TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/31 2004/07/0201

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Veröffentlicht am 31.03.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des AK in S, vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner, Rechtsanwälte Partnerschaft in St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Oktober 2004, Zl. WA-1-W-41.723/2-04, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Schreiben vom 23. Mai 2001 teilte die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs (BH) dem Beschwerdeführer mit, auf Grund dienstlicher Erhebungen sei bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer eine Fischteichanlage betreibe. Diese sei bewilligungspflichtig; eine Bewilligung liege aber bei der BH nicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, mitzuteilen, ob für diese Fischteichanlage allenfalls doch eine wasserrechtliche Bewilligung vorliege und ob er beabsichtige, die Fischteichanlage weiterhin zu betreiben und die wasserrechtliche Bewilligung hiefür zu beantragen oder die Anlage aufzulassen und den früheren Zustand wieder herzustellen.

In seinem Antwortschreiben vom 5. Juni 2001 erklärte der Beschwerdeführer, er betreibe keinen Fischteich und auch keine Fischteichanlage. Eine wasserrechtliche Bewilligung liege nicht vor. Eine solche sei aber auch nicht erforderlich. Fremde Wasserrechte, die beeinflusst werden könnten, existierten nicht; der Teich stehe in keinerlei Verbindung mit einem öffentlichen Gewässer oder einem Privatgewässer. Derzeit befänden sich auch keine Fische in dem Privatgewässer.

Die BH führte am 16. September 2002 eine mündliche Verhandlung durch.

In der Niederschrift über diese Verhandlung heißt es im Abschnitt "Sachverhalt", der Beschwerdeführer betreibe eine Teichanlage auf dem Grundstück Nr. 550/1, KG S. Diese Anlage bestehe schon seit mehreren Jahrzehnten. Der Teich habe eine Länge von ca. 35 m und eine Breite von ca. 2 m bis 4 m. Damit ergebe sich eine Fläche von derzeit ca. 150 m2. Im Norden des Teiches werde der Aufstau der Oberflächenwässer durch einen ca. 35 m langen Damm mit einer Kronenbreite zwischen 3 m und 4 m sowie einer Höhe zwischen 1 m und 2 m sichergestellt. Der Teich fülle sich vorwiegend im Frühjahr mit Schmelzwasser und es sei ein Zufluss von Hangwasser über einen längeren Zeitraum des Jahres gegeben. Im Laufe des Sommers falle der Teichwasserspiegel auf Grund der Verdunstungsverluste wieder ab. Der Wasserstand könne über ein Standrohr mit einem Grundablass reguliert werden. Der Ablauf münde in einen nicht dauernd wasserführenden Graben, der wiederum linksufrig in einen ebenfalls nicht dauernd wasserführenden Graben auf Grundstück Nr. 553/3, KG S, münde. Nach ca. 1,3 km münde der unbenannte Graben rechtsufrig in die Große Erlauf. Die Wasseransammlung werde hauptsächlich als Viehtränke genützt und nur nebenbei geringfügig mit karpfenähnlichen Fischen (15 kg Fischendbiomasse) besetzt.

In der Verhandlungsschrift findet sich weiters ein Gutachten eines wasserbautechnischen Sachverständigen. Dieses lautet:

