TE OGH 1967/12/14 2Ob361/67

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Veröffentlicht am 14.12.1967
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Norm

Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §6

Kopf

SZ 40/166

Spruch

Keine Haftung des Kfz-Halters, der seinen Wagen versperrt und den Schlüssel in seinem Sakko in seiner Stube in einer Wohnbaracke verwahrt, für die Schwarzfahrt eines Kollegen.

Entscheidung vom 14. Dezember 1967, 2 Ob 361/67.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Am 26. Juni 1963 verschuldete Franz K. als Lenker eines PKWs. dessen Eigentümer und Halter der Beklagte war, einen Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PKW der Klägerin, wobei diese Verletzungen und Sachschaden erlitt. Franz K. wurde deshalb rechtskräftig nach § 431 (432, 333b) StG. verurteilt.

Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage von Franz K. als Lenker (seinerzeit Erstbeklagter) und dem nunmehr alleinigen Beklagten Werner L. als Halter des von K. gelenkten Fahrzeuges mit der Behauptung, daß L. dem Franz K. den PKW für die Unfallsfahrt geliehen habe, zur ungeteilten Hand 18.666.05 S, 374.95 DM und

187.50 US $, ferner die Feststellung, daß beide zur ungeteilten Hand für alle künftig auftretenden Schäden haftbar seien.

Gegen Franz K. erging bei der ersten Tagsatzung Versäumungsurteil, das rechtskräftig wurde.

Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf den Grund des Anspruches ein und wies schließlich die Klage ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte hatte dem Franz K. einmal, als beide noch beim Kraftwerkbau im Kaunertal beschäftigt waren, versprochen, K. könne zu ihm kommen, wenn er eine Fahrt zu machen habe, weil K. ihm bei der Reparatur seines Fahrzeuges behilflich gewesen war. Tatsächlich stellte der Beklagte dem K. auch einmal seinen PKW zur Verfügung. Weil K. das Fahrzeug in beschädigten Zustand zurückstellte, erklärte ihm der Beklagte, daß er seinen Wagen zum letzten Mal gehabt habe.

Am Unfallstag hatte der Beklagte seinen PKW wie auch sonst immer unter dem Aufgang zum 1. Stock der Wohnbaracke auf der Baustelle abgestellt, wobei der Zundschlüssel abgezogen und die Wagentüren versperrt waren. Den Schlüssel hatte der Beklagte wie gewöhnlich in seinem Sakko, das in seiner Stube in der Wohnbaracke hing, verwahrt. Den Verwahrungsort des Schlüssels hatte er seinen Arbeitskameraden nicht genannt. Franz K. und der Beklagte wohnten zwar in der selben Baracke, jedoch nicht in der selben Stube. Die Stuben wurden beim Verlassen jeweils abgesperrt, wobei der Schlüssel an einen am Türrahmen befindlichen Nagel gehängt wurde, damit die Stube gereinigt werden konnte. Jeder Arbeiter besaß einen Spind, der mit einem Vorhängeschloß versperrt war. Der Spind des Beklagten war zur Unfallszeit nicht versperrbar. Der Beklagte hätte aber jederzeit ein neues Vorhängeschloß ausfassen oder die beschädigte Sperrvorrichtung selbst reparieren können. Das Barackenlager war für den öffentlichen Verkehr gesperrt und der Zutritt nur den Angehörigen der Baufirma gestattet.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht eine Haftung des Beklagten nach § 6 EKHG. nicht als gegeben. Der Beklagte habe den Zundschlüssel ausreichend verwahrt. Es sei ihm auch nicht zumutbar gewesen, den Schlüssel ständig bei sich zu tragen, weil er sonst Gefahr gelaufen wäre, ihn bei der Arbeit auf der Baustelle zu verlieren.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, teilte dessen Rechtsansicht und bestätigte das Ersturteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin macht geltend, daß nach der ständigen Rechtsprechung des OGH, bei der Beurteilung der Haftung des Halters für die gehörige Sicherung seines Fahrzeuges gegen unbefugte Inbetriebnahme der strengste Maßstab anzulegen sei. Die festgestellten Umstände zeigten, daß man sich des Wagenschlüssels ohne weiteres bemächtigen konnte. Damit aber hätte der Beklagte auch rechnen müssen, weil sich auf einer Baustelle nicht nur vertrauenswürdige Personen zusammenfänden. Überdies habe der Beklagte den Wunsch des K. nach Benützung seines Wagens schon von früher her gekannt. Der Beklagte hätte den Schlüssel eben bei sich tragen müssen.

Diese Ausführungen sind nicht überzeugend. Richtig ist zwar, daß an die Verwahrungspflicht des Kraftwagenhalters strenge Anforderungen zu stellen sind. Nun hat aber der Beklagte seinen Wagen versperrt und den Schlüssel in seinem Sakko in seiner Wohnstube aufgehoben, ohne jemand zu sagen, wo er den Schlüssel verwahre. Der Beklagte brauchte nicht damit zu rechnen, daß einer seiner Arbeitskollegen den Schlüssel in seinem Rock suchen würde, da sich bis dahin kein Fall einer unbefugten Benützung des Wagens ergeben hatte. Dem Franz K. hatte er ja schon auf einer anderen Baustelle erklärt, daß er ihm seinen Wagen nicht mehr zur Verfügung stellen werde, und dieser hatte auch kein diesbezügliches Ansinnen mehr gestellt. Außerdem hätte der Beklagte, wenn er den Wagenschlüssel in seinem Spind verwahrt hätte, erst recht wieder den Schlüssel zum Spind irgendwo verstecken müssen. Dem Beklagten ist aber zuzugeben, daß es nicht ratsam ist, einen Schlüssel bei der Arbeit als Mechaniker immer bei sich zu tragen, weil die Gefahr des Verlustes groß ist. Diese Erwägungen zeigen, daß die Untergerichte mit Recht angenommen haben, die eigenmächtige Benützung des PKWs durch K. sei nicht durch ein Verschulden des Beklagten ermöglicht worden.

Anmerkung

Z40166

Schlagworte

Haftung des Kraftfahrzeughalters Schwarzfahrt, Verwahrung des, Zundschlüssels, Halter eines Kraftfahrzeuges Haftung für Schwarzfahrt Verwahrung des, Zundschlüssels, Kraftfahrzeughalter Haftung für Schwarzfahrt Verwahrung des, Zundschlüssels, Schwarzfahrt Haftung des Kraftfahrzeughalters, Verwahrung des, Zundschlüssels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0020OB00361.67.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19671214_OGH0002_0020OB00361_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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