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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §178a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des GG in Z, Kroatien, vertreten durch die Schlick & Steinhofer Rechtsanwälte KEG in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. März 2004, Zl. 7C 2-2.33/204-04/1, betreffend Namensänderung des Mitbeteiligten AM, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1996 geborene Mitbeteiligte, ein österreichischer Staatsbürger, ist der außereheliche Sohn des Beschwerdeführers und der SM, geborene P. Die alleinige Obsorge für den Mitbeteiligten obliegt der Mutter, die seit ihrer Eheschließung am 8. August 2003 den Familiennamen M führt.
Am 18. August 2003 beantragte die Mutter als gesetzliche Vertreterin des Mitbeteiligten die Änderung seines Familiennamens von "G" auf "M". Sie habe am 8. August 2003 W.M geheiratet. Es sei nun ihrer aller Wunsch, dass ihr Sohn auch diesen Familiennamen führe.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 16. Dezember 2003 wurde diese Namensänderung bewilligt. In der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde insbesondere ausgeführt, die Namensänderung würde die Bindung des Kindes an Kroatien, dessen Staatsbürgerschaft es ebenfalls besitze, und an sein bisheriges soziales Umfeld wegen einer möglicherweise kurz dauernden Ehe der Mutter gefährden. Auch sei sein rechtliches Gehör nicht (ausreichend) gewahrt worden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bewilligte der Landeshauptmann von Steiermark die beantragte Änderung des Familiennamens gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z. 8 und 9 des Namensänderungsgesetzes - NÄG, BGBl. Nr. 195/1988 in der Fassung BGBl. Nr. 25/1995. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage aus, es lägen die Bewilligungsgründe nach § 2 Abs. 1 Z. 8 und 9 NÄG für die Änderung des Familiennamens vor. Der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG stehe dem nicht entgegen, weil die Gleichheit des Familiennamens des Kindes mit dem der Familie, in der es aufwachse und den auch seine obsorgeberechtigte Mutter trage, jedenfalls in höherem Maß seinem Wohl entspräche als die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens. Allfällige Mängel des im erstinstanzlichen Verfahren eingeräumten Parteiengehörs seien durch die im Berufungsverfahren gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert. Auch führe die Berücksichtigung der allgemein gehaltenen Äußerung des Beschwerdeführers zu keinem anderen Verfahrensergebnis.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Ebenso hat der Mitbeteiligte einen Schriftsatz eingebracht und darin gleich lautende Anträge gestellt.
Der Beschwerdeführer hat ohne Aufforderung einen weiteren Schriftsatz eingebracht und damit zwei ausländische (unübersetzte) Urkunden vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes (NÄG), BGBl. Nr. 195/1988, in der mit 1. Mai 1995 in Kraft getretenen Fassung des Namensrechtsänderungsgesetzes (NamRÄG), BGBl. Nr. 25/1995, lauten:
"§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1. einen österreichischen Staatsbürger;
...
(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
...
8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;
9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;
...
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn
...
6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;"
§ 178a ABGB lautet:
"Berücksichtigung des Kindeswohls
§ 178a. Bei Beurteilung des Kindeswohls sind die Persönlichkeit des Kindes und seine Bedürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend zu berücksichtigen."
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Sohn sei nicht nur österreichischer, sondern auch kroatischer Staatsbürger. Durch die bekämpfte Entscheidung würde er seinem früheren Aufenthaltsort in Kroatien, seinen Verwandten und den dort gewonnenen Freunden entfremdet. Weiters hätte er "in seiner zweiten Heimat Kroatien mit erheblichen vermögensrechtlichen bzw. formalrechtlichen und behördlichen Nachteilen zu rechnen". Die Folgen dieser besonderen, aus der Doppelstaatsbürgerschaft resultierenden Situation wären durch nähere Erhebungen, insbesondere durch Befragung des - wenn auch noch nicht 10 Jahre alten - Mitbeteiligten abzuklären gewesen.
Diese Überlegungen vermögen der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen:
Im Beschwerdefall ist unzweifelhaft, dass (jedenfalls) die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG erfüllt sind und dass somit ein Grund für die Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten vorliegt. Strittig ist hingegen, ob der Versagungsgrund nach § 3 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. zum Tragen kommt, der voraussetzte, dass die beabsichtigte Namensänderung dem Wohl des Mitbeteiligten abträglich wäre.
