TE OGH 1967/1/31 4Ob5/67

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Veröffentlicht am 31.01.1967
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Norm

Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste §31
Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste §32
Salzburger Landarbeitsordnung §4
Salzburger Landarbeitsordnung §28
Salzburger Landarbeitsordnung §§109 ff
Salzburger Landarbeitsordnung §115

Kopf

SZ 40/13

Spruch

Anfechtbare - nichtige Betriebsratswahl.

Verhältnis der Anwendbarkeit der Salzburger Landarbeitsordnung und der Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste auf Angestellte in der Forstwirtschaft.

Entscheidung vom 31. Jänner 1967, 4 Ob 5/67.

I. Instanz: Arbeitsgericht Zell am See; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Unbestritten ist, daß der Kläger mit Dienstvertrag vom 24. Juni 1958 von der beklagten Partei, Republik Österreich - Österreichische Bundesforste, für den Forstbetriebs- und Forstschutzdienst in der Verwendungsgruppe C, Gehaltsstufe 2, eingestellt und schließlich mit zweitem Nachtrag zum Dienstvertrag vom 23. August 1959 zum Revierförster mit Wirkung vom 1. August 1959 unter gleichzeitiger Zuerkennung der Verwendungszulage C/2, erste Stufe, bestellt wurde. Unbestritten ist ferner, daß die Generaldirektion der Österreichischen Bundesforste mit Schreiben vom 6. Mai 1964 das Dienstverhältnis des Klägers gemäß § 31 (4) lit. b und lit. c im Zusammenhalt mit § 34 (2) lit. b bis d der Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste vom 4. Oktober 1949, BGBl. Nr. 256 (DO.) zum 31. März 1965 aufgekundigt hat. Als Begründung wurde angeführt, daß der Kläger in der Nacht vom

23. auf den 24. Dezember 1963 im Gasthaus Sch. in G. und am 5. Oktober 1963 im Cafe B. in G. unter Alkoholeinwirkung in Schlägereien größeren Ausmaßes verwickelt gewesen sei und immer wieder trotz häufiger eindringlicher Ermahnungen seine Dienstobliegenheiten meist infolge von Alkoholeinwirkung gröblich vernachlässigt habe. Gleichzeitig wurde der Kläger von der Dienstleistung als Revierförster im Försterbezirk K. der Forstverwaltung G. enthoben und der Forstverwaltung M. zum allgemeinen Einsatz im Forstbetriebs- und Schutzdienst zugewiesen, wo er bis 31. März 1965 seinen Dienst versah.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die oben angeführte Aufkündigung seines Dienstverhältnisses rechtsunwirksam sei. Die beklagte Partei beantragt die Abweisung dieses Feststellungsbegehrens.

Das Erstgericht gab der Klage statt, im wesentlichen mit der Begründung, daß die beklagte Partei es unterlassen habe, den Betriebsrat gemäß § 29 der Salzburger Landarbeitsordnung (SLAO.) von der beabsichtigten Kündigung zu verständigen, was die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung zur Folge habe.

Die Berufung der beklagten Partei hatte Erfolg. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil auf Abweisung der Klage ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die letzte Betriebsratswahl vor der Kündigung des Klägers fand im Oktober 1962 statt. Vor der Wahl wurde kein Wahlvorschlagskomitee gebildet, die Wahl wurde nicht förmlich ausgeschrieben, es wurden keine Wahlvorschläge erstellt und auch keine Wählerlisten aufgestellt; vielmehr konnte jeder Wahlberechtigte drei Kandidaten, die ihm am geeignetsten erschienen, auf einem Zettel aufschreiben. Diese Zettel wurden nicht in einem Umschlag gesteckt, sondern nur zusammengefaltet eingesammelt. Anläßlich der Verwarnung des Klägers am 10. März 1964 in Gegenwart des Hofrates P. wurde auch der Betriebsrat Peter W. beigezogen und diesem mitgeteilt, daß die Kündigung des Klägers in Aussicht genommen sei.

