Norm
ABGB §141Kopf
SZ 37/124
Spruch
Ein Anspruch auf Leistung des notdürftigen Unterhaltes kann schon begrifflich nur dann bestehen, wenn der Anspruchswerber außerstande ist, selbst ein Einkommen in der Höhe des Existenzminimums bei den im Einzelfall bestehenden Verhältnissen zu verdienen.
Ein Hochschüler, der - wenn auch durch Aufgabe seines Studiums - zur Beschaffung des Existenzminimums in der Lage ist, hat daher nach dem Verlust des Anspruches auf Gewährung des standesgemäßen Unterhaltes auch keinen Anspruch auf Gewährung eines notdürftigen Unterhaltes gegen seinen Vater.
Entscheidung vom 22. September 1964, 3 Ob 104/64. I. Instanz:
Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger führt seit Anfang 1955 gegen seine Frau Friederike H. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Prozeß wurde der Ehefrau und den beiden ehelichen Söhnen, dem am 16. September 1940 geborenen Hatto H. (Beklagten) und dem am 24. Februar 1946 geborenen Helga H., mit einstweiliger Verfügung ein Teil der im übrigen weiter vom Kläger bewohnten Wohnung zur Benützung zugewiesen. Die Ehe wurde mit Urteil des Prozeßgerichtes vom 20. März 1961 geschieden. Dieses Urteil wurde von der Berufungsinstanz bestätigt. Im Revisionsstadium brachte die Ehefrau gegen den Kläger am 13. Jänner 1962 zu 8 Cg .../62 beim Landesgericht für ZRS. Wien eine auf § 530 Z. 7 ZPO. gestützte Wiederaufnahmsklage ein, in der sie behauptete, die Ehegatten hätten sich in der Nacht vom 15. zum 16. Dezember 1961 ausgesöhnt, sich geküßt und umarmt, dabei seien Photos gemacht worden, und anschließend hätte ein Geschlechtsverkehr stattgefunden. Das Wiederaufnahmsverfahren ist noch anhängig; das Revisionsverfahren ist unterbrochen.
Der Kläger ist gemäß den Beschlüssen des Jugendgerichtshofes Wien vom 31. Jänner 1957 und 28. Juni 1960, 8 P .../55, zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von je 450 S an die beiden ehelichen Kinder zu Handen der Ehefrau Frieda H. verpflichtet. Das Erstgericht bewilligte dem inzwischen großjährig gewordenen Beklagten gegen den Kläger mit Beschluß vom 24. April 1963, 2 E .../63-1, auf Grund der zitierten Beschlüsse des Jugendgerichtshofes zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 3600 S für die Zeit vom 1. September 1962 bis 30. April 1963 die Fahrnisexekution. Der Kläger begehrte dagegen mit der beim Erstgericht am 7. Juni 1963 überreichten Vollstreckungsgegenklage die Fällung des Urteiles, daß der Anspruch des Beklagten aus den erwähnten Beschlüssen seit dem 1. September 1962 erloschen sei. Er brachte vor, daß der Beklagte zufolge von ihm ausgeübter Erwerbstätigkeiten selbsterhaltungsfähig sei (Punkt 3 der Klage), daß er seinen Unterhaltsanspruch durch eine Reihe von den Kläger schädigenden, gehässigen und zum Teil deliktischen Handlungen verwirkt habe, daß er dadurch insbesondere auch den Anspruch auf Unterhalt für ein Hochschulstudium nach erlangter Großjährigkeit verwirkt habe, und nach der, wenn auch verspäteten Ablegung der Reifeprüfung ohne weiteres in der Lage sei, eine im Maturantenstatus eingeordnete Anstellung anzunehmen (Punkt 4 der Klage). Unter dem vom Kläger über deliktische Handlungen des Beklagten aufgestellten Behauptungen befindet sich auch jene, daß der Beklagte am 15. Dezember 1961 ihn mit der Erklärung, er wolle seine Matura mit seinem Vater feiern, aufgesucht habe und daß er ihm, als ihn der zweite Sohn Helge in ein Nebenzimmer gelockt habe, ein starkes Betäubungsmittel in den Wein geschüttet habe; dadurch sei er in Bewußtlosigkeit gefallen, die der Beklagte ausgenützt habe, die Ehefrau des Klägers ins Zimmer zu rufen, die sich neben seinen fast leblosen Körper gesetzt und eine innige Umarmung imitiert habe. Der Beklagte sei ihr hiebei nicht nur behilflich gewesen, sondern habe "zu Beweiszwecken" hievon sogar eine Reihe von Blitzlichtaufnahmen gemacht, die er seiner Mutter, der Ehefrau des Klägers, zur Verfügung gestellt habe, damit sie sie für ihre Wiederaufnahmsklage zu 8 Cg .../62 beim Landesgericht für ZR8. Wien verwenden könne. Die Ehefrau habe es aus Gründen der möglichst langen Erhaltung des Unterhaltsanspruches von allem Anfang an darauf abgestellt gehabt, die rechtskräftige Entscheidung im Ehescheidungsverfahren möglichst lange hinauszuschieben.
