Norm
Patentgesetz 1950 §8 (1)Kopf
SZ 37/103
Spruch
Kein Vorbenützungsrecht nach § 9 PatG., wenn schon vor der Anmeldung des Patents im Hinblick auf die spätere Erfindung zwischen dem sogenannten Vorbenützer und dem späteren Erfinder Vereinbarungen zustandegekommen sind, wenn also über das Patent Abmachungen bestehen.
Die Rechtswirkungen des § 8 (1) PatG. treten nur denjenigen Personen gegenüber ein, die zum Patentinhaber nicht in außerpatentrechtlichen Beziehungen stehen, die also nicht aus privatrechtlichen Gründen befugt sind, die Wirkungen des Patents ganz oder teilweise zu mißachten.
Entscheidung vom 13. Juli 1964, 4 Ob 306/64. I. Instanz:
Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger ist Inhaber des am 11. April 1953 zu A 2075/53 des Österreichischen Patentamtes angemeldeten und unter der Nr. 181.037 erteilten Patentes, dessen Patentanspruch dem unten angeführten Punkt 1 a des Klagebegehrens entnommen werden kann; er ist aber auch Inhaber des am 18. November 1953 zu A 6534/53 des Österreichischen Patentamtes angemeldeten Patentes Nr. 195.841, dessen Patentanspruch dem unten angeführten Punkt 1 b des Klagebegehrens entnommen werden kann. Bei dem letztgenannten Patent ist Ing. Max L., der Komplementär der beklagten Partei, als Erfinder genannt.
Der Kläger behauptet, daß die beklagte Partei diese seine Patente verletzt habe, und stellt nachstehendes, in der mündlichen Streitverhandlung vom 8. November 1961 präzisiertes Klagebegehren:
Die beklagte Partei sei schuldig,
1. dem Kläger über die Anzahl und den Detailverkaufspreis aller in der Zeit vom 1. Mai 1955 bis 30. April 1960 verkauften Kaffee-Espressomaschinen Rechnung zu legen, bei denen
a) ein heizbarer Wasserbehälter durch einen Kanal mit einem Zylinder verbunden ist, in dem sich ein Kolben zum Durchpressen des Brühwassers durch das Kaffeepulver befindet, wobei die Kanalöffnung des Zylinders nur bei der obersten Stellung des Kolbens von diesem freigegeben wird und die weiters die besonderen, durch den Anspruch des österreichischen Patentes Nr. 181.037 geschützten Merkmale aufweisen, daß zum Entlüften des Zylinders eine Entlüftungsleitung vorgesehen ist, deren Mundung in den Zylinder gleichfalls in solcher Höhe liegt, daß sie vom Kolben nur bei dessen oberster Stellung freigegeben wird, und deren Austrittsöffnung höher als die Kanalöffnung des Wasserbehälters liegt,
bei denen
b) das Brühwasser mittels eines in einem Zylinder geführten Kolbens durch den Druck einer Feder durch das Kaffeepulver gedrückt wird, und bei denen die besonderen, durch den Anspruch des österreichischen Patentes Nr. 195.841 geschützten Merkmale vorliegen, daß unmittelbar an den Zylinder ein druckdicht verschlossener und über ein Reduzierventil an das Wasserleitungsnetz angeschlossener Brühwasserbehälter angebaut ist, welcher mit einer das Brühwasser auf 85 - 95 Grad C erwärmenden, durch einen Thermostaten gesteuerten Widerstandsheizung versehen ist,
2. dem Kläger die 3%ige Lizenzgebühr vom Detailverkaufspreis der Kaffee- Espressomaschinen zu bezahlen, welche die beklagte Partei gemäß Rechnungslegung laut Punkt 1 dieses Urteils in der Zeit vom 1. Mai 1955 bis 30. April 1958 erzeugt oder verkauft hat,
3. dem Kläger den Betrag von 599.400 S samt 5% Zinsen aus 74.925 S ab 31. Juli 1958, aus 74.925 S ab 31. Oktober 1958, aus 74.925 S ab 31. Jänner 1959, aus 74.925 S ab 30. April 1959, aus 74.925 S ab 31. Juli 1959, aus 74.925 S ab 31. Oktober 1959, aus 74.925 S ab 31. Jänner 1960 und aus 74.925 S ab 30. April 1960 zu bezahlen,
4. zu unterlassen, Kaffee-Espressomaschinen oder deren Teile, welche die oben unter Punkt 1 b) angeführten Merkmale aufweisen, betriebsmäßig herzustellen und zu vertreiben,
5. die von ihr erzeugten Kaffee-Espressomaschinen oder Teile dieser, welche mit den oben unter Punkt 1 b) angeführten Merkmalen ausgestattet sind, zu beseitigen,
6. die Werkzeuge, Vorrichtungen und Hilfsmittel, die zur speziellen Erzeugung von Kaffee-Espressomaschinen oder deren Teilen, welche mit den oben unter 1 b) angeführten Merkmalen ausgestattet sind, dienen, außer Gebrauch zu setzen,
7. dem Kläger über die Anzahl und den Detailverkaufspreis aller seit 1. Mai 1960 erzeugten oder verkauften Kaffee-Espressomaschinen oder Teilen solcher, welche die im Punkt 1 b) oben angeführten Merkmale aufweisen, Rechnung zu legen,
8. dem Kläger den Betrag von 299.700 S samt 5% Zinsen aus 74.925 S ab 31. Juni 1960, aus 74.925 S ab 31. Oktober 1960, aus 74.925 S ab 31. Jänner 1961 und aus 74.925 S ab Klagstag zu bezahlen.