Wenn der Kläger nüchtern war, war er ein ordentlicher Mensch. Er konsumierte aber sowohl während als auch außerhalb des Dienstes viel Alkohol. Er saß während der normalen Dienstzeit in Wirtshäusern. So blieb er nach dem Mittagessen bis zum Abend im Gasthaus sitzen, und zwar hauptsächlich im Gasthaus Sch. in G. Einmal ließ er sich, als ein Anruf der Forstverwaltung kam und er gerade im Gasthaus Sch. saß, vom Wirt verleugnen. Weil der Kläger einfach nicht nach Hause zu bringen war, verbrachte er einige Male die Nacht am Küchentisch des Wirtshauses Sch. sitzend. Die Ortsbewohner konnten, als sie in das dem gleichen Besitzer gehörige Gemischtwarengeschäft einkaufen kamen, den am Küchentisch schlafenden Kläger sehen und erzählten dann ihre Beobachtungen im Ort weiter. Einige Male erbrach der Kläger im betrunkenen Zustand am Gasthaustisch. Bei seinem Abgang aus G. ließ er beim Sch.-Wirt Schulden in der Höhe von 4000 S unberichtigt. Im betrunkenen Zustand konnte es der Kläger nicht unterlassen, Gäste, die ihm nicht sympathisch waren, anzustänkern. Er wurde wiederholt in Raufhändel verwickelt. Wenn auch nicht erweislich ist, ob der Kläger selbst die einzelnen Raufhändel begonnen hat, so trug er doch durch sein Verhalten wesentlich zu deren Zustandekommen bei. Er setzte sich auch in Gasthäusern mit Leuten, die wegen Wilddiebstahls oder Forstfrevels vorbestraft waren, zusammen, so mit dem Zeugen H. Nachdem der Kläger in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember 1963 im Gasthaus Sch. den H. wegen seiner großen Hände verspottet und provoziert und von diesem mehrere Ohrfeigen erhalten hatte, setzte er sich trotzdem wieder mit H. an einen Tisch und zechte mit diesem weiter. Am Schluß dieser Zecherei kam es zu einem Raufhandel, in dessen Verlauf der Kläger von H. so verletzt wurde, daß er etwa acht Tage dienstunfähig war. Im Oktober 1963 war der Kläger an einer Schlägerei in G. beteiligt. Er saß mit dem Zeugen V. an einem Tisch und stänkerte diesen an. Er verbat sich, daß der Zeuge V. den Hund des Klägers streichelte. In der folgenden Auseinandersetzung kam es zwischen ihm und V., die beide angeheitert waren, zu einem Handgemenge, in dessen Verlauf V. den Kläger mit dessen Stuhl umwarf. Der Kläger forderte dann V. auf, mit ihm vor das Gasthaus zu gehen mit den Worten: "Reden wir uns draußen aus." Vor dem Gasthaus gab V. dem Kläger mehrere Ohrfeigen. Der Kläger stieß V. zurück. Dabei kam dieser bei einem Kellergitterfenster zum Sturz und schlug sich das Gesicht blutig. Im Jahr 1962 oder 1963 äußerte sich der Kläger in alkoholisiertem Zustand abfällig über seinen Vorgesetzten, den Forstmeister C., und erklärte, dieser sei unfähig, seine Akten zu bearbeiten. Im Jahre 1964 kam es zwischen dem Kläger und dem Zeugen L. wegen eines Kartenspiels zu einer wörtlichen Auseinandersetzung in der Dauer von etwa zehn Minuten. Ebenfalls im Jahre 1964 kam es zwischen dem Kläger und dem Zeugen Georg G. zu einer Kontroverse an der Musikbox, weil G. eine andere Platte auflegen wollte als der Kläger. Beide waren damals alkoholisiert. G. gab dem Kläger einen Stoß, sodaß dieser stolperte und auf eine Gasthausbank zu liegen kam. Es waren damals auch zwei andere Gäste im Lokal anwesend.

