Norm
ABGB §364cKopf
SZ 40/94
Spruch
§ 95 (3) GBG. ist eine Ordnungsvorschrift. Sie hindert die Abweisung eines neuerlichen Antrages nicht, wenn die Abweisungsgrunde in der seinerzeitigen Abweisung nicht enthalten waren.
Die Verdinglichung von "Nachfolgerechten".
Tod eines Partners eines einverleibungsfähigen Vertrages vor dessen Verbücherung.
Entscheidung vom 28. Juni 1967, 5 Ob 48/67.
I. Instanz: Bezirksgericht Bad Aussee; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß Maria X. als Erbin nach ihrer Mutter im Jahre 1950 zur Hälfte Eigentümerin der Liegenschaft EZ. A. wurde. Eigentümerin der zweiten Hälfte der angeführten Liegenschaft wurde sie als Erbin nach ihrem Vater im Jahre 1954, jedoch mit der Verpflichtung (fideikommissarische Substitution), diese Liegenschaftshälfte ihren Schwestern Martha B. und Romana D. zu hinterlassen. Maria X. übergab die von ihrer Mutter ohne Einschränkung geerbte Liegenschaftshälfte mit Übergabsvertrag vom 19. November 1953 ihrem Gatten Franz X., sodaß die Ehegatten Franz und Maria X. je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ. A. sind.
Am 10. Juni 1965 schlossen Franz und Maria X. als Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ. A., sowie die auf Grund der Substitution berechtigten Schwestern der Maria X., nämlich Martha B. und Romana D., und der Förster Harald N. eine Vereinbarung, wonach Martha B. und Romana D. auf ihr Nachfolgerecht hinsichtlich der Hälfte der Liegenschaft EZ. A., gegen Bezahlung eines einmaligen Betrages von je 2500 S, zusammen als 5000 S, verzichteten. Gleichzeitig verpflichteten sich die Liegenschaftseigentümer Franz und Maria X., die gesamte Liegenschaft EZ. A. den Ehegatten Harald und Anna N. unter den ortsüblichen Bedingungen bei Lebzeiten zu übergeben oder ohne Auflage zu hinterlassen. Gegen die Einräumung dieses Nachfolgerechtes verpflichteten sie die Ehegatten Harald und Anna N., den auf ihr Nachfolgerecht verzichtenden Schwestern Martha B. und Romana D. je 2500 S nach grundbücherlicher Durchführung zu bezahlen. Die Schwestern Martha B. und Romana D. erteilten die Bewilligung zur grundbücherlichen Löschung der Substitution und die Liegenschaftseigentümer die Bewilligung, daß die Beschränkung ihres Eigentumsrechtes durch die Verpflichtung, die Liegenschaft den Ehegatten Harald und Anna N. entweder bei Lebzeiten zu übergeben oder zu hinterlassen, angemerkt werde. Diese Vereinbarung wurde von den Ehegatten Franz und Maria X., von Martha B., Romana D. und Harald N. unterfertigt, nicht aber von der am 10. April 1945 geborenen - also damals noch mj. Antragstellerin Anna N. Erst am 17. Jänner 1966 gab ihr ehelicher Vater Heinrich O. als ihr gesetzlicher Vertreter die Erklärung ab, daß die notarielle Vereinbarung vom 10. Juni 1965 unmittelbar nach Errichtung der schriftlichen Vereinbarung auch von der mj. Anna N. mündlich und durch konkludente Handlungen angenommen worden sei. Es sei daher die Vereinbarung für alle Parteien zustandegekommen. Diese Erklärung unterfertigten Heinrich O. und Anna N.
Am 2. Februar 1966 beantragten Harald und Anna N., beide vertreten durch Johann N. (Vollmacht vom 31. Jänner 1966), die Bewilligung folgender Eintragungen in der EZ. A., auf Grund des Notariatsaktes vom 10. Juni 1965 und der Erklärung vom 17. Jänner 1966:
1. bei der Liegenschaftshälfte der Maria X. die Löschung der Anmerkung der zugunsten der Martha B. und der Romana D. eingetragenen Beschränkung des Eigentumsrechtes der Maria X. durch die zu ihren Gunsten eingeräumte fideikommissarische Substitution aus dem Testament vom 13. Dezember 1950;
2. bei der ganzen Liegenschaft die Anmerkung der Beschränkung des Eigentumsrechtes der Eigentümer Franz und Maria X. durch die Verpflichtung, die ganze Liegenschaft den Ehegatten Harald und Anna
