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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Festsetzung eines pauschalen Fixbeitrages für die Kammerumlage pensionierter Ärzte in der UmlagenO der Ärztekammer für Wien 1999Spruch
Abschnitt I. A. Abs3 erster Satz der Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien für das Jahr 1999, beschlossen von der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien in der Sitzung vom 15.12.1998, genehmigt von der Wiener Landesregierung in ihrer Sitzung am 19.3.1999 zur Pr. Zl.: 0284/99, kundgemacht im "Wiener Arzt", Nr. 3/99, S 20 f, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B561/99 die Beschwerde eines in Wien niedergelassenen Facharztes für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde anhängig, der seit dem 1.1.1996 eine Pension des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien bezieht und daneben fallweise als Wohnsitzarzt privat ordiniert.
Mit Bescheid des Präsidenten der Ärztekammer für Wien wurde dem Beschwerdeführer die Kammerumlage der Ärztekammer für Wien für das Jahr 1999 in der Höhe von ATS 5.000,-- und die Kammerumlage der österreichischen Ärztekammer für das Jahr 1999 in der Höhe von ATS 1.570,-- vorgeschrieben. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an den Vorstand der Ärztekammer für Wien. Diese Beschwerde wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid abgewiesen. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid insoweit, als ihm damit eine Kammerumlage der Ärztekammer für Wien für das Jahr 1999 in der Höhe von ATS 5.000,-- vorgeschrieben wird.
2. In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer u.a. vor, daß die Höhe der vorgeschriebenen Kammerumlage der Ärztekammer für Wien "unsachlich und damit gleichheitswidrig" sei.
3. Bei der Beratung über die Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Abschnittes I. A. Abs3 der Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien für das Jahr 1999 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gem. Art139 Abs1 B-VG beschlossen, die Gesetzmäßigkeit dieser Vorschrift von Amts wegen zu prüfen.
Der Verfassungsgerichtshof umschrieb seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Bestimmung folgendermaßen:
".. Gem. §91 Abs3 ÄrzteG 1998 sind die Umlagen unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unter Berücksichtigung der Art der Berufsausübung der Kammerangehörigen festzusetzen. Die verordnungsgebende Vollversammlung der jeweiligen Ärztekammer hat dabei zu beachten, daß das Gesetz als Höchstgrenze der Kammerumlage 3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit normiert.
Der Verfassungsgerichtshof geht vor dem Hintergrund des §68 Abs1 Z3 ÄrzteG, wonach Ärzte, die eine Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehen, dann ordentliche Kammerangehörige sind, "wenn sie aufgrund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten", davon aus, daß auf diese Weise weiterhin tätige Ärzte, die eine Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehen, in die Kammermitgliedschaft einbezogen sind, wogegen an sich keine Bedenken bestehen.
... Die amtswegig in Prüfung gezogene Regelung scheint im Widerspruch zu §91 Abs3 ÄrzteG zu stehen: Diese Bestimmung dürfte die Umlagenordnung dahin determinieren, daß (unter grundsätzlicher Beachtung der Belastungshöchstgrenze von 3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit) zwar eine Kombination von Beiträgen nach Prozenten des Einkommens und Mindestbeträgen, nicht aber eine Regelung mit einem Fixbetrag zulässig sein dürfte.
Eine solche - einkommensunabhängige - Regelung sieht die in Prüfung gezogene Bestimmung der Umlagenordnung hinsichtlich jener Ärzte, die eine Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehen, aber dadurch vor, daß sie die Kammerumlage in Form eines Fixbetrages von ATS 5.000,-- festsetzt."
4. Der zweite Satz des Abschnitts I. A. Abs3 schien dem Verfassungsgerichtshof mit dem ersten in so engem Zusammenhang zu stehen, daß er diesen gemeinsam mit dem ersten in Prüfung gezogen hat.
5. Die Wiener Landesregierung hat mitgeteilt von der Erstattung einer schriftlichen Äußerung Abstand zu nehmen. Auch die verordnungserlassende Behörde, die Vollversammlung der Ärztekammer für Wien, erstattete keine Äußerung.