Unbestritten ist: Der Kläger hat mit der beklagten Partei am 15. September 1953 den vorgelegten Vertrag geschlossen, mit welchem der Kläger der beklagten Partei die ausschließliche Lizenz erteilte, den Apparat, der Gegenstand des nachmals unter Nr. 181.037 erteilten österreichischen Patentes ist, in Österreich zu erzeugen und in Österreich und in zwölf anderen Ländern zu verkaufen. Dieser Vertrag wurde für die Zeit vom 1. November 1953 bis 30. April 1955 abgeschlossen, gleichzeitig aber auch die vom Kläger vorgelegten Urkunden unterfertigt, die in Form von Brief und Gegenbrief Verträge über die Verlängerung des Lizenzvertrages jeweils um ein weiteres Jahr bis einschließlich 30. April 1960 vorsahen. Die beklagte Partei, die aus Ing. Max L. als Komplementär und Franz H. als Kommanditist besteht, erzeugt und verkauft Kaffee-Espressomaschinen, welche die Merkmale der durch das österreichische Patent Nr. 195.841 geschützten Erfindung aufweisen.
Das Erstgericht hat festgestellt: Die beklagte Partei erzeugt ab Mitte 1954 Espressomaschinen nach dem österreichischen Patent Nr. 181.037 nicht mehr und vertreibt auch solche seit diesem Zeitpunkt nicht mehr. Diese Maschine, die als Haushaltsmaschine gedacht war, sprach in Österreich nicht Familienhaushalte, sondern kleinere Gastbetriebe an, erwies sich aber für solche als nicht geeignet, weil sie technisch einem fortlaufenden Betrieb von morgens bis nachts nicht gewachsen war. Ab Ende Mai 1953 begann Ing. Max L. mit seinen Mitarbeitern im Betrieb der beklagten Partei an der mit den Merkmalen gemäß Patent Nr. 181.037 ausgestatteten Roverselli-Maschine verschiedene technische Verbesserungen zu probieren und kam zwischen Ende Mai und Ende Juli 1953 auf die Idee, zu versuchen, das Druckboilersystem bei der Maschine anzuwenden. Nachdem er erkannt hatte, daß die Anwendung dieses Prinzips bei der Maschine einen großen Erfolg hatte und ein Prototyp einer solchen Maschine, welche bereits die Merkmale des Patentes Nr. 195.841 aufwies, fertiggestellt war, wurden Gußformen für die Maschine nach dem Druckboilerprinzip, welche die beklagte Partei nun erzeugen wollte, hergestellt. Im Oktober 1953 begann die beklagte Partei mit der eigenen Erzeugung der Maschinen nach dem Druckboilerprinzip mit den Merkmalen gemäß dem Patent Nr. 195.841. Um Weihnachten 1953 waren die ersten derartigen Maschinen fertiggestellt und von der beklagten Partei in Gastbetrieben aufgestellt worden. Die Versuche im Betrieb der beklagten Partei, bei der Kaffee-Espressomaschine das Druckboilerprinzip anzuwenden und die Herstellung der Maschine nach diesem Prinzip mit den Merkmalen des Patentes Nr. 195.841 durch die beklagte Partei erfolgten allein auf Grund der Idee des Ing. Max L. Daß der Kläger auch Kaffee-Espressomaschinen nach diesem Prinzip herstellt, erfuhr die beklagte Partei erst im April 1954. Ing. Max L. unterrichtete den Kläger erstmalig im September 1953 von der Anwendung des Druckboilerprinzips an der Espressomaschine durch die beklagte Partei, zeigte ihm das hergestellte Modell einer solchen Maschine und sprach mit ihm darüber. Am 18. November 1953 wurde über Auftrag der beklagten Partei von ihrem inzwischen verstorbenen Patentanwalt Dipl.