TE OGH 1966/12/12 4Ob73/66

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Veröffentlicht am 12.12.1966
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Norm

ABGB §896
ABGB §1170
ABGB §1486 Z6

Kopf

SZ 39/211

Spruch

Für den Beginn der Verjährung des Anwaltshonorars ist die Beendigung des Auftragsverhältnisses in einer bestimmten Rechtssache maßgebend. Solange der Anwalt noch in die Lage kommen kann, pflichtgemäß im Interesse seines Klienten in dieser Rechtssache tätig zu werden, ist das Mandatsverhältnis nicht erloschen und daher auch die Fälligkeit des Honoraranspruches nicht eingetreten

Entscheidung vom 12. Dezember 1966, 4 Ob 73/66

I. Instanz: Arbeitsgericht St. Veit an der Glan; II. Instanz:

Landesgericht Klagenfurt

Text

Der Kläger beantragte, die Beklagte zur Zahlung des - eingeschränkten - Betrages von 3637.94 S s. A. zu verurteilen. Er habe als Dienstnehmer der Beklagten vor einigen Jahren einen Verkehrsunfall gehabt und sei dann von der Beklagten zum Rechtsanwalt Dr. K. geschickt worden, damit er von diesem auf ihre Kosten vertreten werde. Er habe eine Vollmacht Dris. K. unterfertigt und sei später auf Grund derselben von Dr. K. zum Ersatz der Kosten seiner Vertretung herangezogen worden. Auf Grund der Schuldübernahme der Beklagten sei er berechtigt, von ihr die bezahlten Kosten zurückzuverlangen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie bestritt, Rechtsanwalt Dr. K. zur rechtsfreundlichen Vertretung des Klägers in seiner Strafsache beauftragt oder ermächtigt zu haben. Sie wendete auch Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil es der beklagten Partei glaubte, daß sie Dr. K. nicht beauftragt und auch nicht ermächtigt habe, den Kläger zu verteidigen. Sie habe ihn darum nur unverbindlich ersucht.

Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 (1) Z. 3 ArbGerG. von neuem und gab der Klage statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Am 18. Juni 1956 habe sich auf der Ossiacher Bundesstraße nächst F. ein Verkehrsunfall ereignet, woran der Kläger als Lenker eines LKW, dessen Halterin die Beklagte gewesen sei, und Ing. Alfred W. als Lenker eines PKW beteiligt gewesen seien. Bei diesem Unfall sei das vom Kläger gelenkte Fahrzeug sehr schwer beschädigt worden. Der Kläger sei in diesem Zeitpunkt als Kraftfahrer in den Diensten der Beklagten gestanden. Der Gatte der Beklagten, Rudolf Kr., habe namens der Beklagten dem Rechtsanwalt Dr. Franz K. fernmündlich den Auftrag erteilt, den Kläger in dem gegen ihn anhängig gemachten Strafverfahren zu vertreten. Vorher habe er Dr. K. gefragt, ob er die Sache übernehme. Er habe beigefügt, Dr. K. solle alles daransetzen, den Freispruch des Klägers zu erwirken, damit die Beklagte zu ihrem Geld komme. Diese Sache sei kritisch, der (heutige) Kläger habe keine Zeugen, während mit Ing. W. einige Personen mitgefahren seien, die nach dem Unfall den Versuch unternommen hätten, mit Erde irgendwelche künstliche Spuren zu erzeugen. Anschließend an diese fernmündliche Aussprache habe sich der Kläger zu Dr. K. begeben, ihm die Informationen erteilt und eine Vollmacht gefertigt. Am 20. Dezember 1957 habe Dr. K. die Kosten der Verteidigung des Klägers in erster Instanz der Beklagten bekanntgegeben und in der Folge wiederholt vergeblich eingemahnt. Rudolf Kr. habe bei einer Vorsprache bei Dr. K. zu erkennen gegeben, daß er die Auftragserteilung durch ihn abstreiten werde. Dr. K. habe deshalb den einfacheren Weg gewählt und den Kläger, von dem er eine Vollmacht besessen habe, auf Zahlung der Kosten des Strafverfahrens erster Instanz geklagt. Am 8. April 1959 habe Dr. K. dem Kläger und dessen Gattin eine Abrechnung über die bisher abgeschlossenen Rechtssachen bekanntgegeben. Am 14. September 1960 habe er ihnen eine neuerliche Kostenabrechnung zugemittelt, worin die inzwischen eingegangenen Beträge abgebucht gewesen seien und sie gleichzeitig mit den Kosten neuerlich angelaufener Rechtssachen belastet worden seien. In diesem Schreiben habe Dr. K. auf die Kostenabrechnung vom 28. April 1959 - richtig 8. April 1959 - Bezug genommen. Da der Kläger und seine Gattin zwei Jahre hindurch keine Zahlung geleistet hätten, habe Dr. K. am 21. Februar 1962 zu GZ. C.../62 des Bezirksgerichtes St. geklagt. Das Verfahren habe mit einem Versäumungsurteil gegen den Kläger geendet. Bezüglich des Verfahrens gegen seine Frau sei Ruhen eingetreten. Das Versäumungsurteil sei am 23. März 1962 rechtskräftig geworden. Am 22. April 1963 habe Dr. K. erfolglos Exekution geführt. Seine Forderung sei erst im März 1965 durch eine Verrechnung mit dem Kläger abgedeckt worden. Die Vertretung des Klägers in seiner Strafsache habe zwar am 4. Jänner 1957 geendet, doch habe Dr. K. den Kläger auch noch in anderen Rechtssachen vertreten. Das Mandatsverhältnis dauere noch heute an.