6. Der Vorstand der Ärztekammer für Wien erstattete eine Äußerung; konkret bringt er folgendes vor:
"Es ist darauf hinzuweisen, daß gemäß §68 Abs1 Z3 ÄrzteG ohnedies nur jene Bezieher einer Alters- oder ständigen Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds ordentliche Kammerangehörige sind, wenn sie aufgrund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten. Von der Bezahlung der Kammerumlage sind also nur diejenigen Ärzte betroffen, die neben ihrem Altersversorgungs- oder Invaliditätsbezug noch ärztliche Tätigkeiten erbringen.
Insoferne steht auch diesen Ärzten (obwohl sie bereits Versorgungsbezüge genießen) die Infrastruktur des Kammeramtes weiterhin zur Verfügung; diese Ärzte verursachen (ebenso wie die anderen aktiven Kammerangehörigen) weiterhin einen gewissen Sach- und Personalaufwand, sodaß (der Anordnung des §91 Abs1 ÄrzteG folgend) hier ein Beitrag zum Gesamtaufwand der Führung des Kammeramtes sowie der Vertretung der Interessen der Kammerangehörigen in sachgerechter Weise eingehoben werden mußte.
Die Höhe der Kammerumlage für solche Kammerangehörige ist mit S 5.000,00 ohnedies (im Vergleich zu den Zahlungspflichten anderer Kammerangehörigen) gering ausgefallen. Es ist davon auszugehen, daß jene Kammerangehörige, die neben ihrem Versorgungsbezug noch ärztliche Leistungen erbringen, aus diesen ärztlichen Leistungen ärztliche Einnahmen in einem Ausmaß lukrieren, daß die im §91 Abs3 ÄrzteG genannte Grenze von 3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit durch Vorschreibung des ohnedies geringen Pauschalbetrages von S 5.000,00 nicht überschritten wird.
Selbst wenn dies bei einigen wenigen Ärzten der Fall sein sollte, hält dies die Einschreiterin schon aufgrund der wörtlichen (und sinngemäßen) Interpretation des §91 Abs3 leg. cit. für nicht unzulässig. Es ist zwar richtig, daß diese Regelung eine von den ärztlichen Einkünften des Kammermitgliedes ausgehend nach oben mit 3 % limitierte Umlagenhöhe vorsieht. Diese Grenze darf aber nach Auffassung der Einschreiterin in Einzelfällen sehr wohl überschritten werden, sonst wäre die ausdrückliche Normierung, daß die Umlagenordnung einen Mindestsatz vorsehen könne, sinnwidrig.
Es sind nämlich Fälle denkbar, in denen die vom Gesetz für zulässig erklärte Mindestgrenze (die wohl mehr als Null betragen müßte) im Endeffekt eine höhere Umlage für einzelne Kammermitglieder (in einzelnen Jahren) als 3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit ergeben könnte: dies beispielsweise dann, wenn ein Kammermitglied (aus welchen Umständen immer) in einem bestimmten Jahr keinerlei Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit erzielt oder diese (wegen der Berücksichtigung höherer Aufwendungen, beipielsweise bei Aufnahme einer Tätigkeit, Investition in die Einrichtung der Ordination, usw.) sogar negativ sind, also ein steuerlich anerkannter Verlust entsteht.
Jeder Mindestsatz einer Kammerumlage würde in solchen Fällen zu einer Überschreitung der 3%-Grenze der zitierten Gesetzesbestimmung führen. Dies hat der Gesetzgeber offenbar bewußt in Kauf genommen und es dem Verordnungsgeber - also der Vollversammlung, die die Umlagenordnung zu erlassen hat - freigestellt, dennoch einen Mindestsatz zu bestimmen, der jedenfalls - unabhängig von der Höhe der erzielten ärztlichen Einkünfte - abzuführen ist.
Wenn der Gesetzgeber diese Konsequenz bewußt in Kauf genommen hat, kann nach Auffassung der Einschreiterin nichts daran auszusetzen sein, wenn für bestimmte Gruppen von Kammermitgliedern ein genereller Pauschalsatz festgelegt wird. Die Gruppe der bereits im Ruhestand befindlichen Ärzte, die über eine ärztliche Nebentätigkeit verfügen, sollte insoferne bessergestellt werden, als in ihren Fällen der Pauschalsatz zu einer Ermäßigung ihrer Umlagenpflicht im Vergleich zu noch voll aktiven Ärzten führt und zusätzlich (im Sinne einer administrativen Erleichterung) der Aufwand der Informationsweitergabe und -beschaffung, was die tatsächliche Höhe der aus ärztlicher Tätigkeit erzielten Einkünfte anbelangt, wegfällt.
