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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BetriebsO 1994 §16 Abs4 idF 1994/1028;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M M in W, vertreten durch MMag. Dr. Irmtraud Oraz, Rechtsanwältin in 1150 Wien, Goldschlagstraße 64/26, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Februar 2001, Zl MA 63-M 37/01, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ausstellung eines Ausweises für Schülertransporte, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Dezember 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Ausweises für Schülertransporte gemäß § 2 in Verbindung mit § 16 Abs 4 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 951/1993 idF BGBl. Nr. 1028/1994 (BO 1994), abgewiesen. Angesichts von vier - nach Geschäftszahl, Datum und angewendeter Gesetzesstelle aufgelisteten - verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen und einer Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen §§ 159 Abs 1 und 2 StGB, 114 Abs 1 und 2 ASVG, könne die für die Ausstellung eines Ausweises erforderliche Vertrauenswürdigkeit nicht angenommen werden.
2. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "§ 2 in Verbindung mit" entfalle. Begründend führte die belangte Behörde - nach einer Darstellung der maßgeblichen Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei wegen folgender Verwaltungsstraftaten rechtskräftig bestraft worden:
"von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf
1.) mit Strafverfügung vom 1.4.1997, S 46886/FD/97, am 7.12.1996 um 8.11 Uhr in Wien 21, Shuttleworthstraße 29, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten zu haben, weil die Fahrgeschwindigkeit 66 km/h betrug, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 600,--),
2.) mit Strafverfügung vom 13.11.1997, S 199735/FD/97, am 12.10.1997 um 20.37 Uhr in Wien 21, B3, Höhe Ignaz Köckstraße Richtung Nordbrücke, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten zu haben, weil die Fahrgeschwindigkeit 77 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt wurde, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 1.200,--),
von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Ottakring,
3.) mit Strafverfügung vom 29.4.1996, S 75836/O/96, am 8.4.1996 um 18.35 Uhr in Wien 16, Lindauergasse 25, als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen Wnicht dafür gesorgt zu haben, dass am Fahrzeug eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6 KFG) angebracht ist (Lochung 11/95), und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 134 iVm § 103 Abs. 1 iVm § 36 lit. e KFG begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--) und
4.) mit Strafverfügung vom 6.2.1997, S 11746/O/97, am 5.12.1996 um 9.43 Uhr in Wien 22, Hausfeldstraße 221 Richtung Aspern, mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten zu haben, weil die Fahrgeschwindigkeit 84 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt wurde, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,--)."
Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe eine Verwaltungsübertretung nicht selbst begangen, übersehe er, dass es nach § 16 Abs 4 BO 1994 nicht auf Tathandlungen, sondern auf den Umstand der erfolgten Bestrafung ankomme, wobei die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden sei, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststehe. Die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit stelle jedenfalls einen schweren Verstoß gegen eine straßenpolizeiliche Vorschrift dar, der objektiv geeignet sei, Verkehrsteilnehmer unmittelbar zu gefährden. Da der Beschwerdeführer insgesamt dreimal wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bestraft worden sei, stehe schon § 16 Abs 4 BO 1994 der Ausstellung des Ausweises entgegen, sodass auf die der gerichtlichen Bestrafung zugrunde liegenden Handlungen nicht mehr Bedacht zu nehmen sei.
3. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 16 Abs 4 BO 1994 idF BGBl. Nr. 1028/1994 (BO 1994) darf der Antragsteller "innerhalb der fünf der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen Jahre nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften, insbesondere wegen solcher Verstöße, die objektiv geeignet sind, Leben, Gesundheit oder Vermögen dritter Personen unmittelbar zu gefährden oder die Vollziehung der kraftfahrrechtlichen oder straßenpolizeilichen Vorschriften in einer den Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit gefährdenden Weise zu beeinträchtigen, bestraft worden sein. Dabei sind bei Personen mit einer Lenkerberechtigung der Gruppe D Verstöße, die vor dem 1. Jänner 1994 erfolgt sind, nicht zu berücksichtigen."
2. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, dass auf Grund der genannten verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schon die Voraussetzung des § 16 Abs 4 BO 1994 nicht erfüllt sei, weshalb es auf die (allgemeine) Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 BO 1994 nicht ankomme; sie hat demgemäß den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "§ 2 in Verbindung mit" entfalle.
Dem hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen entgegen, das Gesetz stelle nicht bloß auf eine Bestrafung des Antragstellers ab, vielmehr verlange es auch einen schweren Verstoß gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften. Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die Verwaltungsübertretungen gar nicht selbst begangen, auseinander zu setzen. Darüber hinaus sei weder die Art der jeweiligen Geschwindigkeitsmessung berücksichtigt noch festgestellt worden, ob etwa im gegebenen Fall eine bloß geringfügige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorgelegen sei. Feststellungen, aus denen abgeleitet werden könnte, ob ein schwerer Verstoß des Beschwerdeführers gegen straßenpolizeiliche Vorschriften vorliege, fehlten.
3. Dem kann nicht beigetreten werden:
Entgegen den Beschwerdeannahmen war die belangte Behörde an die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht. Somit war es auch nicht erforderlich (neuerlich mit einem entsprechenden Beweisverfahren) zu prüfen, ob der Beschwerdeführer das diesen Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten tatsächlich gesetzt hat (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2005, Zl 2001/03/0104). Die bindende Wirkung bezieht sich zwar lediglich auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, im gegebenen Zusammenhang somit im Ortsgebiet schneller als 50 km/h gefahren ist. Hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung bewirkt eine rechtskräftige Bestrafung wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nach § 20 Abs 2 StVO 1960 keine Bindung. Es obliegt daher grundsätzlich der belangten Behörde, auf einer unbedenklichen Beweiswürdigung beruhende Feststellungen zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung zu treffen (vgl das hg Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl 2001/11/0287).
Der Beschwerdeführer hat das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitungen im Verwaltungsverfahren jedoch nicht bestritten, weshalb der belangten Behörde kein Verfahrensfehler anzulasten hat, wenn sie - unter Berufung auf die rechtskräftigen Strafverfügungen - angenommen hat, dass der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um 16, 27 und 34 km/h überschritten hat (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Mai 2003, Zl 2003/11/0031).
Es ist also davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer innerhalb von fünf der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen Jahren dreimal auf Grund von Verstößen gegen § 20 Abs 2 StVO 1960 bestraft wurde, wobei er die im Ortsgebiet zulässige Geschwindigkeit um 16 km/h (7. Dezember 1996), 27 km/h (12. Oktober 1997) bzw. 34 km/h (5. Dezember 1996) überschritten hat. Das Gesetz verlangt, dass die betreffenden Verstöße "objektiv geeignet sind", Leben, Gesundheit oder Vermögen dritter Personen unmittelbar zu gefährden, weshalb es nicht darauf ankommt, ob die Gefährdung oder Beeinträchtigung im Zuge der Übertretung tatsächlich eingetreten ist. Es bedurfte daher - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keiner Feststellungen etwa zu Wetterverhältnissen oder Verkehrsdichte bei den jeweiligen Übertretungen. Tatort, Tatzeit sowie Ausmaß der Geschwindigkeitsübertretung wurden von der belangten Behörde ohnehin festgestellt (vgl. das hg Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl 97/03/0229). Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 134 iVm § 103 Abs. 1 iVm § 36 lit. e KFG bestraft, also wegen eines Verstoßes, der geeignet ist, "die Vollziehung der kraftfahrrechtlichen oder straßenpolizeilichen Vorschriften in einer den Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit gefährdenden Weise zu beeinträchtigen".
Im Hinblick auf die festgestellten Bestrafungen wegen schwerer Verstöße gegen straßenpolizeiliche und kraftfahrrechtliche Vorschriften ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass der Ausstellung des beantragten Ausweises § 16 Abs 4 BO 1994 entgegen steht.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2005
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2001030139.X00Im RIS seit
22.04.2005