TE OGH 1967/12/7 1Ob244/67

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Veröffentlicht am 07.12.1967
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Norm

Handelsgesetzbuch §354
Handelsvertretergesetz §29

Kopf

SZ 40/161

Spruch

Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 29 HVG. - ebenso der des Kaufmanns nach § 354 HGB. - setzt voraus, daß für den Geschäftsherrn wenigstens erkennbar ist, daß er die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers in Anspruch nimmt.

Entscheidung vom 7. Dezember 1967, 1 Ob 244/67.

I. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger beantragt die Verurteilung des Beklagten, ihm den Betrag von 31.200 S s. A. zu bezahlen. Er behauptet, selbständiger Reiseagent (Reisemanager) zu sein, zu dessen Tätigkeit auch die Vermittlung von Unterkünften gehöre. Er habe im Jahre 1963 dem Beklagten die Miete seiner Villa in Baden durch den X. vermittelt und dafür mit dem Beklagten eine Provision von 10% des Mietzinses vereinbart. Dieser Provisionsanspruch sei Gegenstand der Klage. Der Anspruch auf Provision werde hilfsweise auf die Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes gestützt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sei wohl am 27. Juli 1963 ein Mietvertrag zustande gekommen, gemäß dem der Beklagte seine Villa in B. an X. - eine sehr hochgestellte Persönlichkeit - für die Dauer von zwei Monaten um einen Mietzins von insgesamt 7000 US-Dollar vermietet habe. Bei den Besprechungen und Besichtigungen in dieser Sache sei der Kläger zwar wiederholt erschienen, sei jedoch ausnahmslos nur "am Rande" dabei gewesen und habe nie wortführend mit dem Beklagten oder seinen Rechtsanwälten verhandelt. Der Kläger habe sich ihnen gegenüber nie als Vermittler ausgegeben, sondern sich als "Reisemanager des X." vorgestellt. Er habe vom Beklagten oder seinen Bevollmächtigten nie eine Provision für seine Vermittlertätigkeit verlangt oder zugesagt erhalten.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht hiezu aus, daß der Beklagte dem Kläger keine Provisionszusage gegeben habe. Auch stillschweigend sei ein Maklervertrag nicht zustande gekommen, weil der Kläger nie als Vermittler zwischen den Parteien aufgetreten sei, sondern dem Beklagten und seinen Rechtsanwälten gegenüber stets betont habe, daß er Reisemanager im Gefolge des X. sei. Habe der Kläger aber dem Beklagten gegenüber nur eine solche Funktion hervorgehoben, nie aber eine Vermittlerfunktion erwähnt, dann sei für den Beklagten auch nicht zu erkennen gewesen, daß der Kläger als Vermittler habe tätig sein wollen. Bei der von ihm gewählten Funktionsbezeichnung hätte beim Beklagten und seinen Rechtsanwälten der Eindruck erweckt werden müssen, als habe der Kläger von den Gefolgsleuten des X. Aufträge in bezug auf die Organisierung von Reisen zu erfüllen.

Das Berufungsgericht bestätigte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Für den Provisionsanspruch nach § 29 HVG. ist ein Vermittlungsauftrag erforderlich, der auch konkludent erteilt werden kann. Auch der ist provisionspflichtig, der die Tätigkeit eines Vermittlers zwar nicht durch Erteilung eines ausdrücklichen Auftrages auslöst, wohl aber dessen Vermittlung duldet oder sich seiner Tätigkeit nutzbringend bedient, um den von ihm gewünschten Geschäftserfolg herbeizuführen (EvBl. 1967 Nr. 368). Dabei wird jedoch vorausgesetzt, daß für den Geschäftsherrn wenigstens erkennbar ist, die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers in Anspruch zu nehmen. Dasselbe hat auch für den Provisionsanspruch des Kaufmanns gemäß § 354 HGB. zu gelten, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet. Der dem Kaufmann auch ohne Vereinbarung zustehende Provisionsanspruch beruht auf der Überlegung, daß ein Kaufmann nichts umsonst tut und daß dies jedermann wissen muß, der mit einem Kaufmann in geschäftliche Beziehungen tritt (vgl. Godin in RGR.- Komm.[2], Bd. III S. 252 zu § 354 HGB.). Wenn aber für den Geschäftsherrn gar nicht erkennbar ist, es mit einem Vermittler zu tun zu haben, dann wäre es ungerechtfertigt, ihn nach § 354 HGB. für Provisionsansprüche haften zu lassen.

Der Revisionswerber versucht darzutun, daß der Beklagte bzw. dessen Vertreter aus dem Begriff Reisemanager, dessen sich der Kläger zur Bezeichnung seiner Stellung bedient habe, hätte erkennen können, daß er als Quartiervermittler aufgetreten sei. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß die Beantwortung der Frage, was sich der Beklagte und dessen Vertreter unter einem Reisemanager des Mieters tatsächlich vorgestellt haben, in das Gebiet der nicht revisiblen Beweiswürdigung fällt. Ob sie bei gehöriger Aufmerksamkeit hatten erkennen können, daß der Kläger nicht ausschließlich im Interesse des Mieters tätig geworden ist, ist allerdings eine Rechtsfrage. Nun ist nach dem Sprachgebrauch unter "Manager" keineswegs ein Vermittler zu verstehen. Das der englischen Sprache entlehnte Wort bedeutet vielmehr Leiter, Geschäftsführer, und läßt viel eher an einen unselbständigen Angestellten denken, besonders wenn die Funktion eines Managers im Zusammenhang mit der Person des sehr hochgestellten Mieters gebraucht wird. Es ist daher die rechtliche Beurteilung der Untergerichte zu billigen.

Anmerkung

Z40161

Schlagworte

Geschäftsherr, Provisionspflicht, Handelsvertreter, Provisionsanspruch, Kaufmann, Provisionsanspruch, des Handelsvertreters, des Kaufmanns

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0010OB00244.67.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19671207_OGH0002_0010OB00244_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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