Der Kläger vernachlässigte auch seine dienstlichen Obliegenheiten erheblich. Am 9. Dezember 1963 beschwerte sich der Zeuge R. beim zuständigen Forstmeister, daß der Kläger einfach nicht erschienen sei, obwohl er diesen Zeugen zur Abmaß des Servitutsholzes für 7 Uhr früh in den Wald bestellt hatte. Der Kläger ließ auch den Aubauer aus G., den er zu einer Abmaß von Servitutsholz bestellt hatte, vergeblich warten, sodaß sich dieser im November 1963 beim Forstmeister beschwerte. Im Dezember 1963 ließ der Kläger seinen Vorgesetzten, den Forstmeister C., vergeblich warten, obwohl er zu einem Dienstgang bestellt war. Der Kläger erschien zwei Stunden verspätet im Wald und entschuldigte seine Verspätung damit, daß er verschlafen habe, weil er am Vortag gezecht habe. Auch mit seinen übrigen Dienstverrichtungen war der Kläger nachlässig, war unter Alkoholeinfluß absolut unzuverlässig und erfüllte die vorgeschriebenen Termine nicht: So hielt der Kläger den Termin des 1. Dezember, welcher für die Vorlage der Servitutsnummernbücher angesetzt war, nie ein. Auch Termine zur Vorlage der Kleinstocknummernbücher, die ebenfalls Anfang Dezember vorzulegen waren, hielt der Kläger nur selten ein. Die Arbeitshefte gab der Kläger meistens zu spät ab. An die Diensteinteilung hielt er sich nur teilweise und erfüllte auch die besprochenen Terminarbeiten wiederholt nicht termingerecht. Er erschien mehrfach zu vereinbarten Terminen nicht und zwar sowohl bei seinem Vorgesetzten, Forstmeister C., als auch bei anderen Mitarbeitern der Forstverwaltung. Einmal entschuldigte er die verspätete Erfüllung dienstlicher Aufträge mit Krankheit, war aber nachweislich an dem Tag, an dem er angeblich krank war, im Gasthaus Kartenspielen. Die Arbeiter der Forstverwaltung mußten sich oft direkt bei der Forstverwaltung ihre Aufträge holen, weil der Kläger als der zuständige Förster nicht auffindbar war. Im Jänner 1964 ließ der Kläger eine Zweitabmaß, die er selbst hätte vornehmen müssen, durch seinen Vorarbeiter U. durchführen, weil er mit dieser Arbeit nicht rechtzeitig fertig wurde und nach S. fahren wollte, wozu er sich vorzeitig vom Dienst entfernte. Aus dem Nummernbuch war dann eine Seite herausgeschnitten, weil der zu wenig fachkundige Vorarbeiter U. irrtümliche Eintragungen machte. Im Ergebnis der Nachmaß stellte sich heraus, daß ein Käufer um 16 Bloch weniger erhalten hatte, als sich aus dem Nummernbuch ergab. Bei einer Verwarnung des Klägers am 10. März 1964 durch Hofrat P. wurde dem Kläger ausdrücklich vorgehalten, daß er durch sein Verhalten Kündigungs- und Entlassungsgrunde gesetzt habe. Trotzdem besserte sich das Verhalten des Klägers nicht.

Bei der rechtlichen Beurteilung ging das Berufungsgericht davon aus, daß es sich bei der Betriebsratswahl vom Oktober 1962 nicht bloß um eine anfechtbare Wahl, sondern um eine absolut nichtige Betriebsratswahl gehandelt habe, weil kein Wahlvorstand bestellt war, ohne Wahlvorschläge gewählt wurde und für die Geheimhaltung der Wahl nicht hinreichend gesorgt war. Die absolute Nichtigkeit der Betriebsratswahl könne jederzeit geltend gemacht werden. Mangels eines gesetzmäßig bestellten Betriebsrates könne die Wirksamkeit der Kündigung des Klägers daher nicht von der vorangegangenen Verständigung des Betriebsrates abhängen. Daher sei auch unerheblich, ob Peter W., welcher von der beabsichtigten Kündigung des Klägers verständigt wurde, das hiefür zuständige Organ des Betriebsrates gewesen sei. Die Klage sei auch nicht nach § 29 (5) SLAO. begrundet. Abgesehen davon, daß die vierwöchige Frist zur Einbringung der Klage (zwei Wochen nach § 29 (3) und (4) SLAO. und weitere zwei Wochen nach § 29 (5) SLAO.) bei weitem nicht eingehalten wurde, weil die Kündigung des Klägers im Mai 1964 ausgesprochen, die Klage aber erst am 9. Oktober 1965 eingebracht worden sei, müßte einer Anfechtung der Kündigung auch deshalb ein Erfolg versagt bleiben, weil die Kündigung des Klägers gemäß § 29