-Ing. Friedrich G., mit welchem sich Ing. Max L. beraten hatte und welchem von der beklagten Partei die Beschreibung und eine Skizze der Erfindung übermittelt worden war, die Anmeldung des Patentes für die bei der beklagten Partei gemachte Erfindung (Anwendung des Druckboilerprinzips bei der Espressomaschine) als Zusatzpatent zu dem unter A 2.075/53 angemeldeten Patent für den Kläger beim Österreichischen Patentamt zu A 6.534/1953 überreicht. Ing. Max L. und Patentanwalt Dipl.-Ing. G. hielten nämlich die Anwendung des Druckboilerprinzips für eine Verbesserung der Espressomaschine des Klägers nach dem unter A 2.075/1953 angemeldeten Patent, an welcher bei der beklagten Partei auch die Versuche mit dem Druckboilerprinzip vorgenommen worden waren. Nachdem von seiten der beklagten Partei mit dem Kläger vor der Anmeldung des nachmals unter Nr. 195.841 erteilten Patentes über eine solche Anmeldung nicht verhandelt oder gesprochen worden war, teilte die beklagte Partei mit Schreiben vom 23. November 1953 dem Kläger unter anderem mit, daß sie in Wien zur Patentanmeldung des Klägers eine Anmeldung für eine Zusatzerfindung durch ihren Patentanwalt nachgereicht habe, welche nur unter dem Namen des Klägers erfolgen könne, weshalb sie den Kläger um sein Einverständnis in Form einer notariell beglaubigten Erklärung ersuchte. Mit Vorbescheid vom 3. Mai 1954 im Anmeldeverfahren A 6534/53 stellte das Patentamt unter anderem fest, daß ein Zusatzverhältnis offensichtlich nicht gegeben sei, weshalb in der Äußerung des Klägers durch Patentanwalt Dipl.-Ing. G. vom 26. November 1954 erklärt wurde, daß auf das Zusatzverhältnis verzichtet und eine Vollmacht nachgereicht werde, was mit Äußerung vom 16. Mai 1955 tatsächlich geschah. Über Auftrag des Ing. Max L. brachte Patentanwalt Dipl.-Ing. G. mit Eingabe vom 15. September 1955 namens des Klägers den Antrag auf Nennung des Ing. Max L. als Erfinder rücksichtlich des zu A 6.534/53 angemeldeten Patentes ein. Mit Beschluß vom 20. September 1955 verfügte das Patentamt, daß Ing. Max L. bei dem auf Grund der Patentanmeldung vom 18. November 1953, A 6.534/53, zur Erteilung gelangenden Patente als Erfinder genannt wird. Die Erfindung des Ing. Max L. wurde, nachdem das Patentamt erklärt hatte, daß kein Zusatzverhältnis zur Anmeldung A 2.075/53 vorliege, nicht als selbständiges Patent des Ing. Max L. angemeldet, um die Priorität nicht zu verlieren. Zwischen der beklagten Partei und ihrem Komplementär Ing. Max L. besteht Einverständnis, daß hinsichtlich der bei der beklagten Partei auf Grund der Idee des Ing. Max L. gemachten Erfindung, welche Gegenstand des Patentes Nr. 195.841 ist, die beklagte Partei Patentinhaber sein soll.
