Norm
ABGB §521Kopf
SZ 41/30
Spruch
Richterliche Benützungsregelung setzt Verfügbarkeit über das Objekt voraus.
Eintragung eines Wohnungsrechtes an einem ideellen Miteigentumsanteil ist unzulässig.
Abschluß eines Bestandvertrages gehört nicht zur ordentlichen Verwaltung.
Bei Verweisung auf den Rechtsweg nach § 2 (2) Z. 7 AußStrG. sind weder Parteirollen zu verteilen noch Fallfristen zu setzen.
Entscheidung vom 13. März 1968, 7 Ob 53/68.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Nach dem Tode Richard B.s im Jahre 1952 wurde der Nachlaß auf Grund der gesetzlichen Erbfolge der Witwe Nelly B. zu einem Viertel und den beiden Kindern Peter und Rosemarie zu je drei Achteln eingeantwortet. Dadurch wurden die genannten Erben im gleichen Verhältnis Miteigentümer der Liegenschaften EZ. 1057, 1058, 1068 und 1069 der KG. S. Im Jahre 1963 überließ Nelly B. ihrem Sohn Peter ihre zwei Achtelanteile gegen eine Leibrente und ein Wohnungsrecht, sodaß nunmehr Peter B. zu fünf Achteln Eigentümer der Liegenschaften ist. Auf Grund ihres Miteigentumsrechts begehrte die Tochter Rosemarie, ihr bestimmte Räumlichkeiten im Kellergeschoß des Hauses EZ. 1058, eine Garage und drei Achtel der unverbauten Grundflächen zur alleinigen Benützung zuzuweisen. Peter B. war grundsätzlich gegen jede Mitbenützung des gemeinsamen Eigentums durch seine Schwester und wendete insbesondere ein, er habe die gesamten Liegenschaften ab 1. Oktober 1962 gemietet, die Räumlichkeiten, die die Antragstellerin für sich begehre, würden von der Mutter auf Grund ihres Wohnungsrechtes bewohnt.
Das Erstgericht wies der Antragstellerin die gewünschte Kellerwohnung und die Liegenschaften EZ. 1068 und 1069 zur alleinigen Benützung zu, wobei es auch den Zugang zu der Wohnung regelte, verpflichtete die Antragstellerin aber, den derzeitigen Wert der in der Kellerwohnung verbleibenden Investitionen zu bezahlen oder eine Sicherheitsleistung von 50.000 S bis zur ziffernmäßigen Festsetzung des derzeitigen Wertes dieser Investitionen im Rechtsweg bei Gericht zu erlegen. Den Antrag, ihr auch eine Garage zur Benützung zuzusprechen, wies das Erstgericht ab. Es stellte fest, die strittige Kellerwohnung sei im Jahre 1961/62 nach bedeutenden Investitionen zu einem Monatszins von 1500 S an Fremde vermietet worden. Seit Jänner 1963 wohne Nelly B. darin. Im Jahre 1962 habe der Antragsgegner die ganzen Liegenschaften um 4000 S monatlich mieten wollen, die Antragstellerin sei damit aber nur unter der Voraussetzung einverstanden gewesen, daß ihr Gatte zustimme. Diese Zustimmung sei ausdrücklich nie erteilt worden. Es sei daher nicht zum Abschluß eines Mietvertrages oder zu einer Benützungsregelung gekommen. Seit 1962 sei eine tiefgreifende Entfremdung zwischen den Geschwistern eingetreten, die sich in zahlreichen Prozessen bekämpften, daher wolle die Antragstellerin, die sonst ständig in Leoben wohne, die von den übrigen Räumen der Villa völlig getrennte Kellerwohnung zugewiesen haben. Das Erstgericht hielt eine Benützungsregelung in der Form, daß der Antragstellerin ein Benützungsentgelt zuerkannt werde, wegen der ständigen Differenzen für untunlich, dagegen eine Realteilung der Nutzung in der verfügten Art für möglich und tunlich. Die Antragstellerin habe auf Grund ihres Miteigentumsanteils Anspruch auf Benützung von 81.05 m2 Wohnfläche, die Kellerwohnung umfasse nur
37.19 m2, weshalb ihr eine größere Grundstückfläche zur Benützung zugewiesen worden sei. Dem Antragsgegner, der Anspruch auf Benützung von 135.02 m2 Wohnfläche habe, stunden nunmehr 178.93 m2, nämlich die Räume im Parterre und im Dachgeschoß zur Verfügung, er könne daher seiner Mutter eine andere Unterkunft einrichten. Hiezu könne er die Beträge verwenden, die er von der Antragstellerin für die Investitionen in der Kellerwohnung erhalte. Mit welchem Betrag diese Investitionen zu vergüten seien, werde allerdings nur durch ein formelles Beweisverfahren geklärt werden können. Auf die Liegenschaften seien drei Garagen, wovon eine vermietet sei, sodaß dem Antragsgegner für seine zwei Wagen nur zwei Garagen blieben. Diese brauche er dringender als die Antragstellerin, die nur fallweise nach Wien komme und dann ihren Wagen leicht in der Nähe der Wohnung parken könne.