Nach der Meinung des Berufungsgerichtes habe der Kläger eine Nichtschuld bezahlt, nämlich die Schuld der Beklagten an Dr. K. Durch die Zahlung des Klägers sei die Beklagte bereichert. Obwohl der Auftrag zur Verteidigung des Klägers von ihr ausgegangen und in ihrem ausschließlichen Interesse erteilt worden sei, habe sie die Kosten der Verteidigung im Strafverfahren, die sie veranlaßt gehabt habe und deren Aufwendung auch in ihrem Interesse gelegen gewesen sei, von ihrem Arbeitnehmer bezahlen lassen. Der Kläger könne sich nur an den halten, für den er zu Unrecht gezahlt habe. Zur Verjährungseinrede sei festzustellen, daß der Kläger gegenüber Dr. K. den Bestand der Kostenforderung anerkannt habe. Dies habe insbesondere darin seinen Ausdruck gefunden, daß er die in der Kostenabrechnung vom 14. September 1960, in der auf die Abrechnung vom 28. April 1959 - richtig 8. April 1959 - Bezug genommen worden sei, erwähnten Abbuchungen nach Eingängen zur Kenntnis genommen habe. Diese Abbuchungen seien als Teilzahlungen mit Unterbrechungswirkung aufzufassen. Die Verjährung sei daher unterbrochen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge, hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache an dieses Gericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger hat dem Rechtsanwalt Dr. K. eine Vollmacht erteilt, worin er sich zur Bezahlung der Kosten der Verteidigung verpflichtet hat. Wenn er nun auf Grund dieser Verpflichtung die Kosten seiner Verteidigung bezahlt hat, so kann nicht ohne weiteres davon die Rede sein, daß er eine fremde Schuld bezahlt hätte. Aber auch die Beklagte hat den Rechtsanwalt Dr. K. beauftragt, die Verteidigung des Klägers zu übernehmen, weil sie am Ausgang des Strafverfahrens interessiert war. In einem solchen fall ist anzunehmen, daß beide Auftraggeber gegenüber dem Rechtsanwalt zur ungeteilten Hand verpflichtet sind (EvBl. 1965 Nr. 341). Da der Kläger damals in den Diensten der beklagten Partei stand und auf ihre Veranlassung und in ihrem ausschließlichen Interesse sich eines Verteidigers bediente, ist sie als Dienstgeberin im Innenverhältnis zum Ersatz der Kosten der Verteidigung an den Kläger verpflichtet (§ 896 ABGB.). Die Verjährungsfrist dieser Regreßforderung beginnt erst vom Zeitpunkt der Zahlung durch den Regreßberechtigten, die die Regreßforderung zum Entstehen gebracht hat, zu laufen.