(4) SLAO. nach dem erwiesenen Sachverhalt in den Betriebsverhältnissen begrundet gewesen sei. Die Voraussetzung für eine Kündigung des Klägers nach § 31 (4) lit. b und c im Zusammenhalt mit § 34 (2) lit. b und c der Dienstordnung sei gegeben. Es bestehe keine Veranlassung zur Überprüfung der genannten Verordnungsstellen gemäß Art. 89 (2) B-VG., weil der Kläger keine nähere Begründung dafür angegeben habe, warum diese Vorschriften verfassungswidrig seien und ein solcher Umstand sich auch aus dem Text der Verordnung nicht ergebe. Da dem Kläger unbestritten mehr als sieben Jahre für die Ermittlung des Ausmaßes der Kündigungsfrist anzurechnen seien, komme für eine Auflösung des Dienstverhältnisses nur § 31 (4) DO. in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 31 (4) lit. b und c DO. seien gegeben: § 31 (4) lit. b DO. verweise auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 31 (2) lit. c DO. Ein solcher sei gegeben, wenn der Angestellte den im allgemeinen erzielbaren angemessenen Arbeitserfolg trotz Ermahnungen nicht erreiche. Schon dieser Kündigungsgrund sei gegeben, da der Kläger trotz mehrfacher Ermahnungen seiner Vorgesetzten den im allgemeinen erzielbaren angemessenen Arbeitserfolg nicht erreicht habe, weil er die vorgeschriebenen Termine zur Abgabe der Servitutsnummernbücher und der Kleinstocknummernbücher nicht eingehalten, die Arbeitsbücher meistens zu spät abgegeben, die in den mit ihm durchgeführten Rapporten erteilten Arbeitsaufträge teilweise nicht erfüllt und die mit Bauern vereinbarten Abmaßtermine und Verabredungen mit Vorgesetzten und Mitarbeitern nicht eingehalten habe. Dadurch habe der Kläger überdies den Grund für eine vorzeitige Auflösung nach § 34 (2) lit. c DO. gesetzt, weil er seinen Dienst in wesentlichen Belangen erheblich vernachlässigt habe. Das außerdienstliche Verhalten des Klägers, besonders sein Verhalten in Gasthäusern und seine häufige Verwicklung in Raufhandel rechtfertige überdies die vorzeitige Auflösung seines Dienstverhältnisses nach § 34 (2) lit. b, weil sich der Kläger dadurch Handlungen zuschulden kommen gelassen habe, die ihn des Vertrauens der Österreichischen Bundesforste unwürdig erscheinen ließen. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, daß ein Förster, der wegen seiner wiederholten Alkoholexzesse zum Gespött der Bevölkerung wurde, für die Österreichischen Bundesforste untragbar geworden sei, weil dessen Weiterverwendung das Ansehen des ganzen Standes schädigen würde. Die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 31 (4) lit. c DO., wonach die im § 34 (2) DO. angeführten Verfehlungen bei entsprechender Wichtigkeit und Schwere die Entlassung rechtfertigen, seien gegeben. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob das Verhalten des Klägers nicht auch unter § 34 (2) lit. d DO. zu subsumieren wäre.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Punkt 1 der Revisionsausführungen versucht der Kläger darzutun, daß es keine absolut nichtigen Betriebsratswahlen gebe, im Punkt 2, daß der Dienstgeber nicht berechtigt sei, sich auf Unregelmäßigkeiten bei der Betriebsratswahl zu berufen, im Punkt 3, daß eine Kündigungsanfechtung nach der Salzburger Landarbeitsordnung rechtzeitig sei, im Punkt 4, daß die Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste gesetz- und verfassungswidrig sei, weshalb nur die Bestimmungen der Salzburger Landarbeitsordnung anzuwenden seien, während er im Punkt 5 der Revisionsausführungen bestreitet, daß seine Kündigung in den Betriebsverhältnissen begrundet sei.

Dazu ist im einzelnen zu sagen:

Der Kläger leitet seinen Anspruch auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung aus den Bestimmungen der Salzburger Landarbeitsordnung vom 10. März 1949, LGBl. Nr. 42 ab. Die Vorschriften dieser Salzburger Landarbeitsordnung gelten nach § 4 (1) für die Dienstnehmer, die in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben des Bundes, eines Bundeslandes, Bezirkes oder einer Gemeinde oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder eines öffentlichen Fonds beschäftigt sind, nur insoweit, als für diese Dienstnehmer keine besonderen Vorschriften für Rechtsgebiete bestehen, die in den einzelnen Abschnitten dieser Landarbeitsordnung geregelt sind.