"Gegenständliche Teichanlage stellt sich als Auffangbecken für Oberflächenwässer dar, welche in einer natürlichen Tiefenlinie hergestellt wurde. Das Gebiet war ursprünglich vermutlich ein Feuchtgebiet und wurde lediglich durch eine geringfügige Vertiefung des Geländes und durch Anschüttung eines Dammes eine Wasserfläche erzeugt. Ein dauernder Zufluss ist nicht gegeben. Es können daher die sommerlichen Verdunstungsverluste nicht ausgeglichen werden. Dies bewirkt einen Abfall des Wasserspiegels und damit eine Verringerung des Wasservolumens. Es ist davon auszugehen, dass der Zufluss der Schmelz- und Hangwässer einen Wasserstand von ca. 1 m ganzjährig sicherstellt. Der Teich ist augenscheinlich und laut Angabe des Konsenswerbers dicht. Somit ist eine Wasserfläche von mindestens 150 m2 gegeben, womit sich eine max. Besatzmenge von karpfenähnlichen Fischen von 15 kg ergibt. Dies beruht auf einschlägiger fischereifachlicher Literatur und Richtlinien. Da lediglich Karpfen gehalten werden bzw. karpfenähnliche Fische, ist die Anordnung eines Absetzbeckens entbehrlich. Ein Umgehungsgraben befindet sich linksseitig des Teiches bereits im Bau und ist ausreichend im Sinne eines Umgehungsgerinnes. Die abfließenden Wässer gelangen in einen natürlich entstandenen Regenwasserabzugsgraben und in weiterer Folge in ein nicht dauernd wasserführendes Gerinne. Eine Beeinträchtigung fremder Rechte bzw. öffentlicher Interessen kann durch die Teichanlage nicht entstehen, wenn folgende Auflagen eingehalten werden."

Es folgt eine Reihe von Auflagen.

Mit Bescheid vom 18. September 2002 erteilte die BH dem Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Fischteichanlage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Begründung, er habe keinen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gestellt; eine solche sei gar nicht erforderlich.

Mit Bescheid vom 30. September 2003 gab die belangte Behörde der Berufung Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid vom 18. September 2002 ersatzlos.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gestellt habe.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es weiter, die belangte Behörde weise jedoch darauf hin, dass auf Grund des vorliegenden Verfahrensaktes der BH im Interesse des Gewässerschutzes von einer Bewilligungspflicht der gegenständlichen Anlage auszugehen sei, eine Bewilligung jedoch in Ermangelung eines entsprechenden Antrages nicht habe erteilt werden können.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 leitete die BH ein Verfahren zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) ein. In diesem Schreiben erwähnte sie, dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 30. September 2003 auf die Bewilligungspflicht der Anlage hingewiesen habe.

Der Beschwerdeführer stellte sich in einem Schreiben vom 27. November 2003 auf den auch schon bisher vertretenen Standpunkt, dass keine Bewilligungspflicht bestehe.

Mit Bescheid vom 3. August 2004 erteilte die BH dem Beschwerdeführer den auf § 138 Abs. 2 WRG 1959 gestützten Antrag, für die auf Grundstück Nr. 550/1 der KG S befindliche Fischteichanlage bis längstens 15. November 2004 entweder einen Antrag auf nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zu stellen oder die Anlage zu entfernen.

