Norm
ABGB §1294Kopf
SZ 39/170
Spruch
Eine allgemeine Rechtspflicht zur Verhinderung von Schäden besteht nicht
Der Wohnungsinhaber haftet für den Schaden, der durch das infolge eines Funktionsfehlers bei dem lange Zeit unbeaufsichtigten Betrieb einer Waschmaschine ausfließenden Wasser entsteht
Ein auffallender Mangel an Gewissenhaftigkeit, der auf einem Hang zur Nachlässigkeit beruhen muß, kann jemanden auch schon auf Grund eines einmaligen groben Versagens als untüchtige Person gemäß § 1315 ABGB. erscheinen lassen
Der Geschädigte hat die Verletzung der Rettungspflicht auch bei bloß leichter Fahrlässigkeit zu vertreten
Entscheidung vom 18. Oktober 1966, 8 Ob 227/66
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien
Text
Die vom "A.-Werk", dem Nebenintervenienten auf Seite der drittbeklagten Partei, für den Waschmaschinentyp "P." verwendeten, von der Firma "Ph-Gummiwerke" erzeugten Wasserzuleitungsschläuche genügen nach den Untersuchungen des "A.-Werkes" für einen Betriebsdruck von 8 atü, halten eine Dauerbelastung von 12 atü aus und bersten bei einem Druck von 18 atü. Die an die Zentrale der Firma "X" in V. gelieferten Waschmaschinen dieses Typs wurden dort nur stichprobenweise überprüft, wobei aber keine Möglichkeit bestand, den Schlauchdruck selbst zu prüfen. Sobald ein neues Gerät in Österreich vertrieben werden soll, läßt die Firma X die erforderlichen behördlichen Überprüfungen durchführen. Diese Firma hat eine Zweigniederlassung in Wien, die drittbeklagte Partei. An der Spitze der Zentrale standen zwei Einzelprokuristen, denen u. a. auch die technische Abteilung unterstand, die seit 1962 Ing. y führte. Sein Vorgänger K. hatte ihm Aktenunterlagen zurückgelassen, aus denen ersichtlich war, daß nach Mitteilung des Wiener Abteilungsleiters N. zum Anschluß an die Wiener Wasserleitung eine behördliche Genehmigung des Anschlußschlauches erforderlich ist und bereits im Jahre 1961 für die von der Firma X ebenfalls vertriebene Waschmaschine des Typs "M." um die Genehmigung angesucht worden war. Ing. Y fragte bei Beginn seiner Tätigkeit nach den Sicherheitsvorschriften, doch wurde ihm über die Wiener Sicherheitsvorschriften hinsichtlich des Waschmaschinenanschlusses nichts berichtet. Vor dem 13. Juni 1964 hatte er in die Unterlagen seines Vorgängers keine Einsicht genommen und die Waschmaschine "P."
für den Verkauf in Wien freigegeben. Ihm war N. unterstellt, der als Leiter des technischen Kundendienstes um die erforderlichen Bewilligungen bei den Behörden ansuchen und die Geräte zu diesem Zwecke vorher überprüfen lassen mußte. Als die Waschmaschine des Typs "P." im Jahre 1963 in das Verkaufsprogramm der drittbeklagten Partei aufgenommen wurde, wurde sie zwar von der Prüf- und Versuchsstelle der Wiener Elektrizitätswerke in elektrotechnischer Hinsicht überprüft. Es hätte aber auch ein Prüfungsbefund über die Druckfestigkeit des Zuleitungsschlauches eingeholt und bei den Wiener Wasserwerken um die Anschlußgenehmigung angesucht werden müssen. N. war bereits zehn Jahre lang einschlägig tätig gewesen und galt als zuverlässig. Er war es auch, der im Jahre 1961 bezüglich der Waschmaschine "M." den vorschriftsmäßigen Weg eingehalten hatte. Im Falle der Anschlußgenehmigung für die "P." unternahm er aber nichts, meldete aber der Einkaufsabteilung der Zentrale in V., daß die behördlichen Bewilligungen für diese Waschmaschine vorlägen.