Festgestellt wurde schließlich noch, daß der Lizenzvertrag bezüglich des Patentes Nr. 181.037 zwischen dem Kläger und der beklagten Partei mit 30. April 1960 endete und daß die von der beklagten Partei behauptete Vereinbarung, der Kläger solle das Patent Nr. 195.841 als Treuhänder der beklagten Partei innehaben, nicht getroffen wurde. Das Erstgericht hat diesen von ihm festgestellten Sachverhalt dahin beurteilt, daß der beklagten Partei ein Recht auf Übertragung des Patentes Nr. 195.841 gemäß § 1431 ABGB. zustehe, aber auch ein Vorbenützerrecht nach § 9 PatG. weshalb ein Patenteingriff der beklagten Partei in das Patent Nr. 195.841 im Sinne des § 96 PatG. nicht vorliege. Das Erstgericht hat daher die Klage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich übernommen. Nach seiner Ansicht liege ein Eingriff in das Patent Nr. 181.037 in der in der Klage geltend gemachten Zeit (ab 1. Mai 1955) nicht vor, weil Maschinen nach diesem Patent von der beklagten Partei nur bis Mitte 1954 erzeugt und veräußert worden seien; ein Eingriff in das Patent Nr. 195.841 liege nicht vor, weil der beklagten Partei bezüglich dieses Patentes ein Vorbenützerrecht nach § 9 PatG. zustehe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger führt in der Rechtsrüge unter a) aus, das wesentliche Charakteristikum des Vorbenützerrechtes sei, daß der Besitz des Vorbenützers gegenüber dem Besitz des Patentanmelders selbständig sein müsse. Das ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 9 PatG. Im vorliegenden Fall stehe aber fest, daß, selbst wenn Ing. Max L. der Erfinder sein sollte, die Gestattung der Ausübung auf dem letzten Absatz des Punktes VIII des Lizenzvertrages Beilage C beruhen würde, in welchem es heiße, daß die beklagte Partei die Erfindung in ihrer eigenen Erzeugung benützen und den Gebrauch nicht an dritte Personen überlassen dürfe. Das Ausübungsrecht sei somit vertraglich konzediert worden, es sei somit ein abgeleitetes Recht und es fehle daher an einem wesentlichen Erfordernis des Vorbenützerrechtes.
Diese Ausführungen des Klägers sind insofern richtig, als das Recht der Vorbenützung im Sinne des § 9 PatG. nur dann besteht, wenn der Vorbenützer zur Zeit der Anmeldung des Patents die Erfindung im guten Glauben in Benützung genommen hatte. Wenn dagegen schon vor der Anmeldung des Patents im Hinblick auf diese spätere Erfindung zwischen dem sogenannten Vorbenützer und dem späteren Erfinder Vereinbarungen zustande gekommen sind, wenn also über dieses Patent Abmachungen bestehen, kann vom Recht der Vorbenützung keine Rede mehr sein. Denn wenn die Erfindung auf Grund einer Genehmigung des Patentinhabers benützt wird, handelt es sich um ein vertragliches Benützungsrecht, dessen Inhalt und Tragweite nur nach den Vertragsbestimmungen beurteilt werden kann.
Im vorliegenden Fall geht aus Punkt VIII des zwischen den Streitteilen zustande gekommenen Vertrages vom 15. September 1953 hervor, daß über das später erteilte Patent 195.841 Abmachungen getroffen worden sind. Im ersten Absatz des Punktes VIII. wird von den Möglichkeiten einer Verbesserung der Produktion oder des Verkaufes (der nach dem Patent 181.037 hergestellten Kaffeemaschinen) gesprochen. Im vierten Absatz wird für den Fall vorgekehrt, daß "Herr R. neue zusätzliche Erfindungen zum Apparat machen ... sollte". In einem solchen Fall mußte R. die Beklagte in die Lage versetzen, diese Erfindungen im Rahmen des Vertrages ohne weitere Kosten zu benützen. Wenn hingegen die Beklagte eine "zusätzliche patentierte Erfindung macht, kann sie dieselbe in ihrer eigenen Erzeugung benützen ...". Daß im Vertrag von zusätzlichen Erfindungen die Rede ist, das Patent 195.841 aber ein selbständiges Patent ist, spielt keine Rolle. Aus dem ersten Absatz des Punktes VIII geht nämlich hervor, daß es den Vertragsparteien ganz allgemein um Verbesserungen des Patents 181.037 und um die Vervollkommnung der nach diesem Patent hergestellten Kaffeemaschine gegangen ist, daß ihnen aber die rechtliche Unterscheidung zwischen einem selbständigen Patent oder einem vom Stammpatent abhängigen Zusatzpatent (§ 4 (2) PatG.) und die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen ohne Bedeutung gewesen sein mußten. Bezog sich aber der Vertrag vom 15. September 1953 auf das spätere selbständige Patent 195.841, das ja eine Verbesserung der nach dem früheren Patent hergestellten Kaffeemaschine zum Gegenstand hatte, so kann sich die beklagte Partei auf das Recht der Vorbenützung nicht berufen. Es erübrigt sich daher, auf die weiteren Ausführungen der Parteien zu dieser Rechtsfrage, insbesondere dazu Stellung zu nehmen, ob die beklagte Partei im Ausmaß ihrer Benützung über die einem Vorbenützer zustehenden Rechte weit hinausgegangen sei oder nicht.
