TE OGH 1965/11/11 2Ob360/65

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Veröffentlicht am 11.11.1965
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Norm

ABGB §1311
Straßenverkehrsordnung §23 (2)

Kopf

SZ 38/195

Spruch

Die Norm des § 23 (2) StVO. 1960 bezweckt neben der Schaffung von Parkraum auch die Sicherheit und Leichtigkeit des vorbeiflutenden Verkehrs

Entscheidung vom 11. November 1965, 2 Ob 360/65.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz

Text

Am 31. März 1961 ist der von Wilhelm N. (einem Versicherungsnehmer der klagenden Versicherungs-AG.) gelenkte Personenkraftwagen auf der Bundesstraße 67 nördlich von Graz im Begegnungsverkehr mit dem von Emanuel M. gelenkten Personenkraftwagen zusammengestoßen. Wilhelm N. ist wegen dieses Verkehrsunfalles der Übertretung nach § 335 StG. rechtskräftig schuldig erkannt worden. Die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer des Wilhelm N.; sie hat vorgebracht, für ihren Versicherungsnehmer an Emanuel M., dessen Kaskoversicherer und an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt als Legalzessionarin des Emanuel M. insgesamt 56.237.38 S aus dem Titel des Schadenersatzes geleistet zu haben; der Zweitbeklagte als Lastkraftwagenlenker des Erstbeklagten habe diesen Unfall durch vorschriftswidriges Abstellen seines Fahrzeugs auf der verkehrsreichen Freilandstraße mitverschuldet; die Klägerin nehme daher (als Legalzessionarin des Wilhelm N. gemäß § 67 Versicherungsvertragsgesetz 1958) Regreß gegen die beiden Beklagten, gegen den Zweitbeklagten aus Verschulden und den Erstbeklagten gemäß § 19 (2) EKHG. (Die Haltereigenschaft des Erstbeklagten ist nicht bestritten worden). Die Klägerin verlängt von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Zahlung von 18.745.79 S (d. i. ein Drittel der oben genannten 56.237.38 S) sowie die Feststellung, daß die Beklagten der Klägerin gegenüber zur ungeteilten Hand für alle Schadenersatzleistungen aus dem Unfall vom 31. März 1961 zu einem Drittel regreßpflichtig seien. Die Parteien haben außer Streit gestellt, daß "in Ansehung des Zahlungsbegehrens der Höhe nach zumindest 1 S gerechtfertigt sei".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß "sich das rechtswidrige Verhalten des Zweitbeklagten im Vergleich zum rechtswidrigen Verhalten des Wilhelm N. als unbedeutend und in Relation zum Verhalten des Wilhelm N, ob Geringfügigkeit als unmeßbar darstelle".

Der Berufung der Klägerin gab des Berufungsgericht nach Beweisergänzung teilweise Folge und erkannte in Abänderung des Ersturteils mit Zwischen- und Teilurteil, daß der mit dem Betrage von 18.745.79 S geltend gemachte Leistungsanspruch der Klägerin dem Gründe nach zu 3/4 zu Recht und zu 1/4 nicht zu Recht bestehe; die Beklagten seien der Klägerin für deren künftige Schadenersatzleistungen auf Grund des Verkehrsunfalles vom 31. März 1961 zu einem Viertel zur ungeteilten Hand regreßpflichtig. Das Leistungsmehrbegehren puncto 4686.45 S (d. i. die Differenz zwischen 18.745.79 S und 14.059.34 S, entsprechend einem Viertel des oben genannten Betrages von 56.237.38 S) und das Feststellungsmehrbegehren wies die Berufungsinstanz ab, diese Abweisung wurde nicht angefochten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist nach der dargestellten Aktenlage zulässig (vgl. JB. Nr. 56 neu); sie ist aber nicht begrundet.

Die Revisionswerber geben zu, daß der Zweitbeklagte durch die Abstellung des Lastkraftwagens mit einem Seitenabstand von einem Meter vom rechten Fahrbahnrande auf der Bundesstraße die Fahrbahn verengt habe; sie bezeichnen es auch als richtig, daß der Zusammenstoß zwischen den Fahrzeugen des Wilhelm N. und des Emanuel M. unterblieben wäre, wenn sich der Lastkraftwagen einen Meter weiter rechts gehalten hätte; sie gestehen schließlich zu, daß der Zweitbeklagte gegen die Vorschrift des § 23 (2) StVO. 1960 verstoßen habe, wonach ein Fahrzeug außerhalb von Parkplätzen - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Fällen - zum Halten oder Parken am Rande der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrande aufzustellen ist. Sie schließen ihre Haftung aber grundsätzlich - gegen die vom Berufungsgerichte angenommene Quote haben sie nichts vorgebracht - deswegen aus, weil der Zweck der bezogenen Verkehrsvorschrift nur der "Parkplatzökonomie" diene und - selbst bei anderer Auffassung - der Rechtswidrigkeitszusammenhang "durch den selbständigen Entschluß des unmittelbaren Schädigers (d. i. des Wilhelm N.) unterbrochen worden sei". Dieser Beurteilung der Revisionswerber vermag das Revisionsgericht nicht beizupflichten; vielmehr ist ein Rechtsirrtum der Berufungsinstanz nicht zu erkennen, wenn diese den Rückgriffsanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten mit dem oben bezeichneten Viertel als gerechtfertigt erkannt hat (§ 11 EKHG.). Zunächst wird der Zweck der bezogenen Schutznorm des § 23 (2) StVO. 1960 von den Revisionswerbern zu eng gezogen; nicht nur die Schaffung von Parkraum soll dadurch gewährleistet werden, sondern auch die Sicherheit und Leichtigkeit des vorbeiflutenden Verkehrs. Bei Übertretung des Schutzgesetzes der bezeichneten Art normiert aber § 1311 ABGB. die Haftung für allen Nachteil, welcher außerdem nicht erfolgt wäre. Der den Beklagten obliegende Gegenbeweis (vgl. Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, 1963, S. 172), daß der Schade auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten des Zweitbeklagten eingetreten wäre, ist nicht hergestellt. Schon damit ist die Haftung der Beklagten im Sinne der Beurteilung der Berufungsinstanz gegeben. Der Zweitbeklagte hat ebenso wie Wilhelm N. eine wesentliche Bedingung des schädigenden Ereignisses gesetzt, so daß er den Rückgriffsanspruch der Klägerin nicht mit Erfolg durch den Hinweis auf das Verhalten des Wilhelm N. abwehren kann.

Anmerkung

Z38195

Schlagworte

Parkraum, § 23 (2) StVO. will - schaffen Verkehrssicherheit und § 23 (2) StVO.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0020OB00360.65.1111.000

Dokumentnummer

JJT_19651111_OGH0002_0020OB00360_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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