Auch wenn durch das Bundesgesetz vom 28. Juli 1925, BGBl. Nr. 282, ein eigener Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste" geschaffen wurde, so hat dieses Gesetz, wie sich insbesondere aus dem § 1 (1) und (2) und dem § 6 ergibt, am Eigentum der Republik Österreich an den Bundesforsten nichts geändert. Nach § 4 (1) SLAO. könnten daher einzelne Vorschriften der Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste vom 4. Oktober 1949, BGBl. Nr. 256, den Bestimmungen der Salzburger Landarbeitsordnung vorgehen.

§ 4 (2) SLAO. ordnet an, daß die Bestimmungen der Abschnitte 2 - mit Ausnahme der §§ 28, 29 und 33 (2) bis (4) - 3, 5, 7, 8, 10, 11 und die §§ 65 bis 70 des Abschnittes 4 dieser Landarbeitsordnung auf die Angestellten in der Land- und Forstwirtschaft keine Anwendung finden. Aus § 4 (2) SLAO. ergibt sich demnach, daß die §§ 28 und 29 SLAO., welche Bestimmungen die Rechte des Betriebsrates bei der Kündigung von Dienstnehmern regeln und mit "Kündigungsschutz" überschrieben sind, sowie Abschnitt 9 (§§ 109 bis 130) der Salzburger Landarbeitsordnung (Betriebsvertretung) auf das Dienstverhältnis land- und forstwirtschaftlicher Angestellter anzuwenden sind. Ob auch der Kläger, der als Revierförster zu den Angestellten in der Forstwirtschaft zählt, diesen Bestimmungen unterliegt, hängt wieder davon ab, ob die Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste im Sinne des § 4 (1) SLAO. "besondere Vorschriften" für die angeführten Rechtsgebiete (Kündigungsschutz, Betriebsvertretung) enthält. Dies ist zu verneinen, da die im § 31 vorgesehene Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Dienstgebers und das im § 32 geregelte, einem Disziplinarverfahren ähnliche Vorverfahren zwar einen Schutz der Dienstnehmer bedeuten, aber nicht in der Richtung der in den Vorschriften der Salzburger Landarbeitsordnung vorgesehenen Konstituierung und Beteiligung der Interessenvertretung der Dienstnehmer.

Nach § 29 (1) SLAO, hat in Betrieben, in denen Betriebsräte bestellt sind, der Betriebsinhaber vor jeder Kündigung eines Dienstnehmers den Betriebsrat zu verständigen. Diese landesgesetzliche Bestimmung setzt im konkreten Fall voraus (vgl. auch § 29 (6) SLAO.), daß bei der Forstverwaltung G. ein Betriebsrat bestellt war. Daß dort ein Betriebsrat zu bestellen war, ist zwischen den Parteien unbestritten. Strittig ist vielmehr, ob ein solcher rechtswirksam bestellt worden ist. Unter dem bestellten Betriebsrat im Sinne des § 29 SLAO. kam nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nur ein Betriebsrat verstanden werden, bei dessen Wahl keine Verletzung der elementarsten Wahlgrundsätze unterlaufen ist. Denn bei der Wichtigkeit der den Betriebsräten zukommenden Aufgaben ist ein allgemeines öffentliches Interesse an einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Betriebsrates gegeben. Nach den getroffenen Feststellungen wurde im vorliegenden Fall bei der Betriebsratswahl in G. im Jahre 1962 weder gemäß § 115 (6) und (7) SLAO. ein Wahlvorstand bestellt, noch nach § 115 (10) SLAO. eine Wählerliste verfaßt, noch nach § 115 (11) SLAO. ein schriftlicher Wahlvorschlag erstattet. Darüber hinaus sind bei der Wahl die Stimmzettel nicht so verschlossen abgegeben worden, daß das Wahlgeheimnis ausreichend gewahrt worden wäre (§§ 6 (1), 19 (3) Salzburger land- und forstwirtschaftliche Betriebsrats-Wahlordnung, LGBl. 19/1950). Der Oberste Gerichtshof sieht keinen Anlaß von seiner bisherigen Rechtsprechung (Arb. 7656 - Fehlen von Wahlvorschlägen, offene Abstimmung - und Arb. 8322 - Unterbleiben der Wahlkundmachung -) abzugehen, daß eine Betriebsratswahl, bei der, wie hier, die elementarsten Grundsätze einer Wahl im allgemeinen und einer Betriebsratswahl im besonderen verletzt wurden, bei der weder Wählerlisten aufgelegt noch ein Wahlvorschlag erstattet wurden, bei der die Geheimhaltung der einzelnen Wählerstimmen nicht gewährleistet war, nicht als Betriebsratswahl im Sinne der Salzburger Landarbeitsordnung angesehen werden kann. Es handelt sich vielmehr um einen rechtlich unwirksamen Akt, also um eine absolut nichtige Betriebsratswahl. Die unter diesen krassen Verstößen gewählten Arbeitnehmer sind daher nicht als Betriebsrat im Sinne der Salzburger Landarbeitsordnung anzusehen. Bei der Forstverwaltung G. bestand sohin am 6. Mai 1964, als die Kündigung des Klägers ausgesprochen wurde, überhaupt kein Betriebsrat, weshalb der Dienstgeber nicht verpflichtet, ja gar nicht in der Lage war, den rechtlich nicht bestehenden Betriebsrat von der beabsichtigten Kündigung des Klägers zu verständigen.

