Norm
Genossenschaftsrevisionsgesetz §1Kopf
SZ 37/174
Spruch
Gerichtliche Zuständigkeit für den Anspruch des Revisionsverbandes auf Verbandsbeiträge und auf Prüfungsgebühren gemäß dem Genossenschaftsrevisionsgesetz.
Entscheidung vom 1. Dezember 1964, 8 Ob 338/64. I. Instanz:
Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Die Beklagte gehörte zufolge ihrer Eigenschaft als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen dem Kläger als Mitglied an. Der Kläger nahm in der Zeit vom 27. Juni bis 9. Juli 1960 eine Überprüfung der Tätigkeit der Beklagten vor. Auf die Prüfungsgebühr von zusammen 4874.80 S bezahlte die Beklagte den Teilbetrag von 3300 S. Der Restbetrag von 1574.80 S wird vom Kläger mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. In der Folge führte der Kläger noch einmal, und zwar in der Zeit vom 4. März bis 5. April 1963, eine Überprüfung der Tätigkeit der Beklagten durch, der mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 30. Jänner 1963 die Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen, rückwirkend ab 1. Jänner 1961, entzogen worden war. Der Kläger verrechnete hiefür eine Prüfungsgebühr von zusammen 11.544 S, welchen Betrag er gleichfalls mit der vorliegenden Klage geltend macht. Schließlich begehrt der Kläger noch den Verbandsbeitrag für das Jahr 1963 in Höhe von 1899.60 S. Die Beklagte hat die Höhe der geltendgemachten Forderungen nicht bestritten, jedoch eingewendet, daß die Prüfungsgebühren wegen vorhandener Mängel der Prüfungsberichte nicht fällig seien und daß sie im Hinblick auf die mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit verbundene Beendigung der Mitgliedschaft einen Verbandsbeitrag für das Jahr 1963 nicht schulde.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Er war der Ansicht, daß die von der Beklagten im vorliegenden Verfahren erhobenen Bemängelungen der Prüfungsberichte einen unzulässigen Eingriff in die vom Kläger in Wahrung öffentlicher Interessen durchgeführte Prüfungstätigkeit darstellten. Hinsichtlich des Mitgliedsbeitrages für das Jahr 1963 vertrat der Erstrichter die Ansicht, die Beklagte sei ungeachtet der Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch die zuständige Verwaltungsbehörde nach dem Willen der Parteien zunächst weiter Mitglied des Klägers geblieben, bis sie von diesem mit Beschluß dessen zuständiger Organe vom 6. Juni 1963 aus dessen Verband ausgeschlossen worden sei. Dieser Ausschluß habe im Sinne der Bestimmungen der Satzung die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Mitgliedsbeitrages für das Jahr 1963 nicht berührt.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Hinsichtlich der von der Beklagten gegen die Prüfungsberichte geltend gemachten Bemängelungen teilte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstrichters, solche Bemängelungen seien im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Prüfungstätigkeit, wie diese vom Kläger hier durchgeführt worden sei, im vorliegenden Prozeß nicht zulässig, weil sie einen Eingriff in die Prüfungstätigkeit des Klägers darstellten. Hinsichtlich des Verbandsbeitrages für das Jahr 1963 teilte das Berufungsgericht zwar nicht die Ansicht des Erstrichters, die Beklagte sei erst auf Grund des Beschlusses der Organe des Klägers vom 6. Juni 1963 aus dem Verband des Klägers ausgeschieden. Es finde die Bestimmung des § 7 (2) der Satzung des Klägers Anwendung, wonach bei gemeinnützigen Mitgliedsvereinigungen die Mitgliedschaft nur durch Aberkennung der Gemeinnützigkeit beendet werde. Die Beklagte sei daher bereits mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch die zuständige Verwaltungsbehörde aus dem Verband des Klägers ausgeschieden. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes hätte auch der Willen der Parteien, die Mitgliedschaft, ungeachtet der Aberkennung der Gemeinnützigkeit, weiter andauern zu lassen, nicht ausgereicht, um eine Fortdauer der Mitgliedschaft herbeizuführen, weil nach § 7 (1) der Satzung des Klägers die Mitgliedschaft ausschließlich auf Grund einer schriftlichen Beitrittserklärung erworben werde, die schriftlich angenommen werden müsse. Das Berufungsgericht war aber der Ansicht, daß dies an der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Mitgliedsbeitrages für das Jahr 1963 nichts ändere, weil der Bescheid der Verwaltungsbehörde über die Aberkennung der Gemeinnützigkeit erst im Laufe des Jahres 1963 ergangen sei. Die in diesem Bescheid ausgesprochene Rückwirkung der Entziehung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit müsse, soweit es sich um die Dauer der Mitgliedschaft der Beklagten bei dem Kläger handle, außer Betracht bleiben.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Meinung des Klägers, die Revision sei gemäß § 502 (3) ZPO. unzulässig, weil keiner der geltend gemachten Ansprüche die Revisionsgrenze übersteige, kann nicht gefolgt werden. Die Ansprüche stehen in einem rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang. Sie sind daher, da das Berufungsgericht über alle Ansprüche entschieden hat, bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß § 55 JN. zusammenzurechnen (Jud. 56 neu = SZ. XXIV 335). Zusammen ergeben aber die geltend gemachten Ansprüche einen die Revisionsgrenze übersteigenden Betrag.
