TE OGH 1964/8/12 7Ob184/64

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Veröffentlicht am 12.08.1964
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Norm

ABGB §1425
ZPO §228

Kopf

SZ 37/108

Spruch

Keine Feststellungsklage bei Verweigerung der Annahme von Kaufpreisraten.

Entscheidung vom 12. August 1964, 7 Ob 184/64. I. Instanz:

Kreisgericht Krems/Donau; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Kläger haben von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 23. Februar 1954 das Haus B.-Gasse Nr. 26, um einen Kaufpreis von 250.000 S gekauft, wobei die Bezahlung des Kaufpreises in Teilbeträgen festgesetzt wurde. Nach einer Zusatzvereinbarung war noch ein Betrag von 50.000 S, ebenfalls in Monatsraten von 500 S, zu bezahlen. Die Kläger haben die im Kaufvertrag vorgesehenen Anzahlungen in der Höhe von insgesamt 100.000 S geleistet und ebenso die laufenden Raten von je 500 S. Die Verbindlichkeit aus dem Zusatzübereinkommen ist inzwischen durch Zahlung getilgt. Die Kläger haben der Beklagten auf den Restkaufpreis ab Herbst 1962 monatlich 1000 S überwiesen. Die Beklagte hat die 500 S übersteigenden Beträge an die Kläger jeweils zurückgeschickt, weil sie auf dem Standpunkt stand, daß die Kläger nur die vereinbarten Raten von 500 S (wertgesichert) zahlen dürfen. Im Hinblick auf diesen Standpunkt der Beklagten haben die Kläger mit der am 28. Februar 1963 eingebrachten Klage die Feststellung begehrt, daß sie berechtigt seien, zur Abstattung ihrer restlichen Kaufpreisschuld Zahlungen in beliebiger Höhe zu leisten. Dieses Begehren wurde, nachdem sich die Beklagte zur Annahme von 1000 S monatlich bereit erklärt hatte, dahin modifiziert, daß nach den Worten "in beliebiger Höhe", die Worte eingefügt wurden "über den Betrag von 1000 S monatlich hinaus". Ihr rechtliches Interesse begrundeten die Kläger damit, daß sie mit Rücksicht auf die persönlichen Differenzen mit der Beklagten bestrebt seien, die Kaufpreisrestschuld ehestens abzudecken, zumal die bedungene Wertsicherung auch eine erhebliche Mehrbelastung darstelle. Die Beklagte hat das Feststellungsbegehren bestritten. Sie brachte vor, daß sie an der möglichst langen wertgesicherten Anlage des restlichen Kaufpreises interessiert sei, weil sie die Raten nur als Zusatz zu ihren Unterhalt verwende und für niemanden zu sorgen habe. Daß die Kläger über den Betrag von 1000 S hinaus Raten in beliebiger Höhe zahlen können, sei nicht vereinbart worden.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben. Es stellte fest, daß die in dem Kaufvertrag enthaltene Klausel über die "Minimalforderungen" sich auch auf die Monatsraten bezogen habe, und die Kläger daher berechtigt seien, auch größere als die vereinbarten Monatsraten zu bezahlen. Das rechtliche Interesse der Kläger erblickte der Erstrichter in der Weigerung der Beklagten, zunächst mehr als 500 S, später mehr als 1000 S monatlich zu nehmen in Verbindung mit der wirtschaftlich bedeutsamen Verpflichtung der Kläger zur Wertsicherung des restlichen Kaufpreises, welche die vorzeitige Rückzahlung der Schuld erstrebenswert mache.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters und führte aus, daß mit Rücksicht auf den Charakter der Ratenvereinbarung als Dauerschuldverhältnis das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Inhaltes der den Vertragsteilen zustehenden Rechte und Pflichten mit Rücksicht auf die rechtliche Bedeutung derselben für die Vertragspartner anerkannt werden müsse. Da nach den getroffenen Feststellungen die Vereinbarung getroffen worden sei, daß die von den Klägern zur Abstattung des Kaufpreises übernommenen Verpflichtungen nur Mindestleistungen sein sollten, sie daher berechtigt seien, größere Teilzahlungen zu leisten, sei das Klagebegehren berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und änderte das Urteil - im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die unrichtige rechtliche Beurteilung wird von der Beklagten lediglich darin erblickt, daß die Untergerichte das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung für gegeben angesehen haben und das Feststellungsbegehren überhaupt für zulässig erachteten.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich der Ansicht der Untergerichte über die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens in diesem Falle nicht anzuschließen. Wenn es auch nach herrschender Rechtsprechung zulässig ist, bei Dauerschuldverhältnissen eine Feststellungsklage in Beziehung auf den Bestand und Inhalt der Vertragsrechte ohne Rücksicht darauf einzubringen, ob eine Leistungsklage auf aus dem Rechtsverhältnis fällig gewordene Leistungen möglich ist oder nicht (vgl. SZ. XXVII 288 u. a.), so darf hier nicht übersehen werden, daß es sich nicht um Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis handelt, sondern lediglich um die Zahlung des Kaufpreises, weshalb von einem Dauerschuldverhältnis nicht gesprochen werden kann. Nun hat der Gläubiger, und als solcher ist hier ausschließlich die Beklagte anzusehen, das Recht, aber nicht die Pflicht, die Leistung anzunehmen (JB. 179 = GlUNF Nr. 3809). Durch die Weigerung, eine Zahlung anzunehmen, kommt der Gläubiger in Annahmeverzug. Er kann durch den Annahmeverzug aber keine Vertragspflicht verletzen und keinen Anspruch des Schuldners schädigen, wodurch dieser einen Nachteil an seinem Vermögen erleiden würde. Die Wirkung des Gläubigerverzuges ist das Recht des Schuldners, eine Befreiungshandlung vorzunehmen, wozu im Falle einer Geldschuld vorzüglich die gerichtliche Hinterlegung (§ 1452 ABGB.) geeignet ist. Die Kläger konnten daher jederzeit Zahlungen in ihnen zulässig erscheinender Höhe vornehmen und im Falle der Annahmeverweigerung durch die Beklagte die Beträge zu Gericht erlegen, wodurch sie von ihrer Schuld endgültig befreit werden, wenn der Erlag rechtmäßig erfolgt ist. Niemals aber ist die Leistungsklage auf Annahme des Geschuldeten zulässig. Ist aber eine Leistungsklage versagt, dann kann auch nicht auf Feststellung geklagt werden.

Anmerkung

Z37108

Schlagworte

Feststellungsklage, keine - bei Verweigerung der Annahme höherer, Kaufpreisraten, Feststellungsklage, keine - bei Verweigerung der Annahme höherer, Kaufpreisraten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0070OB00184.64.0812.000

Dokumentnummer

JJT_19640812_OGH0002_0070OB00184_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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