TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/31 2002/05/1391

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Veröffentlicht am 31.03.2005
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO OÖ 1994 §24 Abs1 Z1;
BauO OÖ 1994 §24 Abs1 Z2;
BauO OÖ 1994 §24 Abs2 Z1;
BauO OÖ 1994 §57 Abs1 Z2;
BauO OÖ 1994 §57 Abs1 Z4;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2002/05/1392

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerden der S in L, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Heinrich-Gruber-Straße 1, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. August 2002, Zlen. VwSen- 210368/6/Lg/Ni und VwSen-210367/6/Lg/Ni, jeweils betreffend Übertretungen der Oö. Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 664,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Aufforderungsschreiben zur Rechtfertigung vom 5. März 2001 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie hätte es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin der A-Handels GmbH zu vertreten, dass einerseits

von der genannten Firma als Bauherr bewilligungspflichtige Vorhaben, nämlich 5 im Einzelnen aufgezählte Container, ausgeführt worden wären, ohne dass die hiefür erforderliche Baubewilligung vorgelegen wäre, und andererseits

von der genannten Firma als Anzeigepflichtige zwei Werbeschilder ohne Erstattung der hiefür vor Ausführung des Vorhabens erforderlichen Anzeige errichtet worden wären.

In dem auf dem Briefpapier der A-Handels GmbH verfassten Schreiben vom 21. März 2001 heißt es:

"Es ist zwar richtig, dass ich der handelsrechtliche Geschäftsführer der Firma bin, der betrieblich Beauftragte (Verantwortliche) ist jedoch mein Gatte (H.). Von ihm stammt auch die folgende Rechtfertigung:"

Das Schreiben trägt (nur) die Unterschrift des H. . Weiters wurden darin Ausführungen erstattet, warum die Container nicht bewilligungspflichtig seien und dass die Werbeschilder zuerst aufgestellt werden mussten, damit sie fotografiert werden konnten, damit eine formgültige Bauanzeige erstattet werden könne.

Mit Straferkenntnis vom 14. Dezember 2001 wurde die Beschwerdeführerin hinsichtlich der in der Aufforderung angeführten 7 Fakten, bezogen auf unterschiedliche Zeiträume, frühestens beginnend im September 2000 und spätestens endend am 25. Jänner 2001, schuldig erkannt. Bei 4 Containern habe sie die Übertretung nach § 57 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Z. 1 O.ö. BauO 1994, bei einem Container nach § 57 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Z. 2 O.ö. BauO 1994 und bezüglich der Werbetafeln nach § 57 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Z. 1 O.ö. BauO 1994 begangen. Bezüglich der Container wurde eine Geldstrafe von jeweils S 25.000,--, bezüglich der Werbetafeln von jeweils S 5.000,--, insgesamt daher S 135.000,-- verhängt, außerdem wurden Ersatzfreiheitsstrafen ausgesprochen. In der Begründung wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin der A-GmbH sei. Weiters wurde in der Begründung auf die Sacheinwendungen der Beschwerdeführerin eingegangen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe schon mit Schreiben vom 21. März 2001 der Strafbehörde mitgeteilt, dass für diese Bereiche ihr Gatte H. als "betrieblicher Beauftragter" bestimmt sei. Das Schreiben vom 21. März 2001 sei auch von H. unterfertigt worden, sodass H. seiner Bestellung als verantwortlich Beauftragter ausdrücklich zugestimmt habe. Verwiesen wurde auf ein anderes Verfahren bei der Baubehörde erster Instanz, dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz, in welchem H. als betrieblich Verantwortlicher aufgetreten sei. H. sei vom Magistrat als Verantwortlicher auch ausdrücklich akzeptiert worden. Es sei daher unverständlich, dass der Bescheid gegen die Beschwerdeführerin ergangen sei.

Die belangte Behörde entschied über diese Berufung mit zwei getrennt ausgefertigten Bescheiden, wobei der hier erstgenannte Bescheid die beiden Werbetafeln, der zweitgenannte Bescheid die 5 Container betraf. In beiden Fällen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführerin handelsrechtliche Geschäftsführerin der A-GmbH sei und dass eine Zustimmung des von ihr bestellten verantwortlichen Beauftragten aus der Zeit vor der Tat nicht vorliege. Erstmals in der mündlichen Verhandlung hätte die Beschwerdeführerin versucht, mittels eines Zeugen, ihres Gatten, den Nachweis zu erbringen, dass dieser bereits früher, wobei keine Datumsangabe erfolgt sei, seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zugestimmt habe. Ein Zustimmungsnachweis sei jedoch nicht erbracht worden. Gerade das von H. unterfertigte Rechtfertigungsschreiben vom 21. März 2003 bestätige den Mangel eines Zustimmungsnachweises aus der Zeit vor der Tat. Im Übrigen seien aus diesem Schreiben die sonstigen Wirksamkeitsvoraussetzungen (Erklärung der Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung für einen klar abgegrenzten, ausdrücklich und ausreichend präzise umschriebenen Bereich, Zuweisung einer entsprechenden Anordnungsbefugnis) nicht zu entnehmen. Keinesfalls genüge der diffuse Hinweis auf eine Behördenpraxis, wonach H. als "Ansprechpartner" für das Unternehmen akzeptiert worden sei.

