TE OGH 1967/5/11 2Ob118/67

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Veröffentlicht am 11.05.1967
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Norm

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §332 (1)
Gewerbliches Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz §86 (1)
Gewerbliches Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz §109

Kopf

SZ 40/71

Spruch

Kein Regreßanspruch des Sozialversicherungsträgers bezüglich der Witwenrentenabfertigung.

Entscheidung vom 11. Mai 1967, 2 Ob 118/67.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Beklagte verschuldete am 15. September 1963 auf der Autobahnausfahrt im Ortsgebiet von P. einen Verkehrsunfall, bei dem der Kaufmann Anton N. tödlich verunglückte.

Die klagende Partei als Solzialversicherer des Anton N. begehrte gemäß § 109 GSPVG. vom Beklagten die Zahlung von 807 S als Ersatz von Renten, die sie in der Zeit vom 1. August 1965 bis 31. Dezember 1965 an die Witwe des tödlich Verunglückten bezahlt habe, ferner den Ersatz der an die Witwe nach deren Wiederverehelichung (11. Dezember 1965) im Februar 1966 bezahlten Witwenrentenabfertigung im Betrag von 47.747 S.

Der Beklagte wendete ein, daß es sich bei der Abfertigung der Witwenrente um eine nicht regreßfähige vertragliche Leistung handle, und bestritt die Ansprüche "vorsichtshalber" auch der Höhe nach.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 807 S samt Zinsen und wies das Begehren auf Zahlung der weiteren 47.747 S ab. Es stellte fest, daß die klagende Partei der Witwe für die bereits genannte Zeit Renten in der Gesamthöhe des zuerkannten Betrages bezahlt habe, ferner, daß sie mit Bescheid vom 8. März 1966 den Anspruch der Witwe auf eine Abfertigung der ihr bis 31. Dezember 1965 gebührenden Witwenpension gemäß § 86 (1) GSPVG. im Ausmaß von

47.747 S, das ist der fünffache Jahresbetrag der zuletzt gewährten Pension, anerkannt habe. Rechtlich ging das Erstgericht von der Legalzession des § 109 (1) GSPVG. aus. Der Witwe stunde gegen den Beklagten gemäß § 1327 ABGB. ein Anspruch auf Ersatzleistung für entgangenen Unterhalt in Form einer Rente zu. Dieser Anspruch sei in voller Höhe der von der klagenden Partei erbrachten Rentenleistungen auf diese übergegangen. Hingegen bestehe kein Regreßanspruch bezüglich der Witwenabfertigung. Zwar sei der Anspruch auf diese Abfertigung gemäß § 86 (1) GSPVG. ein gesetzlicher. Er gehe aber nach dem Grundsatz der kongruenten Deckung nur insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als er mit einem Anspruch konkurriere, den die geschädigte Witwe auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen unmittelbar gegen den Schädiger hätte. § 1327 ABGB., auf dem die Ansprüche der Witwe gegenüber dem Schädiger beruhten, kenne keine dem § 14 (3) EKHG. ähnliche Bestimmung, wonach die Witwe bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - etwa im Fall der Wiederverehelichung - vom Schädiger eine Kapitalabfertigung verlangen könne, zumal die Verpflichtung des Schädigers zur Rentenzahlung bei Wiederverehelichung erlösche. Da somit die Witwe bei Wiederverehelichung keinen gesetzlichen Anspruch auf Abfertigung ihres Rentenanspruches im Sinn des § 1327 ABGB. gegen den Schädiger habe, könne mangels kongruenter Deckung diesem gegenüber der klagende Sozialversicherungsträger den Pensionsabfertigungsanspruch nicht geltend machen.

Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei gegen den abweisenden Teil des Ersturteils erhobenen Berufung keine Folge. Die von dieser in Ausführung der Mängelrüge vermißten Beweisaufnahmen und Feststellungen über die Höhe des Entganges der Witwe seien entbehrlich gewesen. Rechtlich billigte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß es an der für den Anspruchsübergang erforderlichen kongruenten Deckung fehle. Zwar räume auch § 1327 ABGB. die Möglichkeit ein, aus besonderen Gründen ein Kapital zuzusprechen, jedoch nur im Fall eines von der klagenden Partei zu behauptenden und zu beweisenden wichtigen Umstandes, nicht aber schon deshalb, weil die Witwe an Stelle der Rente eine Kapitalabfertigung fordere. Die klagende Partei habe diesfalls nichts vorgebracht, die Wiederverehelichung der Witwe allein sei schon deshalb kein wichtiger Grund, die Abfertigung zu begehren, weil in diesem fall die Unterhaltspflicht des Getöteten und damit die Ersatzpflicht des Schädigers erlösche. Die klagende Partei könne auch damit nicht durchdringen, daß die Abfertigung in dem Schaden Deckung finde, den die Witwe in der Zeit vom Unfall bis 31. Dezember 1965 erlitten habe, weil es diesfalls am Erfordernis der zeitlichen Kongruenz fehle. Die Abfertigung sei keine Ersatzzahlung für die Vergangenheit, sondern stelle, wie sich aus der Möglichkeit des Wiederauflebens der Witwenpension nach § 86 (2) GSPVG. ergebe, die Abgeltung künftiger Witwenpensionsleistungen dar. Dafür spreche auch die steuerliche Behandlung der Abfertigung nach § 67 (5) ESTG.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Daß die Witwe eines tödlich Verunglückten zum Kreis der gemäß § 1327 ABGB. anspruchsberechtigten Personen gehört und daß die genannte Bestimmung keinen Unterhaltsanspruch, sondern einen Anspruch auf Ersatz für eine tatsächlich entgangene Unterhaltsleistung gewährt, steht außer Zweifel und bedarf keiner weiteren Erörterung. Für die Klägerin ist jedoch damit nichts gewonnen, weil die Vorinstanzen ihren Standpunkt, es fehle vorliegend am Erfordernis der Kongruenz, zutreffend begrundet haben. Durch die Wiederverehelichung hat die Witwe einen bis dahin laufenden Ersatzanspruch nach § 1327 ABGB. verloren. Daher gibt es von diesem Zeitpunkt an auch keine Legalzession. Der Gedanke, die Abfertigung der Witwenrente beziehe sich auf die Vergangenheit, d. h. auf die Zeit vor der zweiten Ehe, ist nicht haltbar. Diese Abfertigung dient dem Zweck, den sogenannten "Rentenkonkubinaten" entgegenzuwirken und bezieht sich daher auf die Zukunft. Eben deshalb kann der Anspruch auf Witwenrente unter Umständen später wieder aufleben, dies jedoch frühestens nach fünf Jahren, weil ja die Abfertigung die Rente für die nächsten fünf Jahre vorweggenommen hat. In diesem Zusammenhang sei auf Anm. 8 zu § 265 ASVG. (Manz) verwiesen, wonach die fünf der Abfertigung nachfolgenden Jahre als durch die Abfertigung gedeckt angenommen werden. Vergeblich bezieht sich die Revision auch auf die Rechtsprechung zu § 269 ASVG. Bei der Abfindung der Witwe eines Sozialversicherten, der noch keinen Rentenanspruch erworben hatte, handelt es sich darum, den Angehörigen eine Abgeltung für die ansonsten zwecklos erbrachten Sozialversicherungsbeiträge zuzuwenden. Die Abfindung bezieht sich also eindeutig auf die Vergangenheit; sie entspricht einer Prämienrückvergütung in der Vertragsversicherung.

Wird von diesen rechtlichen Erwägungen ausgegangen, dann bedurfte es auch nicht der von der Revision vermißten Feststellungen über die Höhe des der Witwe durch den Tod ihres unterhaltspflichtigen Gatten entstandenen Entganges.

Anmerkung

Z40071

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0020OB00118.67.0511.000

Dokumentnummer

JJT_19670511_OGH0002_0020OB00118_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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