N. bei Lebzeiten zu übergeben oder zu hinterlassen.
Das Erstgericht bewilligte mit seinem Beschluß vom 3. Februar 1966 die begehrten Eintragungen.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Franz X. diesen erstgerichtlichen Beschluß mit seiner Entscheidung vom 15. April 1966 dahin ab, daß der Antrag auf Bewilligung der oben angeführten Eintragungen abgewiesen wurde. Es vertrat die Auffassung, daß dem Erfordernis des § 52 GBG. weder mit dem Notariatsakt vom 10. Juni 1965 noch mit der nachträglichen Erklärung vom 17. Jänner 1966 entsprochen worden sei, weil der Inhalt der angeführten Erklärung nicht besage, daß Heinrich O. als gesetzlicher Vertreter der mj. Anna N. mit der notariellen Vereinbarung vom 10. Juni 1965 einverstanden sei und sie als gesetzlicher Vertreter der Minderjährigen genehmige und unterfertige (§ 152 ABGB.); die Erklärung des gesetzlichen Vertreters, daß die Minderjährige unmittelbar nach der notariellen Vereinbarung diese mündlich und durch konkludente Handlungen angenommen habe, sei rechtlich bedeutungslos. Dem Grundbuchsgesuch mangle aber auch eine Bevollmächtigung des Einschreiters Johann N. durch den gesetzlichen Vertreter der mj. Anna N. Die von dieser Minderjährigen dem Einschreiter erteilte Vollmacht vom 31. Jänner 1966 sei wegen der beschränkten Handlungsfähigkeit der Minderjährigen ohne rechtliche Wirkung, sodaß Johann N. zur Anbringung des Ansuchens für die Minderjährige nicht befugt gewesen sei.
Dieser Beschluß des Rekursgerichtes wurde vom Obersten Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 30. Juni 1966, 5 Ob 186/66, bestätigt.
Am 1. Oktober 1966 wiederholten Harald und Anna N., beide vertreten durch Johann N., auf Grund der Vollmacht vom 31. Jänner 1966, bzw. 23. September 1966, den Antrag auf Bewilligung der bereits oben angeführten bücherlichen Eintragungen ob EZ. A.
Das Erstgericht bewilligte hierauf mit seinem Beschluß vom 18. Oktober 1966 die begehrten Eintragungen.
Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Franz X. den erstgerichtlichen Beschluß vom 18. Oktober 1966 mit seiner Entscheidung vom 19. Dezember 1966 dahin ab, daß der Antrag auf Bewilligung der betreffenden Eintragungen abgewiesen wurde. Die zweite Instanz begrundete ihre Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen:
Laut der vorliegenden Ausfertigung des Notariatsaktes vom 10. Juni 1965 sei dieser - also der Vertrag nicht von der Vertragspartei Harald N., sondern von einem Herbert N. gefertigt. Wegen der strengen Förmlichkeit des Grundbuchsverfahrens könne nicht angenommen werden, daß es sich hier bloß um einen bedeutungslosen Schreibfehler handle. Dieser Mangel führe schon zur Abweisung des Gesuches beider Antragsteller; denn das Nachfolgerecht und die übrigen Vertragsbestimmungen seien so ineinander verwoben, daß eine aufrechte Entscheidung, die sich bloß auf einen Antragsteller beziehe, nicht denkbar sei.
Darüber hinaus liege auch derzeit kein gehöriger urkundlicher Nachweis dafür vor, daß Anna N. den Vertrag für sich wirksam abgeschlossen habe. Sie sei am 10. April 1945 geboren, also am 10. April 1966 eigenberechtigt geworden. Sie habe gemeinsam mit ihrem Vater am 17. Jänner 1966 die Erklärung unterfertigt, daß der Vertrag für sie durch ihre (also nicht ihres gesetzlichen Vertreters) mündliche Erklärung und durch ihr konkludentes Verhalten zustande gekommen sei. Schon im seinerzeitigen Verfahren zu 5 Ob 186/66 sei geklärt worden, daß der Vertrag der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurft habe und mangels einer solchen derartige Zweifel über die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes bestehen, daß die Einverleibung zu versagen gewesen sei.
