TE OGH 1966/1/26 3Ob179/65

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Veröffentlicht am 26.01.1966
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Norm

EO §81 Z3
Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, BGBl. Nr. 294/1961 Art12

Kopf

SZ 39/12

Spruch

Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, BGBl. Nr. 294/1961

Gemäß Art. 12 gilt dieses Übereinkommen für die Exequierbarkeit schweizer Entscheidungen in Österreich, die nach dem 1. 1. 1962 ergangen sind

Entscheidung vom 26. Jänner 1966, 3 Ob 179/65

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien

Text

Mit dem dem gegenständlichen Exekutionsantrag zugrunde liegenden vollstreckbaren und rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes B. (Schweiz) vom 5. April 1962 wurde der Verpflichtete schuldig erkannt, als außerehelicher Vater der zweitbetreibenden Partei nach Art. 319 ZGB. an dessen Unterhalt einen monatlichen, vorschüssigen Betrag von 80 sfrs ab 3. Mai 1960 bis zum vollendeten 18. Altersjahr mit 5% Verzugszinsen und der erstbetreibenden Partei als Mutter dieses außerehelichen Kindes gemäß Art. 317 ZGB. 336 sfrs. zu bezahlen. Der Verpflichtete wird im Urteil als österreichischer Staatsangehöriger mit dem Wohnsitz in Wien bezeichnet.

Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab. Seiner Ansicht nach seien für die Beurteilung der Anerkennung und Zulässigkeit der Vollstreckung des gegenständlichen Urteils nicht die Bestimmungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BGBl. Nr. 125/1962, maßgebend, weil dieser Vertrag erst am 12. Mai 1962 in Kraft getreten sei. Es gälten vielmehr die Bestimmungen des Vertrages zwischen Österreich und der Schweiz vom 15. März 1927, BGBl. Nr. 76/1929. Gemäß Art. 1 (1) Z. 1 dieses Vertrages sei die in einem der beiden Vertragsstaaten gefällte gerichtliche Entscheidung im anderen Staat anzuerkennen, wenn die Grundsätze, die in dem Staat, wo die Entscheidung geltend gemacht werde, über die zwischenstaatliche Zuständigkeit der Gerichte bestunden, die Gerichtsbarkeit des anderen Staates nicht ausschlössen. Dem Urteil eines schweizerischen Gerichtes, womit ein österreichischer Staatsbürger als unehelicher Vater festgestellt werde, müsse auf Grund dieses Vollstreckungsvertrages die Anerkennung versagt werden, weil dieser die Bestimmung des § 81 Z. 3 EO. entgegenstehe. Die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffe den Personenstand zwischen Vater und unehelichem Kind.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung; es fügte noch hinzu, daß auch das Haager Abkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiete der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, BGBl. Nr. 294/1961, keine Anwendung finde, weil die Schweiz erst mit Wirkung vom 17. Jänner 1965 diesem Abkommen beigetreten sei (BGBl. Nr. 39/1965) und dessen Art. 12 bestimme, daß das Übereinkommen auf Entscheidungen, die vor seinem Inkrafttreten ergangen sind, nicht anzuwenden ist.

Der Oberste Gerichtshof bewilligte die beantragte Exekution.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist begrundet.

Die Vollstreckbarkeit ist im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichtes nach dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, BGBl. Nr. 294/1961, gegeben. Das Übereinkommen ist gemäß seinem Art. 16 am 1. Jänner 1962 in Kraft getreten. Nach seinem Art. 12 ist es auf Entscheidungen, die nach seinem Inkrafttreten ergangen sind, anzuwenden. Daß das Übereinkommen für die Schweiz erst am 17. Jänner 1965 in Kraft getreten ist (BGBl. Nr. 39/1965), spielt dabei keine Rolle. Das Übereinkommen ist zwar zwischen Österreich und der Schweiz erst mit dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens für die Schweiz am 17. Jänner 1965 voll wirksam geworden. Das zwischen den Signatarstaaten geschlossene Übereinkommen ist aber als solches bereits am 1. Jänner 1962 in Kraft getreten, es findet nach Art. 12 nur auf Entscheidungen, die vor seinem Inkrafttreten ergangen sind, nicht Anwendung, also auf Entscheidungen vor dem 1. Jänner 1962. Für Österreich ist das Übereinkommen bereits seit 1. Jänner 1962 in Kraft. Österreich anerkennt damit Entscheidungen der Signatarmächte ab 1. Jänner 1962. Zu diesen Signatarmächten gehört auch die Schweiz. Seit dem Inkrafttreten des Abkommens für die Schweiz am 17. Jänner 1965 kann daher auf Grund von schweizerischen Entscheidungen in Österreich Exekution geführt werden, die nach dem 1. Jänner 1962 ergangen sind. Da im Zeitpunkt der Exekutionsführung das Übereinkommen für beide Staaten in Kraft war, ist auch der Grundsatz der Gegenseitigkeit nicht verletzt, dies hier auch deshalb nicht, weil in der Schweiz die Exekution auf Grund der Unterhaltsentscheidung eines österreichischen Gerichtes schon vorher auf Grund des Vertrages vom 15. März 1927 (BGBl. Nr. 76/1929) möglich war und in der Schweiz eine dem § 81 Z. 3 EO. ähnliche Bestimmung fehlt. Da die Voraussetzungen für die Vollstreckung nach dem Übereinkommen, BGBl. Nr. 294/1961, gegeben sind, war die Exekution zu bewilligen.

Anmerkung

Z39012

Schlagworte

Exekution auf Grund eines Schweizer Unterhaltstitels in Österreich, Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstrekkung von, Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern„ BGBl. Nr. 294/1961, Exequierbarkeit von Schweizer Entscheidungen in, Österreich, Schweizer Unterhaltstitel, Exequierbarkeit in Österreich

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0030OB00179.65.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19660126_OGH0002_0030OB00179_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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