Wenngleich der beklagten Partei entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes das Recht der Vorbenützung nach § 9 PatG. nicht zusteht, kann der Anspruch des Klägers dennoch nicht als berechtigt angesehen werden. Der Kläger übersieht nämlich, daß nach den Feststellungen des Erstgerichtes, die vom Berufungsgericht übernommen worden sind, der im Betrieb der beklagten Partei fortentwickelte Apparat nach dem Vorhalt des Patentamtes über das Fehlen der Zusatzeigenschaft deshalb auf den Namen des Klägers und nicht auf den der Beklagten angemeldet wurde, damit die Priorität der ursprünglichen, auf den Namen des Klägers lautenden Zusatzanmeldung gewahrt werde. Es ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß die Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall eine Verbesserung oder weitere Ausbildung eines Erfindungsgegenstandes nur als abhängiges Zusatzpatent oder als selbständiges Patent angemeldet werden soll, durchaus zu Zweifeln Anlaß geben kann. Es muß auch darauf verwiesen werden, daß es sich beim Patent 195.841 um eine im Betrieb der beklagten Partei gemachte Erfindung ihres Komplementärs Ing. L. gehandelt hat und daß der Kläger an dieser Erfindung keinen Anteil hatte. Obgleich also das Patent aus Zweckmäßigkeitserwägungen der beklagten Partei nicht von ihr persönlich, sondern auf Grund der ihr vom Kläger erteilten Vollmacht von ihr für den Kläger angemeldet worden ist, ist im Verhältnis zwischen den Parteien nicht der Kläger, sondern die beklagte Partei als Patentberechtigter anzusehen.
Der Kläger hebt hervor, daß das Patentgesetz ein streng formales Gesetz sei, daß patentberechtigt nur der Inhaber und der Lizenznehmer seien, deren Ausschließlichkeitsanspruch nur zugunsten des Vorbenützers eine gewisse Ausnahme erfahre. Selbst wenn jemand ein Recht auf Patentübertragung habe, könne er sich dieses nicht im Wege der Selbsthilfe verschaffen, indem er einfach das Patent verwerte. Solange das Patent dem Patentinhaber nicht rechtskräftig aberkannt sei, müsse auch derjenige, der ein Recht auf Patentübertragung habe, das bestehende Patentrecht respektieren. Auch habe Ing. Max L. niemals einen Antrag auf Anerkennung von Vorbenützungsrechten nach § 9 (4) PatG. gestellt. Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß das Recht des Ing. Max L., als Erfinder genannt zu werden (§ 6 (1) PatG.), nichts mit einem etwaigen Vorbenützungsrecht der beklagten Partei zu tun hätte. Maßgebend könnte nur sein, ob die Tatsache, daß eine bestimmte Person als Patentinhaber eingetragen ist, dieser das absolute Recht gibt, das Patent gegen jedermann solange in Anspruch zu nehmen, als das Patent für sie eingetragen ist. Zwar spricht das Patentgesetz im § 8 (1) aus, das Patent habe die Wirkung, daß der Patentinhaber ausschließlich befugt sei, betriebsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Diese Wirkung tritt jedoch nur gegen diejenigen Personen ein, die zum Patentinhaber nicht in außerpatentrechtlichen Beziehungen stehen, die also nicht aus privatrechtlichen Gründen befugt sind, die Wirkungen des Patents ganz oder teilweise zu mißachten (vgl. § 18 (2) PatG.).
