Norm
ABGB §44Kopf
SZ 40/109
Spruch
Der Ehemann, der die Ehewohnung eigenmächtig verlassen hat, muß auf Verlangen der Ehefrau schon bisher der gemeinsamen Haushaltsführung gewidmete, eigenmächtig daraus entzogene Gegenstände des Hausrates zurückstellen.
Entscheidung vom 30. August 1967, 1 Ob 157/67.
I. Instanz: Bezirksgericht Voitsberg; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Nach dem Klagsvorbringen leben die Parteien in aufrechter Ehe. Gestützt auf die Behauptung, daß der Beklagte im März 1966 die häusliche Gemeinschaft eigenmächtig aufgehoben, im darauffolgenden Monat die Ehewohnung aufgebrochen und widerrechtlich eine Reihe von Sachen des Hausrates (Radioapparat Wäscheschleuder, Elektrokocher, Kasten sowie einen Vorhang mit Karniese) an sich gebracht und fortgeschafft habe, begehrte die Klägerin von dem Beklagten die Herausgabe der genannten Gegenstände.
Das Erstgericht hat das Klagebegehren, insoweit es die Verurteilung des Beklagten zur Übergabe einer Wäscheschleuder und eines Vorhanges anstrebte, beschlußmäßig wegen "Unzulässigkeit des Rechtsweges" zurückgewiesen und dazu ausgeführt, daß über die Benützung und Verwendung dieser im Miteigentum der Parteien stehenden Hausratssachen im außerstreitigen Verfahren zu erkennen sei; im übrigen hat das Erstgericht das Klagebegehren mit Urteil abgewiesen. Infolge Rekurses und Berufung der klagenden Partei hat die zweite Instanz in Abänderung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen und das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen.
Die klagende Partei stütze - so führte die zweite Instanz - aus, ihren Anspruch nicht etwa auf ihr Eigentum oder auf ein Miteigentum an den in der Klage angeführten Gegenständen, vielmehr darauf, daß es sich hiebei um Sachen handle, die sie zur Befriedigung der Wohn- und Wirtschaftsbedürfnisse für sich und die beiden ehelichen Kinder benötige. Im Sinne der neueren Rechtsprechung könne der Ehemann bis zu einem Scheidungsprozeß mit seinen vorläufigen und endgültigen Regelungsmöglichkeiten von der Ehefrau die Herausgabe ihm gehörender Fahrnisse aus der früher gemeinsamen und von ihm eigenmächtig verlassenen Wohnung im Klagewege nicht erwirken, sofern es sich um Hausratsgegenstände handle, die zur Befriedigung eines derartigen Bedürfnisses bestimmt sind (1 Ob 151/66 = EvBl. 1966 Nr. 491 = RiZ. 1966 S. 183). Da es der Rechtsordnung widerstreiten würde, diejenige Ehefrau, deren Ehemann eigenmächtig Hausratsgegenstände an sich gebracht hat, schlechter zu stellen als jene, deren Partner immerhin mit den Mitteln der Prozeßordnung zu seinem Ziele gelangen will, müsse der Ehefrau grundsätzlich ein Anspruch auf Zurückstellung der vom Ehemann widerrechtlich aus der ehelichen Wohnung entfernten, zur Befriedigung ihrer Wohn- und Wirtschaftsbedürfnisse erforderlichen Hausratsgegenstände zugebilligt werden. Bei Berücksichtigung dieser rechtlichen Gesichtspunkte habe das Erstgericht - ungeachtet des Umstandes, daß nach den Verfahrensergebnissen Miteigentum der Parteien an der Wäscheschleuder und an dem Vorhang bestehe - zu Unrecht die "Zulässigkeit des Rechtweges" verneint, so daß in Stattgebung des Rekurses der klagenden Partei dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und die Entscheidung (auch) über diesen Teil des Klagebegehrens aufzutragen gewesen sei.
Hinsichtlich der im Urteil angeführten übrigen Gegenstände - so führte das Berufungsgericht aus - erscheine der für die rechtliche Beurteilung maßgebende Sachverhalt ergänzungsbedürftig, weil das Erstgericht Feststellungen darüber unterlassen habe, ob und inwieweit unter Berücksichtigung des der Klägerin zwischenzeitig rechtskräftig zugesprochenen Unterhaltsbetrages von monatlich 1400 S (3 C.../66 BG. Voitsberg) die vom Beklagten entfernten Hausratsgegenstände zur Befriedigung des Wohn- und Wirtschaftsbedürfnisses der Ehefrau und der bei dieser befindlichen ehelichen Kinder erforderlich seien; die Aufhebung des Ersturteiles erweise sich daher als berechtigt.
