Norm
ABGB §613Kopf
SZ 38/211
Spruch
Demjenigen, der die Herausgabe des die Verlassenschaft bildenden Gegenstandes als vermeintlicher Substitutionsmasse anstrebt, steht lediglich der Rechtsweg offen
Entscheidung vom 9. Dezember 1965, 1 Ob 205/65
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien
Text
Die am 1. April 1965 in Budapest verstorbene ungarische Staatsbürgerin Aloisia H. war Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ. 1952 der KG. I. Ihr Eigentumsrecht war im Grundbuch auf Grund der Einantwortungsurkunde nach ihrem verstorbenen Gatten Dr. Lorand H. mit der Beschränkung durch die in dessen Testament zugunsten seiner gesetzlichen Erben angeordnete fideikommissarische Substitution einverleibt. Die diesbezügliche Anordnung im Testamente des Verstorbenen Lorand H. lautete: "Über das von mir ererbte Vermögen verfügt meine Gattin bei Lebzeiten und für den Fall ihres Ablebens frei, sollte sie jedoch ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung sterben, erben den von diesem Vermögen noch vorhandenen Teil nicht ihre, sondern meine gesetzlichen Erben."
Dr. Ladislaus A. legte die Zweitschrift einer beim staatlichen Notariat in Budapest erliegenden Eingabe in beglaubigter Übersetzung vor, wonach die Erblasserin vor ihrem Tode vor zwei Zeugen letztwillig mündlich verfügte, ihren Hausanteil an Dr. Ladislaus A., ihren Hausverwalter, zu hinterlassen, weil er ihr Vermögen getreulich verwaltet habe. Dr. A. gab die unbedingte Erbserklärung zum ganzen inländischen Nachlaß auf Grund dieses Testamentes ab.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26. Juli 1965 wurde die unbedingte Erbserklärung des Dr. Ladislaus A. zum ganzen inländischen Nachlaß auf Grund des Testamentes vom 7. März 1965 angenommen, sein Erbrecht als ausgewiesen erkannt und ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen. Zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses wurde ihm eine Frist von zwei Monaten gesetzt. Die Beschlußausfertigung wurde Dr. A. am 2. August 1965 zugestellt.
Am 17. August 1965 wurde eine Eingabe des Eduard F. beim Erstgericht überreicht, in der er unter Hinweis auf die im Testament des Dr. Lorand H. angeordnete fideikommissarische Substitution behauptet, der einzige zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch am Leben befindlich gewesene gesetzliche Erbe des Dr. Lorand H. sei Otto von H. gewesen. Dieser sei am 7. April 1965 gestorben, habe also den Nacherbanfall noch erlebt. Der Nachlaß nach H. sei dem Eduard F. bereits eingeantwortet worden. Gleichzeitig überreichte er einen Rekurs gegen den vorgenannten Beschluß mit dem Antrag, diesen aufzuheben bzw. dahin abzuändern, daß der Antrag des Dr. Ladislaus A., seine Erbserklärung zu Gericht anzunehmen und ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu überlassen, abgewiesen werde.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als unzulässig mit der Begründung zurück, die zum Nachlaß nach Dr. Lorand H. vom Rekurswerber abgegebene Erbserklärung vermöge keinen Einfluß auf den Gang des Verlassenschaftsverfahrens nach Aloisia H. zu nehmen. Die Frage, ob der Substitutionsfall eingetreten sei, sei im ordentlichen Rechtsweg zu lösen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Eduard F. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Abgesehen davon, daß der nunmehrige Rekurswerber den Antrag auf Zurückweisung der Erbserklärung erst nach erfolgter Annahme derselben stellte, kam ihm gegen diese überhaupt kein Rekursrecht zu, da sich derjenige, der selbst als Erbe nicht in Betracht kommt, gegen die Annahme einer Erbserklärung einer anderen Person nicht zur Wehr setzen kann (GlUNF. 5376). Der Rekurswerber behauptet, das inländische Vermögen der Erblasserin als Rechtsnachfolger des Nacherben einer anderen Verlassenschaft in Anspruch nehmen zu wollen. Nun steht aber demjenigen, der die Herausgabe des die Verlassenschaft bildenden Gegenstandes als vermeintlicher Substitutionsmasse anstrebt, lediglich der Rechtsweg offen (OGH. vom 19. Juni 1877, GlU. 7735). Es erübrigt sich daher, auf die vom Rekurs aufgeworfenen Fragen nach der Gültigkeit der letztwilligen Verfügung, und ob diese als Testament oder Kodizill anzusehen gewesen wäre, einzugehen,
Auch die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an Dr. Ladislaus A. war im Zeitpunkte des Auftretens des Rekurswerbers bereits erfolgt. Fühlt er sich durch diese Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses in seinen Rechten gefährdet, wird es ihm freistehen, neue Anträge mit dem Ziele der Entziehung dieser Befugnis zu stellen.
Anmerkung
Z38211Schlagworte
Fideikommissarische Substitution, Herausgabeanspruch, Rechtsweg, Herausgabeanspruch, Substitutionsmasse, Rechtsweg, Rechtsweg ordentlicher, Herausgabe des die Verlassenschaft bildenden, Gegenstandes als vermeintliche SubstitutionsmasseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1965:0010OB00205.65.1209.000Dokumentnummer
JJT_19651209_OGH0002_0010OB00205_6500000_000