Im Verhandlungsprotokoll vom 20. August 1963 ist weiter folgende Prozeßerklärung des Klägers enthalten: "Mit Rücksicht auf den Beweisnotstand läßt die klagende Partei den Klagegrund der eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit durch Eigenverdienst des Beklagten, wie in der Klage angeführt, fallen. Als Klagegrund bleibt aufrecht, daß der Beklagte seinen Unterhalt durch die im Punkt 4 der Klage angeführten Handlungen, die sogar als verbrecherisch bezeichnet werden müssen, verwirkt hat und daß der Kläger die Zustimmung zum Hochschulstudium nicht gegeben hat."
Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte fest, daß der Beklagte sich nicht um die Zustimmung des Klägers zum Studium an der Technischen Hochschule, das er im Herbst 1961 begonnen habe, beworben und der Kläger hiezu seine Zustimmung auch nicht erteilt habe, daß der Beklagte (im Sommer 1961) die Matura abgelegt und somit eine abgeschlossene Ausbildung genossen habe. Er habe sich um die Absicht des Klägers, ihn bei einem Geschäftsfreund unterzubringen, überhaupt nicht gekümmert. Eine Berufserziehung des Beklagten sei daher ab 1. September 1962 nicht mehr erforderlich gewesen. Es sei ab diesem Zeitpunkt nicht einmal der notdürftige Unterhalt zu leisten gewesen, weil der Beklagte eine Berufsausbildung erhalten habe, mit der er bei der heutigen Konjunktur im wirtschaftlichen Leben jederzeit eine seiner Stellung entsprechende Beschäftigung zur Deckung seines Lebensunterhaltes hätte finden können. Der Klage sei aus diesen Gründen stattzugeben gewesen. Auf die behaupteten Deliktstatbestände habe nicht eingegangen zu werden brauchen, weil der Unterhaltsberechtigte, der ein Verhalten an den Tag lege, das die Entziehung des Pflichtteiles rechtfertige, nur auf den notdürftigen Unterhalt beschränkt werden dürfe und der monatliche Unterhaltsbetrag von 450 S den notdürftigen Unterhalt nicht überstiegen hätte.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der Klageabweisung ab. Es führte aus, der Kläger habe in der mündlichen Streitverhandlung erklärt, als Klagegrund nur die Verwirkung des Unterhaltes sowie die Verweigerung seiner Zustimmung zu einem Studium des Beklagten aufrecht zu erhalten. Wie das Erstgericht ausgesprochen habe, könnte auch eine Verwirkung nach §§ 540, 770, 795 ABGB. den betriebenen Anspruch nur auf den notdürftigen Unterhalt einschränken (Wentzel, Plesch in Klang[2] I/2 S. 40); aber der titelmäßige Anspruch auf einen Unterhalt von 450 S monatlich gehe über diesen notdürftigen Unterhalt des Beklagten (Hochschüler), das sei über die Bestreitung der dringendsten Lebensbedürfnisse nach den gerichtsbekannten Preisverhältnissen ohnehin nicht hinaus. Die Verwirkung könne daher dem Kläger nicht zum Prozeßerfolg verhelfen. Seine mangelnde Zustimmung zum Hochschulstudium des Beklagten könnte den Unterhaltsanspruch nur unter der Voraussetzung der Selbsterhaltungsfähigkeit beenden. Der Kläger habe aber diesen Klagegrund ausdrücklich fallen lassen. Der Vater sei zur Bestreitung des Hochschulstudiums eines Kindes durch Weitergewährung des Unterhaltes nicht verpflichtet, wenn er sich mit dem Studium einverstanden erkläre, sondern schon dann, wenn das Studium objektiv seinem Stand, Vermögen und Einkommen entspreche. Seine