TE OGH 1964/3/12 5Ob62/64

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Veröffentlicht am 12.03.1964
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Norm

ABGB §536
ABGB §823
Todeserklärungsgesetz 1950 §9
Todeserklärungsgesetz 1950 §23
ZPO §270

Kopf

SZ 37/39

Spruch

Ansprüche, die sich aus der Richtigstellung von Todeserklärungen und dem damit im Zusammenhang stehenden Umstand ergeben, daß Erben vor dem Erblasser gestorben sind und daher gemäß § 536 ABGB. nicht Erben werden konnten, sind im ordentlichen Rechtsweg mit der Erbschaftsklage nach § 823 ABGB. geltend zu machen.

Die in § 9 TodeserklärungsG. 1950 enthaltene Vermutung schafft eine Umkehrung der Beweislast und steht daher als Sondernorm nicht im Widerspruch mit der Regelung des § 270 ZPO.

Entscheidung vom 12. März 1964, 5 Ob 62/64. I. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Max U. wurde mit Beschluß vom 18. Juni 1953 und Klara U. mit Beschluß vom 18. Juni 1953 für tot erklärt und hinsichtlich der beiden Ehegatten ausgesprochen, daß sie den 8. Mai 1945 nicht überlebt haben. Mit der Einantwortungsurkunde vom 11. April 1956 wurde der Nachlaß nach Klara U., bestehend aus einem Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ.X und mit der Einantwortungsurkunde vom 31. Oktober 1956 der aus dem weiteren Hälfteanteil an der angeführten Liegenschaft bestehende Nachlaß nach Max U. ihren Kindern Karl U. und Ingeborg U. je zur Hälfte eingeantwortet. Mit den Beschlüssen vom 15. Jänner 1957 wurden Karl U. und vom 15. Jänner 1957 Ingeborg U. für tot erklärt und ausgesprochen, daß sie den 8. Mai 1945 nicht überlebt haben. Mit den Einantwortungsurkunden vom 30. März 1961 wurden die Nachlässe nach Karl und Ingeborg U. je zur Hälfte dem Beklagten (einem Bruder ihrer Mutter) und zu je 7/48 dem Erst-, Zweit- und Drittkläger sowie zu 3/48 der Viertklägerin eingeantwortet. Der Erst- und Zweitkläger sind Brüder des Max U. Der Drittkläger ist der Sohn einer vorverstorbenen Schwester des Max U. Die Viertklägerin ist die Ehegattin des im Jahre 1955 verstorbenen Ferdinand U. eines Bruders des Max U. Der Nachlaß nach Ferdinand U. kann zur Hälfte seiner Gattin, sowie zu je 1/16 dem Erst-, Zweit- und Drittkläger zu.

Der Beschluß, mit dem Klara U. für tot erklärt worden war, wurde mit dem Beschluß vom 7. August 1956 dahin berichtigt, daß die Festsetzung ihres Todestages mit 30. 6. 1944 erfolgte. Auch dieser Beschluß wurde in der Folge mit dem Beschluß vom 8. Juni 1961 in dem Sinn berichtigt, daß die Festsetzung des Todestages mit 7. Juli 1944, 24 Uhr erfolgte. Mit den Beschlüssen vom 24. Juli 1961 wurde der Todestag des Karl und der Ingeborg U. mit 7. Juli 1944, 24 Uhr, festgesetzt.

Die Kläger begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihnen die ihm eingeantworteten Nachlässe des Karl und der Ingeborg U. herauszugeben und zwar an die Erst-, Zweit- und Drittklägerin zu je 7/48 sowie an die Viertklägerin zu 3/48 beider Nachlässe, da die erfolgten Einantwortungen infolge einer späteren Berichtigung der Todeserklärungen der Klara, des Karl und der Ingeborg U. unrichtig seien.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, an die Kläger je ein Viertel der Nachlässe herauszugeben und zwar an die Erst-, Zweit- und Drittkläger je 7/32 und an die Viertklägerin 3/32. Das Mehrbegehren wies das Prozeßgericht ab. Da Klara U. und ihre Kinder - so führt das Erstgericht aus - zur gleichen Zeit gestorben seien, sei zwischen ihnen keine Erbfolge eingetreten. Der Hälfteanteil der Klara U. an der Liegenschaft EZ. X. sei je zur Hälfte an ihren überlebenden Ehegatten Max U. und an ihren Bruder (den Beklagten) gefallen. Nach dem Tod des Max U. seien seine Geschwister (die Erst- und Zweitkläger) und der Drittkläger als Sohn einer vorverstorbenen Schwester als Erben in Betracht gekommen. Da Ferdinand U., ein weiterer Bruder des Max U., am 13. Dezember 1955 gestorben sei, sei hinsichtlich seines Anteiles die transmissarische Erbfolge eingetreten. Sein Anteil sei zur Hälfte an seine Ehegattin (die Viertklägerin) und zur anderen Hälfte an die Erst-, Zweit- und Drittkläger gefallen, welche sich den Hälfteanteil nach Köpfen teilen. Der Beklagte habe daher die auf die Kläger entfallenden Anteile herauszugeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß der Beklagte den Erst-, Zweit- und Drittklägern je 7/24 und der Viertklägerin 3/24 der Nachlässe herauszugeben habe, das seien je 7/96 und 3/96 in Ansehung der ganzen Liegenschaft. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Es ging davon aus, daß die den Klägern auszufolgenden Anteile nicht nach dem Verhältnis der einzelnen Teile zum Ganzen, sondern zum Anteil zu bestimmen seien, den die Kläger zusammen erhalten, nämlich zu 3/4.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Was die von Amts wegen wahrzunehmende Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges anlangt, so sind Ansprüche, die sich aus der Richtigstellung von Todeserklärungen und dem damit im Zusammenhang stehenden Umstand ergeben, daß Erben vor dem Erblasser gestorben sind und daher gemäß § 536 ABGB. nicht Erben werden konnten - im vorliegenden Fall starben Karl und Ingeborg U. vor ihrem Vater - trotz rechtskräftiger Einantwortung, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, im ordentlichen Rechtsweg mit der Erbschaftsklage nach § 823 ABGB. geltend zu machen (Sabaditsch, Die Gesetzgebung über Verschollenheit, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, Manz 1946, S. 72, Anm. 10; Strobele, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, Manz 1918, S. 81, Anm. 8; Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, Band I, S. 409, vgl. hiezu auch SZ. V 10).

