlusses und unter Versagung eines weiteren Rechtsmittels gegen eine Einstellung, nach §§ 200 Z. 3, 282 EO. eingestellt würde. Die betreibende Partei beantragte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens und die Überstellung der Sachen in die Auktionshalle mit Polizeiassistenz. Auf gerichtliche Anfrage sprach sich der Zwangsverwalter neuerlich gegen eine Überstellung der Pfandgegenstände aus, weil dadurch der Erfolg der Zwangsverwaltung beeinträchtigt würde und die Pfändung der Gewerbeberechtigung älter sei als jene der Fahrnisse.

Das Erstgericht stellte nun das Verkaufsverfahren hinsichtlich der fraglichen Fahrnisse ein. Der Zwangsverwalter habe Gewahrsame an den Pfandgegenständen. Dem Exekutionsgericht stehe keine Möglichkeit zu, den Gewahrsameinhaber zur Herausgabe der Pfandgegenstände zu zwingen. Der betreibende Gläubiger habe die Klage nach § 466 ABGB. Der Antrag, die Pfandsachen dem Zwangsverwalter unter Polizeiassistenz wegzunehmen, sei unzulässig und zur Fortsetzung des Verkaufsverfahrens nicht geeignet, so daß die angedrohten Rechtsfolgen einzutreten hätten.

Infolge Rekurses der betreibenden Partei hob das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß auf. Richtig sei, daß der Zwangsverwalter Gewahrsame an den gepfändeten Gegenständen erworben habe. Diese Gewahrsame stehe ihm auf Grund seiner Stellung zu, sodaß sie erst mit seiner Einführung (8. Dezember 1962) entstanden sei. Wenn die Gegenstände in diesem Zeitpunkt auch zugunsten der Forderung des betreibenden Gläubigers gepfändet gewesen seien, ändere dies nichts daran, daß das Gericht keine Zwangsmittel gegen diesen dritten Gewahrsameinhaber habe. Bei dieser Sachlage sei vom betreibenden Gläubiger eine Antragstellung zur Fortsetzung des Verfahrens weder zu fordern noch zu erwarten. Die an ihn ergangene Aufforderung sei als gegenstandslos zu betrachten und stelle lediglich eine Aufforderung zur Äußerung dar; sie habe nicht in Rechtskraft erwachsen können. Die vom betreibenden Gläubiger erstattete Äußerung rechtfertige nicht den Schluß, daß der betreibende Gläubiger mit einer Einstellung des Verkaufsverfahrens einverstanden sei. Die Frage der Einstellung der Exekution mangels Kostendeckung (§ 39 Z. 8 EO.) sei noch nicht spruchreif.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Verpflichteten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das E-Form. Nr. 271 ist auf die Fälle beschränkt, in denen der Verkauf der Pfandsachen unterblieb, weil sie nicht vorgefunden wurden, weil der Verpflichtete unter Mitnahme der Pfandsachen unbekannt wohin verzogen ist oder weil ein erforderlicher Sperrkostenvorschuß nicht erlegt ist. Da keiner dieser Fälle hier vorliegt, wurde die Aufforderung gemäß E-Form. Nr. 271 zu Unrecht an den betreibenden Gläubiger erlassen. Es entsprach aber auch im übrigen die Aufforderung an den betreibenden Gläubiger, zur Durchführung der Versteigerung geeignete Anträge zu stellen, nicht dem Gesetz. Gemäß § 16 EO. gilt im Exekutionsverfahren der Grundsatz der Amtswegigkeit. Nach Bewilligung der Zwangsvollstreckung ist ein weiteres Einschreiten des betreibenden Gläubigers nur dort erforderlich, wo das Gesetz es vorschreibt oder wenn das Gericht nicht in der Lage ist, ohne Hilfe des betreibenden Gläubigers Hindernisse zu beheben, die sich der Fortsetzung der Exekution in den Weg stellen. An dem Vorliegen einer dieser Voraussetzungen für ein Tätigwerden des betreibenden Gläubigers fehlt es. Es kann ununtersucht bleiben, ob der vom Gericht bestellte Zwangsverwalter, mit Rücksicht auf seine rechtliche Stellung als Organ des Gerichts, als dritter Gewahrsameinhaber zu beurteilen ist. Wenn es auch im allgemeinen richtig ist, daß dem Gericht gegen einen Dritten als Gewahrsameinhaber keine Zwangsmittel zur Verfügung stehen, so ist dies gegenüber dem Zwangsverwalter nicht der Fall. Gegenüber diesem hat das Gericht, das die Zwangsverwaltung führt, ein Weisungsrecht. Ehe nicht feststeht, daß die Ansicht des Zwangsverwalters, er habe die Pfandsachen, trotz des vor seiner Einführung begrundeten Pfandrechtes, nicht auszufolgen, vom Gericht gebilligt wird, bedarf es zur Beseitigung des die Durchführung der Versteigerung hindernden Umstandes, nicht der Hilfe der betreibenden Partei. Es entsprach der dem betreibenden Gläubiger erteilte Auftrag nicht den gesetzlichen Vorschriften. Es war daher auch gesetzwidrig, an die Nichtbefolgung des Auftrages die Rechtsfolge der Einstellung des Verkaufsverfahrens zu knüpfen. Daß der Auftrag in Rechtskraft erwachsen ist, hinderte nicht seine Überprüfung, da die Wirkung materieller Rechtskraft nur jenen Beschlüssen zukommt, die zwischen Parteien bestehende Rechtsverhältnisse ergreifen. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.

Anmerkung

Z37036

Schlagworte

E-Form. Nr. 271, Verwendung des - unzulässig, wenn Zwangsverwalter die, Ausfolgung von vor seiner Einführung gepfändeten Gegenständen, verweigert, E-Form. Nr. 271, Verwendung des - unzulässig, wenn Zwangsverwalter die, Ausfolgung von vor seiner Einführung gepfändeten Gegenständen, verweigert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0030OB00022.64.0304.000

Dokumentnummer

JJT_19640304_OGH0002_0030OB00022_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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