Im vorliegenden Fall mußte es nach den Feststellungen der Untergerichte dem Kläger von vornherein klar sein, daß die Eintragung des Patents auf seinen Namen darauf zurückzuführen sei, daß seine Vertragspartnerin, die beklagte Partei, das ihr zustehende Patent (195.841) nur aus Zweckmäßigkeitsgrunden, nämlich zur Wahrung der Priorität des irrtümlich ein Zusatzpatent betreffenden Patentantrages, für den Kläger eintragen ließ. Er mußte wissen, daß er am Patent unbeteiligt war und daß nur formelle Umstände auf Grund der vom Kläger der beklagten Partei im Rahmen der Vertragsbeziehungen erteilten Vollmacht zum Entstehen seiner Stellung als Patentinhaber geführt haben. Unter solchen Umständen kann sich der Kläger auf sein absolutes Patentrecht nicht berufen, sondern es muß die für den vorliegenden Rechtsstreit (über die aus dem Patentrecht 195.841 fließenden Ansprüche des Klägers) maßgebende Vorfrage der Wirkungen des Patentrechtes im Verhältnis zwischen den Parteien entsprechend der zwischen ihnen bestehenden privatrechtlichen Beziehungen beantwortet werden. Dies kann nur in dem Sinne geschehen, daß sich der Kläger der beklagten Partei gegenüber auf sein Patentrecht nicht berufen kann. Im übrigen hat die beklagte Partei im Parallelprozeß der Beklagten als Klägerin gegen den Kläger als Beklagten 12 Cg .../59 des Handelsgerichtes Wien noch vor der Einbringung der vorliegenden Klage das Begehren gestellt, der jetzige Kläger habe das Patent 195.841 auf die jetzige Beklagte zu übertragen.
Was die Entscheidung des Patentgerichtshofes vom 31. Februar 1960, P.../1959-7, betrifft, hat dieser Gerichtshof die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamtes bestätigt, mit der der Antrag der beklagten Partei, dem Kläger das Patent 195.841 abzuerkennen, abgewiesen worden war. Wie aus der Begründung des Urteils des Patentgerichtshofes hervorgeht, hat das Verfahren nur die Frage behandelt, ob der Kläger als Urheber der Erfindung oder dessen Rechtsnachfolger (§ 4 (1) PatG.) angesehen werden könne. Es wurde bloß geprüft, ob die Eintragung des Patents 195.841 auf den Namen des Klägers dem damaligen Willen der beklagten Partei entsprach, was mit Recht bejaht wurde. Die näheren privatrechtlichen Beziehungen der Streitteile hingegen waren kein Gegenstand des damaligen Verfahrens. Das Urteil des Patentgerichtshofes hat daher für den vorliegenden Rechtsstreit, der sich gerade mit den näheren privatrechtlichen Beziehungen der Streitteile zu befassen hatte, keine bindende Wirkung.
Es muß davon ausgegangen werden, daß das Patent 195.841 im Verhältnis zwischen den Streitteilen als eine Erfindung der beklagten Partei anzusehen ist. Nach dem 4. Absatz des Punktes VIII des Vertrages vom 15. September 1953 konnte die Beklagte eine solche Erfindung - auch ohne daß ihr ein Vorbenützungsrecht daran zustunde - während der Dauer des bis 30. April 1960 verlängerten Vertrages ohne Entgelt in ihrer eigenen Erzeugung benützen. Aus der Vereinbarung, daß der Kläger der Beklagten für die Benützung einer zusätzlichen Erfindung eine Lizenzgebühr zu zahlen habe, ergibt sich nämlich noch nicht, daß die Beklagte für eine solche von ihr oder Ing. L. gemachte Erfindung auch dem Kläger eine Lizenzgebühr zu zahlen habe. Der Kläger ist daher nicht befugt, für die Dauer der Vertragsbeziehungen von der Beklagten zu verlangen, daß sie ihm über die Maschinenverkäufe Rechnung lege oder eine dreiprozentige Lizenzgebühr bezahle. Dasselbe gilt vom Patent 181.037, weil die Untergerichte ausdrücklich festgestellt haben, daß die Beklagte in der in Frage kommenden Zeit vom 1. Mai 1955 bis 30. April 1960 keine Maschine nach diesem Patent mehr hergestellt hat.
Der Kläger hat auch noch für die Zeit nach der Beendigung der Vertragsbeziehungen, ab 1. Mai 1960, auf Grund des Patentes 195.841 Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Bezahlung von Lizenzgebühren gestellt. Auch diese Ansprüche kann er nicht durchsetzen, weil die Beklagte nach dem Ende ihrer vertraglichen Bindung das Patent 195.841, das nach den bisher angestellten rechtlichen Erwägungen im Verhältnis zum Kläger ihr zusteht, benützen kann.
Anmerkung
Z37103European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1964:0040OB00306.64.0713.000Dokumentnummer
JJT_19640713_OGH0002_0040OB00306_6400000_000