Norm
Ehegesetz §9 (1)Kopf
SZ 39/2
Spruch
Um als Eheverbot zu wirken, genügt die Feststellung des Ehebruches als Scheidungsgrund in den Gründen des Ehescheidungsurteiles
Entscheidung vom 11. Jänner 1966, 8 Ob 364/65
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien
Text
Mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS. Wien vom 27. April 1950 wurde die Ehe des Klägers Leopold S. und der Beklagten Maria S. rechtskräftig geschieden. Im Urteilsspruch wurde ausgesprochen, daß das Verschulden beide Teile treffe, wobei das Verschulden der Beklagten überwiege. In den Entscheidungsgründen wurde ausgesprochen, daß eine eheähnliche Lebensgemeinschaft der Beklagten mit Erwin W. erwiesen sei und die Beklagte daher die schwere Eheverfehlung nach § 47 EheG. begangen habe.
Maria S. - die Beklagte in dem oben abgeführten Ehescheidungsprozeß - beantragte zum Zwecke der Eheschließung mit Erwin W. die Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses. Das Standesamt Wien-Favoriten verweigerte diese Amtshandlung mit der Begründung, daß die Ehe der Antragstellerin wegen des Ehebruches mit Erwin W. gemäß § 47 EheG. geschieden worden sei und daher das Eheverbot des Ehebruches vorliege.
Maria S. beantragte hierauf beim Erstgericht, den Standesbeamten anzuweisen, die verweigerte Amtshandlung vorzunehmen.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Standesamt Wien-Favoriten anwies, Maria S. ein Ehefähigkeitszeugnis auszustellen. Das Rekursgericht grundete seine Entscheidung darauf, daß es an der nach seiner Meinung notwendigen Feststellung des Ehebruches im Spruch des Scheidungsurteiles fehle. Ohne eine solche Feststellung liege aber ein Eheverbot des Ehebruches nicht vor.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Amtes der Wiener Landesregierung Folge und änderte den zweitgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 9 (1) EheG. darf eine Ehe zwischen einem wegen Ehebruches geschiedenen Ehegatten und demjenigen, mit dem er den Ehebruch begangen hat, nicht geschlossen werden, wenn dieser Ehebruch in dem Scheidungsurteil als Grund der Scheidung festgestellt ist. Weder diese Gesetzesvorschrift noch die Bestimmung des § 80 der 1. Durchführungsverordnung zum EheG. ordnen an, daß die erwähnte Feststellung in den Spruch des Scheidungsurteiles aufzunehmen ist. Der Oberste Gerichtshof vertritt zwar, wie sich aus den Entscheidungsgründen zu 2 Ob 476/55, 1 Ob 500/50 u. a. ergibt, die Rechtsansicht, daß die Feststellung des Ehebruches, sofern er als Scheidungsgrund festgestellt ist, in den Urteilsspruch aufzunehmen ist. Damit hat der Oberste Gerichtshof aber nicht darüber abgesprochen, ob auch die Feststellung des Ehebruches als Scheidungsgrundes in den Entscheidungsgründen des Scheidungsurteiles ein Eheverbot begrundet. In der Lehre (vgl. Schwind-Komm. zum Eherecht S. 77, Godin, EheG.[2] S. 21 und 444, und vor allem Wentzel im Klang-Komm.[2] I/1 485 ff.) wird die Meinung vertreten, daß die Feststellung des Ehebruches, auch wenn sie bloß in den Entscheidungsgründen und nicht auch in dem Spruch des Scheidungsurteiles vorgenommen wird, genügt, um als Eheverbot wirksam zu sein, wenn der Ehebruch als Scheidungsgrund geltend gemacht und festgestellt wurde. Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Lehrmeinung unter Hinweis auf die von Wentzel zur Stützung seiner Rechtsansicht im Klang-Komm. an der oben näher bezeichneten Stelle angestellten eingehenden Erwägungen an.
Anmerkung
Z39002Schlagworte
Ehebruch als Eheverbot, Eheverbot des EhebruchesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1966:0080OB00364.65.0111.000Dokumentnummer
JJT_19660111_OGH0002_0080OB00364_6500000_000