Gehe man ungeachtet der Zweifelhaftigkeit der Erklärung vom 13. Jänner 1966 davon aus, daß der gesetzliche Vertreter den Vertrag für die Tochter geschlossen habe, so sei doch eine pflegschaftsgerichtliche Vertragsgenehmigung bis heute urkundlich nicht nachgewiesen. Der Beschluß des Pflegschaftsgerichtes vom 22. Februar 1966 erteile nur eine Genehmigung für jene Erklärung vom 17. Jänner 1966. Das Pflegschaftsgericht meine zwar in den Gründen, daß die Genehmigung überflüssig sei; es komme aber nur auf den Spruch des Beschlusses an (Rechtskraftwirkung).
Daß aber Anna N. selbst nach dem 10. April 1966 (Eintritt ihrer Großjährigkeit) den Vertrag genehmigt oder gefertigt habe, sei den Urkunden nicht zu entnehmen. Lediglich die dem Johann N. erteilte Vollmacht sei am 23. September 1966 erneuert worden.
Neben dem Mangel einer unbedenklichen Unterschrift des Harald N. (§ 94 (1) Z. 4 GBG.) seien in bezug auf Anna N. somit derartige Bedenken gegen die Gültigkeit und Wirksamkeit des Vertrages gegeben, daß auf Grund der vorliegenden Urkunden die begehrten Eintragungen nicht bewilligt werden könnten (§ 94 (1) Z. 2. und 3 GBG.).
Schließlich könne auch der Tod der Maria X. nicht unberücksichtigt bleiben. Nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung verhindere der Tod des bücherlich Berechtigten eine Eintragung wenigstens solange, als hiefür eine verlaßbehördliche Genehmigung nicht erteilt worden sei. Da eine verlaßgerichtliche Genehmigung nicht nachgewiesen sei, liege ein weiteres Eintragungshindernis vor.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Eheleute Harald und Anna N. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Berufung auf § 95 (3) GBG. kann - abgesehen davon, daß die seinerzeitige Abweisung wegen des Mangels der damals erforderlichen pflegschaftsbehördlichen Genehmigung und einer damals mangelnden Bevollmächtigung des Einschreiters, also aus formalen Gründen, erfolgte - schon darum nicht durchgreifen, weil es sich bei der bezogenen Gesetzesstelle nur um eine Ordnungsvorschrift handelt, die noch nicht zur Folge hat, daß einem neuerlichen Antrag solche Abweisungsgrunde, die in der seinerzeitigen Abweisung nicht enthalten waren, überhaupt nicht entgegengesetzt werden könnten. Zutreffend wurde in der in der NotZ. 1930 auf S. 239 veröffentlichten Entscheidung in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß eine Bestimmung, laut der Abweisungsgrunde, die bei der ersten Abweisung eines Gesuches nicht berücksichtigt worden seien, bei einem neuerlichem Ansuchen nicht mehr gelten, dem Grundbuchsgesetz fremd ist. Dies gilt auch für das nunmehr geltende GBG. 1955.
Das Rekursgericht war bei der Prüfung des Antrags auch nicht auf die im Rekurs gegen den erstinstanzlichen bewilligenden Beschluß angeführten Gründe beschränkt, es hatte vielmehr die Sache nach allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen, was sich ja auch aus § 95 (3) GBG. ergibt.
Da laut der im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes im Akt befindlichen Ausfertigung des Notariatsaktes vom 10. Juni 1965 der Antrag als von Herbert N, unterfertigt aufscheint, während der Vertragspartner nach dem sonstigen Inhalt des Notariatsaktes Harald N. heißt, ist dem Rekursgericht darin beizustimmen, daß die Urkunde dadurch so in ihrer Glaubwürdigkeit geschwächt wurde (§ 27 GBG.), daß sie gemäß § 94 (1) Z. 4 GBG. nicht mehr zur Grundlage der begehrten bücherlichen Eintragung gemacht werden kann. Bei der Ausfertigung eines Notariatsaktes muß sowohl verlangt und vorausgesetzt werden, daß die Unterschriften der Beteiligten richtig wiedergegeben werden, und es kann nicht über die Differenz zwischen dem Namen eines Vertragspartners und dem Namen desjenigen, der den Vertrag laut Ausfertigung des Notariatsaktes unterschrieben hat, schon deshalb hinweggesehen werden, weil es sich um einen Schreibfehler handeln kann.
