Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des DW in E, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr und Dr. Josef Kantner, Rechtsanwälte in 6010 Innsbruck, Colingasse 8/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. November 2001, Zl. uvs- 2001/23/063-1, wegen Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung in einer Angelegenheit nach dem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. Oktober 2000 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 7 Abs. 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes (BStFG), BGBl. Nr. 201/1990, gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- verhängt.
Diese Strafverfügung wurde am 21. Juni 2001 einem zu seiner Familie gehörenden erwachsenen Hausgenossen des Beschwerdeführers an seiner Zustellanschrift in E, Bundesrepublik Deutschland, übergeben.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Strafverfügung vom 17. Oktober 2000 einen am 12. Juli 2001 zur Post gegebenen Einspruch, in welchem er ausführte, dass ihm die Strafverfügung vom 17. Oktober 2000 am 28. Juni 2001 zugestellt worden sei. Er führte auch näher aus, aus welchen Gründen seine Bestrafung zu Unrecht erfolgt sei.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28. August 2001 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 7 Abs. 1 des BStFG gemäß § 12 Abs. 1 BStFG eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 1 VStG von S 300,-- auferlegt.
Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. November 2001 das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28. August 2001 ersatzlos behoben und der Einspruch des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 Abs. 1 und 51e Abs. 1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen damit begründet, von der Erstbehörde sei offensichtlich übersehen worden, dass die zweiwöchige Einspruchsfrist nicht gewahrt worden sei. Die Strafverfügung sei rechtskräftig geworden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass infolge des § 11 Abs. 1 des Zustellgesetzes die Zustellung der gegen ihn ergangenen Strafverfügung vom 17. Oktober 2000 nicht zu seinen eigenen Handen erfolgt sei. Die Ersatzzustellung an seinen Mitbewohner habe keine rechtmäßige Zustellung dargestellt, welcher Zustellmangel erst durch die tatsächliche Übernahme des Schriftstückes am 28. Juni 2001 durch den Beschwerdeführer geheilt worden sei. Sein Einspruch sei daher nicht verspätet gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung beträgt gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz VStG zwei Wochen.
Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art. 10 des genannten Vertrages geregelt. Gemäß dessen Art. 10 Abs. 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 (somit auch im hier vorliegenden österreichischen Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und '"Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit. Im vorliegenden Fall wurde die Zustellung durch die Bezirksregierung Köln vorgenommen.
Im Beschwerdefall wurde ein Zustellnachweis über die erfolgte Zustellung der Strafverfügung benötigt, es hätte daher nach der zuvor zitierten Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 des Rechtshilfevertrages vorgegangen und das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" versendet werden müssen, was jedoch unterlassen wurde. Eine Ersatzzustellung an einen Hausgenossen in der Wohnung des Beschwerdeführers war nicht zulässig (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. September 2004, Zl. 2002/03/0152, und vom 19. Oktober 2004, Zl. 2003/03/0047).
Da die belangte Behörde dies verkannte und sich somit ihre Annahme, die Zustellung der Strafverfügung sei rechtswirksam durch Ersatzzustellung am 21. Juni 2001 erfolgt und der Einspruch daher verspätet, im Ergebnis als unzutreffend erweist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht - im Rahmen des Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002060009.X00Im RIS seit
22.04.2005Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011