In der Begründung heißt es, für die gegenständliche Fischteichanlage sei, wie auch die belangte Behörde festgestellt habe, eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß §§ 9 und 32 WRG 1959 erforderlich. Die Anlage sei auch bewilligungsfähig.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2004 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es, der Umstand, dass eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die Fischteichanlage bestehe, sei dem Beschwerdeführer bereits in der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 30. September 2003 sowie von der BH mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 zur Kenntnis gebracht worden. Auch in der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung vom 16. September 2002, bei der der Beschwerdeführer anwesend gewesen sei, sei auf den Umstand der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht seitens des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik eingehend eingegangen worden. In dem in dieser Verhandlung abgegebenen Gutachten habe der Amtssachverständige fachlich fundiert ausgeführt, dass für gegenständliche Teichanlage eine maximale Besatzmenge von karpfenähnlichen Fischen von 15 kg möglich sei und eine Beeinträchtigung fremder Rechte und öffentlicher Interessen durch die Teichanlage dann nicht entstehen könne, wenn die von ihm vorgeschlagenen Auflagen eingehalten würden. Es liege daher ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiger Tatbestand vor. Eine Bewilligung sei jedoch nicht vorhanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Anlage sei nicht bewilligungspflichtig. Darauf habe er schon im Verwaltungsverfahren hingewiesen. Es handle sich um ein Privatgewässer, welches landwirtschaftlich genutzt werde. Es erfolge mangels direkter Verbindung keine Beeinflussung öffentlicher Gewässer. Eine allfällige Ableitung im Rahmen des Notüberlaufes könne auf Eigengrund zur Versickerung gebracht werden; dies auf Grund der großen Entfernung zum öffentlichen Gewässer von 1,3 km. Es erfolge keine Teichbewirtschaftung, sondern es werde vielmehr der natürliche Besatz gehegt. Der Teich bestehe aus einer dichten Wanne und es hätten sich lediglich Oberflächenwasser im Laufe von mehr als 100 Jahren ein natürliches Becken geschaffen. Diese Wasseransammlung werde lediglich als Viehtränke genutzt und die Betreuung der Fische erfolge nur zur Erhaltung der Wasserqualität zur Vermeidung einer Wassertrübung. Es sei keine Aufschüttung erfolgt, sondern es sei hangabwärts ein Weg errichtet worden; dies durch Abgrabung, sodass der Eindruck einer Aufschüttung entstehe. Auf dieses Vorbringen sei weder seitens der belangten Behörde noch durch die Erstbehörde eingegangen worden. Es lägen keine Ermittlungen vor, die den Bestand einer bewilligungspflichtigen Anlage untermauern könnten. Der Teich sei eine natürlich entstandene Anlage. Der Sachverständige habe keine Befundung vorgenommen, aus der sich die Bewilligungspflicht ergebe, sondern diese vorausgesetzt. In der Anlage erfolge keine Fischzucht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 138 WRG 1959.

Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

...............

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist."

Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 und 2 WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung -

sofern sie dieser überhaupt zugänglich sind - einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. für viele das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 2004, 2003/07/0141).

Im angefochtenen Bescheid findet sich keine Aussage darüber, nach welchen Bestimmungen des WRG 1959 der Fischteich einer Bewilligung bedarf.

Die Erstbehörde ist davon ausgegangen, dass für den Teich des Beschwerdeführers eine wasserrechtliche Bewilligung nach den §§ 9 und 32 WRG 1959 erforderlich ist.

Die §§ 9 und 32 WRG 1959 lauten auszugsweise:

"§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

a) die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,

...

c) Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

....."

Welcher der Tatbestände der §§ 9 und 32 durch die Teichanlage erfüllt ist und aus welchen Gründen, ist weder dem erstinstanzlichen noch dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen.

Der angefochtene Bescheid begnügt sich mit einem Hinweis auf den den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid aufhebenden Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 2003 und auf das Schreiben der BH vom 10. Oktober 2003.

Im Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 2003 findet sich aber seinerseits nur die Behauptung, dass der Teich bewilligungspflichtig sei.

Im Schreiben der BH vom 10. Oktober 2003 wiederum wird lediglich auf den Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 2003 verwiesen.

Die im angefochtenen Bescheid ebenfalls angesprochenen Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2002 scheinen zwar von einer Bewilligungspflicht des Teiches auszugehen, weil es darin heißt, bei Einhaltung der vorgeschlagenen Auflagen sei eine Beeinträchtigung fremder Rechte und öffentlicher Interessen nicht zu erwarten; worauf sich diese Annahme einer Bewilligungspflicht gründet bzw. warum ohne diese Auflagen eine Verletzung fremder Rechte oder öffentlicher Interessen zu befürchten sei, wird aber nicht begründet.

Es fehlt somit an Sachverhaltsgrundlagen, auf denen aufbauend beurteilt werden könnte, ob der fragliche Teich wasserrechtlich bewilligungspflichtig ist oder nicht.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Ein Kostenausspruch hatte zu entfallen, weil der Beschwerdeführer keinen Kostenzuspruch begehrt hat.

Wien, am 31. März 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004070201.X00

Im RIS seit

03.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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