Die Revision ist demnach zulässig. Sie ist aber nicht begrundet. Was zunächst die zwar von keiner Seite aufgegriffene, aber von Amts wegen wahrzunehmende Frage anlangt, ob der Geltendmachung der für die beiden Prüfungsberichte geforderten Beträge auf dem Rechtswege die Bestimmung des § 10 (2) des Genossenschaftsrevisionsgesetzes vom 10. 6. 1903, RGBl. Nr. 133, entgegenstehe, so muß diese Frage verneint werden. Nach dieser Bestimmung sind die Kosten einer derartigen Revision nur dann von der im § 2 (2) des genannten Gesetzes bestimmten Behörde festzusetzen und der Genossenschaft zum Ersatz aufzuerlegen, wenn keine Einigung darüber vorliegt. Im Gegenstandsfall muß aber von dem Vorliegen einer solchen Einigung ausgegangen werden. Denn durch die Zugehörigkeit zum Verband des Klägers hat sich die Beklagte auch den Bestimmungen der Satzung des Klägers unterworfen, nach welchen die Verbandsmitglieder verpflichtet sind, die vorgesehenen Prüfungen gegen Bezahlung der hiefür entfallenden vom Verbandstag festgesetzten Gebühren vornehmen zu lassen (§ 5 Z. 4 und § 16 Z. 8 der Satzung). Darin muß eine grundsätzliche Einigung über die Zahlung der Kosten solcher Überprüfungen im Sinne der vorangeführten Gesetzesstelle erblickt werden. Es verbleibt daher bei der allgemeinen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.
Die Beklagte ist zwar insoweit im Rechte, als sie sich gegen die Ansicht der Vorinstanzen wendet, auf die von der Beklagten gegen die beiden Prüfungsberichte erhobenen Bemängelungen sei schon aus dem Gründe nicht einzugehen, weil diese Bemängelungen einen unzulässigen Eingriff in die vom Kläger im öffentlichen Interesse ausgeübte Prüfungstätigkeit darstellten. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen erschöpfen sich die Bemängelungen nicht darin, den Kläger zu einer Änderung der Prüfungsberichte in dem von der Beklagten gewünschten Sinn zu veranlassen. Im Vorbringen der Beklagten ist auch der Einwand enthalten, die Forderung auf Zahlung der Gebühren für die beiden Prüfungsberichte sei deshalb noch nicht fällig, weil die Prüfungsberichte noch nicht den an sie zu stellenden gesetzlichen Anforderungen entsprächen. Träfe dies zu, dann könnte die Beklagte nicht zur Zahlung der Gebühren für die Prüfungsberichte verhalten werden, weil die Verpflichtung zur Zahlung der Prüfungsgebühren das Vorliegen von den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Prüfungsberichten zur Voraussetzung hat. Die Prüfung dieser Voraussetzung wird nicht dadurch gehindert, daß die Tätigkeit des Klägers im öffentlichen Interesse erfolgt. Damit ist aber für die Beklagte nichts gewonnen. Das Erstgericht hat, ungeachtet der Ansicht, daß auf die Bemängelungen schon aus dem angeführten Gründe nicht eingegangen werden könne, diese Bemängelungen doch zum Gegenstand von Beweisaufnahmen gemacht. Die beiden Prüfungsberichte wurden beigeschafft und erörtert. Die tatsächlichen Grundlagen für die rechtliche Beurteilung der Sache durch den Obersten Gerichtshof liegt daher vor. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß die erhobenen Bemängelungen eine Hinausschiebung der Fälligkeit der für die Prüfungsberichte begehrten Gebühren nicht zu rechtfertigen vermögen. Wenn die Beklagte hinsichtlich des ersten Prüfungsberichtes vom 13. September 1960 dem Kläger zum Vorwurf macht, dieser habe unbefugterweise im Prüfungsbericht den Namen eines Zeugen angeführt, den die Beklagte erst in einem laufenden Prozeß habe namhaft machen wollen und eine von der Beklagten zum Ankauf vorgesehene Grundparzelle erwähnt, er habe weiters, ohne hiezu berechtigt zu sein, der Beklagten eine bestimmte Umbuchung vorgeschrieben, so ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Umstände dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung auf Zahlung der Gebühr für den im übrigen nicht beanständeten Prüfungsbericht entgegenstehen sollten. Die Revision der Beklagten enthält diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen. Hinsichtlich des zweiten Prüfungsberichtes vom 19. April 1963 machte die Beklagte dem Kläger in erster Instanz zum Vorwurf, im Prüfungsbericht sei entgegen den Vorschriften der §§ 2 bis 15 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes nicht zu der Frage Stellung genommen worden, ob die Beklagte den genannten Bestimmungen zuwiderlaufende Handlungen gesetzt habe. Diese Bemängelung kann vernünftigerweise nur dahin verstanden werden, daß dem Kläger zum Vorwurf gemacht werde, dieser habe es unterlassen, das Fehlen von solchen Verstößen ausdrücklich hervorzuheben. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß den Ausführungen der Beklagten nicht entnommen werden kann, inwiefern die Beklagte Grund zu einer Beschwerde in diesem Belange haben sollte. Soweit im Prüfungsbericht, der zu allen wesentlichen Punkten Stellung nimmt, ein Verstoß gegen die oben angeführten Bestimmungen weder ausdrücklich noch inhaltlich behauptet wird, wird davon ausgegangen werden können, daß nach Ansicht des Prüfers ein solcher Verstoß nicht vorliegt. Der ausdrücklichen Hervorhebung dieses Umstandes durch den Prüfer bedurfte es nicht. Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, es seien dem Begehren auf Zahlung der Prüfungsgebühr entgegenstehende Mängel der Prüfungsberichte dargetan.
Was den Verbandsbeitrag für das Jahr 1963 anlangt, so vertritt die Beklagte, wie schon in den Vorinstanzen, die Ansicht, der Umstand, daß ihr mit Bescheid der zuständigen Verwaltungsbehörde vom 30. Jänner 1963 rückwirkend ab 1. Jänner 1961 die Anerkennung der Gemeinnützigkeit entzogen worden sei, habe zur Folge, daß ihre Mitgliedschaft bei dem Kläger schon ab letzterem Zeitpunkt als erloschen anzusehen sei, weshalb eine Verpflichtung zur Zahlung von Verbandsbeiträgen für die nachfolgende Zeit nicht bestehe. Die Bestimmung des § 7 (2) der Satzung des Klägers, wonach bei gemeinnützigen Mitgliedsvereinigungen die Mitgliedschaft nur durch Aberkennung der Gemeinnützigkeit endigt, kann nur dahin verstanden werden, daß die Mitgliedschaft mit dem Zeitpunkt der Erlassung des entsprechenden Bescheides durch die Verwaltungsbehörde erlischt. Daß die Verwaltungsbehörde dem Bescheid im vorliegenden Falle rückwirkende Kraft zuerkannte, muß, wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei der Beurteilung des Zeitpunktes der Endigung der Mitgliedschaft der Beklagten bei dem Kläger außer Betracht bleiben.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
Z37174Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1964:0080OB00338.64.1201.000Dokumentnummer
JJT_19641201_OGH0002_0080OB00338_6400000_000