Darauf übersandte die Zentrale Waschmaschinen dieser Type an die Wiener Zweigniederlassung, die den Vertrieb aufnahm.
Anläßlich des Verkaufes der gegenständlichen Waschmaschine wurde der Erstbeklagten vom Verkaufspersonal erklärt, die Waschmaschine arbeite vollautomatisch und schalte sich von selbst wieder ab, man könne sie ohne Aufsicht lassen, sie am Morgen einstellen und am Abend die gewaschene Wäsche herausnehmen. Allerdings wurde der Käuferin nicht zugesagt, daß nicht Defekte auftreten könnten. Wenige Wochen vor dem 13. Juni 1964 war es anläßlich des Betriebes der Waschmaschine der Erstbeklagten zu einer kleinen Überschwemmung gekommen, weil das aus dem Abflußschlauch der Waschmaschine abfließende Wasser einen zu nahe gelegenen Lappen in die Ablauföffnung der Waschmuschel spülte, diese verstopft wurde und das Waschbecken überfloß. Der Garantieurkunde ist zu entnehmen, daß mit Störungen und Fehlern der Waschmaschine gerechnet werden mußte.
Am 12. Juni 1964 zwischen 19 und 20 Uhr setzte Peter P., Sohn der Erstbeklagten und Bruder des Zweitbeklagten, im Auftrag der Erstbeklagten die Waschmaschine in Betrieb. Peter P. und der Zweitbeklagte entfernten sich zwischen 20 Uhr 30 und 21 Uhr aus der Wohnung. Etwa 20 Minuten später verließ auch die Erstbeklagte die Wohnung. Die Waschmaschine blieb aber in Betrieb. Als Peter P. als erster in der Nacht um zirka 2 Uhr heimkam, traf er das Vorzimmer und das Kabinett, in welchem die Waschmaschine aufgestellt war, von Wasser überschwemmt an und sah aus dem geplatzten Zuleitungsschlauch Wasser spritzen. Er drehte den Wasserhahn ab und wusch das im Vorzimmer zirka 5 mm hoch stehende Wasser auf. Der Zweitbeklagte kam erst etwa eine halbe Stunde später nach Hause und erfuhr durch seinen Bruder, daß Wasser ausgeronnen sei. Der Wasserzuleitungsschlauch wies einen etwa 12 mm langen Riß auf. Das Platzen ist darauf zurückzuführen, daß der Schlauch dem auf ihn einwirkenden Druck nicht stand hielt. In Wien ist der Druck des Wasserleitungsstranges relativ hoch und schwankt zwischen 3.5 und 13 atü, wobei erfahrungsgemäß Druckstöße bis zu 16 atü auftreten. Nachts ist der Druck wegen des geringeren Verbrauches wesentlich höher als am Tag. Deshalb verlangen die Wiener Wasserwerke nach den von ihnen gewonnen Erfahrungen eine Druckfestigkeit von 18 atü. Über diese hinaus wird beim Betrieb einer Waschmaschine wegen des sich bei jedem Waschvorgang siebenmal wiederholenden Öffnens und schlagartigen Schließens des Einlaufventils eine weitere Druckschwankung erzeugt, wobei die Steigerung im Mittel 4 atü beträgt. Falls ein angeschlossener Schlauch nicht nur den Druck des Wasserleitungsanschlusses, sondern noch derartige zusätzliche Druckschwankungen aushalten muß, verlangen die Wiener Wasserwerke eine Druckfestigkeit für einen Schwelldruck von 7.5 bis 22.5 atü.
