TE OGH 1968/3/27 5Ob67/68

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Veröffentlicht am 27.03.1968
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Norm

JN §71

Kopf

SZ 41/36

Spruch

Eine entmundigte Person teilt den allgemeinen Gerichtsstand des Kurators oder Beistandes.

Entscheidung vom 27. März 1968, 5 Ob 67/68.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin brachte gegen die beschränkt entmundigte Beklagte, vertreten durch deren Tochter als Beistand, eine Klage auf Bezahlung von 475.000 S s. A. ein und bezeichnete den Wohnort der Beklagten und des Beistandes mit Unter-K.

Die Beklagte wendete in der ersten Tagsatzung örtliche Unzuständigkeit ein und führte diese dahin aus, daß die Beklagte ihren ordentlichen Wohnsitz in P., Bez. Tulln, habe und für den gegenständlichen Rechtsstreit daher das Kreisgericht St. Pölten örtlich zuständig sei.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzuständigkeit zurück. Es stellte auf Grund des Pflegschaftsaktes P .../65 des Bezirksgerichtes Tulln und der Vernehmung des Beistandes der Beklagten fest, daß die Beklagte ihren Wohnsitz in P. hat, sich auch dort aufhält und den in Unter-K. wohnenden Beistand nur ein- oder zweimal im Monat besucht. Die Beklagte könne als beschränkt entmundigte Person selbst bei anderweitigem Aufenthalt keinen Wohnsitz begrunden, daher bleibe ihr in P., also im Sprengel des Kreisgerichtes St. Pölten, gelegener Wohnsitz bestehen. Das angerufene Landesgericht für ZRS. Wien sei somit örtlich unzuständig.

Über Rekurs der Klägerin hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es führte aus, im Gesetz sei nicht ausdrücklich geregelt, nach welchen Gesichtspunkten sich der allgemeine Gerichtsstand entmundigter Personen richtet. Das Rekursgericht schließe sich jedoch der Auffassung Faschings im Kommentar zur Zivilprozeßordnung I, S. 381 an, daß hiefür in analoger Anwendung des § 71 JN. der allgemeine Gerichtsstand des Vertreters der entmundigten Person maßgebend sei. Auch Stagel - Michlmayr bezögen sich in der MGA. der ZPO. unter Nummer 4 zu § 71 JN. auf diese Gesetzesbestimmung. Diese trage auch dem im § 65 JN. ausgesprochenen Grundgedanken für die Regelung der örtlichen Zuständigkeit Rechnung, da es bei entmundigten Personen Sache ihrer Vertreter sei, auf Grund einer Klage bei Gericht zu erscheinen und sie dies am leichtestem beim Gericht ihres allgemeinen Gerichtsstandes tun könnten. Im vorliegenden Fall sei daher entsprechend dem allgemeinen Gerichtsstand des Beistandes der beschränkt entmundigten Beklagten in Unter.K. das Landesgericht für ZRS. Wien örtlich zuständig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Vorausgeschickt sei, daß der Beschluß des Rekursgerichtes, womit der Beschluß des Erstgerichtes betreffend die Zurückweisung der Klage wegen Unzuständigkeit aufgehoben und dem Erstgericht die Verhandlung der Hauptsache aufgetragen wurde, eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses enthält. Es ist daher der Revisionsrekurs gemäß der Regelung des § 528 (1) ZPO. zulässig.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet der von Fasching im Kommentar zu den ZP-Gesetzen I, S. 381, Anm. 1. zu § 71 JN. vertretenen Ansicht bei, daß eine entmundigte Person, gleichgültig, ob sie voll oder beschränkt entmundigt ist, und aus welchem Grund immer die Entmündigung erfolgte, den allgemeinen Gerichtsstand des Kurators oder Beistandes teilt. Eine entmundigte Person kann keinen selbständigen Wohnsitz begrunden, da ihr die rechtliche Fähigkeit zur Setzung rechtserheblicher Tatsachen fehlt. Sie ist entweder einem Minderjährigen - wie die hier in Frage stehende Beklagte - oder sogar einem Kinde gleichgestellt. Daher richtet sich ihr allgemeiner Gerichtsstand analog nach § 71 JN. Der Oberste Gerichtshof weist im übrigen auf die zutreffende Begründung des Rekursgerichtes hin. Unzutreffend ist nur der Hinweis des Rekursgerichtes, daß auch in den von ihm erwähnten Vorentscheidungen diese Ansicht vertreten worden sei.

Bei Stagel - Michlmayr, ZPO.[12], S. 180 Anm. 4, sind drei Entscheidungen zitiert - vom 17. August 1899, Amtl.Slg. 100; vom 2. November 1910, Slg. 5218, und vom 14. März 1911, Slg. 5398 - in denen die Ansicht vertreten wird, der allgemeine Gerichtsstand des Kuranden richte sich nach dem Sitz des Kuratelsgerichtes, wobei ausgeführt wurde, diese Begründung ergebe sich aus den §§ 71 und 109 JN. Der Oberste Gerichtshof findet aber dafür in diesen Gesetzesstellen keine Rechtfertigung.

Anmerkung

Z41036

Schlagworte

Entmundigter teilt allgemeinen Gerichtsstand des Kurators oder, Beistandes, Gerichtsstand, allgemeiner des Kurators oder Beistandes gilt auch für, den Entmundigten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0050OB00067.68.0327.000

Dokumentnummer

JJT_19680327_OGH0002_0050OB00067_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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