TE OGH 1964/11/10 8Ob314/64

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Veröffentlicht am 10.11.1964
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Norm

ABGB §802 Satz 2

Kopf

SZ 37/162

Spruch

Bei Beurteilung des Hinreichens der Verlassenschaft nach § 802 Satz 2 ABGB. sind Liegenschaftsanteile geringer zu bewerten als mit dem mathematisch errechneten Teil des Wertes der ganzen Liegenschaft, auch wenn sie für den Erben, der Eigentümer der restlichen Anteile ist, im konkreten Fall einen höheren Wert haben.

Entscheidung vom 10. November 1964, 8 Ob 314/64. I. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Beklagte ist die bedingt erbserklärte Alleinerbin ihres am 5. April 1955 verstorbenen Mannes, dessen Nachlaß zu GZ. 14 A .../55 des Bezirksgerichtes G. abgehandelt wurde. Als Universalerbin hatte sie den Klägern als Legataren ein monatliches Unterhaltslegat von 2000 S zu leisten. Unbestritten ist, daß die Beklagte den Klägern in Erfüllung dieses Unterhaltslegates in der Zeit vom Mai 1955 bis einschließlich Dezember 1961 den Betrag von 160.300 S bezahlte. Mit der Behauptung, durch diesen bereits ausgezahlten Betrag sei der Wert des von der Beklagten übernommenen Nachlaßvermögens erschöpft, verweigerte die Beklagte weitere Unterhaltszahlungen an die Kläger. Diese begehrten mit ihrer Klage die Zahlung des Unterhaltslegats von je 2000 S monatlich für die Monate Jänner 1962 bis einschließlich Mai 1962 im Gesamtbetrag von 10.000 S.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte, den Klägern den Betrag von 7878 S zu bezahlen und wies das auf Bezahlung eines weiteren Betrages von 2122 S gerichtete Mehrbegehren ab. Es stellte fest, daß die Aktiven der Verlassenschaft laut dem Hauptinventar des Aktes 14 A .../55 des Bezirksgerichtes G.

im Zeitpunkt der Einantwortung mit ...................  298.172.53 S

geschätzt wurden und daß auf Grund einer vom Erstgericht

angeordneten neuen Schätzung der Wert der zum Nachlaß gehörigen

Hälften der Liegenschaften EZ. 50 und 51 Katastralgemeinde I. St.

gegenüber der Schätzung im Abhandlungsverfahren um .............

34.575.-- S ------------ zu erhöhen sei. Das ergebe die Summe von

.............  332.747.53 S.

Hievon seien die Passiven der Verlassenschaft im Betrage von

.......................  152.556.83 S ------------ abzuziehen, sodaß

als Saldo ..........................  180.190.70 S verblieben, wovon

aber noch die von der Beklagten bezahlten Sachverständigen- und

Notariatsgebühren von ..........   12.012.70 S ------------ in Abzug

kommen, sodaß der reine Nachlaß die Summe von

........................................  168.178.-- S betrage.

Da die Beklagte den Klägern, wie außer Streit gestellt wurde, den

Betrag von ................  160.300.-- S in Erfüllung des

Unterhaltslegates bereits bezahlt habe, bestehe noch eine

Restforderung auf Grund des Unterhaltslegates im Betrage von

.....................    7.878.-- S zu Recht. Demgemäß verpflichtete

das Erstgericht die Beklagte, den Klägern den Betrag von 7878 S zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von 2122 S ab.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung der beklagten Partei das erstinstanzliche Urteil, welches in seinem abweisenden Teil als unangefochten unberührt blieb, dahin ab, daß auch das restliche Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, den Klägern den Betrag von 7878 S zu bezahlen, abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht ging von den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen aus, allerdings mit der Abweichung, daß der Wert der zum Nachlaß gehörigen Hälfte der Liegenschaften mit einem um 10% geringeren Wert festgestellt wurde, als ihn das Erstgericht feststellte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Den Klägern kann wohl darin gefolgt werden, daß es sich bei der

Frage, ob eine Minderwertigkeit der der Beklagten im Erbwege

zugefallenen Liegenschaften aus dem Gründe, weil es sich hiebei um

Liegenschaftsanteile handelt, zu berücksichtigen sei, im

wesentlichen um eine Rechtsfrage handelt. Allein die Kläger sind

nicht im Recht, soweit sie darzutun versuchen, daß im vorliegenden

Falle eine solche Minderwertigkeit deshalb nicht zu berücksichtigen

sei, weil die Beklagte bereits Eigentümerin der anderen

Liegenschaftshälften gewesen sei. Maßgebend ist, wie die Kläger

selber in der Revision hervorheben, der gemeine Wert, also der Wert,

den die Liegenschaftshälften gewöhnlich und allgemein hatten (§ 305

ABGB.). Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Wert

einer Liegenschaftshälfte gewöhnlich und allgemein geringer ist als

die mathematische Hälfte des Gesamtwertes der ganzen ungeteilten

Liegenschaft. Daß die Beklagte bereits Eigentümerin der anderen

Liegenschaftshälften war, stellt einen besonderen Umstand dar, der

nur in der Person der Beklagten begrundet war und der daher bei der

Ermittlung des gemeinen Wertes unberücksichtigt bleiben muß. Dem

Berufungsgerichte ist daher beizupflichten, daß im vorliegenden

Falle die Minderwertigkeit der der Beklagten im Erbwege zugefallenen

Liegenschaftshälften aus dem angeführten Gründe zu berücksichtigen ist. Was das Ausmaß dieser Minderwertigkeit anlangt, so handelt es sich hiebei um eine vom Sachverständigen zu beurteilende Tatfrage.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z37162

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0080OB00314.64.1110.000

Dokumentnummer

JJT_19641110_OGH0002_0080OB00314_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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