TE OGH 1967/7/4 8Ob172/67

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Veröffentlicht am 04.07.1967
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Norm

KO §30 (1) Z3

Kopf

SZ 40/96

Spruch

Die Begünstigungsabsicht nach § 30 (1) Z. 3 KO. wird durch die für die Gläubigerbefriedigung ursächliche Drohung mit einem Straf- oder Konkursverfahren nicht ausgeschlossen.

Entscheidung vom 4. Juli 1967, 8 Ob 172/67.

I. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger begehrte als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Franz S. Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 15.500 S s. A. zur Konkursmasse S../65 des Handelsgerichtes Wien, weil der Gemeinschuldner im November 1964 und Dezember 1964 Zahlungen in der Höhe des Klagsbetrages im Zustande der Zahlungsunfähigkeit, von welcher der Beklagte Kenntnis gehabt habe, an diesen geleistet habe. Dadurch habe der Gemeinschuldner den Beklagten begünstigt und diese Begünstigungsabsicht habe dem Beklagten erkennbar sein müssen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. Oktober 1966 dehnte der Kläger das Klagebegehren auf Zahlung von 19.561 S s. A. aus.

Außer Streit gestellt wurde, daß der Gemeinschuldner am 31. August 1964 durch seinen damaligen Rechtsfreund Dr. S. dem Beklagten den Betrag von 7866 S mittels Banküberweisung geleistet und am 9. Dezember 1964 dem Beklagten einen Scheck, gezogen auf die Creditanstalt-Bankverein, über die Summe von 11.695 S ausgehändigt habe; ferner daß dieser Scheck gedeckt gewesen und von der beklagten Partei eingelöst worden sei; schließlich wurde außer Streit gestellt, daß das Konkursverfahren über das Vermögen des Franz S. am 29. Juli 1965 eröffnet wurde.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben. Es ist hiebei von folgenden weiteren Feststellungen ausgegangen: Der Beklagte sei Fuhrwerksunternehmer, der Gemeinschuldner habe vor der Konkurseröffnung einen Gerüst- und Baumaschinenverleih betrieben. Beide Unternehmungen seien im Jahre 1963 bei den Arbeiten zur Vorbereitung der Wiener Internationalen Gartenschau am sogenannten Hubertusdamm, insbesondere mit der Abfuhr von beim Straßenbau anfallendem Material, eingesetzt gewesen. Der Beklagte habe im Auftrag und auf Rechnung des Gemeinschuldners Transportleistungen durchgeführt, die dem letzteren mit Rechnung vom 15. bzw. 28. Juni 1963 im Betrage von 8820 S bzw. 5040 S, zusammen daher mit 13.860 S in Rechnung gestellt worden seien. Der Gemeinschuldner habe am der erwähnten Baustelle im Auftrag und auf Rechnung der Firma S. gearbeitet. Der Gemeinschuldner sei schon ab 1960 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, habe laufend Kredite bei der Creditanstalt-Bankverein aufgenommen und zur Sicherung derselben Außenstände an die Bank abgetreten. Schon im Zeitpunkt der Erbringung der Leistungen durch den Beklagten und auch später noch bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung habe der Gemeinschuldner jeweils eine Vielzahl von Gläubigern gehabt und nach und nach immer nur jene befriedigt, die im Wege von Exekutions bzw. Konkursanträgen unmittelbar bevorstehende Versteigerungstermine bzw. Konkurseröffnung erwirkt hätten. Der Beklagte sei vom Angestellten des Gemeinschuldners Robert F. darüber unterrichtet worden, daß mehrere Gläubiger den Gemeinschuldner auf Zahlung drängten und dieser deshalb in Zahlungsschwierigkeiten gekommen sei. Am 19. August 1963 habe der Beklagte den Gemeinschuldner auf Zahlung von 13.860 S s. A. geklagt. In diesem Verfahren sei am 24. Oktober 1963 ein Vergleich geschlossen worden, in dem sich der Gemeinschuldner verpflichtet habe, den Betrag von 13.860 S samt 10% Zinsen seit 1. Juli 1963 und 1283 S Kosten in drei gleichen Monatsraten ab 8. November 1963 zu bezahlen. Da der Gemeinschuldner nur jene Gläubiger befriedigt habe, die ihn mit Exekutions- und Konkursanträgen bedrängten, habe der Beklagte mangels Einhaltung des Vergleiches Fahrnis- und Forderungsexekution geführt. Der Beklagtenvertreter habe am 10. Dezember 1963 das Pfändungsprotokoll des Gemeinschuldners eingesehen und erkannt, daß die Fahrnisexekution erfolglos bleiben würde, aber vom zuständigen Beamten des Exekutionsgerichtes Wien gehört, daß der Verpflichtete die Forderungen immer wieder bezahle, bevor es zu einer Versteigerung komme. Ferner sei dem Beklagtenvertreter damals mitgeteilt worden, daß der Verpflichtete namhafte, in die Millionen gehende Außenstände habe. Ebenso sei dem Beklagten selbst noch im Jahre 1963 oder 1964 beim Exekutionsgericht Wien einen Antrag auf Eröffnung des Konkurs schon seit Jahren Exekutions- und Konkursanträge liefen, er habe aber bisher noch immer bezahlt, man müsse ihn nur hart nehmen. Diese Mitteilung habe der Beklagte sinngemäß an seinen Rechtsfreund weitergegeben. Als bei der Fahrnisexekution am 12. Juni 1964 eine Versteigerung nicht vollzogen werden konnte, weil die gepfändeten Fahrnisse nicht aufzufinden gewesen seien, habe der Beklagte gegen Franz S. am 8. Juli 1964 eine Strafanzeige wegen Exekutionsvereitlung erstattet und am 14. August 1964 beim Handelsgericht Wien einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens eingebracht. In diesem Antrag sei behauptet worden, der Gemeinschuldner sei zahlungsunfähig, überschuldet und habe mehrere Gläubiger. Zweck dieses Konkursantrages sei gewesen, den Gemeinschuldner zur rascheren Zahlung zu zwingen. Tatsächlich seien dann die außer Streit gestellten Zahlungen des Gemeinschuldners an den Beklagten erfolgt. Allein in der Zeit vom 22. Dezember 1960 bis 20. Februar 1964 seien 177 Fahrnisexekutionen gegen den Gemeinschuldner geführt worden. Die Summe der vollstreckbaren Forderungen habe ein Vielfaches des Schätzwertes der gepfändeten Gegenstände betragen. Der Erfolg der Exekutionen sei wechselnd gewesen.

