Norm
ABGB §1434Kopf
SZ 39/195
Spruch
Die Pfändung einer bereits vor ihrer Fälligkeit vorschußweise unter Vorbehalt allfälliger Rückforderung berichtigten Forderung geht ins Leere
Entscheidung vom 15. November 1966, 8 Ob 318/66
I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz
Text
Auf Grund des vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages des Handelsgerichtes Wien vom 8. Mai 1962 beantragte die Klägerin gegen Helmut D. als Verpflichteten zur Hereinbringung der Forderung von 14.508 S s. A. die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten als Vertreter gegen den Beklagten zustehenden Ansprüche an Provisionen und die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung. Die Pfändung und Überweisung wurden antragsgemäß bewilligt.
Mangels Zahlung durch den Drittschuldner macht die Klägerin den ihr überwiesenen Anspruch mittels Klage geltend.
Der Erstrichter erkannte den Beklagten im Sinne des Klagebegehrens schuldig, der Klägerin 2500 S s. A. zu bezahlen. Nach seinen Feststellungen war der Verpflichtete Helmut D. in der Zeit von Ende 1964 bis Frühjahr 1965 als selbständiger Handelsvertreter bei der Firma J. KG. tätig. Einziger persönlich haftender Gesellschafter dieser Firma ist der Beklagte. Helmut D. stand eine Provision in der Höhe von 20% der vermittelten Auftragssumme zu. Die Verrechnung hatte jeweils zum Jahresende zu erfolgen; bei Stornierung des gebrachten Auftrages oder bei Uneinbringlichkeit der Forderung war ein entsprechender Teil der Provision rückzuverrechnen. Über Zahlungen a conto der erwarteten Provision wurde nichts vereinbart; es ist jedoch üblich, daß solche Akontozahlungen beim Einbringen von Aufträgen erfolgen. D. hat im Jahre 1964 4000 S an Provision erhalten, die endgültig mit 31. Dezember 1964 zu seinen Gunsten verrechnet wurden. Im Jahre 1965 hat D. bis 22. März 1965 verschiedene Provisionsvorschüsse erhalten. Die endgültige Abrechnung dieser Provisionsvorschüsse zum 31. Dezember 1965 ergab, daß D. an Provisionen 15.280 S verdient, jedoch Vorschüsse von insgesamt 17.280 S erhalten hatte. In rechtlicher Beziehung führte der Erstrichter aus, daß die Provisionsansprüche D.s vereinbarungsgemäß erst mit dem Tage der Abrechnung, sohin mit 31. Dezember 1965 fällig geworden sind und daß eine Aufrechnung der der Beklagten gegen D. zustehenden Gegenforderung infolge des dem Beklagten als Drittschuldner am 30. März 1965 zugestellten Zahlungsverbots nicht zulässig gewesen sei.
Infolge Berufung des Beklagten änderte das Berufungsgericht das angefochtene Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters, führte aber in rechtlicher Beziehung aus, daß gemäß § 1434 ABGB. die Bezahlung einer richtigen und unbedingten Schuld nicht deswegen zurückgefordert werden könne, weil die Zahlungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Die Firma J. KG. habe mit ihren Akontozahlungen tatsächlich die Provisionsansprüche des Verpflichteten erfüllen wollen und sich nur das Recht vorbehalten, im Falle von Stornierungen Teile dieser Provision wieder zurückzufordern. Sie habe daher eine noch nicht fällige Schuld an D. bezahlt und demnach, mit Ausnahme der vereinbarten Rückforderungsmöglichkeit, keinen Anspruch mehr auf Rückvergütung der geleisteten Zahlungen gehabt. Die Zahlungen durch den Beklagten seien bereits vor Zustellung des Zahlungsverbotes erfolgt, spätere Provisionsansprüche D.'s seien nicht mehr entstanden. D. habe daher keine Forderung gegen den Beklagten.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die klagende Partei bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die vom Beklagten an Helmut D. geleisteten Provisionsvorschüsse als Provisionszahlungen anzusehen seien und meint, daß der Beklagte die vorschußweise geleisteten Zahlungen nach Zustellung der Exekutionsbewilligung mit den am Jahresende (31. Dezember 1965) fällig gewordenen Provisionsforderungen nicht mehr hätte verrechnen dürfen. Nach den Feststellungen der Untergerichte ist zwischen dem Beklagten und Helmut D. über den Provisionsanspruch des letzteren vereinbart worden, daß D. für jeden Auftrag 20% Provision erhalte, wenn er den Auftrag allein bringe und sonst keine Nachlässe gewährt würden; die Verrechnung der Provision sollte jeweils zum Jahresende durchgeführt werden. Über Akontozahlungen sei nichts vereinbart worden, es sei aber üblich, daß solche Akontozahlungen beim Einbringen von Aufträgen gegeben würden. Tatsächlich habe D. solche Akontozahlungen jeweils bei der Vermittlung eines Auftrages im Gesamtausmaße von 17.280 S erhalten, was bei der Abrechnung am 31. Dezember 1965 eine Schuld D.s von 2000 S an den Beklagten ergeben hätte. Nach Zustellung der Exekutionsbewilligung habe D. weder weitere Vorschüsse erhalten noch weitere Aufträge gebracht. Es steht somit fest, daß Helmut D. nach Zustellung der Exekutionsbewilligung keine Aufträge mehr gebracht und daher auch keine Vorschußzahlungen mehr erhalten hat sowie daß die erhaltenen Vorschußzahlungen größer waren als die Provision, die D. nach den auf Grund seiner Aufträge eingegangenen Zahlungen hätte erhalten sollen. Im Zeitpunkte der Zustellung der Exekutionsbewilligung bestanden daher ohne Rücksicht auf die vereinbarte Fälligkeit des Provisionsanspruches keine Forderungen D.s gegen den Beklagten, die von der Exekution hätten erfaßt werden können, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat: denn dadurch, daß die beklagte Partei an D. Vorschußzahlungen geleistet hat, hat sie dessen allenfalls entstehende Forderungen aus dem Titel der Provision mit dessen Einverständnis vor deren Fälligkeit (§ 1413 ABGB.) unter Vorbehalt eines allfälligen Rückforderungsanspruches befriedigt, so als ob sie vorleistungspflichtig wäre. Mangels Bestehens einer Forderung D.s gegen die beklagte Partei ist aber die Exekution der klagenden Partei ins Leere gegangen.
Anmerkung
Z39195Schlagworte
Exekution auf vor Fälligkeit berichtigte Forderungen, Fälligkeit, Exekution auf vor - berichtigte Forderungen, Forderung, Pfändung einer vor Fälligkeit berichtigten -, Forderungsexekution, vor Fälligkeit berichtigte Forderungen, Forderungspfändung einer vor Fälligkeit berichtigten Forderung, Pfändung vor Fälligkeit berichtigter ForderungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1966:0080OB00318.66.1115.000Dokumentnummer
JJT_19661115_OGH0002_0080OB00318_6600000_000