TE OGH 1967/3/1 7Ob29/67

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Veröffentlicht am 01.03.1967
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Norm

Handelsgesetzbuch §131 Z3
Handelsgesetzbuch §146 (2)
KO §67

Kopf

SZ 40/30

Spruch

Die rechtskräftige Bestellung eines Liquidators (einer im Handelsregister des Amtsgerichtes München eingetragenen Kommanditgesellschaft) durch das zuständige ausländische Registergericht ist grundsätzlich auch im Inland anzuerkennen und ihre Rechtmäßigkeit nicht zu überprüfen.

Entscheidung vom 1. März 1967, 7 Ob 29/67.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin, eine im Handelsregister des Amtsgerichtes München eingetragene Kommanditgesellschaft, über deren Vermögen am 2. Dezember 1964 vom Amtsgericht X (Bayern) der derzeit noch anhängige Konkurs eröffnet wurde, begehrt mit der vorliegenden Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer angeblich aus Warenlieferungen sich ergebenden Saldoforderung von 70.553.23 DM samt Nebengebühren. Hiebei wird die Klägerin von Dr. N. N., der zugleich ihr Konkursverwalter (Masseverwalter) ist, als Liquidator vertreten. Als solcher wurde er mit Beschluß des Registergerichtes - nämlich des Amtsgerichtes München - vom 16. Dezember 1965 für die durch die Konkurseröffnung gemäß § 131 Z. 3, § 161 (2) HGB, aufgelöste klägerische Kommanditgesellschaft in Ansehung ihrer gegen Schuldner in Österreich gerichteten, also hierzulande belegenen Forderungen bestellt. Diese bilden ein konkursfreies Vermögen, weil die erwähnte Konkurseröffnung mangels Gegenseitigkeit zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland und mangels einer entsprechenden staatsvertraglichen Regelung nach § 63 KO. im Inland keine Wirkung hat.

Der Beklagte wendete demgegenüber ein, daß nicht der Liquidator, sondern nur die vertretungsbefugten Gesellschafter der Kommanditgesellschaft in Österreich klageberechtigt seien. Überdies bestritt er den Bestand der Klagsforderung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da die Konkurseröffnung unter den gegebenen Umständen in Österreich unwirksam sei, wären lediglich die vertretungsberechtigten Gesellschafter zur Klageführung legitimiert gewesen. Außerdem habe durch die Bestellung des Konkursverwalters zum Liquidator die Bestimmung des § 67 KO. umgangen werden sollen, die vorliegendenfalls die Ausfolgung eines inländischen Vermögens des Gemeinschuldners an die ausländische Konkursbehörde ausschließe.

Die zweite Instanz hob aus Anlaß der Berufung der Klägerin das Ersturteil und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage unter gegenseitiger Kostenaufhebung zurück. Auch das Berufungsgericht ging davon aus, daß die Bestellung des Liquidators in der Person des Konkursverwalters nur die Umgehung des zum Schutze der inländischen Gläubiger normierten Ausfolgungsverbotes des § 67

(2) KO, bezweckt habe und daher insoweit in Österreich nicht anzuerkennen sei. Somit fehle in diesem Rechtsstreit dem zum Liquidator bestellten Konkursverwalter die Vertretungsmacht; vielmehr könnte für die Klägerin nur ein vertretungsbefugter Gesellschafter oder ein gekorener Liquidator auftreten. Eine Sanierung dieses Vertretungsmangels nach § 6 ZPO. komme hier nicht in Frage, denn sie würde voraussetzen, daß der Beklagte, der der Komplementär der klagenden Partei sei, der Klageführung zustimmt. Das Verfahren erster Instanz sei demnach im Sinne des § 477 (1) Z. 5 ZPO. nichtig.

Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Rekurs.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht auf, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund über die Berufung zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Zulässigkeit des Rekurses der klagenden Partei bedarf keiner Erörterung. Aber auch der Rekurs des Beklagten ist als zulässig anzusehen, weil ihm jedenfalls ein schutzwürdiges Interesse daran zuzubilligen ist, den Rechtsstreit durch eine Sachentscheidung endgültig erledigt zu wissen.

Beide Rekurse sind auch sachlich gerechtfertigt.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist die rechtskräftige Bestellung des Liquidators durch das zuständige ausländische Registergericht grundsätzlich auch im Inland anzuerkennen und daher ihre Rechtmäßigkeit nicht zu überprüfen, zumal diese Maßnahme und die ihr vorausgegangene, durch die Konkurseröffnung herbeigeführte Auflösung der Kommanditgesellschaft auf handelsrechtlichen Vorschriften beruhen, die mit den entsprechenden österreichischen Normen übereinstimmen (§§ 131 Z. 3, 146 (2) und 161 (2) HGB.), also nicht gegen den inländischen ordre public verstoßen. Nach § 149, § 161 (2) HGB. wird die Kommanditgesellschaft gerichtlich und außergerichtlich von den Liquidatoren vertreten. Da nun die klägerische Gesellschaft in diesem Prozeß durch den ordnungsgemäß bestellten Liquidator vertreten wird, kann entgegen der in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck kommenden Auffassung von einem Mangel der Vertretungsmacht des Liquidators zum Einschreiten für die klagende Partei nicht gesprochen werden. Ob dagegen die Klageführung, wie das Berufungsgericht meint, eine Umgehung des § 67 KO. darstellt und deshalb scheitern muß, betrifft die materielle Rechtslage, die Frage nämlich, ob die Liquidationsgesellschaft in Ansehung der Klagsforderung Gläubiger ist. Dazu kann jedoch mangels einer Sachentscheidung der zweiten Instanz im Rahmen dieser Rekursverfahren nicht Stellung genommen werden.

Das Berufungsgericht wird demnach, da der von ihm angenommene Zurückweisungsgrund nicht gegeben ist, über die Berufung neuerlich zu entscheiden haben.

Anmerkung

Z40030

Schlagworte

Handelsgesellschaft, Anerkennung eines ausländischen Liquidators, Handelsregister, Anerkennung eines ausländischen Liquidators, Liquidator, Anerkennung eines ausländischen -, Registergericht, Bestellung eines Liquidators durch ausländisches -, Zuständigkeit, ausländisches Registergericht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0070OB00029.67.0301.000

Dokumentnummer

JJT_19670301_OGH0002_0070OB00029_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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