Der geplatzte Schlauch wurde nach dem Schadenseintritt von der Versuchsanstalt für Baustoffe überprüft und platzte bei einem allmählichen Ansteigen des Druckes bei einem solchen von 24 atü, hingegen schon bei Druckschwankungen von 6 bis 18 atü und 136 Frequenzen pro Minute nach 5280 Lastwechseln. Er war daher zur Aufnahme rascher Druckschwankungen bis zu 7.5 und 22.5 atü, wie sie im Wiener Wasserleitungsnetz auftreten können, nicht geeignet und ist deshalb beim Betrieb der Waschmaschine geplatzt.
Unter der Wohnung der Erstbeklagten liegt ein Magazin der Klägerin, das aus einem tiefer gelegenen vorderen und einem höher gelegenen hinteren Raum besteht. Auf dem fugenlos verklebten Fußbodenbelag aus Linoleum im unteren Raum lagerten Lederballen. Das von der Wohnung der Erstbeklagten durchgesickerte Wasser tropfte an einigen Stellen auf die Lederballen und durchnäßte diese sowohl oben als auch unten. Es bildeten sich auf dem Fußboden Pfützen, die darin stehenden Ballen wurden nur an den unteren Kanten der Häute naß. Ein anderer Teil der Ballen war trocken geblieben. Die klagende Partei erfuhr erst am Montag, dem 15. Juni 1964, kurz nach Beginn der Geschäftszeit vom schädigenden Ereignis, weil die Magazinräume während des Wochenendes nicht überwacht werden und die klagende Partei vom Wasseraustritt in der darübergelegenen Wohnung von niemand verständigt wurde. Am 15. Juni 1964 hatte sich an den nassen Stellen des Leders bereits Schimmel gebildet, der durch Auflegen oder Trocknen der Häute hätte nicht mehr beseitigt werden können. Die Klägerin, die zwar keinen Sachverständigen beizog, weil ihre Inhaber selbst sachverständig waren, ließ das Wasser auf dem Fußboden aufwischen und die feuchten Ballen in den oberen Raum des Magazins bringen. Die trockenen Ballen wurden weiterhin im unteren Raum belassen. Als die klagende Partei am 4. August 1964 einen der anscheinend trocken gebliebenen Ballen verkaufen wollte, stellte sich heraus, daß dieser an der unteren Fläche und das Linoleum darunter feucht waren. Darauf wurden sämtliche im unteren Raum verbliebenen Ballen neuerlich untersucht. Es zeigte sich, daß weitere 17 Ballen feucht und schimmelig geworden waren, während die restlichen 26 Ballen trocken geblieben waren. Das Linoleum wurde aufgerissen und dabei festgestellt, daß an einer hinter einer Stellage verborgenen Wand Wasser von der Decke geflossen war und den unter dem Linoleum befindlichen Parkettboden durchnäßt hatte. Durch den Druck der 80 bis 150 kg schweren Lederballen war die Feuchtigkeit des Parkettbodens vom Linoleum und in der Folge von den Lederballen angesaugt worden.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß die Erst- und Drittbeklagte zur ungeteilten Hand dem Gründe nach zum Ersatz des Schadens der Klägerin verpflichtet seien, und wies mit Endurteil das Klagebegehren gegen den Zweitbeklagten ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei gegen die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich der zweitbeklagten Partei, ebenso den Berufungen der erst- und drittbeklagten Parteien in der Hauptsache keine Folge.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge und bestätigte das zweitinstanzliche Urteil in Ansehung des Zweitbeklagten, gab hingegen den Revisionen der Erst- und Drittbeklagten sowie des Nebenintervenienten Folge, hob die untergerichtlichen Urteile in Ansehung der Erst- und Drittbeklagten auf und verwies in diesem Umfang die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
I. Zur Revision der Klägerin:
Auf die in der Rechtsrüge aufgeworfene Frage der möglichen Schadensminderung für den Fall, daß der Zweitbeklagte die Klägerin vom Schadensfall frühzeitig verständigt hätte, und damit auf die Frage, ob zwischen der Unterlassung einer solchen Verständigung durch den Zweitbeklagten und dem Schadensumfang ein ursächlicher Zusammenhang bestanden hat, braucht mangels Vorliegens der Rechtswidrigkeit einer solchen Unterlassung nicht eingegangen zu werden.
