TE OGH 1965/7/1 2Ob195/65

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Veröffentlicht am 01.07.1965
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Norm

ZPO §371
ZPO §503 Z2

Kopf

SZ 38/113

Spruch

Wenn die Parteienvernehmung über den Unfallshergang mangels anderer Beweise das primäre Beweismittel ist, darf der Berufungssenat von den in erster Instanz unmittelbar getroffenen Feststellungen nur nach Wiederholung der Parteienvernehmung abgehen.

Entscheidung vom 1. Juli 1965, 2 Ob 195/65

I. Instanz: Bezirksgericht Grünburg; II. Instanz: Kreisgericht Steyr

Text

Der vom Kläger gelenkte Personenkraftwagen ist am 3. Februar 1962 in M. im Begegnungsverkehr mit dem Personenkraftwagen des Beklagten (Lenker war der Beklagte) zusammengestoßen. Mit der Behauptung des Alleinverschuldens des Beklagten an diesem Verkehrsunfall macht der Kläger im vorliegenden Prozeß den Ersatz der Kosten der Reparatur seines durch den Unfall beschädigten Kraftwagens in der Höhe von 3191.60 S s. A. geltend. Der Beklagte hat Grund und Höhe des Anspruches bestritten.

Das Erstgericht hat das Leistungsbegehren punkto 3191.60 S s. A. mit der Begründung abgewiesen, den Kläger treffe am Unfall vom 3. Februar 1962 das Alleinverschulden; die Prüfung der Höhe des Anspruches sei entbehrlich,

Der Berufung des Klägers, worin dieser das Ersturteil zur Gänze angefochten hatte, hat das Berufungsgericht nach Vernehmung eines zweiten Verkehrssachverständigen teilweise Folge gegeben; es hat das Ersturteil dahin abgeändert, daß mit Zwischenurteil erkannt wurde, die Klagsforderung bestehe dem Gründe nach mit 1/4 zu Recht, mit 3/4 jedoch nicht zu Recht.

Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revisionen beider Parteien: der Kläger bekämpft dieses Urteil aus dem Revisionsgrund des § 503 Z. 4 ZPO. im Ausspruch, daß sein Anspruch zu 3/4 nicht zu Recht bestehe. Der Beklagte bekämpft das Berufungsurteil insoweit, als darin der Berufung seines Prozeßgegners teilweise Folge gegeben wurde, aus den Revisionsgrunden des § 503 Z. 2 und 4 ZPO.

Der Oberste Gerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Streitsache zur Fortsetzung der Verhandlung und Urteilsfällung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Mängelrüge in des Revision der beklagten Partei (§ 503 Z. 2 ZPO.) kann die Berechtigung nicht zur Gänze abgesprochen werden. Das Erstgericht hatte seine Feststellungen über den Unfallshergang auf die Angaben der Streitteile in der Parteienvernehmung gegrundet, wobei es gewissen Angaben des Klägers die Glaubwürdigkeit abgesprochen hatte das Erstgericht hatte dargelegt, daß ihm "über den Unfallsablauf lediglich die Angaben der Streitteile zur Verfügung gestanden seien"; "in Verbindung mit den objektiven Unfallspuren - das Erstgericht hatte Lokalaugenschein vorgenommen und als Verkehrssachverständigen Ing. Dr. R. L. vernommen - hätten aus den Angaben der Parteien vom Sachverständigen sichere Rückschlüsse auf den Unfallshergang gezogen werden können". Der Beweiswürdigungsrüge der klagenden Partei in der Berufung zum Teil Rechnung tragend, hat die Berufungsinstanz als Verkehrssachverständigen Dipl.-Ing. A. K. vernommen, nachdem sie der Ablehnung dieses Sachverständigen seitens der beklagten Partei nicht stattgegeben hatte. Auf Grund des von ihm durchgeführten Sachverständigenbeweises ist das Berufungsgericht von den erstinstanzlichen Feststellungen mehrfach abgegangen. Zutreffend rügt die beklagte Partei in diesem Zusammenhang einen Verstoß der Berufungsinstanz gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit. Zwar ist die Vernehmung des zweiten Verkehrssachverständigen in der Berufungsverhandlung durch die Bestimmungen des § 488 (3) ZPO, gedeckt und auch die - nach der Regelung des § 366 (1) ZPO. zulässige - Rüge des Revisionswerbers gegen die Verwerfung seiner Ablehnung des zweiten Sachverständigen vermag die Gründe dieser Erledigung der Berufungsinstanz nicht zu widerlegen. Der Berufungssenat hätte aber bei dem Umstand, daß die Parteienvernehmung über den Unfallshergang das vorliegendenfalls mangels anderer Beweise primäre Beweismittel ist, von den in erster Instanz unmittelbar getroffenen Feststellungen nur nach Wiederholung der Parteienvernehmung abgehen dürfen (verschieden davon ist der Fall zu beurteilen, in dem die Parteienvernehmung in concreto bloß subsidiäre Bedeutung hat). Die Mängelrüge bezüglich der Unterlassung einer Wiederholung des Lokalaugenscheins greift aber nicht durch, weil diesbezüglich der Berufungssenat nicht von den Feststellungen der ersten Instanz abgewichen ist.

Bei diesen Umständen ist das Berufungsverfahren ergänzungsbedürftig. Endgültige Feststellungen in zweiter Instanz sind erst dann möglich, wenn das Berufungsgericht auch die Parteienvernehmung wiederholt haben wird. Die klagende Partei hat in dritter Instanz nur Rechtsrüge (§ 503 Z. 4 ZPO.) erhoben; zufolge der von der beklagten Partei geltend gemachten Mängelrüge (§ 503 Z. 2 ZPO.), der im Sinne der obigen Ausführungen zum Teil Berechtigung zuzuerkennen ist, muß aber das Berufungsurteil zur Gänze aufgehoben werden, weil die Erledigung der bezeichneten Rechtsrüge wegen des untrennbaren Zusammenhanges (vgl. § 11 EKHG.) in jeder Richtung prozeßordnungsgemäße Feststellungen zur Voraussetzung hat; auch zur Rechtsrüge des Beklagten kann derzeit unter demselben Gesichtspunkt nicht Stellung genommen werden.

Anmerkung

Z38113

Schlagworte

Berufungsverfahren Mangelhaftigkeit, Unterlassung der Wiederholung der, Parteienvernehmung, Beweiswiederholung durch Berufungsgericht, Parteienvernehmung, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Unterlassung der Wiederholung, der Parteienvernehmung, Parteienvernehmung, Wiederholung der - im Berufungsverfahren, Unmittelbarkeitsgrundsatz, Wiederholung der Parteienvernehmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0020OB00195.65.0701.000

Dokumentnummer

JJT_19650701_OGH0002_0020OB00195_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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