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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art139 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der ES in W, vertreten durch Dr. Hans Pritz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten durch Dr. Herbert Hochegger, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 4) vom 21. Juni 2002, Zl. W 1805, betreffend Versagung der Gewährung einer Witwenpension, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 21. Juni 2002 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Juni 1998 auf Gewährung einer Witwenpension nach ihrem geschiedenen Ehegatten, einem im Jahr 1998 verstorbenen Ziviltechniker, gemäß § 15 Abs. 11 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 7. April 1995, kundgemacht im amtlichen Teil der Zeitschrift "konstruktiv" Nr. 189 vom 6. Juni 1995, S 22 ff, abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 15 Abs. 11 des angeführten Statutes eine Witwenpension an eine geschiedene Ehegattin eines Ziviltechnikers nur dann ausbezahlt werden könne, wenn eine ausdrückliche diesbezügliche schriftliche Verfügung des Ziviltechnikers bei der Wohlfahrtseinrichtung vorliege. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall nicht erfüllt. Auch übersehe die Beschwerdeführerin, dass die Bestimmung im Statut eine "Kann-Bestimmung" sei und die Entscheidung des Kuratoriums über die Zuerkennung einer Witwenpension selbst dann, wenn eine solche Verfügung des Ziviltechnikers vorliege, eine Ermessensentscheidung darstelle. Selbst eine spätere Änderung des Statutes könne keinen Anspruch erzeugen, weil bei der Beurteilung des Anspruches auf den Todestag des Ziviltechnikers abzustellen sei, jene Regelungen des Statutes, die zu diesem Zeitpunkt gültig gewesen seien, seien der Beurteilung zu Grunde zu legen. Zum Zeitpunkt des Ablebens des geschiedenen Ehegatten der Beschwerdeführerin habe das Statut 1995 gegolten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser sprach im Beschwerdefall mit Erkenntnis vom 23. Juni 2003, G 40/03, V 57/03, aus, dass § 29 Abs. 2 Z. 2 sowie § 31 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993, in der Stammfassung BGBl. 1994/157, verfassungswidrig und das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen (115. Verordnung) der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, erlassen durch Beschluss des Kammertages vom 7. April 1995, kundgemacht im amtlichen Teil der Zeitschrift "konstruktiv" Nr. 189 vom 6. Juni 1995, S 22 ff, gesetzwidrig waren.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom selben Tag, dem 23. Juni 2003, B 1129/02-22, wurde die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und dies im Wesentlichen damit begründet, es sei im Hinblick auf das Ergebnis des durchgeführten Normenprüfungsverfahrens ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin nachteilig betroffen sein könne. In diesem Zusammenhang verwies der Verfassungsgerichtshof auf Punkt II.3.3. seines Erkenntnisses vom 23. Juni 2003, wo er ausgeführt hatte, dass die Gesetzwidrigkeit hinsichtlich des gesamten Statutes festzustellen gewesen sei, weil auch die Feststellung der Gesetzwidrigkeit bloß der präjudiziellen Bestimmungen des Statutes für die Beschwerdeführerin dieselben Folgen gehabt hätte. Über Antrag der Beschwerdeführerin trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit weiterem Beschluss vom 18. August 2003, B 1129/02- 24, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Nach Ergänzung der Beschwerde durch die Beschwerdeführerin leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin meint in ihrer Beschwerdeergänzung, der angefochtene Bescheid sei vom Verwaltungsgerichtshof schon deswegen aufzuheben, weil der Verfassungsgerichtshof die Gesetzwidrigkeit der angewendeten Verordnung festgestellt habe. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 (146. Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, Zl. 191/2000, und zwar in der Fassung des Beschlusses des Kammertages vom 1. Februar 2002, 164. Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, Zl. 20/02) in Kraft gestanden. Dieses Statut enthalte eine dadurch gekennzeichnete Rechtslage, dass die Ansprüche der geschiedenen Ehegattin vom rechtzeitigen Einlangen der "Verfügungen hinsichtlich Zuordnung der zukünftigen Witwenpension an eine geschiedene Gattin" abhängig seien, was in den Augen der Beschwerdeführerin gleichheitswidrig sei.
In dem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht mit dem vorliegenden Fall ähnlich gelagerten Fall eines im zeitlichen Geltungsbereich des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen 2000 der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, beschlossen vom Kammertag am 15. Juni 2000, kundgemacht im amtlichen Teil der Zeitschrift "konstruktiv" Nr. 220a, Juni 2000, 2 ff (Statut WE 2000) erlassenen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. März 2002, Zl. 2001/06/0158, dargelegt, dass für die Beurteilung des Vorliegens eines Anspruches nach dem Statut WE 2000 die Rechtslage im anspruchsbegründenden Zeitpunkt maßgeblich ist.
Bezogen auf den vorliegenden Fall führt diese Beurteilung zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Witwenpension nicht gegeben ist. Die durch das Statut WE 2000 gebotene Verweisung auf die Rechtslage im anspruchsbegründenden Zeitpunkt führt angesichts des mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2003, G 40/03, V 57/03, VfSlg. 16.903, gemäß Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz i.V.m. Abs. 4 B-VG bindenden Ausspruches, dass das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen 1995 gesetzwidrig war, dazu, dass dessen Bestimmungen im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden sind, also in ihnen keine Rechtsgrundlage für die Zuerkennung einer Witwenpension an die Beschwerdeführerin gefunden werden kann.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit weiterem Erkenntnis vom 23. Juni 2003, G 8/03, V 7/03, VfSlg. 16.900, auch § 29 Abs. 4 zweiter Satz sowie § 31 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993, BGBl. Nr. 1994/157 i.d.F. BGBl. I Nr. 2000/56, als verfassungswidrig und das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen 2000 der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, beschlossen vom Kammertag am 15. Juni 2000, kundgemacht im amtlichen Teil der Zeitschrift "konstruktiv" Nr. 220a, Juni 2000, 2 ff, als gesetzwidrig aufgehoben.
Gleichviel, ob man nun den vorliegenden Beschwerdefall im Hinblick auf die Tatsache, dass in diesem auch das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen 2000 anzuwenden war, als Quasi-Anlassfall (im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) gemäß Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz i.V.m. Abs. 4 B-VG auch für das zuletzt angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes betrachtet und den angefochtenen Bescheid am Maßstab einer Rechtslage prüft, bei welcher auch dieses Statut der Wohlfahrtseinrichtungen 2000 außer Betracht bleibt, oder ob man es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides für maßgeblich erachtet: In beiden Fällen muss man zum Ergebnis gelangen, dass die Beschwerdeführerin gemessen am Maßstab der jeweils bereinigten Rechtslage keinen Anspruch auf Witwenpension nach dem Ziviltechnikerkammergesetz 1993 gelten machen kann. Dies gilt auch, wenn man die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Bestimmung des § 23 Abs. 6 des Statuts WE 2000 i.d.F. des Beschlusses des Kammertages vom 21. Oktober 2000, 171. Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, die von der Aufhebung durch das Erkenntnis vom 23. Juni 2003, G 8/03, V 7/03, VfSlg. 16.900, nicht ausdrücklich erfasst war, in Betracht zieht, weil aus dieser Bestimmung (nach der vor Inkrafttreten des Statutes 2000 "bei der Wohlfahrtseinrichtung eingelangte Verfügungen hinsichtlich Zuordnung der zukünftigen Witwenpension ... weiter gültig" bleiben) für sich allein genommen im Beschwerdefall jedenfalls kein Anspruch auf Witwenpension abgeleitet werden kann.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 30. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003060135.X00Im RIS seit
21.04.2005