TE OGH 1966/11/29 8Ob327/66

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Veröffentlicht am 29.11.1966
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Norm

ABGB §613
ABGB §830

Kopf

SZ 39/204

Spruch

Die auf einer fideikommissarischen Substitution beruhende Beschränkung des Eigentums eines Miteigentümers steht dessen Begehren auf Feilbietung gemäß § 830 ABGB. entgegen

Entscheidung vom 29. November 1966, 8 Ob 327/66

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien

Text

Der Kläger und der Beklagte sind je zu zwei Viertel Miteigentümer der Liegenschaft EZ. 194 KG. D. Das eine Miteigentumsviertel, hat der Kläger auf Grund der Einantwortung vom 19, November 1963 im Verlassenschaftsverfahren nach Franz B. (dem Vater des Klägers) erworben (Ordnungszahl 9/3 des Grundbuchsauszuges), das andere Miteigentumsviertel auf Grund des in der Substitutionsabhandlung betreffend den Substitutionsnachlaß nach Josef B. (dem Großvater der Streitteile) erlassenen Beschlusses vom 24. Februar 1964 (Ordnungszahl 10/4 des Grundbuchsauszuges). Hinsichtlich beider Miteigentumsviertel ist derzeit im Grundbuch die Beschränkung durch eine fideikommissarische Substitution eingetragen, und zwar in Ordnungszahl 9/3 auf Grund des Testamentes des Franz B. vom 17. Oktober 1956 in Verbindung mit den Übereinkommen vom 11. November 1963 und 3. Oktober 1963 zugunsten der Marie W. (der Tante des Klägers und Mutter des Beklagten) und deren Nachkommenschaft, in Ordnungszahl 10/4 auf Grund des Testamentes des Josef B. (des Großvaters der Streitteile) vom 11. Jänner 1915 und des Kodizills vom 5. November 1915 samt Anhang vom 12. November 1915 zugunsten der Marie W. und des Josef B. (eines Onkels des Klägers) sowie deren Nachkommenschaft.

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Er war der Ansicht, der Kläger könne im Hinblick auf die im Testament des Josef B. angeordnete fideikommissarische Substitution die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft nicht verlangen. Hinsichtlich der in der letztwilligen Anordnung des Josef V. enthaltenen Klausel "sollte mein Enkel Josef B. nach Eintritt des Substitutionsfalles jedoch vor Erlangung eigener erbberechtigter Nachkommenschaft versterben, so soll das Vermögen auch in solchem Falle der Maria W. und dem Josef B. bzw. deren Nachkommenschaft zufallen" war der Erstrichter der Ansicht, es könne erst nach dem Tode des Klägers gesagt werden, ob er eigene erbberechtigte Nachkommenschaft habe. Auf die Frage, ob unter eigener erbberechtigter Nachkommenschaft im Sinne der letztwilligen Anordnung des Josef B. auch die vom Kläger im Jahre 1963 an Kindes Statt angenommene Birgit K, verstanden werden könne, brauche bei dieser Sachlage ebensowenig eingegangen zu werden wie auf die weitere Einwendung des Beklagten, daß die Teilung zur Unzeit begehrt werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Es hob das Urteil der ersten Instanz unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht teilte nicht die Ansicht des Erstrichters, es könne erst nach dem Tode des Klägers beurteilt werden, ob der Kläger eigene erbberechtigte Nachkommenschaft im Sinn der letztwilligen Anordnung des Josef B. erlangt habe. Diese Bestimmung sei vielmehr dahin auszulegen, daß die auf der fideikommissarischen Substitution beruhende Eigentumsbeschränkung sogleich mit der Erlangung eigener erbberechtigter Nachkommenschaft erlösche. Der vom Erstrichter infolge seiner Rechtsansicht nicht weiter behandelten Frage, ob unter eigener erbberechtigter Nachkommenschaft auch das Adoptivkind des Klägers zu verstehen sei, komme daher entscheidende Bedeutung zu. Auf das Vorbringen der Parteien und das Beweisanbieten hiezu sei daher einzugehen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gegen die Ansicht der Vorinstanzen, die auf einer fideikommissarischen Substitution beruhende Beschränkung des Eigentums des Miteigentümers stehe dessen Begehren auf Feilbietung gemäß § 830 ABGB. entgegen, haben die Parteien nicht Stellung genommen. Diese Rechtsansicht erscheint auch zutreffend, weil ein solches Begehren mit der Beschränkung, die dem Eigentümer einer mit einer fideikommissarischen Substitution belasteten Sache gemäß § 613 ABGB. obliegt, nicht vereinbar ist. Es ist im vorliegenden Falle auch nicht ersichtlich, wie eine solche Veräußerung der im Miteigentum stehenden Liegenschaft ohne Nachteil des durch die fideikommissarische Substitution begünstigten Miteigentümers (des Beklagten) sollte durchgeführt werden können.

