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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, in der Beschwerdesache des M V in G, vertreten durch Dr. Walter Löbl, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Jusitz vom 18. Juni 2001, Zl. 414.828/61-V.6/2001, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzuges (Empfang von Paketsendungen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt G eine unter anderem wegen des Verbrechens des Mordes als Beteiligter und der Beteiligung an einer kriminellen Organisation verhängte lebenslange Freiheitsstrafe.
Seit dem Jahr 1997 sind sämtliche Insassen der Justizanstalt G - ausgenommen Jugendliche und dem Jugendvollzug Unterstellte - durch eine generelle Anordnung im Sinne des § 91 Abs. 3 StVG vom Empfang von Paketsendungen ausgeschlossen; der ursprünglich ausgesprochene Ausschluss wurde in weiterer Folge nahtlos in halbjährlichem Abstand verlängert (beschwerdefallbezogen zuletzt am 1. Juli 2002).
Soweit für den Beschwerdefall erheblich, erteilte die belangte Behörde dem Leiter der Justizanstalt mit Erledigung vom 25. Jänner 2001, Zl. 43401/3-V.5/2001, gemäß § 91 Abs. 3 StVG (abermals) die Genehmigung, für den Zeitraum von sechs Monaten ab dem 1. Februar 2001 sämtliche Insassen der Justizanstalt - ausgenommen Jugendliche und dem Jugendvollzug Unterstellte - vom Empfang von Paketsendungen (§ 91 Abs. 2 StVG) auszuschließen.
Hierauf erteilte der Anstaltsleiter den Insassen der Justizanstalt mit "Aushang" vom 29. Jänner 2001 die "Information", dass die belangte Behörde die zuvor wiedergegebene Genehmigung erteilt habe. Gemäß § 91 Abs. 4 StVG dürften die Insassen jedoch ersatzweise Zusatznahrungs- und Genussmittel bis zu S 1.300,-- pro Quartal vom Eigengeld in der Kantine ankaufen. Die Insassen würden ersucht, die Angehörigen davon zu benachrichtigen. Alle in der Justizanstalt einlangenden Lebensmittelpakete würden zurückgesandt.
Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2001 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen "den Erlass von B.M.J. Zl 43.401/3-V.5/2001 von 25.1.2001", wonach alle Insassen der Justizanstalt vom Lebensmittelpaketempfang für weitere sechs Monate ausgeschlossen seien. Er brachte dazu vor, seit 1. Februar 1997 würden die Insassen der Justizanstalt andauernd vom Empfang von Lebensmittelpaketen ausgeschlossen. Dieser gesetzwidrige Vorgang sei in einem Rechtsstaat unwürdig. Die stetige Verlängerung der Anordnung sei rechtswidrig. Ihm komme ein subjektives Recht auf Empfang eines Lebensmittelpaketes zu. Wenn die Anstaltsleitung der Meinung sei, dass einige Insassen einen Missbrauch begehen würden, so sollten sie diese Insassen vom Empfang der Pakete ausschließen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der (als gegen die Anordnung des Leiters der Justizanstalt vom 29. Jänner 2001 gerichtet verstandenen) Beschwerde vom 4. Februar 2001 nicht Folge gegeben, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Gründe für das ausgesprochene generelle Verbot weiterhin gegeben seien (Einschmuggeln von Suchtgift - wurde näher ausgeführt). Abschließend heißt es, ungeachtet dessen stehe es dem Beschwerdeführer aber offen, um eine Ausnahme gemäß § 91 Abs. 4 (gemeint: Abs. 3) letzter Satz StVG anzusuchen (den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass in der Folge ein derartiges Verfahren durchgeführt wurde).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 25. Februar 2001, B 1072/01-14, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung heißt es zu der in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 91 Abs. 3 StVG sowie sinngemäß der Gesetzwidrigkeit des Erlasses des Anstaltsleiters, die Beschwerde lasse unbeachtet, dass § 91 Abs. 3 StVO (vor dem Hintergrund der aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Intention des Gesetzgebers, einen Empfang insbesondere von Suchtgift zu unterbinden) dem Leiter der Justizanstalt erlaube, bei Vorliegen bestimmter Umstände mit Zustimmung des Bundesministers für Justiz die Strafgefangenen vom Lebensmittelpaketempfang auszuschließen. Auch lasse die wiederholte Verlängerung solcher Anordnungen, die durch die Verwendung des Wortes "jeweils" in § 91 Abs. 3 erster Satz StVG gesetzlich gedeckt sei (Hinweis auf den zugrundeliegenden Bericht des Justizausschusses), angesichts der in concreto nach der Aktenlage erfolgten Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung der Verordnung - wiederum vor dem Hintergrund der Intentionen des Gesetzgebers - die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
§ 91 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 (diese Bestimmung in der Fassung BGBl. Nr. 799/1993) lautet:
"Paket- und Geldsendungen sowie Erläge
§ 91. (1) Pakete, die für einen Strafgefangenen einlangen, sind in seiner Gegenwart zu öffnen. Die darin enthaltenen Gegenstände sind dem Strafgefangenen auszufolgen, wenn ihm nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ihr Besitz gestattet wird. Andernfalls ist damit nach der Vorschrift des § 41 zu verfahren.