Was den am 10. Juni 1965 geschlossenen Vertrag selbst anlangt, so ist davon auszugehen, daß der Vertrag selbst vom Vater und gesetzlichen Vertreter der damals noch mj. Anna N. nicht genehmigt wurde, sondern nur am 17. Jänner 1966 erklärt wurde, daß die gegenständliche Vereinbarung vom 10. Juni 1965 unmittelbar nach ihrer Errichtung "auch von der mj. Anna N. mündlich und durch konkludente Handlungen angenommen worden ist". Auch das Pflegschaftsgericht hat mit seinem Beschluß vom 22. Februar 1966 bloß die oben angeführte Erklärung des Vaters und gesetzlichen Vertreters der damals noch mj. Anna N. genehmigt. Etwas anderes hat auch der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 86/66 in seinem Beschluß vom 30. Juni 1966 nicht gesagt.
Warum die damals noch mj. Anna N. nicht ausdrücklich erklärt hat, dem Vertrag vom 10. Juni 1965 beizutreten, sondern warum gewundene Erklärungen gewählt wurden, aus denen nach der Ansicht des Rechtsmittelwerbers der ordnungsgemäße Abschluß des Vertrages durch die damals noch mj. Anna N. und dessen Genehmigung durch ihren Vater und gesetzlichen Vertreter abgeleitet werden soll, ist aber heute bedeutungslos geworden. Denn im Zeitpunkt der Einbringung des vorliegenden Grundbuchsgesuches (1. Oktober 1966) war die am 10. April 1945 geborene Anna N. bereits volljährig geworden, sie hat aber dennoch bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausdrücklich und eindeutig erklärt, daß sie der Vereinbarung vom 10. Juni 1965 beitritt; auch die am 23. September 1966 erfolgte "Erneuerung" ihrer ihrem Schwiegervater Johann N. erteilten Vollmacht ist wieder nur eine Handlung, aus der der Rechtsmittelwerber zwar den Beitritt der Anna N. zur Vereinbarung vom 10. Juni 1965 ableiten will, die aber doch nicht als ausdrücklicher und eindeutiger Beitritt zu diesem Vertrag angesehen werden kann. Deshalb sind auch die in dieser Richtung geäußerten Bedenken des Rekursgerichtes im Sinne des § 94
(1) Z. 4 GBG. durchaus gerechtfertigt.
Gegen die rechtliche Möglichkeit der Verdinglichung sogenannter Nachfolgerechte bestehen im Sinne der Rechtsprechung (siehe hiezu insbesondere 1 Ob 432/56 = EvBl. 1957 Nr. 185, SZ. XXVIII 50, auch 3 Ob 547/50, 1 Ob 528/55, 2 Ob 305/55, 7 Ob 473/57, 3 Ob 51/60, 3 Ob 2/63 u. a.) an sich keine Bedenken. Insofern ein solches Nachfolgerecht im vorliegenden Vertrag den Ehegatten Harald und Anna N. ohne Anteilsbestimmung eingeräumt wurde, kann wohl im Sinne des § 555 ABGB. (siehe auch den vom Revisionsrekurs zitierten Bartsch[7] S. 141) angenommen werden, daß die Einräumung des Nachfolgerechtes an die Ehegatten N. zu gleichen Teilen erfolgte, wenn auch eine ausdrückliche Klarstellung im Vertrag zweckmäßiger gewesen wäre.
Daß Maria X. am 5. Dezember 1965 gestorben ist, wäre allerdings für die Verbücherung des vorliegenden Vertrages kein Hindernis. Denn der Oberste Gerichtshof hat trotz der in Bartsch[7] S. 81 vertretenen gegenteiligen Ansicht (siehe SZ. XXI 76, XXII 152, 1 Ob 438/52, 3 Ob 108/60 u. a.) die Auffassung abgelehnt, daß ein einverleibungsfähiger Vertrag diese Eigenschaft dann verliert, wenn das Eintragungsgesuch in einem Zeitpunkt bei Gericht einlangt, in welchem die ein Recht einräumende Partei verstorben ist. Nur solche Erfüllunghandlungen, bei denen eine Mitwirkung der Verstorbenen notwendig gewesen wäre, würden nach ihrem Tode, wem sie von den Erben vorgenommen werden, allenfalls der abhandlungsbehördlichen Genehmigung bedürfen; dies kommt aber nach der Aktenlage hier nicht in Betracht.
Anmerkung
Z40094Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1967:0050OB00048.67.0628.000Dokumentnummer
JJT_19670628_OGH0002_0050OB00048_6700000_000