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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde der AA in S, vertreten durch Dr. Reinhard Junghuber, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Lasserstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 16. November 2004, Zl. UVS-33/10196/4-2004, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i. A. Übertretung des AWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei wurde mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 4. Dezember 2003 schuldig erkannt, eine Übertretung des AWG begangen zu haben, weshalb über sie eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Dieser Bescheid wurde ihr am 11. Dezember 2003 zugestellt.
Die gegen diesen Bescheid am 30. Dezember 2003 erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Februar 2004 als verspätet zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde u.a. ausgeführt, die zweiwöchige Beschwerdefrist habe mit Ablauf des 29. Dezember 2003 geendet. Die am 30. Dezember 2003 eingebrachte Berufung sei somit verspätet.
Mit Bescheid vom 6. September 2004 wies der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin gleichfalls Berufung, welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. November 2004 keine Folge gegeben wurde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe auf Grund der Weihnachtsfeiertage vergessen, die Berufung rechtzeitig einzubringen. Dies könne nicht mit einem minderen Grad des Versehens bewertet werden. Es sei nämlich für die belangte Behörde nicht erkennbar, worin der Irrtum der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der "besonderen Konstellation" der Weihnachtsfeiertage 2003 gelegen sein solle. Ausgehend von der Zustellung des Straferkenntnisses am 11. Dezember 1003 hätte an sich die zweiwöchige Berufungsfrist mit Ablauf des 25. Dezember 2003 geendet. Da aber dieser Tag ebenso wie der 26. Dezember ein Feiertag gewesen sei, der 27. Dezember 2003 ein Samstag und der 28. Dezember 2003 ein Sonntag, seien der Beschwerdeführerin diese Tage zusätzlich zur Verfügung gestanden. Die Berufungsfrist habe erst mit Ablauf des nächsten Werktags, nämlich Montag, 29. Dezember 2003, geendet. Warum die Beschwerdeführerin auch diese fast 100 zusätzlichen Stunden ungenützt habe verstreichen lassen, sei weder nachvollziehbar, noch von ihr dargelegt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. In der Begründung wird u. a. dargelegt, die Beschwerdeführerin habe die Berufungsfrist keineswegs durch Sorglosigkeit oder unrichtige Vormerkung des Termins versäumt. Die Beschwerdeführerin sei erst am Dienstag, dem 30. Dezember 2003, der irrtümlichen Ansicht gewesen, es sei der erste Werktag und gleichzeitig der letzte Tag der Berufungsfrist. Es sei ein allgemein bekannter Umstand, der auch für einen Durchschnittsmenschen bzw. eine ordentliche Prozesspartei im Sinne des minderen Grad des Versehens verständlich sei, dass es bei untypisch aneinander gereihten Feiertagen und Sonntagen zu einer Verzerrung der Werktage komme, nämlich dergestalt, dass man der Ansicht sei, ein Montag sei noch der Sonntag. Dies vor allem dann, wenn man durch die Weihnachtsfeiertage in eine entsprechend feierliche und religiös beeinflusste Stimmung versetzt worden sei, welche medidativen Momenten vergleichbar zu einer vorübergehenden Entrückung aus der "Alltagswelt" führe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann jegliches Geschehen, also auch so genannte psychologische Vorgänge, wie Vergessen, Verschreiben, sich irren usw., als "Ereignis" im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG gewertet werden. Um die Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, muss das Ereignis aber für den Antragsteller unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein. Unabwendbar ist ein Ereignis jedenfalls dann, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann. Unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Das im Begriff der "Unvorhergesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahin zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein minderer Grad des Versehens unterläuft. Ein solcher minderer Grad des Versehens liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf aber nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. den hg. Beschluss vom 11. Juni 2003, Zl. 2003/10/0114).
Das Übersehen des Fristendes auf Grund der von der beschwerdeführenden Partei dargelegten "Stimmung" ist nicht geeignet darzulegen, dass der beschwerdeführenden Partei in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein minderer Grad des Versehens unterlaufen ist. Die beschwerdeführende Partei vermag daher mit ihrem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005070020.X00Im RIS seit
03.05.2005