Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, in der Beschwerdesache des S in W, geboren 1979, vertreten durch Dr. Ines Scheiber, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Karolinengasse 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. September 2003, Zl. 241.283/0-XIV/39/03, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Parteien des Verfahrens haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsbürger, gelangte am 17. März 2003 in das Bundesgebiet und stellte am 18. März 2003 einen (ersten) Asylantrag. Diesen begründete er damit, er habe mit der "AKALI DAL (BADAL) sympathisiert". Deshalb sei er von Angehörigen der Kongresspartei bedroht und verfolgt worden.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass er über die Slowakei nach Österreich eingereist sei, indem er die March überquert habe. In der Folge wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 9. Mai 2003 den Asylantrag des Beschwerdeführers, "ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 4 Abs. 1 AsylG 1997" als unzulässig zurück, weil für den Beschwerdeführer "bereits in der Slowakei Verfolgungssicherheit im Sinne des § 4 AsylG vorgelegen" sei. Dem Beschwerdeführer wurde dieser Bescheid am 9. Mai 2003 zugestellt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes zunächst keine Berufung, sondern stellte am 15. Juli 2003 einen zweiten Asylantrag. Am 2. September 2003 beantragte der Beschwerdeführer in Bezug auf sein erstes Asylverfahren Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und verband mit diesem Antrag die Berufung gegen den Bescheid vom 9. Mai 2003. Das Bundesasylamt wies den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 3. Oktober 2003 gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ab. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt. Der Beschwerdeführer erhob kein Rechtsmittel.
Im Verfahren über den beschwerdegegenständlichen zweiten Asylantrag wurde der Beschwerdeführer am 19. August 2003 durch das Bundesasylamt einvernommen. Er gab an an, dass er seit der Stellung des ersten Asylantrages Österreich nicht verlassen habe, und dass er nicht in die Slowakei ausreisen wolle. Das Bundesasylamt wies diesen (zweiten) Asylantrag mit Bescheid vom 20. August 2003 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und begründete dies damit, dass sich seit der Entscheidung über den ersten Asylantrag weder der Sachverhalt noch die Rechtslage geändert hätte. Einer inhaltlichen Entscheidung über den Asylantrag vom 15. Juli 2003 stehe somit das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen.
Der Beschwerdeführer erhob am 3. September 2003 Berufung. Über diese Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. September 2003 "gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 38 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997" entschieden, dass die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 68 Abs. 1 AVG" abgewiesen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Auch wenn der angefochtene Bescheid, mit dem der Zweitantrag im Instanzenzug wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen wurde, seinem Spruch nach nur auf die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 68 Abs. 1 AVG (sowie in Bezug auf die Entscheidungskompetenz der Berufungsbehörde auf § 66 Abs. 4 AVG und § 38 Abs. 1 AsylG) gegründet wird, so hatte die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht nur die erwähnten Bestimmungen anzuwenden. Sie hatte vielmehr, indem sie ihre Entscheidung auf § 68 Abs. 1 AVG gestützt hat, die Identität der Sache mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten Rechtsvorschriften (hier: § 4 AsylG) zu beurteilen und sich damit auseinander zu setzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner rechtlichen Beurteilung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zweitantrag eine Änderung ergeben kann (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 68 AVG abgedruckte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere E 89 ff).
Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides ausgeführt hat, seit der Entscheidung über den ersten Asylantrag habe sich weder der Sachverhalt noch die Rechtslage (hier: § 4 AsylG) geändert, handelt es sich beim angefochtenen Bescheid somit um einen solchen, der (auch) in Anwendung des § 4 AsylG (idF vor der AsylG-Novelle 2003) ergangen ist. Gemäß § 44 Abs. 7 AsylG idF der Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, sind "beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren betreffend Bescheide gemäß § 4", sofern die verwaltungs- oder verfassungsgerichtlichen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, mit Inkrafttreten der genannten Novelle am 1. Mai 2004 "in das Stadium nach Zulassung des Verfahrens" zurückgetreten. Diese Verfahren sind vom Bundesasylamt weiterzuführen. Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 44 Abs. 8 leg. cit. die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesasylamt zuzuleiten.
In den Gesetzesmaterialien (AB 253 Blg NR XII. GP 3 f) wurde zu dieser Übergangsbestimmung erläuternd ausgeführt:
"Diese Bestimmungen dienen der Entlastung (...) der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Alle beim (...) Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren gemäß § 4 treten in das Stadium nach Zulassung im Sinne der Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 in der Fassung der Asylgesetznovelle 2003 zurück und das Bundesasylamt hat diese Verfahren nach den Bestimmungen nach In-Kraft-Treten der Novelle 2003 zu Ende zu führen. Die Verfahren werden nicht in der Erstaufnahmestelle geführt, sondern in der zuständigen Außenstelle des BAA. (...)"
Das vorliegende Verfahren war am 1. Mai 2004 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Gemäß § 44 Abs. 7 erster Satz AsylG trat daher mit Inkrafttreten der AsylG-Novelle 2003 am 1. Mai 2004 das Asylverfahren in das Stadium "nach Zulassung des Verfahrens zurück" und die Beschwerde war gemäß § 44 Abs. 8 erster Satz AsylG - ohne Zuspruch von Kosten - zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne den hg. Beschluss vom 6. Mai 2004, Zl. 2003/20/0522, u. v.a.).
Schriftliche Ausfertigungen dieses Beschlusses werden den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zugestellt und gemäß § 44 Abs. 8 letzter Satz AsylG - zusammen mit den Akten des Verwaltungsverfahrens - dem Bundesasylamt zugeleitet.
Wien, am 31. März 2005
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003200536.X00Im RIS seit
02.06.2005