Norm
ABGB §1154bKopf
SZ 40/112
Spruch
Die 14tägige Frist des § 1154b (1) ABGB. ist nur einmal, und zwar vom Dienstantritt an, zu zählen. Im Fall wiederholter Dienstverhinderung aus einem fortdauernden Grund sind die Dienstverhinderungen zusammenzurechnen.
Entscheidung vom 5. September 1967, 4 Ob 34/67.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin war vom 16. Mai 1951 bis 21. Mai 1966 beim beklagten Dorotheum beschäftigt. Während dieser Zeit übte sie stets das Wahlrecht zur Sektion der Arbeiter im Betriebsrat der beklagten Partei aus; am 19. März 1956 wurde sie in den Arbeiterbetriebsrat gewählt; sie war vom 24. April 1958 bis 2. April 1962 Obmann des Arbeiterbetriebsrates.
Mit der am 23. August 1966 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin den schließlich der Höhe nach unbestrittenen Klagsbetrag von 12.149.63 S samt 4% Zinsen ab Klagstag mit der Begründung, daß die beklagte Partei ihr nicht das ihrer ausgeübten Tätigkeit entsprechende Entgelt bezahlt habe. Sie sei nur als "Stundenlöhnerin" entlohnt worden, während sie seit 1958 tatsächlich Angestelltendienste verrichtet habe. Es gebührten ihr daher die Differenzen zwischen der erhaltenen Entlohnung als Stundenlöhnerin und den Bezügen gemäß § 4 des Gesetzes vom 10. Juli 1958 über die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung der Bediensteten des Dorotheums, BGBl. Nr. 161, auf Grund der von ihr ausgeübten Angestelltentätigkeit im Betriebsdienst.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Im Berufungsverfahren dehnte die Klägerin ihr Begehren um 50 S aus und stützte es hinsichtlich eines Betrages von 550.27 S noch auf nachstehendes Eventualvorbringen: Die beklagte Partei habe der Klägerin für den Kuraufenthalt vom 19. Februar 1967 bis 14. März 1967 (richtig wohl 19. Februar 1966 bis 14. März 1966) keinen Lohn gezahlt, weil die Klägerin bei Antritt des Kuraufenthaltes noch keine 14 Tage seit ihrem letzten Krankenstand Dienst geleistet hatte. Gemäß § 1154b ABGB. könnten diese 14 Tage nur einmal, nämlich am Dienstbeginn, berücksichtigt werden. Der Klägerin gebührten daher für sieben Tage, das ist vom 19. Februar 1966 bis 25. Februar 1966, 7/30 des Monatsbezuges von 2328.31 S also 543.27 S plus 7 S Wohnungsbeihilfe, zusammen 550.27 S. Für diesen Zeitraum habe die Klägerin Krankengeld bezogen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und wies auch das erst im Berufungsverfahren gestellte Begehren auf Bezahlung weiterer 50 S ab. Die Klägerin könne nicht als Angestellte angesehen werden.
Für die Zeit des Kuraufenthaltes vom 19. Februar bis 14. März 1966 habe die Klägerin keinen Lohn und keine Wohnungsbeihilfe zu erhalten, weil seit Wiederantritt des Dienstes nach ihrer letzten Erkrankung (16. Februar 1966) noch keine 14 Tage verstrichen seien. § 1154b ABGB. bestimme, daß Dienstnehmer ihren Anspruch auf das Entgelt behalten, wenn sie nach mindestens 14tägiger Dienstleistung durch Krankheit oder Unglücksfall für eine verhältnismäßig kurze, jedoch eine Woche nicht übersteigende Zeit an der Dienstleistung verhindert werden, ohne dies vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet zu haben. Der Ansicht der Klägerin, daß die im § 1154b ABGB. angeführten 14 Tage nur für den ersten Anspruch auf Krankenentgelt Bedeutung hätten, somit nach 14tägiger Dienstleistung Anspruch auf Krankenentgelt auf jeden Fall bestehe, auch dann, wenn zwischen zwei Krankheitsfällen, wie im vorliegenden Fall, nur drei Arbeitstage lägen, ist das Berufungsgericht nicht gefolgt. Es war vielmehr der Meinung, daß der Anspruch auf Krankenentgelt gemäß § 1154b ABGB. erschöpft gewesen sei, als die Klägerin nach Wiederantritt des Dienstes (16. Februar 1966) am 19. Februar 1966 einen Kuraufenthalt angetreten habe, weil sie für ihren Krankenstand vom 3. bis 13. Februar 1966 eine Woche Lohn gemäß § 1154b ABGB. und die Wohnungsbeihilfe erhalten habe. Aus der Diktion des § 1154b ABGB. sei abzuleiten, daß jeder neuerliche Anspruch auf Krankenentgelt an die Voraussetzung einer neuerlichen ununterbrochenen 14tägigen Dienstleistung geknüpft sei.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrages von 11.649.36 S, weil auch er der Klägerin die Angestellteneigenschaft nicht zuerkannte.