Rechtswidrig ist die Unterlassung einer besonderen Verbindlichkeit das Übel zu verhindern (§ 1301 ABGB.). Eine Beschädigung begrundet nur dann einen Schadenersatzanspruch, wenn sie ein Interesse durch Zuwiderhandeln gegen eine eben dieses Interesse schützende Rechtsnorm verletzt (Ehrenzweig, System II/1 § 301 Punkt III S. 48). Eine rechtswidrige Unterlassung setzt ein pflichtgemäßes Handeln voraus. Eine Pflicht zum Handeln kann auch dann vorliegen, wenn jemand eine verpflichtende Vorhandlung gesetzt hat (Ingerenzprinzip). Es besteht aber kein allgemeines Rechtsgebot, um die Verhinderung von Schäden bemüht zu sein, sodaß in der Regel ein Unterlassen nicht verantwortlich macht (Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, S. 153). Dem von der Klägerin in der Revision vertretenen Standpunkt, den diese aus Klang - Wolff, Komm.[2] VI 18, ableitet, es sei jede Unterlassung rechtswidrig, wenn nach vorzunehmender Interessenabwägung am Handeln ein größeres Interesse als an der Unterlassung besteht, kann in dieser allgemeinen Formulierung nicht gefolgt werden.
Der Zweitbeklagte war nur Mitbewohner in der Wohnung seiner Mutter, der Erstbeklagten. Er hat die Inbetriebnahme der Waschmaschine am Abend des 12. Juni 1964 weder veranlaßt noch selbst vorgenommen. Er war nicht verpflichtet, den Betrieb der Waschmaschine zu verhindern oder dafür zu sorgen, daß diese unter Aufsicht gestellt werde. Er hat keine Vorhandlung gesetzt, durch die er verhalten gewesen wäre, den Schaden oder dessen Vergrößerung abzuwenden. Es traf ihn also keine Verbindlichkeit, das Übel zu verhindern. Sein Verhalten war daher nicht rechtswidrig, sodaß seine Haftung für den Schaden der Klägerin nicht gegeben ist.
Der Rechtsrüge und damit der Revision der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen.
II. Zur Revision der Erstbeklagten:
Die Rechtsrüge setzt sich mit den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes SZ. IX 120, SZ. XX 203, ZBl. 1937 Nr. 159, MietSlg. 16.177 auseinander und vermeint, diese Entscheidungen sprächen nicht für, sondern gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Erstbeklagte wegen der Gefährlichkeit der aufgestellten Sache gemäß § 1318 ABGB. ersatzpflichtig sei.