Schon zur Rechtslage vor Inkrafttreten des NamRÄG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der ein Kind aktuell aufwächst, in höherem Maß dem Wohl dieses Kindes entspricht als die Beibehaltung des bisherigen Namens (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. November 1990, Zl. 90/01/0121, insoweit zustimmend kommentiert von Zeyringer in ÖJZ 1991, 433). Das NamRÄG hat die Möglichkeit der Angleichung des Familiennamens eines Minderjährigen an den des Obsorgeberechtigten erleichtert, wodurch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zusätzlich Bestätigung erfahren hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/01/0212). In der Folge hat sich auch der Oberste Gerichtshof vor dem Hintergrund der seit 1. Mai 1995 geltenden Fassung des NÄG der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen (vgl. dessen Beschluss vom 28. Jänner 1999, 6 Ob 246/98i = RZ 1999/44, in dem auch die Unterschiede zur alten Rechtslage dargestellt werden) und zusammenfassend wie dieser ausgesprochen, dass im Allgemeinen dem Wohl des Kindes die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der es aufwächst, in höherem Maße entspricht als die Beibehaltung seines bisherigen (anders lautenden) Familiennamens (vgl. weiters etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1999, Zl. 98/01/0398, und vom 24. Februar 2004, Zl. 2002/01/0444, jeweils mit weiterem Nachweis der Vorjudikatur); nur in Ausnahmefällen könne eine davon abweichende Betrachtungsweise geboten sein. Wenn sich der Gesetzgeber dafür entschieden hat, der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug zu geben, so hat er damit zum Ausdruck gebracht, allenfalls erwachsende psychische Belastungen eines Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte.
Die in der Berufung vorgetragenen und nunmehr in der Beschwerde im Wesentlichen wiederholten Einwendungen waren nicht geeignet, im Zusammenhang mit der beantragten Namensänderung Bedenken im Hinblick auf das Kindeswohl im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG aufkommen zu lassen: Die Identifizierung des Kindes mit dem Namen und dem früheren Umfeld sowie ein gewisses Maß an Stolz hierauf stellen nämlich - den erforderlichen Reifegrad vorausgesetzt - regelmäßig vorliegende Umstände und daher keine Besonderheiten des Beschwerdefalls dar. Die Argumentation des Beschwerdeführers läuft dem gegenüber auf eine isolierte Betrachtungsweise hinaus, die die Nachteile der Beibehaltung des Namens für den Mitbeteiligten (dass der Mitbeteiligte nicht so hieße wie die restlichen Mitglieder innerhalb des betreuenden Familienverbandes) völlig ausblendet. Es ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass der Name des Mitbeteiligten weder der Ausübung des Besuchsrechtes noch familiären oder freundschaftlichen Kontakten entgegensteht. Gerade Sache eines Vaters wäre es, seinem Kind nahe zu bringen, dass es nicht etwa auf Grund der Namensänderung von ihm oder seinen Verwandten weniger erwünscht wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0228). Besondere Gesichtspunkte, die ausnahmsweise eine andere Betrachtungsweise rechtfertigen könnten, hat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht ins Treffen geführt. Solche Aspekte sind auch nicht erkennbar, weshalb der belangten Behörde nicht mit Erfolg zum Vorwurf gemacht werden kann, sie hätte nähere Erhebungen unterlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. August 2001, Zl. 2000/01/0368, mit weiterem Nachweis der Vorjudikatur).
Hieran ändert auch eine mögliche Doppelstaatsbürgerschaft des Mitbeteiligten nichts, deren Vorliegen somit nicht näher abgeklärt werden musste. Der Beschwerdeführer hat sich im Übrigen in diesem Zusammenhang auf allgemein gehaltene Ausführungen beschränkt und hat damit konkrete Angaben über die dem Mitbeteiligten seiner Ansicht nach im Falle der Namensänderung drohenden Nachteile nicht dargetan. Der belangten Behörde kann somit auch das Unterlassen von Erhebungen zu diesem Themenkreis nicht zum Vorwurf gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2003, Zl. 2002/01/0418, betreffend ein Kind mit italienischer und österreichischer Staatsbürgerschaft, sowie das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2004, Zl. 2002/01/0028, betreffend ein Kind mit nigerianischer und österreichischer Staatsbürgerschaft).
Sollte das in der Beschwerde zu "vermögensrechtlichen bzw. formalrechtlichen und behördlichen Nachteilen" erstattete Vorbringen - auf Grund des derzeit ständigen Aufenthaltes des Mitbeteiligten in Österreich - auf die künftige Rechtslage sowie die Gerichts- und Verwaltungspraxis in Kroatien abzielen, entziehen sich derartige in unbestimmt ferner Zukunft liegende Umstände im Übrigen einer aktuellen Klärung. Bloße Spekulationen anzustellen, kann aber nicht Aufgabe der belangten Behörde sein.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidungen über den Aufwandersatz gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 30. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005060025.X00Im RIS seit
02.05.2005