Meistens habe der Gemeinschuldner nur unter dem Druck der bevorstehenden Versteigerung bezahlt. Daneben habe es aber auch stets Gläubiger gegeben, die nicht geklagt oder Exekution geführt hätten und daher unbefriedigt geblieben seien. Den im Konkursverfahren angemeldeten Forderungen von über fünf Millionen Schilling seien nur Aktiven von etwa 400.000 S gegenübergestanden. Die Außenstände seien nicht nennenswert gewesen, da sie großenteils der Creditanstalt-Bankverein abgetreten worden seien. In der Zeit von 1962 bis zur Konkurseröffnung am 29. Juli 1965 seien nicht weniger als 32 Konkursanträge gegen den Gemeinschuldner gestellt worden. Dieser habe die Konkurseröffnung jeweils durch Bezahlung der betreffenden Forderungen abwenden können. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus: Aus der Tatsache, daß der Gemeinschuldner von einer Vielzahl von Exekutionen verfolgt worden sei, ergebe sich seine Zahlungsunfähigkeit, besonders im Zeitpunkt der Befriedigung des Beklagten am 31. August und 9. Dezember 1964. Noch deutlicher ergebe sich dies aus den Angaben des Gemeinschuldners, daß er schon seit 1960 jeweils nur jene Gläubiger habe bezahlen können, die ihn am meisten bedrängt hätten, nämlich jene Gläubiger, zugunsten deren Forderungen Versteigerungen oder Konkurstagsatzungen unmittelbar bevorgestanden seien. Der Gemeinschuldner habe auch im vorliegenden Falle die Zahlungen an den Beklagten nur deshalb geleistet, weil dieser einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt habe. In der Absicht, gerade diese Schuld vor zahlreichen anderen Schulden zu bezahlen, trete die Begünstigungsabsicht klar hervor. Diese Absicht sei dem Beklagten auch bekannt gewesen. Da die Konkurseröffnung am 29. Juli 1965 stattgefunden habe und die Zahlungen des Gemeinschuldners an den Beklagten am 31. August und 9. Dezember 1964 erfolgt seien, sei die Frist des § 30 (2) KO. gewahrt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil unter Übernahme der tatsächlichen Feststellungen und Billigung der Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Mit dem Revisionsgrunde der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wendet sich der Revisionswerber dagegen, daß das Berufungsgericht "entgegen den Tatsachen und vorliegender bzw. beantragter Beweise" die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners als erwiesen angenommen habe und daß die Beweisanträge des Revisionswerbers über seine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners und dessen Begünstigungsabsicht unberücksichtigt geblieben seien. Diese Ausführungen der Revision entsprechen nicht dem Gesetz. Abgesehen davon, daß der Revisionswerber nicht ausführt, welche Beweisanträge nicht erledigt worden seien, hat er im Berufungsverfahren überhaupt keine Beweisanträge gestellt. Im übrigen ist die Feststellung der Begünstigungsabsicht und der Kenntnis des Beklagten hievon eine tatsächliche Feststellung (SZ. VII 352 u. a.), die im Revisionsverfahren nicht bekämpft werden kann. Dagegen ist die Frage, ob dem Revisionswerber die Begünstigungsabsicht hätte bekannt sein müssen, eine Rechtsfrage (JBl. 1956 S. 211). Soweit sich die Revision dagegen wendet, macht sie also den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend. Sie kann aber auch damit nicht durchdringen. Denn die Untergerichte haben aus den tatsächlichen Feststellungen - vor allem, daß dem Revisionswerber bekannt gewesen sei, der Gemeinschuldner sei zahlungsunfähig gewesen und bezahle nur jene Gläubiger, die ihn tatkräftig mit Exekutionsanträgen oder Anträgen auf Eröffnung des Konkursverfahrens verfolgten - den zutreffenden Schluß gezogen, daß dem Revisionswerber die Absicht des Gemeinschuldners klar sein mußte, den Revisionswerber gegenüber den anderen Gläubigern zu begünstigen.

Zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung meint der Revisionswerber zunächst, dem auf § 30 (1) Z. 3 KO. gestützten Begehren stunden die Bestimmungen des § 31 KO. entgegen. Diese beiden Gesetzesstellen setzen aber verschiedene, voneinander unabhängige Anfechtungstatbestände fest. Eine Anfechtung nach § 30

(1) Z. 3 KO. hat zur Voraussetzung, daß nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (oder anderen, hier nicht in Betracht kommenden Zeitpunkten) die Befriedigung eines anderen Gläubigers als eines nahen Angehörigen vorgenommen worden ist und dieser Person die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bekannt war oder bekannt sein mußte. Hiebei kommt es anders als bei der Anfechtung nach § 31 KO. zwar nicht auf die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit aber auf die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners und deren Kenntnis seitens des Gläubigers an.

Weiter führt der Revisionswerber aus, daß die Klage nach § 30 (1) Z. 3 KO. nur dann hätte erfolgreich sein können, wenn die Zahlungen des Gemeinschuldners in der alleinigen Absicht des Gemeinschuldners, den Revisionswerber zu begünstigen, vorgenommen worden wären und nicht, wie erwiesen sei, zur Erledigung des Strafverfahrens und des Konkursantrages. Dem hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, daß die Begünstigungsabsicht nicht bloß im Wohlwollen für den einzelnen Gläubiger - dies meint die Revision offenbar mit dem Ausdruck "alleinige Absicht des Gemeinschuldners, den Revisionswerber zu begünstigen" - ihrem Grund haben kann, sondern auch dann gegeben ist, wenn der Gemeinschuldner durch die Befriedigung des Gläubigers von einem ihm seitens dieses drohenden Straf- oder Konkursverfahren befreit werden soll (vgl. Bartsch - Pollak, Konkursordnung[3], 1937, zu § 30 KO., Anm. 33 am Ende, S. 207).

Ferner macht die Revision geltend, daß der Gemeinschuldner von der Firma S. die Zahlung für die Leistungen des Revisionswerbers bereits erhalten hatte und er, Revisionswerber, daher kein Geld aus dem Massevermögen erhalten habe. Nach den untergerichtlichen Feststellungen hat der Revisionswerber im Auftrag und auf Rechnung des Gemeinschuldners Transportleistungen erbracht, während der Gemeinschuldner seinerseits im Auftrag und auf Rechnung der Firma S. gearbeitet hat. Dem Revisionswerber stand daher, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, nur gegen den Gemeinschuldner eine Forderung zu. Wenn der Gemeinschuldner im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen ihm und der Firma S. von dieser Firma auch schon die Zahlung für die vom Revisionswerber erbrachten Leistungen erhalten hatte, so erfolgten doch die Zahlungen des Gemeinschuldners an den Revisionswerber aus dem Vermögen des Gemeinschuldners. Dieser war hinsichtlich des Betrages, den er dem Revisionswerber zahlte, nicht, wie es die Revision jetzt offenbar wahrhaben will, nur ein Treuhänder.

Der Schluß der Revision, daß die anstandslose Einlösung des Schecks durch die Creditanstalt-Bankverein, mittels welches die Zahlung am 9. Dezember 1964 erfolgt ist, für den Revisionswerber jeden Verdacht einer Zahlungsunfähigkeit und der Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners ausgeschlossen habe, ist durchaus nicht zwingend. Die Frage, ob der Revisionswerber die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners gekannt habe oder hätte kennen müssen, ist bereits oben behandelt worden.

Anmerkung

Z40096

Schlagworte

Anfechtung im Konkurs Begünstigung Drohung mit Straf- oder, Konkursverfahren, Begünstigungsabsicht, Drohung mit Straf- oder Konkursverfahren, Begünstigungsanfechtung, Drohung mit Straf- oder Konkursverfahren, Drohung mit Straf- oder Konkursverfahren im Konkurs, Konkursverfahren, Drohung mit - im Konkurs, Strafverfahren, Drohung mit - im Konkurs

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0080OB00172.67.0704.000

Dokumentnummer

JJT_19670704_OGH0002_0080OB00172_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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