Der Revisionswerber wendet sich gegen die Auffassung, daß im Rahmen einer Erbschaftsklage nach § 823 ABGB. die durch den Beschluß über die Todeserklärung im außerstreitigen Verfahren begrundete Vermutung dann nicht widerlegt werden könne, wenn ein Berichtigungsverfahren nach § 23 TodErklG. 1950 durchgeführt worden sei. Gemäß § 270 ZPO., welche Bestimmung im Verfahren über die Erbschaftsklage maßgebend sei, bedürfen zwar Tatsachen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Doch sei der Gegenbeweis zulässig. Die Vermutung, daß der für tot Erklärte einen bestimmten Tag nicht überlebt habe, beruhe nicht einmal auf dem Gesetz, sondern auf einer Entscheidung des Außerstreitrichters, so daß die klagenden Parteien beweispflichtig seien.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Revisionswerber nicht den geltend gemachten Revisionsgrund des § 503 Z. 4 ZPO. auf. Die nach den Feststellungen der Untergerichte erfolgten Todeserklärungen finden ihre gesetzliche Grundlage im Todeserklärungsgesetz 1950, BGBl. Nr. 23/1951. Nach § 9 (1) leg. cit. begrundet die Todeserklärung die widerlegbare Todesvermutung. Die Widerlegung kann sich auf die Tatsache des Todes selbst beziehen, also in dem Nachweis bestehen, daß der Verschollene noch am Leben ist. Sie kann sich aber auch bloß auf die Bestimmung des vermutlichen Todestages erstrecken und dahin gehen, daß der Verschollene einen späteren Tag noch erlebt oder einen früheren Tag nicht mehr erlebt hat. Die in § 9 TodErklG. 1950 enthaltene Vermutung schafft eine Umkehrung der Beweislast, und steht daher als Sondernorm nicht im Widerspruch mit der Regelung des § 270 ZPO. (Wolff in Klang, Komm.[2], I. Band, zu § 23 ABGB., S. 177, Ehrenzweig, System, Manz 1951, I/1, S. 164, Sabaditsch, Die Gesetzgebung über Verschollenheit, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, Manz 1946, S. 33; 34 und die Anm. 1 bis 5, Sabaditsch, Rechtslexikon, Todeserklärung, Abschnitt I).

Ebenso wie die Todeserklärung nicht unwiderlegbar ist, trifft dies auch bei ihrer Berichtigung hinsichtlich des Todestages zu. Entgegen den Ausführungen in der Revision wirkt die Berichtigung der Todeserklärung jedenfalls insofern für und gegen alle Beteiligten, als sich niemand mehr zur Begründung seines Anspruches auf den ursprünglich festgesetzten Todestag berufen kann und nicht mehr die Unrichtigkeit des im ursprünglichen Erkenntnis angegebenen Sterbetages dartun muß (vgl. hiezu Sabaditsch, Die Gesetzgebung über Verschollenheit, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, S. 101). Der Beklagte irrt daher, wenn er vermeint, den Klägern obliege der Beweis, daß der im Berichtigungsbeschluß angeführte Todestag stimme.

Auch für den Anwendungsbereich des § 11 TodErklG. 1950, wonach, falls nicht bewiesen werden kann, daß von mehreren für tot Erklärten der eine den anderen überlebt hat, vermutet wird, daß sie gleichzeitig gestorben sind, besteht nach den ergangenen Erkenntnissen und ihrer Berichtigung kein Raum.

Bezüglich des Todestages des Max U. bestritt der Beklagte, daß Max U. den 8. Mai 1945 erlebt habe. Er sei gleichzeitig mit den anderen Familienangehörigen ums Leben gekommen. Er berief sich aber zum Nachweis für seine Behauptungen lediglich auf den Inhalt der Akten betreffend das Todeserklärungsverfahren, auf Grund welcher die Entscheidung im Todeserklärungsverfahren erging. Auf die Vernehmung des Zeugen Dr. Ernst B. wurde verzichtet; ein eindeutiger Nachweis dafür, daß Max U. seine Gattin und seine Kinder nicht überlebte, wurde vom Beklagten nicht erbracht. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes bezüglich der Ansprüche der Kläger erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum.

Anmerkung

Z37039

Schlagworte

Berichtigung der Todeserklärung, Erbschaftsklage, Beweislastumkehrung, widerlegbare Todesvermutung, Erbschaftsklage, Berichtigung der Todeserklärung, Todeserklärung, Besichtigung, Erbschaftsklage, Todesvermutung, widerlegbare, Beweislastumkehrung, Berichtigung der Todeserklärung, Erbschaftsklage, Beweislastumkehrung, widerlegbare Todesvermutung, Erbschaftsklage, Berichtigung der Todeserklärung, Todeserklärung, Besichtigung, Erbschaftsklage, Todesvermutung, widerlegbare, Beweislastumkehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0050OB00062.64.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19640312_OGH0002_0050OB00062_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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