Der Meinung des Erstrichters, vor dem Ableben des Klägers könne nicht gesagt werden, ob der Kläger eigene erbberechtigte Nachkommenschaft im Sinn der letztwilligen Anordnung erlangt habe, der Kläger könne daher zu seinen Lebzeiten keinesfalls die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft begehren, hat sich das Berufungsgericht mit Recht nicht angeschlossen. Es handelt sich hier um eine Auslegung der letztwilligen Anordnung auf Grund des Inhaltes dieser Urkunde, also um eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt. Der Wortlaut und der Sinn der Urkunde sprechen für die Richtigkeit der Auslegung durch das Berufungsgericht, das Substitutionsband erlösche sogleich mit der Erlangung eigener erbberechtigter Nachkommenschaft durch den Kläger. Hätte es Josef B., wie der Erstrichter und der Beklagte meinen, darauf abstellen wollen, ob im Zeitpunkt des Todes des Klägers erbberechtigte Nachkommen des Klägers vorhanden seien, so wäre es ihm ein Leichtes gewesen, der letztwilligen Anordnung eine entsprechende Fassung zu geben. Nur nebenbei sei bemerkt, daß das auf einer inhaltlich gleichen Anordnung beruhende Substitutionsband hinsichtlich des von Josef B. der Marie W., der Mutter des Beklagten, vererbten Liegenschaftsanteiles aus ähnlichen Erwägungen auf Antrag des nunmehrigen Beklagten im Grundbuch gelöscht wurde (7 Ob 90/66).

Dem Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, das Berufungsgericht hätte die strittige Frage, ob unter eigener erbberechtigter Nachkommenschaft im Sinn der letztwilligen Anordnung des Josef B. auch Adoptivkinder zu verstehen seien, schon auf Grund des Wortlautes der letztwilligen Anordnung dahin beantworten können, daß Adoptivkinder nicht darunter zu verstehen seien. Wenn das Berufungsgericht zur Klärung des Sachverhaltes in diesem Belange die Aufnahme der in diesem Punkt angebotenen Beweise für erforderlich hält, so entzieht sich dies der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Auf das Substitutionsband, das hinsichtlich des zweiten Miteigentumsviertels des Klägers (Ordnungszahl 9/3 des Grundbuchsauszuges) eingetragen ist, wurde weder in den Entscheidungen der Vorinstanzen noch in den Rechtsmittelschriften der Parteien weiter eingegangen. Es ist daher auf Grund der Aktenlage nicht ersichtlich, ob hinsichtlich der Auslegung der hier maßgebenden Substitutionsanordnung des Franz B. (des Vaters des Klägers), die nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes einen ähnlichen Inhalt hat wie die Substitutionsanordnung des Josef B., Einigkeit zwischen den Parteien besteht. Daß etwa diesem Substitutionsband keine Bedeutung bei der Entscheidung der vorliegenden Streitsache zukäme, kann nicht von vornherein gesagt werden. Könnte doch unter Umständen auch dieses Substitutionsband, selbst wenn der Kläger unbeschränkter Eigentümer seines anderen Miteigentumsviertels sein sollte, dem Begehren des Klägers auf Feilbietung der ganzen Liegenschaft entgegenstehen.

Anmerkung

Z39204

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0080OB00327.66.1129.000

Dokumentnummer

JJT_19661129_OGH0002_0080OB00327_6600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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