Unterhaltspflicht könne daher nicht schon durch die Nichterklärung der Zustimmung, sondern nur durch das Vorhandensein solcher persönlichen Verhältnisse, die ein Hochschulstudium nicht als Teil einer standesgemäßen Erziehung des Kindes erscheinen lassen, erlöschen. Der Kläger habe über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse keine Tatsachen vorgebracht. Nicht einmal die vom Erstrichter angenommene allgemeine Erklärung des Klägers, er sei nach Einkommen und Stand nicht in der Lage, dem Beklagten ein Hochschulstudium angedeihen zu lassen, finde sich im klägerischen Vorbringen. Diese Bemerkung wäre außerdem nur eine Schlußfolgerung, keine Behauptung von Tatsachen (§ 35 (1) EO.), und daher nicht ausreichend zur Wahrung der Eventualmaxime (§ 35 (3) EO.). Die erstgerichtlichen Feststellungen über Verwirkungshandlungen des Beklagten und über die Nichterklärung der Zustimmung des Klägers zum Hochschulstudium des Beklagten seien aus diesen Gründen unerheblich.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge, hob die Urteile der zweiten und ersten Instanz auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es sei vorausgeschickt, daß der Revision in keinem Fall die Rechtsmittelbeschränkung des § 502 (2) ZPO., betreffend die Entscheidung des Berufungsgerichtes über eine Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes, entgegensteht, weil sie für Oppositionsprozesse nicht gilt (Jud. 60 neu Punkt V = SZ. XXVII 177). Die Revision ist daher im vollen Umfange zulässig.
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt der Kläger darin, daß das Berufungsgericht seine Einwendungen zur Bekämpfung des Anspruches des Beklagten auf Unterhalt zum Zwecke seines Studiums an der Technischen Hochschule für unzureichend erachtet und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, über die Prozeßbehauptungen fehlten, nicht aus dem dem Prozeßakt beigeschlossenen Pflegschaftsakt entnommen habe. Der Kläger verkennt mit diesen Ausführungen das Wesen der Verpflichtung des Oppositionsklägers, unter der Sanktion der Eventualmaxime schon in der Klage alle den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen vorzubringen (§ 35 EO.), und daß im übrigen für den Oppositionsstreit die Bestimmungen der ZPO. also kein amtswegiges Verfahren - anzuwenden sind. Es genügt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, für das begehrte Erlöschen der Unterhaltspflicht des Klägers aus dem Grund, daß der Beklagte keinen Anspruch auf ein Hochschulstudium und eine Unterhaltsleistung während desselben habe, nicht die Behauptung, der Kläger sei um seine Zustimmung nicht gefragt worden und habe sie nicht erteilt, der Sohn sei nach bestandener Mittelschulmatura selbsterhaltungsfähig. Der eheliche Vater ist gemäß § 141 ABGB. verpflichtet, so lange für den Unterhalt der Kinder zu sorgen, bis sie sich selbst ernähren können. Die Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder ist nicht schon dann vorhanden, wenn das Kind in der Lage ist, sich überhaupt auf irgendeine Weise zu ernähren; ihr Eintritt hängt vielmehr bei ehelichen Kindern vom Stand und Vermögen des Vaters, ferner von der Art der Erziehung und dem Berufe, zu dem das Kind durch die bisherige Erziehung vorbereitet wurde, ab (§ 148 