Norm
Außerstreitgesetz §1Kopf
SZ 39/178
Spruch
Über die Aufnahme in die Revisorenlisten und die Streichung hieraus entscheidet ein Justizverwaltungssenat im außerstreitigen Verfahren
Entscheidung vom 25. Oktober 1966, 6 Ob 257/66
I. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck
Text
Gemäß § 1 des Gesetzes vom 10. Juni 1903, RGBl. Nr. 133, sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften verpflichtet, ihre Einrichtungen und ihre Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung mindestens in jedem zweiten Jahr der Prüfung durch einen der Genossenschaft nicht angehörenden sachverständigen Revisor zu unterwerfen. Gemäß § 2 kann ein den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechender Verband als berechtigt anerkannt werden, für die ihm angehörigen Genossenschaften den Revisor zu bestellen.
Gemäß § 9 der Verordnung vom 24. Juni 1903, RGBl. Nr. 134, können von den Gerichten und den politischen Landesbehörden nur Personen zu Revisoren bestellt werden, die in eine von den Oberlandesgerichten für jeden Oberlandesgerichtssprengel anzulegende Liste aufgenommen sind. Gemäß § 11 dieser Verordnung sind die Verbandsrevisoren zum Zwecke der Aufnahme in die Liste jeweils sogleich nach ihrer Bestellung vom Verbandsvorstand dem Oberlandesgericht namhaft zu machen. Ebenso ist ihre Enthebung dem Amte anzuzeigen. Ob sie infolge dieser Enthebung aus der Liste zu streichen sind, hat das Oberlandesgericht nach Ermessen zu entscheiden.
Im Sinne dieser Bestimmungen machte der Österreichische Verband gemeinnütziger Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen dem Oberlandesgericht Innsbruck mit Eingabe vom 8. März 1965 den Verbandsprüfungsassistenten Karl K. zur Eintragung in die Revisorenliste namhaft, welchem Antrag mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15. März 1965 entsprochen wurde. Mit weiterer Eingabe vom 5. Jänner 1966 teilte der Verband dem Oberlandesgericht Innsbruck das Ausscheiden Karl K.s als Verbandsprüfer mit, worauf der Verwaltungssenat des Oberlandesgerichtes Innsbruck mit dem angefochtenen Beschluß dem Karl K. mitteilte, daß er mit Rücksicht auf sein Ausscheiden aus dem Österreichischen Verband gemeinnütziger Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen gemäß § 11 der Verordnung vom 24. Juni 1903, RGBl. Nr. 134, in der Revisorenliste des Oberlandesgerichtes Innsbruck gelöscht werde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse des Karl K. Folge und hob den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß § 73 (2) GOG. entscheiden die Gerichtshöfe erster Instanz und die Oberlandesgerichte, soweit nichts anderes bestimmt ist, über Angelegenheiten der Justizverwaltung in Senaten, die aus dem Präsidenten des Gerichtshofes oder seinem Stellvertreter als Vorsitzenden und zwei Richtern bestehen.
Die Führung der Revisorenliste im Sinne der §§ 9 ff. der VO. vom 24. Juni 1903 ist ohne Zweifel eine Angelegenheit der Justizverwaltung, ähnlich etwa der Führung der Sachverständigenlisten. Während aber hinsichtlich dieser gemäß § 80 (2) Geo. die Entscheidung ausdrücklich dem Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz eingeräumt wurde, gegen dessen Entscheidung der Rechtszug im Verwaltungswege letzten Endes bis zum Verwaltungsgerichtshof möglich ist, fehlt eine solche Bestimmung bezüglich der Revisorenliste. Über die Aufnahme in diese Liste und die Streichung hieraus entscheidet demnach gemäß § 73 (2) GOG. der Justizverwaltungssenat, wie dies auch im vorliegenden Fall geschehen ist. Hingegen wurden die entsprechenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Wien und Graz mit Bescheiden des Bundesministeriums für Justiz vom 7. Juli 1966 aufgehoben, da sie durch die Oberlandesgerichtspräsidenten selbst und nicht durch die Justizverwaltungssenate getroffen wurden.
Die Entscheidungen der Justizverwaltungssenate stellen sich gemäß Art. 87 (2) B-VG. als in Ausübung des richterlichen Amtes der Senatsmitglieder erflossen dar; sie können daher nicht im Verwaltungswege angefochten werden (Erkenntnis des VwGH. vom 19. Dezember 1957, ÖJZ. 1958 S. 333). Diese Entscheidungen sind vielmehr Akte der Gerichtsbarkeit (Art. 82 ff. B-VG.), die nur auf dem Wege und mit den rechtlichen Mitteln der gerichtlichen Prozeßordnungen bekämpft werden können (VfGH. vom 16. Oktober 1952, JBl. 1953 S. 72).