Anläßlich der Rekurse beider Parteien gegen diesen Beschluß verwies das Rekursgericht die Antragstellerin mit ihrer Behauptung, die für Nelly B. einverleibte Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnungsrechtes belaste nur die fünf Achtelanteile des Gegners, und den Antragsgegner mit seiner Einwendung, er habe die Liegenschaften einschließlich aller Baulichkeiten im Jahre 1962 gemietet, auf den Rechtsweg und hielt mit dem Rekursverfahren bis zum Ablauf der Frist von vier Wochen, die zur Einbringung der Klagen erteilt wurde, inne. Es führte aus, eine Aufteilung von Räumlichkeiten und Liegenschaftsanteilen unter die Miteigentümer könne nur erfolgen, wenn die Objekte auch rechtlich zur Verfügung stunden. Es sei daher zu klären, wie weit die Dienstbarkeit der Wohnung reiche und ob es sich hiebei nicht etwa um eine für die Antragstellerin offenkundige Dienstbarkeit handle. Hinsichtlich des behaupteten Mietvertrages wäre genau zu erheben, wie die Antragstellerin seinerzeit ihre Bedingungen zum Abschluß des vom Antragsgegner gewünschten Mietvertrages formuliert habe und wie sie deren Eintritt oder Nichteintritt befristet habe, ferner, wie eine bloße Nichtäußerung nach Treu und Glauben zu werten sei. Dies könne nur im ordentlichen Rechtsweg geschehen.
Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Seiten erhobenen Revisionsrekursen teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Rekursgerichtes dahin ab, daß die Parteien hinsichtlich der Feststellungen, ob zugunsten der Nelly B. ein Wohnungsrecht besteht und dem Antragsgegner Mietrechte an den Liegenschaften EZ. 1057, 1058, 1068, 1069 zustehen, auf den Rechtsweg verwiesen wurden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Jeder Teilhaber einer gemeinsamen Sache ist vollständiger Eigentümer seines Anteiles und daher grundsätzlich berechtigt, die Sache seinem Anteil entsprechend zu benützen. Der vom Antragsgegner unter anderem erhobene Einwand, die Antragstellerin wohne ständig in L. und brauche in W. keine Wohnung, ist daher unerheblich. Allerdings kann eine Benützungsregelung nur dann erfolgen, wenn das in Anspruch genommene Objekt verfügbar ist. Das ist nicht der Fall, wenn z. B. hierüber ein aufrechtes Mietverhältnis oder ein sonstiges Benützungsrecht besteht. Die bloße tatsächliche Benützung von Räumen ohne Rechtstitel steht allerdings einer Verfügbarkeit nicht im Wege. Der Antragsgegner hat nun tatsächlich solche Rechte eingewendet, nämlich einerseits eigene Mietrechte an den gesamten Liegenschaften, andererseits ein Wohnungsrecht der Mutter an den von der Antragstellerin begehrten Wohnräumen.