Die Beklagte hat die Verjährung der Regreßansprüche des Klägers ihr gegenüber, die sie im Verfahren vor den Untergerichten nicht näher ausgeführt hat, in der Revision nicht mehr behauptet. Darauf ist nicht mehr einzugehen.

Die Beklagte hat ferner eingewendet, die Vertretung des Klägers durch Dr. K. sei im Jahre 1957 beendet gewesen. Die Verjährung der Forderung Dris. K. gegenüber dem Kläger sei daher im Jahre 1961 eingetreten. Dr. K. habe erst im Jahre 1962 den Kläger gerichtlich belangt. Der Kläger habe es unterlassen, gegen die Mahnklage Widerspruch zu erheben und die Verjährungseinrede geltend zu machen. Er habe auch der Beklagten in dem gegen ihn anhängigen Prozeß nicht den Streit verkundet. Dadurch sei die Beklagte außerstande gewesen, als Nebenintervenientin auf seiten des Klägers dem Verfahren beizutreten und insbesondere die Verjährungseinrede zu erheben.

Dieses Vorbringen hat der Kläger bestritten und ausgeführt, daß die Vertretung Dris. K. für den Beklagten auch noch nach dem Strafverfahren für die Abwicklung der zivilrechtlichen Ansprüche des Schadenfalles weiterbestanden habe. Gegen die Mahnklage Dris. K. habe der Kläger keinen Widerspruch erhoben, weil er sich mit Unterfertigung der Vollmacht an Dr. K. auch zum Ersatz der Kosten verpflichtet gefühlt habe.

In der Revision hat die Beklagte ihre Einwendungen "unter dem Blickwinkel", daß Dr. K. niemals berechtigt gewesen sei, gegen den Kläger eine Kostenforderung zu erheben, wiederholt und dargelegt: Es wäre Angelegenheit des Klägers gewesen, der Beklagten unbedingt den Streit zu verkunden, weil sie dann die Möglichkeit gehabt hätte, die Verjährungseinrede zu erheben. Wenn ihr nämlich ein Schuldverhältnis gegenüber Dr. K. unterstellt werde, so könne niemals damit argumentiert werden, daß Dr. K. den Kläger auch in anderen Sachen vertreten habe und deshalb diese Forderung dem Kläger gegenüber noch nicht verjährt gewesen sei. Diese Argumentation (wenn sie richtig wäre) schließe nämlich den Bereicherungsanspruch aus, weil ja dann der Kläger eine eigene Schuld bezahlt habe und hiefür die Beklagte nicht haftbar machen könne. Sie selbst hätte mit Erfolg gegenüber Dr. K. die Verjährungseinrede erheben können. Es wäre ihr auch möglich gewesen, darauf hinzuweisen, daß die Kosten der Strafverteidigung durch ihren Haftpflichtträger abgegolten werden müßten, weil der Fahrer des Gegenfahrzeuges als Privatbeteiligter im Verfahren U .../56 des Bezirksgerichtes St. angeschlossen gewesen sei. In einer solchen Situation hätte ihre Haftpflichtversicherung die Kosten der Verteidigung übernehmen müssen und es wäre, weil Dr. K. diese Frage selbst zu beurteilen und durchzusetzen gehabt hätte, ein Anspruch ihr gegenüber nicht durchsetzbar gewesen. Ein Bereicherungsanspruch könne nämlich nicht so konstruiert werden, daß es eine Person unterlasse, im Prozeß verschiedene Einwendungen zu erheben, so auch die der fehlenden passiven Klagslegitimation, um dann später gegen eine dritte Person, hier gegen die Beklagte, alle diese Unterlassungen in Form einer Bereicherungsklage geltend zu machen.

