Norm
Jugendgerichtsgesetz 1961 §2Kopf
SZ 37/57
Spruch
Eine von den Verwaltungsbehörden zu bestrafende Handlung reicht zur Einweisung in eine Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige aus.
Entscheidung vom 15. April 1964, 7 Ob 118/64. I. Instanz:
Jugendgericht Graz; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Das Erstgericht wies die Minderjährige in die Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige Wiener Neudorf ein und führte aus, es liege eine schwere Verwahrlosung vor und die Minderjährige habe sich durch geheime Prostitution strafbar gemacht.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß zur Verfahrensergänzung auf und führte im wesentlichen aus:
Wenn auch eine schwere Verwahrlosung der Minderjährigen anzunehmen sei, so könne nicht ohneweiters gesagt werden, daß die Einweisung in die Anstalt im nunmehrigen Zeitpunkt die befriedigendste Lösung sei. Diese Maßnahme stelle die schärfste Erziehungsmaßnahme dar und könne erst dann angewendet werden, wenn andere Erziehungsmethoden versagt hätten oder von vornherein als nicht geeignet angesehen werden müssen. Es müsse daher geprüft werden, ob vielleicht die Anordnung der Fürsorgeerziehung im Sinne des § 29 (2) JWG. ausreichen und ob überhaupt noch ein Erziehungserfolg zu erwarten sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Jugendamtes Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Voraussetzungen für die Einweisung in eine Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige gemäß § 2 JGG., nämlich die Begehung einer strafbaren Handlung, für die zumindest eine der Ursachen die mangelhafte Erziehung war, sind nach den Feststellungen der Untergerichte gegeben. Bemerkt sei, daß die strafbare Handlung auch eine bloß verwaltungsbehördlich zu ahndende sein kann und keine gerichtliche sein muß. Der Gedanke, hier nur die gerichtlich strafbaren Handlungen zu erfassen, wurde bei der Ausarbeitung des Gesetzes erwogen, dann aber gerade im Hinblick auf die Geheimprostitution fallen gelassen (Foregger: Einführungsvorträge zum Jugendgerichtsgesetz 1961 S. 12).
Die Ansicht des Rekursgerichtes, es bedürfe noch der Prüfung, ob die Fürsorgeerziehung Aussicht auf Erfolg habe, kann nicht geteilt werden. Die Minderjährige ist jetzt bereits 18 Jahre alt und ihr bisheriger Lebenswandel, insbesondere in sexueller Hinsicht, zeigt, daß die Mittel der Fürsorgeerziehung nicht ausreichen würden, um sie von diesem Lebenswandel abzubringen. Die Anwendung der schwersten Erziehungsmaßnahme ist bei Geheimprostitution gerechtfertigt (Foregger a. a. O.). Daß diese Maßnahme keine Erfolgsaussichten hätte, kann im vorhinein nicht mit Sicherheit gesagt werden und es muß bei der schweren Verwahrlosung der Minderjährigen dieser letzte Versuch einer Besserung unternommen werden.
Anmerkung
Z37057Schlagworte
Einweisung, Verwaltungsstrafe reicht zur - in Anstalt gem. § 4 JGG. aus, Verwaltungsstrafe reicht zur Einweisung in Anstalt gem. § 4 JGG. aus, Einweisung, Verwaltungsstrafe reicht zur - in Anstalt gem. § 4 JGG. aus, Verwaltungsstrafe reicht zur Einweisung in Anstalt gem. § 4 JGG. ausEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1964:0070OB00118.64.0415.000Dokumentnummer
JJT_19640415_OGH0002_0070OB00118_6400000_000