ABGB.). Das Recht des Vaters, die Standeswahl seines Kindes zu bestimmen, ist kein unbeschränktes,; sogar der Vater, der sich gegen die Wahl eines bestimmten Berufes ausgesprochen hat, ist dann verpflichtet, das Kind während der Zeit der Ausbildung in diesem Berufe zu alimentieren, wenn sich die Berufswahl mit Rücksicht auf alle einschlägigen Umstände als eine zu billigende darstellt (GlUNF. Nr. 7568). Es hätte daher dem Kläger, der ja ein Erlöschen des Unterhaltsanspruches nach dem Abschluß der Mittelschulstudien des Beklagten behauptet, oblegen, tatsächliche Behauptungen über alle dieses Erlöschen begrundenden wesentlichen Umstände, wozu insbesondere seine Vermögens- und Einkommenslage gehört, aufzustellen. Da er dies nicht getan hat, war sein Vorbringen so mangelhaft, daß ihm ein Erfolg in der Richtung, die Voraussetzungen für ein Hochschulstudium des Beklagten unter Fortbestehen seiner Unterhaltspflicht seien nicht gegeben, im Oppositionsprozeß nicht beschieden sein konnte. Zu seinem Vorbringen, die erforderlichen Feststellungen hätten aus dem Pflegschaftsakt getroffen werden müssen, muß noch einmal auf seine Behauptungspflicht und auf den Parteienbetrieb im Zivilprozeß hingewiesen werden.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.
Eine Aktenwidrigkeit macht der Kläger aus dem Gründe geltend, weil das Berufungsgericht ein Eingehen auf die Frage der Selbsterhaftungsfähigkeit des Beklagten mit dem Hinweis auf die Einschränkung der Klagegrunde in der mündlichen Streitverhandlung mit der Feststellung ablehnte, der Kläger habe diesen Klagegrund ausdrücklich fallen lassen. In Wirklichkeit habe er aber nur den Klagegrund der eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit durch Eigenverdienst des Beklagten (Punkt 3 der Klage) fallen lassen. Es ist dem Kläger hier darin zu folgen, daß seine weitere Prozeßerklärung über die Aufrechterhaltung des Klagegrundes bezüglich der Verwirkung des Unterhaltsanspruches durch bestimmte Handlungen des Beklagten nur im Zusammenhang mit allen seinen Prozeßbehauptungen zu Punkt 4) der Klage verstanden werden kann. Dort führte der Kläger ausdrücklich aus, daß der Beklagte wegen der inkriminierten Handlungen den Anspruch auf Unterhalt für ein Hochschulstudium nach erlangter Großjährigkeit verwirkt habe und nach Ablegung der Reifeprüfung ohne weiteres in der Lage sei, eine im Maturantenstatus eingeordnete Anstellung, also Arbeitsmöglichkeit, anzunehmen. Er fügte hinzu, es liege auf der Hand, daß dies - die Annahme einer Stellung - in der heutigen Zeit der Vollbeschäftigung ein Leichtes sei und einer besonderen Beweisführung nicht bedürfe. Die Feststellung des Berufungsgerichtes steht daher tatsächlich mit der Aktenlage insofern in Widerspruch, als es auf die Behauptung der Selbsterhaltungsfähigkeit im Zusammenhang mit der behaupteten Verwirkung des Unterhaltsanspruches durch bestimmte, gegen den Kläger gerichtete Handlungen keine Rücksicht genommen hat. Dies ist jedoch, wie aus den folgenden Ausführungen zu entnehmen sein wird, in erster Linie auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache durch die Unterinstanzen zurückzuführen, die zu einem Feststellungsmangel führte, dessentwegen die Urteile beider Untergerichte aufgehoben werden mußten.
Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Rechtsanschauung der Untergerichte, daß der Beklagte in dem von ihm gewählten Stand eines Hochschülers auf jeden Fall Anspruch auf die Leistung von Beträgen aus dem Titel des notdürftigen Unterhaltes habe, der mit 450 S monatlich nicht überschritten werde. Letzteres ist eine Erfahrungstatsache, gegen die nichts einzuwenden wäre. Hingegen haben die Unterinstanzen den Begriff des notdürftigen (notwendigen) Unterhaltes, der u. a. dann vom ehelichen Vater nicht geleistet zu werden braucht, wenn der den Unterhalt in Anspruch nehmende Sohn ein Verbrechen gegen ihn begangen hat (§§ 540, 770, 795 ABGB.), mißverstanden. Zum notdürftigen (notwendigen) Unterhalt gehören an sich dieselben Leistungen wie zum standesgemäßen, doch entscheidet nur das Maß des Bedürfnisses schlechthin, ohne Rücksicht auf den Stand oder die gesellschaftlichen Verhältnisse: also Erziehung nur für irgendeine Erwerbsbestätigung, auch wenn der dadurch zu erlangende Beruf einen gesellschaftlichen Abstieg bedeutet (Bartsch in Klang[1] I/1 S. 853). In dem Fall, als daher auf Grund irgendeiner Erwerbsbefähigung eine Erwerbsmöglichkeit für das Kind objektiv besteht (vgl. SZ. XIX 276 und die dort zitierten weiteren Entscheidungen), durch die das Kind ein Einkommen im Ausmaße eben dieses Unterhaltsbetrages, das sein physisches Existenzminimum sichert (vgl. Bartsch a. a. O.), erhalten kann, fehlt die entscheidende Voraussetzung für seine Unterhaltsforderung. Ein Anspruch auf Leistung des notdürftigen Unterhaltes kann schon begrifflich nur dann bestehen, wenn der Anspruchswerber außer Stande ist, selbst ein Einkommen in der Höhe des Existenzminimums bei den im Einzelfall bestehenden Verhältnissen zu verdienen. Dies ist hier - entgegenstehende Einwendungen wurden vom Beklagten nicht erhoben - nicht der Fall. Ein Hochschüler, der - wenn auch durch Aufgabe seines Studiums - zur Beschaffung des Existenzminimums in der Lage ist, hat nach dem Verlust des Anspruches auf Gewährung des standesgemäßen Unterhaltes auch keinen Anspruch auf Gewährung eines notdürftigen Unterhaltes gegen seinen Vater. Die Ansicht des Klägers, es handle sich bei der ausreichenden Erwerbsmöglichkeit für den Beklagten in Anbetracht der bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse um eine offenkundige Tatsache, die keines Beweises bedürfe (§ 269 ZPO.), ist richtig. Dies gilt bereits ab dem 1. September 1962, auf welche Zeit sich die Oppositionsklage bezieht. Der Beklagte hatte ein abgeschlossenes Mittelschulstudium und stand knapp vor der Vollendung des 22. Lebensjahres.
