Norm
Entmündigungsordnung §29Kopf
SZ 38/89
Spruch
Legitimation des voll entmundigten Kuranden, im Entmündigungsverfahren persönlich Anträge zu stellen und Rechtsmittel zu erheben
Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 366 ZPO. haben auch für das außerstreitige Verfahren Anwendung zu finden
Entscheidung vom 26. Mai 1965, 6 Ob 158/65
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt
Text
Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 4. November 1964, 6 Ob ... /64-345, wurde infolge Rekurses des wegen Querulantenwahnes voll entmundigten Florian W. der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Widerspruchsgerichtes vom 17. Juli 1964, 1 R 321/64-334, womit dem Widerspruch des Kuranden und seines Kurators Anton F. gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. Mai 1964, 1 P ... /62-327, über die Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Entmündigung nicht stattgegeben worden war, aufgehoben und dem Widerspruchsgericht unter Hinweis auf die Bestimmungen der §. 19 (3), 52, 33 (1) EntmO. aufgetragen, nach Einholung eines Gutachtens eines zweiten Sachverständigen neuerlich über den Widerspruch zu entscheiden.
Daraufhin hat das Widerspruchsgericht mit Beschluß vom 21. Dezember 1964, 1 R ... /64-346, den in der Sachverständigenliste eingetragenen Dr. Otto S., Primarius in K., zum weiteren Sachverständigen bestellt. Gegen diesen Beschluß brachte der Kurand persönlich am 29. Dezember 1964 einen als "Rekurs" bezeichneten Schriftsatz ein, in welchem er beantragte, Professor Dr. H. in W. als zweiten Sachverständigen zu bestellen, ferner die Auffassung vertrat, es habe bereits der Oberste Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluß dem Widerspruchsgericht nach dieser Richtung einen bindenden Auftrag erteilt, und schließlich den Sachverständigen Dr S. wegen Befangenheit ablehnte. Der letztgenannte Sachverständige wurde überdies mit der Eingabe des Kurators vom 28. Dezember 1964 abgelehnt sowie mit Schriftsatz vom 4. Jänner 1965, der von dem unter Mitzeichnung durch den Kurator vom Kuranden bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. F. eingebracht worden war.
Das Landesgericht Klagenfurt behandelte die Eingabe des Kuranden nur als Ablehnungsantrag und wies die in den erwähnten drei Schriftsätzen geltend gemachte Ablehnung des Sachverständigen Dr. S. zurück.
Der Oberste Gerichtshof wies den Rekurs des Entmundigten zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Legitimation des voll entmundigten Kuranden, im Entmündigungsverfahren persönlich Anträge zu stellen und Rechtsmittel zu erheben, ist zufolge der Bestimmungen der §§ 29, 38, 51 und 53 EntmO. zu bejahen (SZ. XIX 57).
Zur Entscheidung über den vorliegenden Rekurs ist der Oberste Gerichtshof zuständig, da es sich um einen Rekurs gegen die Zurückweisung der Ablehnung eines Sachverständigen handelt und daher die Sondervorschrift des nur für die Ablehnung von Richtern und anderen gerichtlichen Organen geltenden § 24 (2) JN., wonach gegen die Zurückweisung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht stattfindet, keine Anwendung zu finden hat.
Der Umstand, daß der Rekurswerber seinen Rekurs an das Oberlandesgericht Graz gerichtet hat, schadet weiter nicht, denn es wurde der Rekurs fristgerecht beim Erstgericht (Landesgericht Klagenfurt als Widerspruchsgericht) eingebracht. Für die Ablehnung von Sachverständigen gelten die Bestimmungen der §§ 355, 356, 366 ZPO. und mangels einer Sonderregelung der allgemeine, sich aus der Jurisdiktionsnorm ergebende Rechtszug (§§ 3 und 4 JN.).
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung SZ. XVIII 6 darauf hingewiesen, daß das Verfahren in Außerstreitsachen keine Bestimmungen über die Ablehnung von Richtern enthält, weshalb die Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm über die Ablehnung der Richter und den in diesen Bestimmungen besonders geregelten Rechtsmittelzug auch im außerstreitigen Verfahren Anwendung finden. Die Regelung des § 24 (2) JN. über den Rechtsmittelzug bei der Ablehnung von Richtern und anderen gerichtlichen Organen stellt eine vollständige Regelung des Rechtsmittelzuges dar und gilt daher auch für das außerstreitige Verfahren. Von dieser Rechtsansicht abzugehen, hat der Oberste Gerichtshof trotz der von Fasching (Komm. zu den ZP.-Gesetzen, S. 212) gegen die Entscheidung SZ. XVIII 6 vorgebrachten Kritik keinen Anlaß gesehen (6 Ob 182/60 = RiZ. 1961, S. 14, 6 Ob 280, 282/64).
Die gleichen Erwägungen haben aber auch hinsichtlich der Ablehnung von Sachverständigen zu gelten, da nach dieser Richtung gleichfalls weder das Außerstreitgesetz noch die Entmündigungsordnung Bestimmungen enthalten. Die Ablehnung von Sachverständigen und der in diesen Sachen zulässige Rechtsmittelzug ist vielmehr nur in den Bestimmungen der §§ 355, 356 und 366 ZPO. geregelt, weshalb die Rechtsmittelbeschränkungen des § 366 ZPO. auch für das außerstreitige Verfahren Anwendung zu finden haben. Dazu kommt, daß nach § 56 (2) EntmO. sinngemäß die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Beweisaufnahme zu gelten haben und daß gem. § 57 (2) EntmO. ein abgesonderter Rekurs nicht stattfindet, wenn ein solcher bei gleichartigen Beschlüssen im Zivilprozeß ausgeschlossen ist.
Nun bestimmt § 366 (1) ZPO., daß gegen den Beschluß, durch welchen die Ablehnung eines Sachverständigen verworfen oder ein schriftlichen Gutachten angeordnet wird, ein abgesondertes Rechtsmittel nicht stattfindet.
Damit ist der vorliegende Rekurs unzulässig und war daher zurückzuweisen.
Da sich aber aus § 366 ZPO. ferner ergibt, daß auch gegen die Auswahl des Sachverständigen bzw. die Bestellung eines bestimmten Sachverständigen der abgesonderte Rekurs nicht zulässig ist (Entscheidung vom 7. Jänner 1914, Slg. 6743), so erweist sich der persönlich vom Kuranden eingebrachte seinerzeitige und vom Widerspruchsgericht als Ablehnung behandelte Schriftsatz, wenn er entsprechend seiner Bezeichnung als Rekurs aufgefaßt wird, gleichfalls als unzulässig.
Anmerkung
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ECLI:AT:OGH0002:1965:0060OB00158.65.0526.000Dokumentnummer
JJT_19650526_OGH0002_0060OB00158_6500000_000