§ 1318 ABGB. begrundet eine Haftung des Wohnungsinhabers aus verbotener Gefährdung und setzt nicht ein Verschulden in der Richtung voraus, daß der Wohnungsinhaber die Gefahr erkennen konnte. Ob eine Gefahr bestand, ist vielmehr objektiv zu beurteilen (Klang-Komm.[2] VI 106 bei Anm. 23, Ehrenzweig, System[2] II/1, § 404 S. 686). Nach den Feststellungen der Untergerichte war der von der drittbeklagten Partei gelieferte Anschlußschlauch für die Druckverhältnisse der Wiener Wasserleitung in Verbindung mit dem fallweise, durch den Betrieb der Waschmaschine bedingten, erhöhten Wasserdruck ungeeignet und den an ihn gestellten Anforderungen nicht gewachsen. Nicht jede Gefahr kann aber als Gefahr im Sinne des § 1318 ABGB. beurteilt werden. Es muß vielmehr eine nach den allgemeinen Lebenserfahrungen und Lebensgewohnheiten einkalkulierbare Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes gefordert werden (1 Ob 218/65 u. a.). Die in Betrieb gesetzte Waschmaschine war stundenlang unbeaufsichtigt geblieben. Es kann dahingestellt bleiben, ob darin ein Verschulden der Erstbeklagten gelegen war, jedenfalls war das vom geöffneten Wasserhahn durch die Funktionsgebrechen ausgesetzte Waschmaschine lange Zeit unbeaufsichtigt fließende Wasser in diesem Falle nach allgemeiner Lebenserfahrung gefährlich verwahrt, zumal es wohl als üblich angesehen werden kann, nach Ablauf des Waschvorganges den Wasserhahn zu schließen und überhaupt den Waschvorgang wenn schon nicht ständig, so doch fallweise zu überwachen. Diese Erwägung führt zur Annahme der Haftung der Erstbeklagten gemäß § 1318 ABGB. Wenn auch die Automatik der Waschmaschine selbst nicht versagt hat, sondern ein Fehler der Anschlußvorrichtung vorhanden gewesen ist, so begrundet die dargestellte Art der Verwahrung des Leitungswassers im Zusammenhalt mit der Nichtbeaufsichtigung der Maschine durch längere Zeit die Ersatzpflicht der Erstbeklagten gegenüber der Klägerin. Soweit sohin die Revision der Erstbeklagten deren Haftungspflicht gemäß § 1318 ABGB. bekämpft, mußte sie erfolglos bleiben. Daß die Revision der Erstbeklagten trotzdem zur Aufhebung der die Erstbeklagte betreffenden untergerichtlichen Entscheidungen führt, da das Revisionsgericht, wenn Rechtsrüge erhoben wird, nicht auf die revisionsgegenständlichen Rechtsfragen beschränkt ist, wird tieferstehend ausgeführt.
III. und IV. Zur Revision der drittbeklagten Partei und des Nebenintervenienten:
Die Revisionen der drittbeklagten Partei und des Nebenintervenienten richten sich in rechtlicher Hinsicht gegen die Meinung der Untergerichte, die Angestellten der drittbeklagten Partei, N. und Ing. Y, seien als untüchtige Besorgungsgehilfen im Sinne des § 1315 ABGB. anzusehen. Das Vergessen des Zeugen N., die Überprüfung des Anschlußschlauches und die Genehmigung des Anschlusses durch das Wiener Wasserwerk zu veranlassen, sei ein einmaliger Fehler gewesen, der umso leichter habe unterlaufen können, weil Wien hinsichtlich der Wasserdruckverhältnisse eine Ausnahmsstellung einnehme. Ein einziger Fehler mache N. nicht zum untauglichen Besorgungsgehilfen, zumal N. mit vielen Geräten zu tun gehabt und der Absatz der Waschmaschine "P." in Wien eine untergeordnete Rolle gespielt habe.
Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. N. hatte nach den Feststellungen der Untergerichte die Aufgabe, die Genehmigung des Anschlusses des Typs "P." vom Wiener Wasserwerk - selbstverständlich vor dem Verkauf dieses Typs - einzuholen. Ihm war bekannt, daß eine besondere Genehmigung wegen der besondern Wasserdruckverhältnisse erforderlich und vorgeschrieben war. In Kenntnis dieser Vorschriften hatte er bezüglich des Typs "M." die Anschlußgenehmigung eingeholt gehabt. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß in der Nichtbeschaffung des Prüfungsgutachtens und der Anschlußgenehmigung ein sehr erhebliches Fehlverhalten des Zeugen N. zu erblicken ist. Dieser hätte schon auf Grund seiner Erfahrung und seiner Kenntnisse über die besonderen Verhältnisse in Wien auf die erforderliche Anschlußgenehmigung nicht vergessen dürfen. Dieser grobe Fehler des Besorgungsgehilfen N. betraf eine sehr wichtige Angelegenheit. Es ist N. demnach im vorliegenden Fall ein Mangel an Gewissenhaftigkeit vorzuwerfen, der auf einem Hang zur Nachlässigkeit beruhen muß und N. als untüchtige Person erscheinen läßt (vgl. SZ. XXVI 96 u. a.).