Gegen beide Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen jeweils die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bezüglich beider Bescheide geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Auch in der Beschwerde wird die Tatbegehung durch die A-Handels GmbH nicht bestritten; diese Gesellschaft habe aber H. zum "verwaltungsrechtlich Verantwortlichen hinsichtlich sämtlicher Baurechtsangelegenheiten" bestellt, was der Behörde seit langem bekannt gewesen sei. H. sei immer als verwaltungsrechtlich Beauftragter im Sinne des § 9 VStG behandelt worden. Es müsse nicht in jedem einzelnen Verfahren ausdrücklich nachgewiesen werden, dass jemand für dieses einzelne Verfahren als Verantwortlicher bestellt wurde, wenn dies der gleichen Behörde bereits aus anderen Verfahren bekannt sei und nie widerrufen worden sei. Es sei ja auch die Stellungnahme des H. vom 23. März 2001, die von H. als verwaltungsbehördlich Verantwortlichem gezeichnet worden sei, entgegen genommen worden. Dies sei durch die Vorlage von Urkunden und den Verweis darauf bewiesen worden, dass auch im gegenständlichen Bauverfahren, welches parallel zum Strafverfahren durchgeführt worden sei, H. als Verantwortlicher aufgetreten sei.

Die Abs. 1, 2 und 4 des § 9 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1999 (die Anfügung im Abs. 4 durch BGBl. I Nr. 137/2001 spielt hier keine Rolle) lauten:

"§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

Da die Beschwerdeführerin alleinige Geschäftsführerin der A-Handels GmbH ist, kommt bezüglich der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nur der zweite Fall des § 9 Abs. 2 in Betracht, wonach für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen als die Organe der Gesellschaft zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden können. Weitere Voraussetzung ist nach § 9 Abs. 4, dass der Beauftragte seiner Bestellung nachweislich zugestimmt hat und ihm für den seiner Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen wurde.

Die der A-Handels GmbH angelasteten Übertretungen, für die die Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 1 VStG grundsätzlich verantwortlich ist, wurden im Zeitraum zwischen September 2000 und Jänner 2001 begangen.

Voraussetzung dafür, dass der verantwortliche Beauftragte die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit an Stelle des Inhabers des Unternehmens trägt, ist zufolge § 9 Abs. 4 VStG die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung, wobei erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der vom Unternehmer zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird, diese Bestellung wirkt; dafür ist der Unternehmer beweispflichtig (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, E. 181 zu § 9 VStG).

Erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (siehe die umfangreichen Judikaturnachweise bei Walter-Thienel, a.a.O., E. 184). Es genügt zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht, wenn sich der diesbezüglich beweispflichtige Beschuldigte auf die erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (Walter-Thienel, a.a.O., E. 188).

In seinem Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0313, in welchem es um Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften ging, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass von einem aus der Zeit vor Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis nur dann gesprochen werden könne, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war, etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage. In jenem Beschwerdefall hat der als verantwortlicher Beauftragter namhaft Gemachte in einer vor der Begehung der damals gegenständlichen Taten aufgenommenen Niederschrift anlässlich seiner Einvernahme in einer Angelegenheit betreffend Übertretung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestätigt, dass er zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei. Dies führte damals zu einer Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheides.

Von einem vor Begehung der Tat vorhandenen Beweismittel kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. Juni 2002, welches in der Berufungsverhandlung vorgelegt wurde, betraf eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes am 19. September 2001, wobei H. als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers A-GmbH angesehen wurde. Damit konnte jedenfalls der hier geforderte Zustimmungsnachweis bezüglich des Zeitraumes September 2000 bis Jänner 2001 nicht erbracht werden. Auch mit der Aussage des Zeugen H. anlässlich der Berufungsverhandlung, er trete "seit Jahren als Verantwortlicher für den gesamten Fuhrpark auf. Dies gegenüber allen Behörden, egal ob dies Magistrat, Polizei oder eine sonstige Behörde ist", wurde der geforderte Nachweis ebenso wenig erbracht, wie mit seiner Darstellung, seine Gattin hätte ihm gesagt, dass er "den Kopf hinhalten muss, wenn Strafverfahren sind. Dem habe ich zugestimmt. Diese Zustimmung betraf insbesondere auch sämtliche baubehördlichen Angelegenheiten."

Wenn weiters auf das gleichzeitig mit dem Verwaltungsstrafverfahren geführte Bauauftragsverfahren gegen die A-Handels GmbH verwiesen wird, so ergibt sich aus den vorliegenden Akten nur, dass beim ersten Lokalaugenschein am 11. Jänner 2001 H. als "Errichter der Anlage" benannt wurde und dass bei einer weiteren Kontaktaufnahme der Baubehörde mit H. letzterer erklärt hat, die Container würden der A-Handels GmbH gehören. Dass schließlich das Rechtfertigungsschreiben vom 23. März 2001, auf welches auch in der Beschwerde wieder hingewiesen wird, keinen Nachweis bezüglich einer Zustimmung vor der Tat darstellen konnte, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Es bleibt daher bei der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin nach § 9 Abs. 1 VStG, sodass die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 31. März 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002051391.X00

Im RIS seit

09.05.2005

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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