Norm
ABGB §285Kopf
SZ 38/5
Spruch
Die §§ 414 ff. ABGB. betreffen nur körperliche Sachen
Entscheidung vom 19. Jänner 1965, 8 Ob 365/64
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz
Text
Die Firma W., mit dem Sitze in Wien, betreibt einen Handel mit Waschmaschinen und unterhält einen eigenen Kundendienst. Zur Leiterin der Linzer Filiale des Unternehmens war im Jahre 1962 Hermine P. bestellt worden. Diese gestattete dem Kläger, der einen Kundendienst für Elektrogeräte aufziehen wollte, durch Josefine S. Namen und Anschriften der Kunden aus der Kundenkartei der Firma W. zu entnehmen. Frau S. übergab die auf diese Art hergestellten Kundenlisten dem Kläger, der daraus eine Kundenkartei anfertigte bzw. anfertigen ließ. Das Papier, das zur Herstellung der Kundenkartei verwendet wurde, kaufte der Kläger von einem zu diesem Verkehre befugten Gewerbsmann. Der Beklagte hat ein Auftragsbuch des Klägers und einen Teil dieser Kundenkartei, die vom Kläger dem Adolf L. übergeben worden waren, mit dem Personenkraftwagen des L. in seinen Besitz gebracht.
Der Kläger begehrt nunmehr, den Beklagten schuldig zu erkennen, dem Kläger ein Auftragsbuch und 666 Kundenkarteiblätter zu übergeben.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger zirka 600 Kundenkarteiblätter und ein Auftragsbuch zu übergeben.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Sachbegriff des ABGB. geht weit über den Begriff der körperlichen Sache hinaus (vgl. §§ 285 und 303 ABGB.). In den Bestimmungen der §§ 414 ff. ABGB. sind aber unter Sachen nur körperliche Sachen zu verstehen. Bei der Beschriftung der Karteiblätter wurden nur dem Kläger gehörige körperliche Sachen durch den Kläger selbst verarbeitet. Die ihm von der Filialleiterin der Firma W. zur Herstellung seiner Kartei überlassenen Kundenlisten wurden nicht mitverarbeitet, sondern nur insofern benützt, als ihnen die Namen und Anschriften der Kunden entnommen wurden. Dieser Vorgang bewirkt aber keine Verarbeitung fremder körperlicher Sachen, noch eine Vereinigung mit solchen Sachen, denn - wie erwähnt - ist in den Bestimmungen der §§ 414 ff. ABGB. unter der Vereinigung von Sachen nur die körperliche Zusammenfügung körperlicher Sachen zu verstehen (Klang[2], II, bei § 414 ABGB. unter I 1 lit. a, S. 283). Die Ausfolgung der Karteikarten nach zugestellter Klage berührt aber den erhobenen Eigentumsanspruch gegen den Beklagten, der die Sachen im Zeitpunkt der Klagszustellung besessen hatte, nicht (§ 378 ABGB., § 234 ZPO.). Ob aus der Überlassung des Adressenmaterials durch die Filialleiterin der Firma W. dieser Firma ein Anspruch aus dem Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb zusteht, ist für die Frage des Eigentums des Klägers an der von ihm oder in seinem Auftrag hergestellten Kundenkartei unentscheidend. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Firma W. durch die Bestellung der Hermine P. zur Filialleiterin in Linz einen äußeren Tatbestand gesetzt hat, der geeignet war, im Kläger den begrundeten Glauben daran zu erwecken, daß Hermine P. zur Überlassung des Adressenmaterials zwecks Einrichtung eines Kundendienstes durch den Kläger befugt sei, und ob der Kläger dieses Adressenmaterial redlich erworben hat. Denn nicht dieses Adressenmaterial, sondern die unter seiner Verwertung hergestellte, dem Kläger gehörige Kundenkartei ist Gegenstand der vorliegenden Eigentumsklage.
Aus diesen Erwägungen war wie im Spruch zu entscheiden.
Anmerkung
Z38005Schlagworte
Sache, die Vorschriften über die Verarbeitung (§§ 414 ff. ABGB.), betreffen nur körperliche -, Verarbeitung, die Vorschriften über die - (§§ 414 ff. ABGB.) betreffen, nur körperliche SachenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1965:0080OB00365.64.0119.000Dokumentnummer
JJT_19650119_OGH0002_0080OB00365_6400000_000