Wenn somit in Wahrheit die Ärztekammer für Wien durch die Pauschalierung auf die Einhebung von höheren Kammerumlagen bei dieser bestimmten (und genau eingegrenzten) Ärztegruppe verzichtet, steht dies nach Auffassung der Einschreiterin daher nicht im Widerspruch zu §91 Abs3 ÄrzteG. Die Fest(e)legung einer pauschalen Umlagenhöhe ist nach ihrer Auffassung vom Regelungsspielraum, den der Gesetzgeber der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien eingeräumt hat, sehr wohl gedeckt.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß der ebenfalls in Prüfung gezogene zweite Satz im Abschnitt I A. Abs3 der Umlagenordnung für das Jahr 1999 lediglich die Art der Vorschreibung und Einhebung der Kammerumlage für solche Kammerangehörige regelt (und zwar gemeinsam mit der an die Österreichische Ärztekammer abzuführenden Umlage), sodaß jedenfalls eine Aufhebung dieses zweiten Satzes aus Sicht der Einschreiterin nicht erforderlich erscheint. Selbst wenn die ohnedies gemäß §91 Abs3 ÄrzteG rechtswirksame Höchstgrenze der Kammerumlage von 3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit auch Eingang in Abschnitt I A. Abs3 1. Satz der Umlagenordnung für das Jahr 1999 finden sollte, kann der zweite Satz dieser Bestimmung unverändert bestehen bleiben. Daß die Kammerumlage der Ärztekammer für Wien gemeinsam mit jener, die für die Österreichische Ärztekammer bestimmt ist, zu Beginn des Jahres im vorhinein vorzuschreiben ist und eingehoben werden soll, steht nicht im Widerspruch zu den ärztegesetzlichen Rechtsnormen."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1.1. Bei der Österreichischen Ärztekammer ist nach §27 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idgF, (im folgenden kurz: ÄrzteG) eine Ärzteliste zu führen, in welche die zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigten Ärzte über Anmeldung eingetragen werden. Die ärztliche Tätigkeit darf nach §27 Abs7 zweiter Satz ÄrzteG erst nach Erhalt der Bestätigung über die Eintragung (Ärzteausweis) aufgenommen werden; der Nachweis der Eintragung ist Voraussetzung für die selbständige Ausübung des ärztlichen (§§4, 5 ÄrzteG) und des zahnärztlichen (§§18, 19 ÄrzteG) Berufs.
§68 ÄrzteG lautet:
"Kammerangehörige
§68. (1) Einer Ärztekammer gehört als ordentlicher
Kammerangehöriger jeder Arzt an, der
1. in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß den §§4, 5, 18 oder 19 eingetragen worden ist und
2.
seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt und
3.
keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds bezieht.
Bezieher einer Alters- oder ständigen Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds sind ordentliche Kammerangehörige, wenn sie auf Grund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten.
(2) Ordentliche Angehörige einer Ärztekammer sind ferner Ärzte, die gemäß den §§34 oder 35 Abs3 in Verbindung mit Abs8 oder §211 in die Ärzteliste eingetragen worden sind und ihren Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausüben.
(3) Ärzte gemäß Abs1 und 2 haben sich zwecks Feststellung der Kammerzugehörigkeit innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Bestätigung über die Eintragung bei ihrer Ärztekammer zu melden.
(4) Die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer erlischt, wenn der Arzt
1. seinen Berufssitz (seine Berufssitze), seinen Dienstort (seine Dienstorte) oder, sofern es sich um einen Wohnsitzarzt handelt, seinen Wohnsitz (§47) in den Bereich einer anderen Ärztekammer verlegt hat oder
2. von der Österreichischen Ärztekammer gemäß §59 aus der Ärzteliste gestrichen worden ist.
(5) Ärzte, die nicht die Erfordernisse der Abs1 oder 2 erfüllen, sowie Amtsärzte können sich bei der Ärztekammer, in deren Bereich sie ihren Hauptwohnsitz haben, freiwillig als außerordentliche Kammerangehörige eintragen lassen."
