TE OGH 1964/4/15 7Ob106/64

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Veröffentlicht am 15.04.1964
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Norm

Jugendwohlfahrtsgesetz §11
Jugendwohlfahrtsgesetz §29

Kopf

SZ 37/55

Spruch

Hat das Gericht einen Mj. in Fürsorgeerziehung überwiesen, so hat das Gericht und nicht die Verwaltungsbehörde die nötigen Zwangsmaßnahmen zu treffen, um den Mj. der Verwaltungsbehörde zur Verfügung zu stellen.

Entscheidung vom 15. April 1964, 7 Ob 106/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Zistersdorf; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Mit rechtskräftigem Beschluß des Vormundschaftsgerichtes vom 3. Dezember 1963 wurde die Mj. gemäß § 31 (1) JWG. in vorläufige Fürsorgeerziehung überwiesen und mit der Durchführung das Amt der niederösterreichischen Landesregierung betraut. Da die Kindesmutter die Herausgabe der Mj. verweigerte, beantragte die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (Jugendamt), das Bezirksgericht Zistersdorf möge die zwangsweise Abnahme der Mj. aus der Pflege der Kindesmutter und die Überstellung in die Erziehungsanstalt Hollabrunn unter Beiziehung einer Fürsorgerin durchführen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung zurück, die Bezirkshauptmannschaft sei zur Antragstellung nicht legitimiert, sondern das Amt der niederösterreichischen Landesregierung. Diesem obliege auch die Durchführung solcher Beschlüsse und nicht dem Gericht, dessen Tätigkeit mit der Beschlußfassung beendet sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte aus, das Jugendamt sei als Vormund der Minderjährigen zwar legitimiert, Anträge zu stellen und Rechtsmittel zu ergreifen, nach dem Wortlaut des § 11 JWG. obliege es aber dem Amt der Landesregierung, die vom Gericht angeordnete Fürsorgeerziehung durchzuführen, wozu auch der zwangsweise Vollzug der Einweisung gehöre.

Der Oberste Gerichtshof gab dem a. o. Revisionsrekurs des Jugendamtes Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß dem Erstgerichte aufgetragen wurde, die Minderjährige ihren Eltern abzunehmen und an eine Fürsorgerin des Jugendamtes zu übergeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Beschluß des Gerichtes, womit ein Minderjähriger in Fürsorgeerziehung überwiesen wird, hat zwei Wirkungen: 1. Der Minderjährige ist aus seiner bisherigen Umgebung zu entfernen und 2. er ist in einer geeigneten Familie oder in einem Erziehungsheim unterzubringen. Wo der aus der bisherigen Umgebung entfernte Minderjährige untergebracht wird, die Art der Fürsorgeerziehung zu bestimmen, ist allerdings Sache der Verwaltungsbehörde. Die Durchführung der Fürsorgeerziehung kann aber erst beginnen, wenn der Minderjährige aus seiner bisherigen Umgebung entfernt ist und der Verwaltungsbehörde zur Verfügung steht. Die Durchführbarkeit tritt also nicht ein, wenn der Minderjährige oder dessen Erzieher sich der gerichtlichen Anordnung nicht beugt. Bei der Verfügung des Vormundschaftsgerichtes über die Entfernung des Minderjährigen aus seiner bisherigen Umgebung handelt es sich also um eine Verfügung des Zivilgerichtes in nichtstreitigen Rechtsangelegenheiten. Zur Durchsetzung dieser Verfügung ist daher das Gericht berufen (vgl. Ourednik, Das Wiener Jugendwohlfahrtsrecht, S. 72 ff., Dr. Breitner,

Die verwaltungsbehördliche Durchführung der Fürsorgeerziehung, JBl. 1960 S. 370 ff.). Die Ablehnung von Zwangsmaßnahmen gegen die Minderjährige seitens des Gerichtes verstößt daher gegen das Gesetz, weshalb dem zulässigen Revisionsrekurs Folge zu geben war.

Anmerkung

Z37055

Schlagworte

Fürsorgeerziehung Zuständigkeit für Zwangsmaßnahmen bei -, Zuständigkeit für Zwangsmaßnahmen bei Fürsorgeerziehung, Zwangsmaßnahmen, Zuständigkeit für - bei Fürsorgeerziehung, Fürsorgeerziehung Zuständigkeit für Zwangsmaßnahmen bei -, Zuständigkeit für Zwangsmaßnahmen bei Fürsorgeerziehung, Zwangsmaßnahmen, Zuständigkeit für - bei Fürsorgeerziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0070OB00106.64.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19640415_OGH0002_0070OB00106_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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