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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §245 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der U in B, Deutschland, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Graz, Senat 8) vom 29. April 2004, GZ. RV/0210-G/03, betreffend Zurückweisung einer Berufung als verspätet, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei (in der Folge: Beschwerdeführerin) gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1999 zurück und hob die Berufungsvorentscheidung dieses Finanzamtes vom 4. Juli 2003 auf. In der Begründung führte sie aus, die Beschwerdeführerin sei eine Leasinggesellschaft mit Sitz in Deutschland, welche an ein im Inland gelegenes Hotel Einrichtungen vermietet habe. Die Beschwerdeführerin habe auf Grund der Insolvenz der Leistungsempfängerin die Berichtigung der Umsatzsteuer gemäß § 16 Abs. 3 UStG 1994 begehrt. Daraufhin sei eine Betriebsprüfung durchgeführt worden. Mit Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999 sei der Beschwerdeführerin die beantragte Umsatzsteuerberichtigung nicht zur Gänze gewährt worden. Dieser Bescheid sei lediglich mit dem Satz, "durch die Umrechnung der Beträge von Euro auf Schilling bzw. von Schilling in Euro, kann es zu geringfügigen Rundungsdifferenzen kommen", begründet worden. Ein Hinweis auf die Ergebnisse der Betriebsprüfung und den darüber erstellten Bericht oder ein Hinweis, dass die Begründung gesondert ergehe, habe dieser Bescheid nicht enthalten. Die Zustellung an die Beschwerdeführerin bzw. deren Zustellungsbevollmächtigten sei ohne Zustellnachweis erfolgt. Am 19. März 2002 habe der Steuerberater der Beschwerdeführerin das in erster Instanz einschreitende Finanzamt angerufen und seinen Angaben zufolge telefonisch den fehlenden Betriebsprüfungsbericht urgiert. Mit Schreiben vom 21. März 2002 habe das Finanzamt den "BP-Bericht vom 28.02.2002", übermittelt. Im Akt des Finanzamtes finde sich kein Aktenvermerk oder Hinweis auf den erfolgten Anruf des Steuerberaters der Beschwerdeführerin. Der Betriebsprüfungsbericht sei am 2. April 2002 beim Steuerberater der Beschwerdeführerin eingelangt. Die Beschwerdeführerin habe die am 3. Mai 2002 beim Finanzamt eingelangte Berufung vom 2. Mai 2002 erhoben. Das Finanzamt habe mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Juli 2003 über die Berufung entschieden, vom Ergebnis her mit einer Verböserung im Vergleich zum Bescheid vom 14. März 2002. Die Beschwerdeführerin habe den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz eingebracht.
Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin im Vorhalteverfahren auf die Verspätung der Berufung hingewiesen.
Die Beschwerdeführerin habe daraufhin vorgebracht, dass der Betriebsprüfungsbericht vom 28. Februar 2002 als Begründung des Bescheides vom 14. März 2002 betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1999 erst am 2. April 2002 zugestellt worden sei. Erst damit habe der Lauf der Berufungsfrist begonnen, die Berufung vom 2. Mai sei daher rechtzeitig. Beim Erörterungstermin habe die Beschwerdeführerin weiters vorgebracht, das Telefonat vom 19. März 2002 sei als Antrag auf Mitteilung der fehlenden Begründung zu werten. Ein schriftlicher Antrag auf Mitteilung der fehlenden Begründung des Bescheides sei nicht eingebracht worden.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, der Bescheid vom 14. März 2002 habe eine Begründung enthalten, die als unzureichend zu werten sei. Die tatsächliche Begründung habe der Betriebsprüfungsbericht, auf den der Bescheid aber nicht hingewiesen habe, enthalten. Es sei somit vom Vorliegen einer fehlenden Begründung auszugehen. Für einen solchen Fall sehe § 245 Abs. 2 BAO einen Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung vor. Ein solcher Antrag sei als Anbringen zur Geltendmachung von Rechten grundsätzlich schriftlich einzubringen. Der bloße Anruf des Vertreters der Beschwerdeführerin könne nicht als fristhemmendes Anbringen gewertet werden. Der Lauf der Berufungsfrist sei daher nicht rechtswirksam gehemmt worden, sodass die Berufungsfrist mit 19. April 2002 abgelaufen sei. Die Berufung vom 2. Mai 2002 sei daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen. Die ergangene Berufungsvorentscheidung sei diesfalls aufzuheben gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Enthält ein Bescheid keine Begründung, verweist er aber auf eine gesondert ergehende Begründung, so wird entsprechend dem letzten Satz die Berufungsfrist erst mit Bekanntgabe (Zustellung) der nachträglichen Begründungsausfertigung in Lauf gesetzt. Enthält ein Bescheid keine Ankündigung einer gesondert ergehenden Begründung, fehlt aber dieses wesentliche Bescheidmerkmal der Begründung, so wird trotzdem die Berufungsfrist in Lauf gesetzt. Der Bescheidadressat kann aber innerhalb dieser Frist einen Antrag nach § 245 Abs. 2 BAO stellen.
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen - zutreffend - davon aus, dass im Bescheid des Finanzamtes die Begründung im Sinne des § 93 Abs. 3 lit. a BAO teilweise fehlte. Der Lauf der am 19. März 2002 begonnenen Berufungsfrist konnte daher durch einen Antrag gemäß § 245 Abs. 2 BAO auf Mitteilung der dem Bescheid teilweise fehlenden Begründung gehemmt werden. Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei einem derartigen Antrag um ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO handelt. Diese Bestimmung sieht telefonische Anbringen nicht vor (Ritz, BAO, § 85, Tz 9).
§ 89 BAO legt fest, dass fernmündliche Mitteilungen in einem Aktenvermerk kurz festzuhalten sind. Die BAO unterscheidet daher zwischen schriftlichen und mündlichen Anbringen sowie telefonischen Mitteilungen. Telefonische Mitteilungen sind keine "mündlichen" Anbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. September 1999, 99/16/0097; Ritz, BAO-Kommentar, 2. Auflage,
§ 85 Tz. 9, m.w.N.). Die Auffassung der belangten Behörde, das Telefonat vom 19. März 2002 sei kein fristhemmendes Anbringen im Sinne des § 245 Abs. 2 BAO gewesen, ist daher nicht rechtswidrig. Da die Berufung der Beschwerdeführerin vom 2. Mai 2002 außerhalb der am 19. März 2002 begonnenen Berufungsfrist eingelangt ist, ist sie zutreffend als verspätet beurteilt worden. Der Umstand, dass das Finanzamt auf Grund des Telefonates des Vertreters der Beschwerdeführerin den Betriebsprüfungsbericht formlos übermittelt hat, ändert daran nichts. Die Berufung der Beschwerdeführerin auf Treu und Glauben scheitert schon deswegen, weil die erwähnten präzisen Formvorschriften der Behörde keinen Ermessensspielraum einräumen (vgl. auch Stoll, BAO, Seite 1300).
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004150089.X00Im RIS seit
06.05.2005Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013