Die angefochtene Entscheidung des Verwaltungssenates des Oberlandesgerichtes Innsbruck ist demnach als Beschluß eines Gerichtes, das dagegen ergriffene Rechtsmittel sohin, ungeachtet seiner Bezeichnung als Berufung, als Rekurs aufzufassen. Rechtsmittelinstanz ist der dem Oberlandesgericht Innsbruck im gerichtlichen Instanzenzuge übergeordnete Oberste Gerichtshof, der ja gemäß § 2 des Gesetzes vom 24. Februar 1907, RGBl. Nr. 41, über die Ausübung der Gerichtsbarkeit bei den Oberlandesgerichten und dem Obersten Gerichtshof (abgedruckt unter Anm. 3 zu § 8 JN.) auch in Verwaltungsangelegenheiten in Senaten von fünf Richtern, von denen einer den Vorsitz führt, entscheidet.
Im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes sind der Entscheidung über den vorliegenden Rekurs auch nicht die Verwaltungsverfahrensgesetze zugrunde zu legen, wie der Rechtsmittelwerber meint, sondern die gerichtlichen Prozeßordnungen, und zwar das außerstreitige Verfahren. Der Oberste Gerichtshof folgt hiebei den Ausführungen Faschings, der im Kommentar I S. 128 folgendes ausführt:
"Obwohl § 1 AußStrG. ausdrücklich anordnet, daß im Außerstreitverfahren nur jene Rechtsangelegenheiten behandelt werden, die das Gesetz in dieses Verfahren verweist (RiZ. 1937 S. 346), sind durch Lehre und Rechtsprechung weitere Anwendungsgebiete des Außerstreitverfahrens erschlossen worden. Dabei wurde entweder aus der Natur des Anspruchs oder aus der Formulierung des Gesetzes angenommen, daß diese Ansprüche im Außerstreitverfahren zu behandeln seien. Die Tendenz der Gesetzgebung zielt auf eine Erweiterung des Gebietes der außerstreitigen Gerichtsbarkeit, weil die Formlosigkeit des Verfahrens, dessen Amtswegigkeit und das Mehrparteiensystem, das die Möglichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen verschiedener ganz oder teilweise widerstreitender Beteiligter eröffnet, das Verfahren in Außerstreitsachen grundsätzlich für die Erledigung der meisten Ansprüche geeigneter erscheinen läßt."
Diese Erwägungen treffen auch für den vorliegenden Fall zu, der in keiner Weise in den Rahmen eines streitigen Verfahrens paßt und sich überhaupt nur nach dem formloseren, amtswegigen Außerstreitverfahren behandeln läßt.
Da aus der angefochtenen Entscheidung Dritten noch keine Rechte erwachsen sind und sie sich auch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt, kann auf das Rechtsmittel eingegangen werden, obwohl seine Rechtzeitigkeit infolge Abfertigung der angefochtenen Entscheidung ohne Zustellausweis nicht mit Sicherheit feststellbar ist.
Inhaltlich ist der Rekurs berechtigt.
Wie bereits dargelegt wurde, entscheidet das Oberlandesgericht gemäß § 11 der mehrfach zitierten Verordnung nach Ermessen, ob Verbandsrevisoren nach ihrer Enthebung von diesem Amte aus der Liste zu streichen sind oder nicht. Ebenso wie beim Verwaltungsverfahren kann auch hier nach Ermessen nicht Willkür bedeuten (vgl. Erkenntnis des VwGH. vom 28. Oktober 1964, JBl. 1965 S. 531, VwGHSlg. 2602, Grüner in der Glosse zu der erstzitierten Entscheidung und die dort angeführte Literatur). Die für das Verwaltungsverfahren, in welchem Ermessensentscheidungen eine erheblich größere Rolle spielen, entwickelten Gedankengänge greifen auch hier Platz. Die Entscheidung des Verwaltungssenates bedarf daher, um überprüfbar zu sein, einer Begründung. Die angefochtene Entscheidung enthält eine solche nur insofern, als der Rekurswerber mit Rücksicht auf sein Ausscheiden aus dem Verband aus der Liste gestrichen wird. Ob die Möglichkeit, ihn dennoch in der Liste zu belassen, überhaupt erwogen wurde bzw. warum vom Ermessen in diesem Sinne nicht Gebrauch gemacht wurde, ist der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Eine Stellungnahme hiezu oder eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit ist daher nicht möglich.
Dies mußte dazu führen, daß dem Rekurs Folge gegeben, die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Oberlandesgericht Innsbruck eine neue Entscheidung aufgetragen wurde.
Anmerkung
Z39178Schlagworte
Außerstreitverfahren, Aufnahme in die Revisorenlisten bzw. Streichung, hieraus, Genossenschaft, Entscheidung über die Aufnahme in die Revisorenliste, und die Streichung hieraus durch einen Justizverwaltungssenat in, Außerstreitsachen, Justizverwaltungssenat gemäß § 73 (2) GOG., Aufnahme in bzw. Streichung, aus der Revisorenliste, Revisorenliste, Aufnahme in bzw. Streichung aus der -„ Justizverwaltungssenat gemäß § 73 (2) GOG.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1966:0060OB00257.66.1025.000Dokumentnummer
JJT_19661025_OGH0002_0060OB00257_6600000_000