Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Machek, Dr. Berger, Dr. Schopf und Dr. Machowetz als Richter in der Rechtssache der antragstellenden Parteien Augustin und Hildegard R*****, Kaufleute, *****, beide vertreten durch Dr. Robert Eichmann, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien I., Rosenbursenstraße 1, wegen Entschädigung nach dem 11. StVDG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 19. Jänner 1965, GZ 4 R 6/65-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Dezember 1964, GZ 50 Nc 11/64, 50 Nc 17/64-6, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies das auf Art 27 Abs 2 (richtig § 2) des Österr. Staatsvertrages gestützte Entschädigungsbegehren ab und trug dem Erstantragsteller auf, der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten zu ersetzen. Es stellte fest, beide Antragsteller seien ursprünglich österr. Staatsbürger gewesen, haben im Jahre 1930 die jugoslawische Staatsbürgerschaft erworben und erst im Jahre 1947 wieder die österr. Staatsbürgerschaft erhalten. Ihr in Jugoslawien befindliches Vermögen sei im Jahre 1945 entschädigungslos enteignet worden. Österreich habe sich verpflichtet, Personen österreichischer Staatsbürgerschaft Entschädigung zu gewähren, deren Vermögenschaften von der FVR Jugoslawien gemäß Art 27 § 2 des Staatsvertrages beschlagnahmt worden sei. Ob die Beschlagnahme auf Grund des Staatsvertrages erfolgt sei, müsse aber nach den jugoslawischen Bestimmungen beurteilt werden. Danach sei nur jenes Vermögen als österreichisches zu betrachten, dessen Eigentümer am 13. 3. 1938 und am 28. 4. 1945 österreichische Staatsbürger gewesen seien. Da die Antragsteller zu diesen Zeitpunkten nicht österreichische Staatsbürger gewesen seien, sei ihr Vermögen nicht auf Grund des Staatsvertrages enteignet worden und bestehe daher kein Entschädigungsanspruch gegen die Republik Österreich.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes.
Rechtliche Beurteilung
Der von den Antragstellern dagegen erhobene Revisionsrekurs ist nicht begründet.
Im Art 27 § 2 des Staatsvertrages wurde der FVR Jugoslawien das Recht eingeräumt, österreichische Vermögenschaften, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsvertrages auf jugoslawischen Gebieten befinden, zu beschlagnahmen, zurückzubehalten oder zu liquidieren. Die österreichische Regierung verpflichtete sich, österreichische Staatsangehörige, deren Vermögen auf Grund dieser Bestimmung herangezogen wird, zu entschädigen. Wie der Oberste Gerichtshof in wiederholten Entscheidungen (vgl 3 Ob 108/58, 7 Ob 262/63) ausführte, handelt es sich bei diesem Anspruch österreichischer Staatsbürger um einen Anspruch eigener Art, der sich aus Elementen des Vertrages zugunsten Dritter, der Enteignung und des konstitutiven Anerkenntnisses zusammensetzt. Die Entschädigungspflicht der Republik Österreich ist nur hinsichtlich jener Vermögenschaften entstanden, die in den jugoslawischen Gesetzen und Verordnungen genannt worden sind, denn es blieb Jugoslawien überlassen, welche Vermögenschaften österreichischer Staatsbürger es auf Grund der Bestimmungen des Staatsvertrages in Anspruch nahm. Ob das Vermögen auf Grund des Staatsvertrages in Anspruch genommen wurde, oder auf Grund anderer Bestimmungen, ist Tatfrage. Österreich hat sich nicht verpflichtet, seine Staatsbürger für jede in Jugoslawien aus welchem Grund immer vorgenommene Beschlagnahme zu entschädigen, sondern nur Entschädigung zu gewähren, wenn solche Vermögenschaften gem. Art 27 § 2 des Staatsvertrages beschlagnahmt worden sind. Soweit Vermögenschaften auf Grund anderer Gesetze beschlagnahmt wurden, werden etwaige aus diesen Beschlagnahmen entstandene oder noch entstehende Ersatzansprüche gegen die FVR Jugoslawien durch die Bestimmung des Staatsvertrages nicht berührt. Aus ihnen entsteht kein Entschädigungsrecht gegen die Republik Österreich. Ob diese Beschlagnahmen völkerrechtswidrig waren, kann daher hier unerörtert bleiben. Wie aus den jugoslawischen Bestimmungen, insbesonders dem Amtsblatt Nr 4/1958 vom 13. 1. 1958 hervorgeht, wird von Jugoslawien im Sinne des Staatsvertrages nur solches Vermögen als österreichisches in Anspruch genommen, dessen Inhaber sowohl am 13. 3. 1938 als auch am 28. 4. 1945 die österreichische Staatsbürgerschaft besessen haben. Da dies bei den Antragstellern nicht der Fall war, wurde ihr Vermögen von Jugoslawien nicht als österreichisches Vermögen im Sinne des Staatsvertrages beschlagnahmt und trifft die Republik Österreich daher keine Entschädigungspflicht. Zu Unrecht machen die Antragsteller auch geltend, daß die Berücksichtigung jugoslawischer Vorschriften darüber, was als österreichisches Vermögen anzusehen sei, verfassungswidrig sei. Durch Art 27 § 2 des Staatsvertrages wurde eine bestimmte Gruppe von Entschädigungsansprüchen die nach völkerrechtlichen Grundsätzen Jugoslawien zu erfüllen hätte, von Österreich übernommen. Österreichische Staatsbürger haben an sich wegen Vermögensbeschlagnahme im Ausland keinen Anspruch auf Entschädigung gegen die Republik Österreich. Die Zuerkennung solcher Ansprüche an jene Staatsbürger, die ihre Vermögenschaften an Jugoslawien durch eine Beschlagnahme auf Grund des Art 27 § 2 des Staatsvertrages verloren haben, durch die Regelung des 11. DurchführungsG zum Staatsvertrag erregt daher keine verfassungsmäßige Bedenken (7 Ob 262/63).
Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben. Eine Bekämpfung der Kostenentscheidung der Unterinstanzen ist gemäß § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig.
Anmerkung
E77650 7Ob53.65European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1965:0070OB00053.65.0303.000Dokumentnummer
JJT_19650303_OGH0002_0070OB00053_6500000_000