Norm
ABGB §91Kopf
SZ 39/149
Spruch
Die Frage, ob die Unterhaltsleistung direkt an die Gattin oder im Wege der Bezahlung von Anstaltskosten und anderen Auslagen zu erbringen ist, betrifft nicht den Grund des Anspruches
Entscheidung vom 15. September 1966, 5 Ob 260/66
I. Instanz: Bezirksgericht Ferlach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt
Text
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin als Ehefrau des Beklagten dessen Verurteilung zur Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 1100 S ab 25. Mai 1965 mit der Begründung, daß sich der Beklagte weigere, sie nach ihrer dritten und letzten Anhaltung in der Heil- und Pflegeanstalt wieder in die eheliche Gemeinschaft aufzunehmen. Der Beklagte habe mit der Behauptung, daß die Klägerin geisteskrank sei, zuletzt am 20. Februar 1965 ihre Einweisung in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt veranlaßt, diese habe sie erst am 7. Mai 1965 verlassen können, weil kein Grund für eine weitere Anhaltung bestanden habe. Die Klägerin habe versucht, in die eheliche Gemeinschaft zurückzukehren, doch habe der Beklagte sie aufgefordert, zu verschwinden, sonst werde er wieder ihre Einlieferung in die Heil- und Pflegeanstalt veranlassen. Deshalb müsse die Klägerin bei ihren Eltern wohnen. Der begehrte Unterhalt entspreche der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beklagten.
Der Beklagte wendete ein, daß die Klägerin an einer schweren geistigen Erkrankung leide und prozeßunfähig sei. Sie habe sich zuletzt eigenmächtig aus der Heil- und Pflegeanstalt entfernt. Sie sei gemein- und selbstgefährlich, habe wiederholt gedroht sich und das Kind der Streitteile zu töten, und habe dies auch mehrfach versucht. Der Beklagte weigere sich daher, mit der Klägerin zusammenzuleben. Dies sei ihm auch nicht zumutbar. Er sei bereit, für den Unterhalt der Klägerin in der Form zu sorgen, daß er die Kosten ihres Aufenthaltes in der Heil- und Pflegeanstalt trage und ihr auch sonst entsprechende Geldmittel zukommen lasse. Die Klägerin befinde sich derzeit widerrechtlich außerhalb der Heil- und Pflegeanstalt und lehne eine entsprechende Heilbehandlung in stationärer Pflege ab. Der Beklagte sei daher dem Gründe nach nicht verpflichtet, der Klägerin einen Geldunterhalt zu leisten. Im übrigen bestritt der Beklagte auch die Angemessenheit des geltend gemachten Unterhaltsanspruches.
Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Bezahlung eines Unterhaltsbeitrages von 900 S monatlich ab 25. Mai 1965 und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte fest, daß die Klägerin, die mit dem Beklagten seit 29. Dezember 1955 verheiratet sei, insgesamt dreimal wegen eines nervösen Leidens in der Heil- und Pflegeanstalt angehalten worden sei. Ihre letzte Anhaltung vom 20. Februar 1965 bis 7. Mai 1965 sei mit Beschluß des Bezirksgerichtes K. vom 5. Mai 1965 für nicht zulässig erklärt worden. Es sei allerdings über Antrag des Beklagten gegen sie ein Entmündigungsverfahren anhängig. Gegen den Beklagten laufe wegen Verdachtes des Verbrechens der Einschränkung der persönlichen Freiheit ein Strafverfahren, da nach der Behauptung der Klägerin ihr Gatte es am 12. August 1965 in rechtswidriger Weise versucht habe, sie gegen ihren Willen und unter Anwendung einer besonderen List wieder in die geschlossene Anstalt einzuliefern. Dieser Versuch sei gescheitert. Im Entmündigungsverfahren habe der ärztliche Sachverständige dargelegt, daß keine Veranlassung für eine neuerliche Einweisung in die geschlossene Anstalt bestanden habe. Der Beklagte weigere sich daher ungerechtfertigt, die Klägerin in die häusliche Gemeinschaft aufzunehmen, und trage die Schuld an der Aufhebung dieser Gemeinschaft. Die Klägerin habe keine Eheverfehlung begangen, sie habe deshalb dem Gründe nach Anspruch auf Geldunterhalt.