Soweit die Beklagte geltend macht, daß im Prozeß zwischen Dr. K. und dem Kläger dessen Mangel der passiven Klagslegitimation, die Verpflichtung der Haftpflichtversicherung der Beklagten, für die Kosten der Verteidigung des Klägers aufzukommen, sowie die Verjährung eines Ersatzanspruches Dris. K. gegenüber der Beklagten hätten eingewendet werden müssen, geht sie von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache aus. Diese Einwendungen hätten, wenn sie im Kostenprozeß des Dr. K. gegenüber dem nunmehrigen Kläger erhoben worden wären, nicht zum Ziele führen können, weil der nunmehrige Kläger solidarisch mit der nunmehrigen Beklagten zum Ersatz der Kosten der Verteidigung verpflichtet gewesen ist.

Die relevante Frage aber, ob Verjährung der Kostenforderung des Dr. K. gegen den nunmehrigen Kläger von diesem schuldhaft nicht geltend gemacht worden ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.

Es ist zwar richtig, daß für den Beginn der Verjährung des Anwaltshonorars die Beendigung des Auftragsverhältnisses in einer bestimmten Rechtssache maßgebend ist. Solange der Anwalt noch in die Lage kommen kann, pflichtgemäß im Interesse seines Klienten in dieser Rechtssache tätig zu werden, ist das Mandatsverhältnis nicht erloschen und daher auch die Fälligkeit des Honoraranspruches nicht eingetreten (SZ. XII 144, XXII 44). Es kann im vorliegenden Falle zweifelhaft sein, ob mit der Beendigung des Strafverfahrens in zweiter Instanz am 4. Jänner 1957 schon die Fälligkeit der Honorarforderung eingetreten ist, weil anscheinend nach der damaligen von Dr. K. und dem Kläger geteilten Auffassung für die Kosten der Verteidigung die Haftpflichtversicherung aufzukommen gehabt hätte und Dr. K. an diese wegen Bezahlung seiner Verteidigungskosten herangetreten ist. Darin könnte eine Einigung auf eine spätere Fälligkeit der Forderung erblickt werden, womit auch der Beginn der Verjährungsfrist hinausgeschoben gewesen wäre (vgl. Klang in Klang[2] VI 602 bei Anm. 23).

Wenn die Verjährung schon am 4. Jänner 1957 begonnen hätte, könnte allenfalls in dem späteren Verhalten des Klägers eine Anerkennung nach Ablauf der Verjährungsfrist als Verzicht auf die Einrede der Verjährung gedeutet werden. Wegen des mit dem Rechtsanwalt Dr. K. bestehenden Dauerauftragsverhältnisses hätte der Kläger nämlich nach Bekanntgabe der Kosten und nach der Abrechnung vom 14. September 1960, worin ihm die Abbuchungen und Eingänge zur Kenntnis gebracht worden waren, möglicherweise gegen die Aufnahme der strittigen Forderung Stellung nehmen müssen (vgl. Klang[2] a. a. O. 653 f., ferner SZ. XXIV 153), falls sie darin unzweideutig als noch aufrecht bestehend ausgewiesen gewesen ist. Auch diese Frage ist noch nicht ausreichend geprüft worden.

Es müssen alle Umstände in der Richtung geklärt werden, ob der Kläger im Verhältnis zur regreßpflichtigen Beklagten schuldhaft gehandelt hat, als er - wie behauptet wird - die Forderung des Dr. K. sei es wie immer anerkannt und im Kostenprozeß die Einrede der Verjährung unterlassen hat. Davon wird es abhängen, ob der Regreß des Klägers berechtigt ist.

Anmerkung

Z39211

Schlagworte

Beginn der Verjährung, Rechtsanwaltshonorar, Honorar eines Rechtsanwaltes, Beginn der Verjährung, Rechtsanwaltshonorar, Beginn der Verjährung, Verjährung, Beginn der -, Rechtsanwaltshonorar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0040OB00073.66.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19661212_OGH0002_0040OB00073_6600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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