Hinsichtlich des restlichen Klagsbetrages von 550.27 S hob der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache an dieses Gericht zur Ergänzung des Verfahrens zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Hinsichtlich der Abweisung des Teilbetrages von 550.27 S samt Anhang, welchen Betrag die Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Februar 1967 hilfsweise aus dem Gründe des § 1154b ABGB. begehrt hat, ist das Verfahren mangelhaft geblieben. Abgesehen davon, daß die beklagte Partei zu dem neuen Klagegrund nur rein formell Stellung genommen hat, fehlt es für eine Entscheidung an den nötigen Feststellungen. Richtig ist, daß auf die Klägerin die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden sind (Oberster Gerichtshof vom 27. Oktober 1964, Arb. 8005, vom 8. Oktober 1963, Arb. 7837). Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Klägerin Entgelt nach § 1154b ABGB. für die Zeit vom 19. Februar bis 25. Februar 1966 nicht fordern könne, weil seit dem Ende ihres letzten Krankenstandes (16. Februar 1966) noch nicht 14 Tage verstrichen seien, kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, daß das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Gegensatz zu einigen arbeitsrechtlichen Sondergesetzen keine Vorschriften für den Fall wiederholter Dienstverhinderung gibt, doch ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes die 14-Tage-Frist des § 1154b ABGB. nur einmal, und zwar vom Dienstantritt an, zu zählen (so auch Adler - Höller in Klang[2] V 276). Die Worte "nach mindestens vierzehntägiger Dienstleistung" können sich nur auf die vom Dienstantritt an gerechnete Dauer des Dienstverhältnisses beziehen. Denn wenn für jede spätere Erkrankung wieder eine neue mindestens vierzehntägige Dienstleistung erforderlich wäre, müßte es: "nach jeweils mindestens vierzehntägiger Dienstleistung" heißen. Deutlicher sagt dies die ähnliche Bestimmung des § 24 (1) VBG. ("14 Tage nach Dienstantritt"). Hat daher das Dienstverhältnis nur überhaupt schon 14 Tage bestanden, kann der Dienstnehmer die Bestimmung des § 1154b ABGB., wenn auch dessen sonstige Voraussetzungen zutreffen, für sich in Anspruch nehmen. Der Oberste Gerichtshof teilt die Rechtsansicht Ehrenzweigs[2], II/1, S. 494 f., daß im Falle wiederholter Dienstverhinderung aus einem fortdauernden Grund die Dienstverhinderungen zusammenzurechnen sind, weil es sonst der Dienstnehmer in manchen Fällen in der Hand hätte, durch kurzfristige zwischenzeitige Dienstleistungen seine Ansprüche nach § 1154b ABGB. über die gesetzliche Maximalfrist von einer Woche hinaus zu verlängern. Ergänzend sei allerdings bemerkt, daß Adler - Höller, a. a. O., S. 281, zwar abweichender Meinung sind, doch kommen sie mit anderer Begründung für den vorliegenden Fall zum gleichen Ergebnis.
Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der Klägerin der Kuraufenthalt vom 19. Februar 1966 wegen der gleichen Krankheit bewilligt wurde, wegen der die Klägerin kurz vorher im Krankenstand war.
Anmerkung
Z40112Schlagworte
Dienstverhinderungen, wiederholte, Frist des § 1154b ABGB., Entgeltanspruch bei wiederholten Dienstverhinderungen, Frist des, § 1154b ABGB., Frist des § 1154b ABGB, wiederholte DienstverhinderungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1967:0040OB00034.67.0905.000Dokumentnummer
JJT_19670905_OGH0002_0040OB00034_6700000_000