Beide Parteien bekämpften die Beschlüsse des Rekurs- und Berufungsgerichtes mit Revisionsrekurs und Rekurs. Sie streben mit ihren Rechtsmitteln eine Abänderung bzw. Aufhebung der Beschlüsse der zweiten Instanz an, und zwar die Klägerin im Sinne einer Verurteilung des Beklagten zur Übergabe sämtlicher in der Klage angeführten Hausratsgegenstände, der Beklagte mit dem Ziele, die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses und des Ersturteiles zu erwirken.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revisionsrekurse zurück und gab den Rekursen nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
I. Zu den Revisionsrekursen der beiden Parteien:
Was zunächst die von den Vorinstanzen divergierend entschiedene Frage anlangt, ob über den erhobenen Anspruch auf Herausgabe der Wäscheschleuder und des Vorhanges im ordentlichen Rechtsweg oder im außerstreitigen Verfahren zu erkennen sei, so handelt es sich hiebei nicht - wie von den Unterinstanzen offenbar irrtümlich angenommen - um eine solche der Zulässigkeit des Rechtsweges, sie bezieht sich vielmehr auf die vom Erstgericht verneinte, vom Rekursgericht als gegeben angenommene sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes (SZ. V 266, SZ. VI 10). In Ansehung einer die sachliche Zuständigkeit bejahenden Entscheidung ist aber zufolge der Regelung des § 45 (1) JN. der Rekurs ausgeschlossen, gleichviel, ob diese von der ersten oder - wie diesfalls - von der zweiten Instanz ergangen ist (SprR. 265 u. a.). Insoweit sich also die Rechtsmittel der Parteien gegen die eine solche Zuständigkeit aussprechende Rekursentscheidung wenden, waren sie als unzulässig zurückzuweisen, ohne das es einer Prüfung der Frage bedurfte, ob und wodurch die klagende Partei durch die ihrem Rekurs stattgebende Entscheidung der zweiten Instanz überhaupt beschwert sein und damit auf ein Rechtsschutzinteresse verweisen könnte (SZ. XXI 160 und viele andere, zuletzt 1 Ob 127/67).
II. Zum Rekurs der beklagten Partei:
Die Rekursausführungen des Beklagten, die darzutun versuchen, daß der Herausgabeanspruch der Klägerin mit der Bestimmung des § 91 ABGB. und der darin dem Ehemann eingeräumten Stellung als Familienoberhaupt nicht in Einklang zu bringen sei, lassen unberücksichtigt, daß - wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 151/66 = EvBl. 1966 Nr. 491 = RiZ. 1966 S. 183, von der abzugehen kein Anlaß besteht, zum Ausdruck gebracht hat - beide Ehegatten mit der Einbringung ihnen persönlich gehörender Fahrnisse in den Familienhaushalt bzw. mit deren Widmung für die Haushaltsführung in der Ehewohnung der Natur der Sache nach stillschweigend eine auf die Dauer der Ehe abgestellte Beschränkung der Ausübung ihres jeweiligen Eigentumsrechtes im Innenverhältnis der Familie auf sich nehmen, die ihre Rechtsgrundlage in der Beistandspflicht der Ehegatten im allgemeinen (§ 44 ABGB.) und in der Unterhaltspflicht des Ehemannes (§ 91 ABGB.) im besonderen hat, und zwar unbeschadet des Rechtes des letzteren, das Hauswesen zu leiten. Daraus folgt, daß es nicht im Belieben des Ehemannes liegen kann, durch eigenmächtiges Verlassen der ehelichen Wohnung die seinerzeitige Widmung der ihm gehörenden Fahrnisse für die Zwecke des gemeinsamen Haushaltes und damit die freiwillig auf Ehedauer eingegangene Beschränkung der Ausübung seines Eigentumsrechtes aufzuheben und durch ein Ausfolgungsbegehren den Anspruch der Ehefrau, den Unterhalt ganz oder wenigstens hinsichtlich ihres Wohnbedürfnisses in natura zu empfangen, zu vereiteln. Er muß daher nicht nur in der von ihm eigenmächtig verlassenen Ehewohnung diejenigen ihm gehörenden Hausratsgegenstände belassen, die zur Befriedigung des Wohn- und Wirtschaftsbedürfnisses der Frau nach den Kriterien des § 91 ABGB. nötig sind, er ist ebenso verbunden, über Verlangen der Ehefrau in Zuhaltung der stillschweigend übernommenen Verpflichtung schon bisher der gemeinsamen Haushaltsführung gewidmete, eigenmächtig daraus entzogene Gegenstände des Hausrates, insoweit diese zur Befriedigung der geschilderten Bedürfnisse der Ehefrau und der mit ihr lebenden ehelichen Kinder erforderlich sind, zurückzustellen.
Da sich die erste Instanz ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht mit der entscheidungswesentlichen Frage des Wohnbedarfes der Klägerin und jenes der mit ihr lebenden ehelichen Kinder nicht befaßt und auch keine näheren Feststellungen über die Lebensverhältnisse der Parteien getroffen hat, ist die Aufhebung des Ersturteiles zu Recht erfolgt, sodaß dem Rekurs der beklagten Partei ein Erfolg versagt bleiben mußte.
III. Zum Rekurs der klagenden Partei:
Die klagende Partei bekämpft den von ihr im Berufungsverfahren erwirkten Aufhebungsbeschluß nicht etwa wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sondern lediglich mit der Behauptung, daß es der von der zweiten Instanz für notwendig erachteten ergänzenden Feststellungen nicht bedürfe, um der von ihr angestrebten Abänderung des Ersturteiles im Sinne einer Klagestattgebung zu gelangen. Da sich die Klägerin aber nur durch die im Aufhebungsbeschluß enthaltene - diesfalls unbedenkliche und von ihr auch nicht angefochtene - rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht beschwert fühlen könnte (SZ. XXIII 159, zuletzt 6 Ob 21/67), die Entscheidung der zweiten Instanz über die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung - richtige rechtliche Beurteilung vorausgesetzt - der Anfechtung vor dem Obersten Gerichtshof jedoch entzogen ist (RiZ. 1967 S. 74) kann auch ihrem Rekurs ein Erfolg nicht beschieden sein.
Anmerkung
Z40109Schlagworte
Ehefrau, Rückforderung von Hausratsgegenständen, Ehemann, Rückstellung von Hausratsgegenständen, Ehewohnung Rückstellung von Hausratsgegenständen, Haushalt Haushalt Rückstellung von Hausratsgegenständen, Hausrat, Rückstellung durch den EhemannEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1967:0010OB00157.67.0830.000Dokumentnummer
JJT_19670830_OGH0002_0010OB00157_6700000_000