War somit der Beklagte in der Lage, seinen notdürftigen Unterhalt selbst zu verdienen, dann ist ein Unterhaltsanspruch gegen den Kläger, zu dessen Hereinbringung er Exekution führt, zur Gänze erloschen, wenn er vor dem 1. September 1962 gegen seinen Vater ein Verbrechen begangen hat und sich aus den Umständen nicht entnehmen läßt, daß der Vater es ihm vergeben hat (§ 540 ABGB.). Der Kläger hat unter Punkt 4) der Klage für das Jahr 1956 Tatsachen gegen den Beklagten behauptet, die in zwei Fällen das Verbrechen der Verleumdung (§ 209 StG.) begrunden könnten, und weiter für den 15. Dezember 1961 die oben wiedergegebenen tatsächlichen Behauptungen aufgestellt, die im Hinblick auf die am 13. Jänner 1962 auf Grund der Vorfälle vom 15. Dezember 1961 eingebrachten Wiederaufnahmsklage in der Richtung eines Verbrechens nach den §§ 5, 8, 197, 200 und auch 203 StG. liegen, das der Beklagte gegen seinen Vater, den Kläger, begangen haben soll. Der Kläger erachtet sich nach den Ausführungen in der Revision nur mehr durch die Handlungen des Beklagten, die dieser nach erreichter Großjährigkeit gegen ihn begangen hat, beschwert, so daß auf die behaupteten Verleumdungsfälle aus dem Jahre 1956 nicht mehr Bedacht genommen zu werden braucht. Wohl aber wird damit in der Revision der Klagegrund aus seinem Vorbringen zum Verhalten des Beklagten am 15. Dezember 1961 aufrechterhalten. Diesbezüglich haben die Unterinstanzen, ausgehend von der aufgezeigten, vom OGH. nicht geteilten Rechtsansicht tatsächliche Feststellungen ebenso unterlassen wie bezüglich der vom Beklagten ausdrücklich eingewendeten Verzeihung des Klägers, bei deren Vorliegen trotz eines Verbrechens der Unterhaltsanspruch des Beklagten im Sinne der Entscheidung des Berufungsgerichtes fortbestehen würde. Die Erörterung, mangelfreie Beweisaufnahme und Feststellungen zu diesen beiderseitigen Prozeßbehauptungen sind erforderlich.
Das Erstgericht wird daher das Verfahren über diesen Punkt der Klage zu ergänzen haben. Es wird, da der Schaden, den der Kläger nach seinen Behauptungen durch die Handlungen seiner Ehefrau, zu denen der Beklagte nach den Klagsangaben Beihilfe leistete, leiden sollte, in der möglichst langen Ausdehnung seiner Unterhaltsleistung an die Ehefrau in der noch aufrecht bestehenden Ehe (Gewährung des anständigen Unterhaltes nach § 91 EheG.) gelegen wäre, den Kläger zur Ergänzung seiner Behauptungen in der Richtung anzuleiten haben, daß er eine bestimmte Höhe für seinen Schaden und Beweise dafür angibt (§ 182 (1) ZPO.). Diese Ergänzung seines Vorbringens liegt im Rahmen seiner Behauptungen in der Klage; die Eventualmaxime steht ihnen nicht entgegen. Daß der Kläger einen 1500 S übersteigenden Schaden, auf welchen die böse Absicht gerichtet war (§ 200 StG.), behauptete, folgt schon aus seiner eigenen ausdrücklichen Qualifikation des Beklagten als Verbrechen. Sie ist auch in der Natur des gesamten Sachverhaltes begrundet. Bei der Beweisführung werden insbesondere auch die bereits vorliegenden und in einem Aktenvermerk des Erstgerichtes vom 21. Oktober 1963 festgehaltenen Ergebnisse des Wiederaufnahmsverfahrens zu 8 Cg .../62 des Landesgerichtes für ZRS. Wien in Betracht kommen. Ebenso werden, wie bereits angeführt, über die vom Beklagten behauptete Verzeihung des Klägers die erforderlichen Feststellungen zu treffen sein.
Abschließend sei in rechtlicher Hinsicht noch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei der Beurteilung des Verbrechenstatbestandes zur Feststellung der Erbunwürdigkeit (§ 540 ABGB.), hier zur Feststellung der Einschränkung der Unterhaltspflicht des Vaters auf den notwendigen Unterhalt (§ 795 ABGB.), der Zivilrichter solange uneingeschränkt auf Grund der freien Beweiswürdigung (§ 272 ZPO.) über die Verbrechensqualifikation der verübten Handlungen entscheidet, solange ihm nicht der Strafrichter mit einem Schuldspruch, an den der Zivilrichter gebunden ist (§ 268 ZPO.), zuvorkommt (GlUNF. Nr. 5023; Ehrenzweig[2] II/2 S. 373; Weiss in Klang[2] III S. 98).
Anmerkung
Z37124Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1964:0030OB00104.64.0922.000Dokumentnummer
JJT_19640922_OGH0002_0030OB00104_6400000_000