Da sohin die Haftung der drittbeklagten Partei gemäß § 1315 ABGB. gegeben ist, war nicht mehr zu untersuchen, ob auch Y. als untüchtiger Besorgungsgehilfe im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen ist. Damit erweist sich die Rechtsrüge hinsichtlich der Ersatzpflicht der drittbeklagten Partei als unbegrundet.
Berechtigt ist jedoch der auch in erster Instanz erhobene Einwand, die Klägerin habe die aus der Bestimmung des § 1304 ABGB. abzuleitende Rettungspflicht verletzt. Auf Grund dieser Pflicht hat der Geschädigte seinen Schaden möglichst gering zu halten. Er büßt einen Teil seines Ersatzanspruches ein, wenn er die Beschädigung oder deren Vergrößerung nicht verhindert hat, obwohl er dies hätte tun können. Den Geschädigten trifft daher eine Sorgfaltspflicht bei drohenden oder noch fortwirkenden Beschädigungen (RiZ. 1960 S. 45, Klang-Komm.[2] VI 58, 59 Punkt I). Hat die klagende Partei die ihr zumutbare Aufmerksamkeit, die Vergrößerung ihres Schadens abzuwehren, nicht angewendet, dann muß ihr ein Verschulden angerechnet werden.
Der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht, die Verletzung der Rettungspflicht habe der Geschädigte nur im Falle grober Fahrlässigkeit oder Vorsatzes zu vertreten und vom Geschädigten könne im allgemeinen zur Abwehr des Schadens keine positive Handlung verlangt werden, kann nicht beigetreten werden, weil sich für diese Auffassung im Gesetz keine hinreichende Stütze findet. Wenn in einigen Entscheidungen (z. B. 7 Ob 1/65, 7 Ob 199/65) unter Bezugnahme auf Ehrenzweig, Obligationenrecht[2], § 389 S. 597 f., der Standpunkt vertreten wird, nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz habe der Geschädigte im Rahmen seiner Rettungspflicht mitzuhaften, so ist damit für diese Auffassung nichts gewonnen, weil Ehrenzweig an der zitierten Stelle die Rettungspflicht des Versicherungsnehmers nach dem Vertragsversicherungsrecht behandelt, die für das Vertragsversicherungsrecht (§ 62 VersVG.), nicht aber für das allgemeine Schadenersatzrecht Geltung hat.
Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Geschädigte auf Grund des § 1304 ABGB. verpflichtet ist, den Schaden - auch durch positives Tun - möglichst gering zu halten, soweit ihm ein solches, weiteren Schaden abwehrendes Verhalten im konkreten Fall zumutbar ist.