§91 ÄrzteG lautet auszugsweise:
"§91. (1) Zur Bestreitung des Sachaufwandes, des Aufwandes für die Organe, des Personalaufwandes und der anderen finanziellen Erfordernisse für die Durchführung der den Ärztekammern übertragenen Aufgaben (§84), ausgenommen für den Wohlfahrtsfonds, sowie zur Erfüllung der gegenüber der Österreichischen Ärztekammer bestehenden Umlageverpflichtung heben die Ärztekammern von sämtlichen Kammerangehörigen die Kammerumlage ein.
(2) ...
(3) Die Umlagen sind unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unter Berücksichtigung der Art der Berufsausübung der Kammerangehörigen festzusetzen. Die Höchstgrenze der Kammerumlage beträgt 3 vH der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit. Die Umlagenordnung kann einen Mindestsatz für die Kammerumlage vorsehen. ..."
1.2. Abschnitt I. A. der Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien für das Jahr 1999, kundgemacht im "Wiener Arzt" Nr. 3/99, S 20 f lautet auszugsweise wie folgt - der von Amts wegen geprüfte Absatz ist durch Unterstreichung hervorgehoben -:
"I. Ärztekammer für Wien
A. Kammerumlage für Ärzte mit Privatpraxis (Hervorhebung im Original)
(1) Die Kammerumlage beträgt für in freier Praxis niedergelassene Ärzte, die in keinem Vertragsverhältnis zu den Sozialversicherungsträgern stehen, sowie für Ärzte, die eine Tätigkeit gemäß §47 ÄG ausüben, 1,75 v.H. des Umsatzes aus ärztlicher Tätigkeit pro Kalenderjahr, höchstens jedoch 10.000 Schilling pro Kalenderjahr.
(2) Die Bestimmungen des Abschnittes IV Abs5, 6 und 7 der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien sind auf die vorläufige und endgültige Festsetzung der Umlage sinngemäß anzuwenden. Dabei sind allerdings nur diejenigen Umsätze aus ärztlicher Tätigkeit zur Bemessungsgrundlage heranzuziehen, die im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurden. Ergibt die endgültige Festsetzung eine Nachzahlungsverfplichtung, so ist der Nachzahlungsbetrag vorzuschreiben. Ein sich allfällig ergebendes Guthaben ist dem Arzt binnen angemessener Frist zurückzuzahlen.
(3) Die Kammerumlage beträgt für Ärzte, die die Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehen, 5000 Schilling pro Kalenderjahr.
Diese Umlage ist gemeinsam mit den Umlagen gemäß Abschnitt II Abs3 und 4 am Beginn des Jahres im vorhinein vorzuschreiben."
2. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist zulässig. Der mit der Beschwerde bekämpfte Bescheid stützt sich zwar ausdrücklich auf Abschnitt I. A. Abs3, als dem Beschwerdeführer damit eine Kammerumlage für die Ärztekammer für Wien sowie in Verbindung mit Abschnitt II. Abs3 und 4 ein Beitrag für die Österreichische Ärztekammer gemeinsam vorgeschrieben worden sind. Die Annahme, daß der zweite Satz des Abschnittes I. A. Abs3 der Umlagenordnung, der die gemeinsame Vorschreibung beider Beiträge normiert, mit dem ersten Satz, der die Kammerumlage in der Höhe von ATS 5000,-- vorsieht, in untrennbarem Zusammenhang stünde, hat sich indes nicht als zutreffend erwiesen:
Die Aufhebung des ersten Satzes der in Prüfung gezogenen Bestimmung läßt den übrigen Inhalt nämlich unberührt; auch wenn Ärzte, die die Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehen, aufgrund der Aufhebung des ersten Satzes nicht mehr kammerumlagepflichtig sind, bleibt der zweite Satz auf jene in freier Praxis niedergelassenen Ärzte, die in keinem Vertragsverhältnis zu den Sozialversicherungsträgern stehen, weiterhin anwendbar und behält seine Bedeutung, wie der Vorstand der Ärztekammer in seiner Äußerung darlegte. Das Verordnungsprüfungsverfahren war daher, soweit es über den ersten Satz des Abschnittes I. A. Abs3 hinaus eingeleitet worden war, einzustellen.
Im übrigen ist jedoch nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit des amtswegig eingeleiteten Verfahrens zweifeln ließe. Das Verfahren ist daher insoweit zulässig.
3. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes treffen zu; das Verfahren konnte die Bedenken nicht entkräften:
3.1. Sofern der Vorstand der Ärztekammer für Wien vorbringt, daß Ärzten, die zwar bereits Versorgungsbezüge erhielten, aber weiterhin tätig seien, "die Infrastruktur des Kammeramtes weiterhin zur Verfügung" stünde und daß ein "Beitrag zum Gesamtaufwand der Führung des Kammeramtes sowie der Vertretung der Interessen der Kammerangehörigen in sachgerechter Weise eingehoben werden mußte", ist ihm entgegenzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der Kammerumlagenpflicht pensionierter Ärzte, die gem. §68 Abs1 Z3 ÄrzteG Kammermitglieder sind, an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt.
Der Verfassungsgerichtshof hatte vielmehr das Bedenken, daß §91 Abs3 ÄrzteG, der eine Belastungshöchstgrenze von 3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit vorsieht, sowie die Normierung eines Mindestbeitrages erlaubt, zwar eine Kombination von Beiträgen nach Prozenten des Einkommens und Mindestbeiträgen, nicht aber eine Regelung mit einem pauschalierenden Fixbetrag zuläßt.
3.2. Dieses Bedenken vermag der Vorstand der Ärztekammer für
Wien mit seinem oben (I.6.) wiedergegebenen Vorbringen nicht zu
entkräften: Die Argumentation läuft einerseits darauf hinaus, es sei
"davon auszugehen ..., daß die im §91 Abs3 ÄrzteG genannte Grenze von
3 % der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit durch Vorschreibung des
... Pauschalbetrages von S 5.000,00 nicht überschritten" werde, doch
selbst wenn dies der Fall wäre, sei dies überdies aufgrund einer
"wörtlichen (und sinngemäßen) Interpretation des §91 Abs3 leg. cit.
... nicht unzulässig", da die mit 3 % der Einnahmen aus ärztlicher
Tätigkeit limitierte Umlagenhöhe "in Einzelfällen" bei der Normierung eines Mindestsatzes überschritten werden dürfe, da andernfalls die Normierung, daß die Umlagenordnung einen Mindestsatz vorsehen könne, "sinnwidrig" wäre.
Der Vorstand der Ärztekammer für Wien verkennt damit nämlich zunächst, daß die in der Umlagenordnung für das Jahr 1999 festgesetzte Kammerumlage von S 5.000,-- für pensionierte Ärzte keine Mindestumlage, sondern einen vom Gesetz insoweit nicht vorgesehenen Fixbetrag darstellt.
§91 Abs3 ÄrzteG sieht im übrigen zwar ein Zusammenspiel von prozentueller Höchstgrenze und zulässigem Mindestbeitrag vor; es ist aber vorauszusetzen, daß ein Mindestbeitrag in einer solchen Höhe festgesetzt wird, daß es damit nur bei einem kleinen Teil der umlagepflichtigen Personen mit einem besonders geringen Einkommen zu einer Überschreitung der 3%-Grenze kommen kann, im Gros der Fälle jedoch aufgrund der Normierung einer Beitragsleistung in der Höhe eines Prozentsatzes sichergestellt ist, daß die 3%-Grenze nicht überschritten werden kann. Es wäre eine Umgehung der aus dem Gesetz hervorgehenden Absicht des Gesetzgebers, würde ein Mindestbeitrag in einer solchen Höhe festgelegt, welche die 3%-Grenze zB schon bei durchschnittlichen ärztlichen Einkommen voll ausschöpft und bei allen, deren Einkommen darunter liegt, überschreiten würde.
Die Festsetzung eines pauschalen Fixbeitrages (der auch dann, wenn er gering wäre, zu einer vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten übermäßigen Belastung von pensionierten Ärzten mit kleinem Zusatzeinkommen im Verhältnis zu solchen mit hohem Zusatzeinkommen führen würde) ohne Bedachtnahme auf die genannte Belastungsgrenze findet im Gesetz somit keine wie immer geartete Deckung.
3.3. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich daher als zutreffend erwiesen. Der amtswegig in Prüfung gezogene erste Satz des Abschnittes I. A. Abs3 war somit als gesetzwidrig aufzuheben.
4. Die Verpflichtung der Wiener Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung ergibt sich aus Art139 Abs5
B-VG.
5. Dies konnte gem. §19 Abs4 1. Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Ärzte, Ärztekammer, VfGH / Prüfungsumfang, UmlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V2.2001Dokumentnummer
JFT_09989381_01V00002_00