Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmeisser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hammer, Dr. Sobalik, Dr. Wittmann und Dr. Winkelmann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Udo Christian S*****, vertreten durch die Vormünderin Maria G*****, beide wohnhaft *****, diese vertreten durch Dr. Anton Prattes, Rechtsanwalt in Graz, Steiermark, wider die beklagte Partei Wilhelm Weber, Kellner in St. Andrä i Lavanttal Nr 64, Kärnten, wegen Feststellung der ae Vaterschaft und Leistung des Unterhaltes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1965, GZ 2 R 73/65-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 21. Dezember 1964, GZ C 184/64-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Ein Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens entfällt.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das auf Feststellung der ae Vaterschaft des Beklagten zu dem am 18. Jänner 1964 geborenen klagenden Kind gerichtete Klagebegehren und das hiemit verbundene Unterhaltsbegehren kostenpflichtig ab, das Berufungsgericht bestätigte. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen fand innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist des § 163 ABGB - das ist in der Zeit vom 22. 3. 1963 bis zum 22. 7. 1963 - zweimal, und zwar am 28. 4. 1963 und am 5. 5. 1963, zwischen der Kindesmutter und dem Beklagten ein GV statt. Doch ergab die beim klagenden Kind, bei der Kindesmutter und beim Beklagten durchgeführte Blutuntersuchung auf Grund der Zusammensetzung der Rhesusfaktoren und auch der Duffyfaktoren den Ausschluss des Beklagten von der Vaterschaft zum klagenden Kind (siehe ONr 9). Deshalb nahmen die Untergerichte übereinstimmend an, dass dem Beklagten die Widerlegung der gegen ihn sprechenden Vermutung des § 163 ABGB gelungen sei.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von der klagenden Partei mit ihrer auf § 503 Z 4 ZPO gestützten Revision bekämpft. Beantragt wird Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. Allenfalls wird der Antrag auf Aufhebung und Rückverweisung der Sache an das Prozessgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung gestellt. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision kommt keine Berechtigung zu.
Zum Angriff auf das SV-Gutachten ist zu sagen, dass die generelle Beurteilung des wissenschaftlichen Wertes der verschiedenen bei Abstammungssachen angewendeten Methoden nach der überwiegenden Rechtsprechung (siehe in der letzten Zeit 5 Ob 105/64 und 5 Ob 9/65) wohl eine Rechtsfrage ist. Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits wiederholt ausgesprochen (5 Ob 391/61, 5 Ob 241/63, 5 Ob 382/63 ua) und er hält daran fest, dass ein Ausschluss der Vaterschaft auf Grund der Verteilung der Rhesusfaktoren vollen Beweis macht und die ihm zugrunde liegenden Erfahrungssätze nicht mehr in Frage gestellt werden können.
Wenn nun auf Grund eines solchen nach einer wissenschaftlich unbedenklichen Methode im Einzelfall erstatteten Gutachten der SV zum Ergebnis kommt, dass die Vaterschaft des Beklagten zum klagenden Kind auszuschließen sei - wobei nach der ständigen Rechtsprechung (siehe zB SZ XXIV 181 ua in der Manzschen Ausgabe des ABGB von Kapfer27 zu § 163 ABGB unter Nr 18 zitierte Entscheidungen) ein der Gewissheit nahekommender Wahrscheinlichkeitsgrad des Ausschlusses genügt, weil biologische Beweise niemals mit mathematischer Exaktheit durchgeführt werden können; so bilden die Schlussfolgerungen des SV und die Wertung des SV-Gutachtens durch die Vorinstanzen den Gegenstand der Tatsachenfeststellung und können daher als Akte der Beweiswürdigung im Verfahren vor dem Revisionsgericht nicht mehr bekämpft werden, sofern hiebei nicht offenbar gegen die Denkgesetze oder gegen die allgemeine Lebenserfahrung verstoßen worden wäre. (sh auch 8 Ob 17/65 ua). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass mit einer Ausdehnung der Untersuchung auf die in der Berufung angeführten weiteren Blutgruppenmerkmale für den Kläger nichts zu gewinnen wäre, weil sie höchstens als zusätzliches Indiz für den sich bereits auf Grund der Zusammensetzung der Rhesusfaktoren und auch der Duffyfaktoren ergebenden Ausschluss der Vaterschaft, nicht aber für die Vaterschaft in Frage kämen, ist durchaus schlüssig und es kann daher auch die Unterlassung der Beiziehung eines weiteren SV als ein Akt der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren nicht mit Erfolg bekämpft werden (2 Ob 578/57 = EvBl 1958 Nr 94, 6 Ob 269/63, 2 Ob 63/64, 7 Ob 353/64 ua).
Insoferne schließlich in der Revision (auf S 109/110) ausgeführt wird, es habe für das Berufungsgericht die Verpflichtung bestanden, "die gerügten Mängel im Verfahren zu beheben und nach Durchführung der Beseitigung dieser Verfahrensmängel eine neuerliche Beweiswürdigung herbeizuführen und die Sache selbst neu und rechtlich richtig zu beurteilen", ist der angezogene Revisionsgrund der Z 4 des § 503 ZPO nicht gesetzmäßig dargestellt, er wird vielmehr nur dazu verwendet, um die Beweiswürdigung der Vorinstanzen anzugreifen. Wird von den allein maßgebenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen ausgegangen, so ist deren Ansicht, dass dem Beklagten im vorliegenden Fall die Widerlegung der gegen ihn sprechenden Vermutung des § 163 ABGB gelungen sei, entgegen der in der Revision vorgetragenen Ansicht (S 109) keinesfalls "rechtlich unrichtig".
Somit war der Revision der Erfolg zu versagen.
Da sich der Beklagte am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat, hatte ein Kostenausspruch zu entfallen.
Anmerkung
E75700 5Ob88.65European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1965:0050OB00088.65.0513.000Dokumentnummer
JJT_19650513_OGH0002_0050OB00088_6500000_000