Nach den Feststellungen der Untergerichte tropfte das aus der. Wohnung der Erstbeklagten durchgesickerte Wasser an einigen Stellen auf die Lederballen und auf den Fußboden des unteren Lagerraumes, auf dem sich Pfützen bildeten. Am 15. Juni 1964, als der Schaden entdeckt wurde, hatte sich an den nassen Stellen des Leders bereits Schimmel angesetzt. Die Klägerin ließ darauf das Wasser auf dem mit Linoleum bedeckten Fußboden aufwischen und die feuchten Ballen in den oberen Magazinraum bringen. Die anscheinend trocken gebliebenen Ballen wurden im unteren Raum gelassen. Erst am 4. August 1964 wurde entdeckt, daß weitere 17 Ballen feucht und schimmelig geworden waren, während nur noch 26 Ballen trocken geblieben waren. Erst jetzt wurde festgestellt, daß an einer hinter einer Stellage verborgenen Wand Wasser von der Decke geflossen war und den unter dem Linoleum befindlichen Parkettboden durchnäßt hatte. Infolge des Druckes der 80 bis 150 kg schweren Lederballen war die Feuchtigkeit des Parkettbodens vom Linoleum und danach von den Lederballen angesaugt worden. Wenn durch das Gewicht der Lederballen das unter das Linoleum geronnene Wasser vom Leder allmählich angesaugt worden und der Klägerin dadurch ein größerer Schaden entstanden ist, als er am Tage der Entdeckung des Schadensfalles (15. Juni 1964) bereits eingetreten war, so hätte ein Teil des schließlich beschädigten Leders unversehrt gerettet werden können, wenn schon am 15. Juni 1964 die Tatsache, daß Wasser auch unter das Linoleum geronnen war, entdeckt worden wäre. Besonders im Hinblick auf die von der Klägerin betonte besondere Empfindlichkeit des gelagerten Leders gegenüber Feuchtigkeit hätte die Klägerin, deren Personal fachkundig war, eine genaue Überprüfung des Fußbodens und jener Stellen, auch der Wand hinter der Stellage, wo Wasser zugeflossen war, vornehmen müssen. Da sie dies damals nicht veranlaßt und sich nur mit dem Aufwischen des Bodens und Wegschaffen der bereits feuchten Lederballen begnügt hat, ist ihr durchUnterlassung der zumutbaren Vorkehrungen allenfalls eine schuldhafte Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht, den Schaden möglichst gering zu halten, zum Vorwurf zu machen.
Da nicht festgestellt erscheint, welcher Teil des erst am 4. August 1964 entdeckten Schadens - nur dieser kommt für die Mithaftung der Klägerin in Betracht - auf die Vernachlässigung dieser zumutbaren Sorgfalts- bzw. Rettungspflicht zurückzuführen ist und in welchem Maße der Klägerin die Überprüfung der für die Durchfeuchtung in Betracht kommenden Stellen an der Wand und unter dem Fußbodenbelag leicht oder nur unter Aufwand von viel Zeit, Mühe und Kosten möglich gewesen wäre, war für die Fällung eines Zwischenurteiles des Inhaltes, daß die Klagsforderung, welche auf Ersatz des gesamten Schadens gerichtet ist, dem Gründe nach zu Recht bestehe, kein Raum. Aus diesem Gründe mußten die Urteile erster und zweiter Instanz, soweit sie die erst- und drittbeklagte Partei betreffen, aufgehoben und mußte dem Erstgerichte die Ergänzung des Verfahrens und die neuerliche Urteilsschöpfung aufgetragen werden.
Anmerkung
Z39170Schlagworte
Allgemeine Rechtspflicht, keine - zur Verhinderung von Schäden, Besorgungsgehilfe, untüchtiger, einmaliges grobes Versagen, Fahrlässigkeit, leichte, Verletzung der Rettungspflicht bei -, Geschädigter, Haftung des - für Verletzung der Rettungspflicht bei, leichter Fahrlässigkeit, Haftung für Besorgungsgehilfen nach einmaligem groben Versagen, Haftung des Wohnungsinhabers für Schaden durch eine Waschmaschine, Leichte Fahrlässigkeit, Verletzung der Rettungspflicht bei -, Rettungspflicht, Verletzung der - bei leichter Fahrlässigkeit, Schaden, keine allgemeine Rechtspflicht zur Verhinderung von -, Steiermärkischen, Haftung für Besorgungsgehilfen nach einmaligem groben, Versagen, Steiermärkischen, Schäden durch eine Waschmaschine, Untüchtiger Besorgungsgehilfe, einmaliges grobes Versagen, Waschmaschine, Haftung des Wohnungsinhabers für Schaden durch eine -, Wohnungsinhaber, Haftung des - für Schaden durch eine WaschmaschineEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1966:0080OB00227.66.1018.000Dokumentnummer
JJT_19661018_OGH0002_0080OB00227_6600000_000