Bei einer derartigen Rechtslage kommt § 29 (6) SLAO. in Betracht, wonach in Betrieben, in denen Betriebsräte (Vertrauensmänner) zu errichten sind, diese Betriebsvertretungen aber nicht bestehen, das Recht der Anfechtung der Kündigung bei Gericht aus den in den Abs. 3 und 4 angeführten Gründen dem betroffenen Dienstnehmer innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach erfolgter Kündigung zusteht. Der Kläger war daher selbst berechtigt, die Kündigung durch Klage bei Gericht anzufechten, aber nur innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung. Diese Frist hat er nicht eingehalten, weil er die Klage erst am 9. Oktober 1965 eingebracht hat. Sein Klagerecht nach § 29 (6) SLAO. ist daher präkludiert, weshalb auf die Frage, ob eine soziale Härte vorliegt und ob die Kündigung in den Betriebsverhältnissen begrundet war, nicht einzugehen ist.

Bei dieser Rechtslage ist auf die breiten Ausführungen in der Revision zur Frage der Gesetz- oder Verfassungswidrigkeit der Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste (vgl. E. des VerfGH. vom 19. März 1957, VerfGH. Slg. NF. 3142) nicht einzugehen. Denn diese Frage ist im vorliegenden Fall nicht präjudiziell.

Sieht man nämlich die Bestimmungen der §§ 31 und 34 DO. als nicht gesetzwidrig an, so führt deren Anwendung zur Abweisung der Klage. Daß die Unterstellung des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes unter die Kündigungsgrunde des § 31 (4) lit. b und c DO. im Zusammenhalt mit § 34 (2) lit. b und c Do. an sich rechtlich bedenklich sei, behauptet der Kläger in der Revision nicht. Er vermeint nur, daß diese Bestimmungen wegen Gesetzwidrigkeit der Dienstordnung nicht anzuwenden seien. Sieht man aber die Bestimmungen der §§ 31 und 34 DO. oder die Dienstordnung zur Gänze als gesetzwidrig an und würde man deren Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof beantragen und erreichen können, so wären diese Vorschriften nach Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr anzuwenden. Der Kläger könnte dann erst recht auf Grund anderer Vorschriften (etwa des Vertragsbedienstetengesetzes 1948) einen Kündigungsschutz nicht für sich in Anspruch nehmen, der bei den festgestellten Verfehlungen des Klägers rechtfertigen würde, der Klage stattzugeben.

Anmerkung

Z40013

Schlagworte

Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl, Betriebsratswahl, Anfechtbarkeit, Nichtigkeit, Dienstordnung für die Vertragsangestellten der Österreichischen, Bundesforste, Verhältnis zur Salzburger Landarbeitsordnung, Nichtigkeit einer Betriebsratswahl, Salzburger Landarbeitsordnung, Verhältnis zur Dienstordnung für die, Vertragsangestellten der Österreichischen Bundesforste

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0040OB00005.67.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19670131_OGH0002_0040OB00005_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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