Norm
ABGB §802 Satz 2Kopf
SZ 37/162
Spruch
Bei Beurteilung des Hinreichens der Verlassenschaft nach § 802 Satz 2 ABGB. sind Liegenschaftsanteile geringer zu bewerten als mit dem mathematisch errechneten Teil des Wertes der ganzen Liegenschaft, auch wenn sie für den Erben, der Eigentümer der restlichen Anteile ist, im konkreten Fall einen höheren Wert haben.
Entscheidung vom 10. November 1964, 8 Ob 314/64. I. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Beklagte ist die bedingt erbserklärte Alleinerbin ihres am 5. April 1955 verstorbenen Mannes, dessen Nachlaß zu GZ. 14 A .../55 des Bezirksgerichtes G. abgehandelt wurde. Als Universalerbin hatte sie den Klägern als Legataren ein monatliches Unterhaltslegat von 2000 S zu leisten. Unbestritten ist, daß die Beklagte den Klägern in Erfüllung dieses Unterhaltslegates in der Zeit vom Mai 1955 bis einschließlich Dezember 1961 den Betrag von 160.300 S bezahlte. Mit der Behauptung, durch diesen bereits ausgezahlten Betrag sei der Wert des von der Beklagten übernommenen Nachlaßvermögens erschöpft, verweigerte die Beklagte weitere Unterhaltszahlungen an die Kläger. Diese begehrten mit ihrer Klage die Zahlung des Unterhaltslegats von je 2000 S monatlich für die Monate Jänner 1962 bis einschließlich Mai 1962 im Gesamtbetrag von 10.000 S.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte, den Klägern den Betrag von 7878 S zu bezahlen und wies das auf Bezahlung eines weiteren Betrages von 2122 S gerichtete Mehrbegehren ab. Es stellte fest, daß die Aktiven der Verlassenschaft laut dem Hauptinventar des Aktes 14 A .../55 des Bezirksgerichtes G.
im Zeitpunkt der Einantwortung mit ................... 298.172.53 S
geschätzt wurden und daß auf Grund einer vom Erstgericht
angeordneten neuen Schätzung der Wert der zum Nachlaß gehörigen
Hälften der Liegenschaften EZ. 50 und 51 Katastralgemeinde I. St.
gegenüber der Schätzung im Abhandlungsverfahren um .............
34.575.-- S ------------ zu erhöhen sei. Das ergebe die Summe von
............. 332.747.53 S.
Hievon seien die Passiven der Verlassenschaft im Betrage von
....................... 152.556.83 S ------------ abzuziehen, sodaß
als Saldo .......................... 180.190.70 S verblieben, wovon
aber noch die von der Beklagten bezahlten Sachverständigen- und
Notariatsgebühren von .......... 12.012.70 S ------------ in Abzug
kommen, sodaß der reine Nachlaß die Summe von
........................................ 168.178.-- S betrage.
Da die Beklagte den Klägern, wie außer Streit gestellt wurde, den
Betrag von ................ 160.300.-- S in Erfüllung des
Unterhaltslegates bereits bezahlt habe, bestehe noch eine
Restforderung auf Grund des Unterhaltslegates im Betrage von
..................... 7.878.-- S zu Recht. Demgemäß verpflichtete
das Erstgericht die Beklagte, den Klägern den Betrag von 7878 S zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von 2122 S ab.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der beklagten Partei das erstinstanzliche Urteil, welches in seinem abweisenden Teil als unangefochten unberührt blieb, dahin ab, daß auch das restliche Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, den Klägern den Betrag von 7878 S zu bezahlen, abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht ging von den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen aus, allerdings mit der Abweichung, daß der Wert der zum Nachlaß gehörigen Hälfte der Liegenschaften mit einem um 10% geringeren Wert festgestellt wurde, als ihn das Erstgericht feststellte.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Den Klägern kann wohl darin gefolgt werden, daß es sich bei der
Frage, ob eine Minderwertigkeit der der Beklagten im Erbwege
zugefallenen Liegenschaften aus dem Gründe, weil es sich hiebei um
Liegenschaftsanteile handelt, zu berücksichtigen sei, im
wesentlichen um eine Rechtsfrage handelt. Allein die Kläger sind
nicht im Recht, soweit sie darzutun versuchen, daß im vorliegenden
Falle eine solche Minderwertigkeit deshalb nicht zu berücksichtigen
sei, weil die Beklagte bereits Eigentümerin der anderen
Liegenschaftshälften gewesen sei. Maßgebend ist, wie die Kläger
selber in der Revision hervorheben, der gemeine Wert, also der Wert,
den die Liegenschaftshälften gewöhnlich und allgemein hatten (§ 305
ABGB.). Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Wert
einer Liegenschaftshälfte gewöhnlich und allgemein geringer ist als
die mathematische Hälfte des Gesamtwertes der ganzen ungeteilten
Liegenschaft. Daß die Beklagte bereits Eigentümerin der anderen
Liegenschaftshälften war, stellt einen besonderen Umstand dar, der
nur in der Person der Beklagten begrundet war und der daher bei der
Ermittlung des gemeinen Wertes unberücksichtigt bleiben muß. Dem
Berufungsgerichte ist daher beizupflichten, daß im vorliegenden
Falle die Minderwertigkeit der der Beklagten im Erbwege zugefallenen
Liegenschaftshälften aus dem angeführten Gründe zu berücksichtigen ist. Was das Ausmaß dieser Minderwertigkeit anlangt, so handelt es sich hiebei um eine vom Sachverständigen zu beurteilende Tatfrage.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
Z37162Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1964:0080OB00314.64.1110.000Dokumentnummer
JJT_19641110_OGH0002_0080OB00314_6400000_000