(2) Die Strafgefangenen dürfen einmal im Vierteljahr eine Sendung von Nahrungs- und Genussmitteln im Gewicht von drei Kilogramm oder mehrere Sendungen im Gesamtgewicht von drei Kilogramm erhalten. Die Sendungen dürfen Blechkonserven, Arznei- und Heilmittel, berauschende Mittel sowie Nahrungs- und Genussmittel, die nicht ohne weitere Zubereitung genossen werden können, überhaupt nicht und Kaffee oder Kaffeeextrakt sowie Tabakwaren nur bis zu einem Gesamtgewicht von je 250 g enthalten. Diese Sendungen können auch in Abwesenheit der Strafgefangenen geöffnet und geprüft werden.
(3) Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, dass Paketsendungen dazu missbraucht werden, um Strafgefangenen Suchtgift oder andere Gegenstände zukommen zu lassen, von denen eine Gefahr für die Gesundheit der Strafgefangenen oder sonst für die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt zu befürchten wäre, und die Aussonderung solcher Gegenstände nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, hat der Anstaltsleiter die betreffenden Strafgefangenen vom Empfang von Sendungen nach Abs. 2 auszuschließen. Soweit der Gefahr durch den Ausschluss einzelner Strafgefangener nicht wirksam begegnet werden kann, kann der Anstaltsleiter mit Genehmigung des Bundesministeriums für Justiz jeweils für einen bestimmten, sechs Monate nicht übersteigenden Zeitraum anordnen, dass sämtliche Strafgefangene der Anstalt oder eines Teiles der Anstalt vom Empfang von Sendungen nach Abs. 2 ausgeschlossen werden. Soweit es im Einzelfall vertretbar erscheint, kann der Anstaltsleiter jedoch Ausnahmen von einer solchen Anordnung gestatten.
(4) Strafgefangene, die vom Empfang von Sendungen nach Abs. 2 ausgeschlossen sind, die auf den Empfang solcher Sendungen im Voraus verzichten oder für die keine solchen Sendungen einlangen, dürfen stattdessen jeweils Eigengeld bis zum Ausmaß von 50 vH des Höchstmaßes einer außerordentlichen Arbeitsvergütung (§ 53 Abs. 1 erster Satz) für den Bezug von Bedarfsgegenständen verwenden.
(5) Mit Geldsendungen und Erlägen ist nach der Vorschrift des § 41 zu verfahren."
Die Beschwerde ist unzulässig:
Die Beschwerde im Administrativverfahren richtete sich gegen die generelle Anordnung des Ausschlusses des Empfanges von Lebensmittelpaketen im Sinne des § 91 Abs. 3 StVG. Eine solche generelle Anordnung stellt aber keinen individuellen normativen Verwaltungsakt dar, der gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof anfechtbar wäre (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 10. September 1998, Zl. 97/20/0597).
Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. März 2005
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005060043.X00Im RIS seit
09.06.2005