Das Urteil des Erstrichters wurde von beiden Streitteilen angefochten.
Im Zuge des Berufungsverfahrens veranlaßte das Berufungsgericht zunächst die Bestellung eines vorläufigen Bestandes für die Klägerin. Da dieser ausdrücklich ihre bisherige Prozeßführung genehmigte, verwarf das Berufungsgericht die vom Beklagten erhobene Nichtigkeitsberufung. Im übrigen wurde das Ersturteil mit Ausnahme seiner Kostenentscheidung bestätigt.
In bezug auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin dem Gründe nach war das Berufungsgericht der Auffassung, daß bei aufrechter Ehe der Mann seiner Gattin Geldunterhalt zu leisten habe, wenn diese aus triftigen Gründen außerhalb der Ehe lebe und zur Rückkehr bereit sei. Diesen Unterhaltsanspruch verwirke die Frau nur dann, wenn sie schuldhaft ein Verhalten an den Tag lege, das es dem Ehemann unzumutbar erscheinen lasse, sie in die eheliche Gemeinschaft aufzunehmen. Leide die Frau an einer gefährlichen und ansteckenden Krankheit, die dem Mann die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft unzumutbar mache, müsse er alles unternehmen, um der Frau die Heilung ihrer Krankheit zu ermöglichen, er müsse daher auch die Frau auffordern, sich auf seine Kosten zur Behandlung in eine Anstalt zu begeben. Die Weigerung einer - geistig gesunden - Frau, dieser Aufforderung zu entsprechen, sei ein schuldhafter Verstoß gegen das Wesen der Ehe, nämlich gegen ihre vom Gesetz normierte Beistandspflicht, und würde unter Umständen zur Verwirkung ihres Unterhaltsanspruches führen. Nach den Behauptungen des Beklagten, die durch das Gutachten des Sachverständigen im Entmündigungsverfahren bestätigt werden, sei die Klägerin geisteskrank. Sie sei daher, auch wenn die Krankheit in Schüben auftrete, wohl nicht in der Lage, ihren Krankheitszustand richtig zu beurteilen und die Bedeutung einer Aufforderung, sich wieder zur stationären Behandlung in die Heil- und Pflegeanstalt zu begeben, zu erfassen. Deshalb könne man nicht sagen, daß sie sich grundlos und demnach schuldhaft weigere, der Aufforderung des Beklagten nachzukommen, zumal ihre weitere Anhaltung mit gerichtlichem Beschluß für unzulässig erklärt worden sei. Solange die Klägerin nicht wieder durch gesetzmäßige Einweisung oder freiwillig in Anstaltspflege sei, könne die Weigerung des Beklagten, ihr Geldunterhalt zu leisten, nicht als berechtigt anerkannt werden.
Der Oberste Gerichtshof wies die vom Beklagten erhobene Revision zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Revision ist gemäß § 502 (2) ZPO. nicht zulässig.
Nach Judikat 60 neu ist die Anfechtung der Entscheidung der zweiten Instanz ausgeschlossen, soweit Verfahren und Entscheidung die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche zum Gegenstand haben. Das Rechtsmittel an die dritte Instanz ist also insbesondere zulässig, wenn die Anfechtung die Entscheidung über den Grund des Anspruches oder über verfahrensrechtliche Voraussetzungen betrifft.
Im vorliegenden Fall stellte nun der Beklagte nicht in Abrede, zur entsprechenden Unterhaltsleistung an die Klägerin als seine Ehefrau verpflichtet zu sein, er steht jedoch auf dem Standpunkt, nur dann eine Leistung erbringen zu müssen, wenn die Klägerin in eine geschlossene Anstalt geht.
Nach Auffassung des erkennenden Senates betrifft nun die Frage, ob der Beklagte als Ehemann die Unterhaltsleistung an seine Gattin direkt oder im Wege der Bezahlung der Anstaltskosten und aller sonstigen Auslagen zu erbringen hat, nicht den Grund des Anspruches. Die Entscheidung der zweiten Instanz hierüber unterliegt daher keiner weiteren Anfechtung, weshalb die Revision als unzulässig zurückzuweisen war...
Anmerkung
Z39149Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1966:0050OB00260.66.0915.000Dokumentnummer
JJT_19660915_OGH0002_0050OB00260_6600000_000