Die Eintragung eines Wohnungsrechtes bloß auf einem ideellen Anteil des dienenden Grundstückes ist allerdings unzulässig. Eine solche Dienstbarkeit kann auch nicht durch einen Miteigentümer allein eingeräumt werden (vgl. Klang[2] II 567, JBl. 1960 S. 441). Es wäre aber die Einräumung eines persönlichen Wohnungsrechtes für die Mutter im Sinn des § 521 ABGB. durch konkludente Willenserklärung der Antragstellerin möglich, da die Wohnung ja schon seit 1963 tatsächlich von der Mutter benützt wird und von ihr dort bedeutende Investitionen gemacht wurden.
Der Abschluß eines Bestandvertrages mit einem Miteigentümer gehört nicht zur ordentlichen Verwaltung, es genügt hiezu daher nicht die Mehrheit der Teilhaber, weshalb es ohne Bedeutung ist, daß der Vermietung der Liegenschaften an den Antragsgegner seinerzeit die Mutter, die damals noch zu zwei Achtel Miteigentümerin war, zugestimmt hat. Ein Mietvertrag muß aber nicht schriftlich abgeschlossen werden, weshalb hiezu nicht die Unterfertigung des "Gedächtnisprotokolls" vom 23. September 1962 notwendig war. Es ist daher dem Rekursgericht beizustimmen, daß noch näher zu prüfen ist, ob der Abschluß eines Mietvertrages nicht auf andere Art doch zustandegekommen ist.
Im Hinblick auf die feindliche Einstellung der Parteien, die miteinander in eine Anzahl von Rechtsstreitigkeiten verwickelt sind und die nach dem Vorbringen der Antragstellerin bereits zu einer Verurteilung ihres Bruders wegen falscher Zeugenaussage geführt hat, ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß alle diese Tat- und Rechtsfragen nur in einem umfangreichen Beweisverfahren im ordentlichen Rechtsweg geklärt werden können.
Gemäß § 2 (2) Z. 7 AußStrG. soll das Gericht in den dort genannten Fällen die Beteiligten auf den Rechtsweg verweisen. Das bedeutet aber nicht, daß auch die Parteirollen zu verteilen sind, wie dies faktisch im Beschluß des Rekursgerichtes geschehen ist (vgl. SZ. XIV 158). Es muß vielmehr der Partei, die ein Interesse an der betreffenden Feststellung hat, überlassen bleiben, eine entsprechende Klage einzubringen.
Der Außerstreitrichter ist auch nicht befugt, den Beteiligten Fallfristen hinsichtlich der auf den Rechtsweg gewiesenen Streitigkeiten zu setzen. Dies entspricht nicht dem Gesetz und wäre auch praktisch mit keiner Sanktion verbunden (vgl. SZ. VIII 342, NotZtg. 1928 S. 121). Der Beschluß des Rekursgerichtes war daher wie im Spruch abzuändern.
Anmerkung
Z41030Schlagworte
Benützungsregelung, Verfügbarkeit über das Objekt, Bestandrecht, richterliche Benützungsregelung, Bestandvertrag, ordentliche Verwaltung, Dienstbarkeit, richterliche Benützungsregelung, Fallfrist, Setzung nach § 2 (2) Z. 7 AußStrG., Grundbuch, Wohnungsrecht an ideellem Miteigentumsanteil, Ideeller Miteigentumsanteil, Wohnungsrecht, Miteigentum, Abschluß eines Bestandvertrages, Miteigentum, Benützungsregelung bei Verfügbarkeit über das Objekt, Miteigentum, Eintragung eines Wohnungsrechtes an ideellem Anteil, Ordentliche Verwaltung, Abschluß eines Bestandvertrages, Verweisung auf den Rechtsweg, Verteilung der Parteienrollen und Setzung, von Fallfristen, Wohnungsrecht, richterliche Benützungsregelung, Wohnungsrecht, Eintragung an ideellem MiteigentumsanteilEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1968:0070OB00053.68.0313.000Dokumentnummer
JJT_19680313_OGH0002_0070OB00053_6800000_000